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OLG München, Beschluss vom 04.11.2019 – 7 W 1118/19

AktG § 145, § 407

Tenor

1. Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Landgerichts München I vom 10.9.2019 (Az.: 5 HK O 11537/19) wird zurückgewiesen.

2. Der Antragsteller hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

3. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 20.000,- € festgesetzt .

Gründe

I.

Die Parteien streiten im einstweiligen Verfügungsverfahren um Auskunftsansprüche des Sonderprüfers.

Die Hauptversammlung der P. AG vom 7.6.2019 hat den Antragsteller durch Beschluss gemäß Antrag Nr. 47 der Tagesordnung zum Sonderprüfer bestellt. Der Antragsgegner ist Mitglied des Aufsichtsrats der P. AG. Mit Schreiben vom 24.7.2019 forderte der Antragsteller den Antragsgegner zur Erteilung der Auskünfte bzw. Benennung von Gesprächsterminen gemäß den nachstehenden Anträgen 1. – 3. auf. Mit Email vom 1.8.2019 bzw. Schreiben vom 12.8.2019 lehnte der Antragsgegner dieses Begehren ab.

Der Antragsteller hat beantragt,

1. Dem Antragsgegner wird es im Wege der einstweiligen Verfügung aufgegeben, dem Antragsteller (selbst und/oder von ihm beauftragten zur Berufsverschwiegenhait verpflichteten Dritten) die nachfolgend aufgeführten Unterlagen und Informationen vollständig zugänglich zu machen und die Anfertigung von Kopien der Unterlagen zu ermöglichen oder dem Antragsteller Kopien der Unterlagen auszuhändigen:

< Optionsvertrag vom 17. Dezember 2015 nebst Nachtragsvereinbarung vom 6. Dezember 2016 (jeweils genannt in der Ad-hoc-Mitteilung der P.AG vom 22. Mai 2018);

< Wandlungserklärung der A. Investments Pty Ltd zur Wandlung von 916.590 Optionsrechten in 916.590 Namensaktien der P.AG;

< die Rechtsgutachten der Kanzleien P+P P. + Partners, B. Mc K. und L. A. jeweils zur Wirksamkeit der Optionsvereinbarung vom 17. Dezember 2015 bzw. der Nachtragsvereinbarung vom 6. Dezember 2016;

< Darstellung der Organbesetzung seit 2015 bis heute einschließlich der jeweiligen Bestellungsbeschlüsse des Aufsichtsrats bzw. der Hauptversammlung;

< Vereinbarung zwischen der P. AG und der A. Investments Pty Ltd über die Gewährung einer Kompensation in Höhe von € 760.000,- und die diesbezügliche Korrespondenz einschließlich etwaiger Stellungnahmen externer Berater zur Zahlung der vorgenannten Kompensation.

2. Dem Antragsgegner wird es im Wege der einstweiligen Verfügung auferlegt, dem Antragsteller eine Darstellung in geschlossener Weise zu übergeben über die Informationen, die für den Sonderprüfer im Hinblick auf den Sonderprüfungsauftrag des Antragstellers aufgrund Beschlussfassung der Hauptversammlung der P. AG 7.6.2019 von Bedeutung sind, insb. Darstellung des Sachverhalts im Zusammenhang mit dem Abschluss der Optionsvereinbarung vom 17. Dezember 2015 und der Nachtragsvereinbarung vom 6. Dezember 2016 sowie zur Ausübung der durch die vorstehende Vereinbarung begründeten Optionsrechte.

3. Dem Antragsgegner wird es im Wege der einstweiligen Verfügung auferlegt,

a) dem Antragsteller drei Termine zu einem Zeitpunkt unverzüglich nach Erlass der einstweiligen Verfügung zu nennen, zu dem er dem Sonderprüfer nebst von ihm beauftragten zur Berufsverschwiegenheit verpflichteten Dritten zur Befragung zur Verfügung steht sowie

b) tatsächlich zur Befragung in dem vom Sonderprüfer genannten Datum zur Verfügung zu stehen.

4. Dem Antragsgegner wird für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die Anordnung ein Ordnungsgeld von bis zu € 250.000,- oder (auch für den Fall, dass das Ordnungsgeld nicht beigetrieben werden kann) Ordnungshaft bis zu sechs Monaten angedroht, im Wiederholungsfall Ordnungshaft bis zu zwei Jahren.

Durch den angegriffenen Beschluss hat das Landgericht den Verfügungsantrag zurückgewiesen. Mit seiner zulässigen, insbesondere form- und fristgerecht eingelegten Beschwerde, der das Landgericht mit Beschluss vom 23.9.2019 nicht abgeholfen hat, verfolgt der Antragsteller sein erstinstanzliches Begehren weiter.

II.

Die Beschwerde bleibt in der Sache ohne Erfolg.

1. Zwar geht der Senat von einer fortbestehenden Aktivlegitimation des Antragstellers aus. Der Antragsgegner hat seine bestrittene Behauptung, die Bestellung des Antragstellers zum Sonderprüfer sei zwischenzeitlich aufgehoben worden, nicht glaubhaft gemacht.

2. Der Senat geht aber mit dem Landgericht davon aus, dass es vorliegend an einem Verfügungsanspruch fehlt. Insoweit wird zunächst auf die ausführliche und sorgfältige Begründung des Landgerichts in dem angegriffenen Beschluss Bezug genommen. Lediglich ergänzend wird noch folgendes ausgeführt.

Die Argumentation der Beschwerde geht im wesentlichen dahin, dass die Geltendmachung der Rechte des Abschlussprüfers nach § 145 Abs. 1, 2 AktG im ZPO-Verfahren zur Erreichung des Zwecks der Sonderprüfung (Schutz der [Minderheits-]Aktionäre) möglich sein müsse, weil

(1) das Zwangsgeldverfahren nach § 407 AktG angesichts der Höhe der Zwangsgelder ineffektiv sei und

(2) für die im vorliegenden Verfahren geltend gemachten Rechte gegenüber einem Aufsichtsratsmitglied nach § 145 Abs. 2 AktG nach dem eindeutigen Wortlaut des § 407 Abs. 2 AktG noch nicht einmal ein Zwangsgeldverfahren möglich sei.

Diese Befunde belegen aber nur, dass der Gesetzgeber die geltend gemachten Ansprüche als „stumpfes Schwert“ ausgestaltet hat, und zwingen nicht zu einer entsprechenden Korrektur durch die Rechtsprechung. Denn gerade die (pflichtwidrige) mangelnde Mitwirkung von Vorstand und Aufsichtsrat an einer (unterstellt) wirksam beschlossenen Sonderprüfung belegt, dass diese Organe „etwas zu verbergen“ haben, und trägt damit zumindest indirekt zur Erfüllung des Zwecks der Sonderprüfung bei.

3. Abgesehen davon würde es, selbst wenn man entgegen den Ausführungen unter 2. die Geltendmachung der streitgegenständlichen Auskunftsansprüche im Wege der einstweiligen Verfügung für grundsätzlich möglich halten würde, im vorliegenden Fall an einem Verfügungsgrund fehlen. Insoweit wird zunächst auf den zutreffenden Nichtabhilfebeschluss des Landgerichts Bezug genommen. Lediglich ergänzend wird noch folgendes ausgeführt.

Für die Eilbedürftigkeit seines Begehrens bringt der Antragsteller nur vor, dass durch Zeitablauf bis zum rechtskräftigen Abschluss eines Hauptsacheverfahrens eine effektive Prüfung verhindert werde, ohne diese allgemeine Behauptung durch konkrete Tatsachen zu unterfüttern. Damit ist diese Behauptung nicht nachvollziehbar. Insbesondere erschließt sich dem Senat nicht, warum aus einer Auswertung der in Klagantrag 1 genannten Unterlagen nicht auch noch nach Abschuss eines Hauptsacheverfahrens die Beurteilung der Frage, ob die Organe der P. AG sich im Zusammenhang mit dem Optionsgeschäft pflichtgemäß verhalten haben, möglich sein soll. Eine Gefährdung eventueller Schadensersatzansprüche durch eine Verzögerung der Sonderprüfung wird nicht behauptet.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wurde gemäß § 3 ZPO festgesetzt. In Anbetracht der Tatsache, dass im Beschwerdeverfahren keine Partei Einwendungen gegen die vom Landgericht vorgenommene Einschätzung des Interesses des Antragstellers mit 20.000,- € vorgebracht hat, folgt der Senat der Einschätzung des Landgerichts.

Eine Entscheidung über die Zulassung der Rechtsbeschwerde ist nicht veranlasst (§§ 574 Abs. 1 S. 2, 542 Abs. 2 ZPO).

Schlagworte: Bestellung von Sonderprüfern, Sonderprüfung