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OLG München, Beschluss vom 14.09.2020 – 7 W 1129/20

ZPO § 91a Abs. 1 S. 1, § 93, § 97 Abs. 1 RVG § 23 Abs. 2, 3

Tenor

1. Die sofortige Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Landgerichts München I vom 03.07.2020, Az. 31 O 8255/20, wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. 3. Der Gegenstandswert wird auf bis zu 6.000,00 € festgesetzt.

Gründe

I.

Die Beklagten haben sich als Treuhandkommanditisten mit einer Zeichnungssumme von 50.000,00 € zzgl. Agio in Höhe von 5% der Zeichnungssumme an der Klägerin, einer Publikums KG, beteiligt. Als Einmalzahlung waren nach dem Beitritt 10.000,00 € an die Klägerin zu entrichten. Der Restbetrag war in Monatsraten von je 200,00 € zu erbringen.

Auf den Gesamtbetrag von 52.500,00 € erbrachten die Beklagten bis zum 30.04.2020 insgesamt 37.381,88 € (Zahlungen und Gutschriften).

Am 13.12.2016 beschloss die Gesellschafterversammlung der Klägerin die Liquidation der Klägerin.

Im März 2019 erstellte die Klägerin eine vorläufige Auseinandersetzungsrechnung (Anl. K 4), die einen Zahlungsanspruch gegen die Beklagten in Höhe von 4.764,89 € auswies.

Mit Schreiben vom 14.10.2019 (Anl. B 1) forderte die Klägerin die Beklagten auf, die bis dahin aufgelaufenen rückständigen Raten in Höhe von insgesamt 4.200,00 € bis 31.10.2019 an die Klägerin zu bezahlen und ab November 2019 die Raten in der vertraglich vereinbarten Höhe an die Klägerin zu bezahlen.

Die Beklagten ließen daraufhin mit Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten vom 07.12.2019 mitteilen, dass die Forderung im Schreiben vom 14.10.2019 als unbegründet zurückzuweisen sei, da ein Anspruch auf Zahlung ausstehender Einlagen nach aktueller Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes im Rahmen der Liquidation nicht bestehe (BGH, Urteil vom 30.01.2018, Az. II ZR 90/16). Die Beklagten würden die Angelegenheit deshalb als erledigt betrachten.

Auf Antrag der Klägerin vom 12.12.2019 erließ das Amtsgericht Coburg am 12.12.2019 Mahnbescheide gegen die als Gesamtschuldner in Anspruch genommenen Beklagten über eine Hauptforderung in Höhe von 4.600,00 €. Gegen die den Beklagten am 19.12.2019 zugestellten Mahnbescheide legten die Beklagten am 30.12.2019 Widerspruch ein.

Mit Schriftsatz des Klägervertreters vom 30.04.2020 begründete die Klägerin ihren in den Mahnbescheiden vom 12.12.2019 geltend gemachten Anspruch, erweiterte die Zahlungsklage auf 4.764,89 € in der Hauptsache und beantragte des weiteren die Feststellung, dass weitere 10.353,23 € zugunsten der Klägerin in die endgültige Auseinandersetzungsrechnung einzustellen sei. Der Anspruchsbegründung vom 30.04.2020 als Anlage beigefügt war die Auseinandersetzungsrechnung laut Anl. K 4.

Die Anspruchsbegründung vom 30.04.2020 wurde den Beklagtenvertretern am 07.05.2020 zugestellt mit der Gelegenheit zur Stellungnahme bis 25.05.2020 (Bl. 44 d.A.).

Mit Schriftsatz der Beklagtenvertreter vom 25.05.2020 (Bl. 45/48 d.A.), eingegangen bei Gericht am selben Tag, erkannten die Beklagten die Ansprüche der Klägerin „in den Hauptanträgen (…) in vollem Umfang“ an und beantragten gleichzeitig, die Kosten des Rechtsstreits nach § 93 ZPO der Klägerin aufzuerlegen, da die Kläger keine Veranlassung zur Klage gegeben hätten. Denn die Auseinandersetzungsrechnung laut Anl. K 4 habe die Klägerin den Beklagten erst mit der Klageschrift übermittelt.

Am 27.05.2020 zahlten die Beklagten einen Betrag von 4.842,11 € an die Klägerin, woraufhin die Klägerin mit Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 28.05.2020 den Rechtsstreit in dieser Höhe in der Hauptsache für erledigt erklärte. Der Schriftsatz des Klägervertreters vom 28.05.2020 wurde den Beklagtenvertretern zusammen mit einem Hinweis nach § 91a Abs. 1 S. 2 ZPO am 10.06.2020 zugestellt (Bl. 50 d.A.). Mit Schriftsatz der Beklagtenvertreter vom 24.06.2020 (Bl. 58 d.A.) schlossen sich die Beklagten unter Verwahrung gegen die Kostenlast der Teilerledigterklärung der Klägerin vom 27.05.2020 an.

Mit Anerkenntnisurteil vom 03.07.2020, dem Klägervertreter am 10.07.2020 zugestellt (Bl. zu 70 d.A.), stellte das Landgericht München I, Az. 31 O 8255/20 (Bl. 65/70 d.A.) fest, dass ein Betrag in Höhe von 10.353,23 € als Passivsaldo zugunsten der Klägerin in die endgültige Auseinandersetzungsrechnung einzustellen sei und erlegte der Klägerin nach § 93 ZPO die Kosten des Rechtsstreits auf, da die Beklagten keine Veranlassung zur Klageerhebung gegeben hätten. Denn die Klägerin habe den Beklagten vorgerichtlich nicht mitgeteilt, dass und mit welchem Ergebnis bereits ein Auseinandersetzungsplan erstellt worden sei. Ohne Kenntnis der Beklagten von dem Auseinandersetzungsplan hätten die Klägerin jedoch nicht zahlen müssen (LGU S. 4, Bl. 68 d.A.).

Mit Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 21.07.2020 (Bl. 76/78 d.A.), eingegangen bei Gericht am selben Tag, legte die Klägerin sofortige Beschwerde gegen die Kostenentscheidung im Anerkenntnisurteil des Landgerichts München I vom 03.07.2020 ein. Ein Fall des § 93 ZPO liege u.a. schon deshalb nicht vor, da die Gefahr des Verjährungsablaufs bestanden habe und die Widersprüche der Beklagten im Mahnverfahren nicht auf die Kostenlast beschränkt gewesen seien.

Mit Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten vom 07.08.2020 beantragten die Beklagten, die sofortige Beschwerde der Klägerin zurückzuweisen.

Mit ausführlich begründetem Beschluss vom 11.08.2020 (Bl. 81/84 d.A.) half das Landgericht der sofortigen Beschwerde der Klägerin nicht ab und ordnete die Vorlage an das Oberlandesgericht München an.

II.

Die sofortige Beschwerde der Klägerin ist zulässig, jedoch unbegründet, da das Landgericht der Klägerin zu Recht die Kosten des Rechtsstreits auferlegt hat.

1. Bei der angegriffenen Kostenentscheidung handelt es sich um eine Kostenmischentscheidung, da hinsichtlich des von den Parteien übereinstimmend für erledigt erklärten Teils des Rechtsstreits eine Entscheidung nach § 91a Abs. 1 S. 1 ZPO zu treffen war, hinsichtlich des rechtshängig gebliebenen Teils des Rechtsstreits dagegen nach § 93 ZPO. In der Sache führt dies zu keinem anderem als dem vom Landgericht angenommenen Ergebnis, da auch bei der Kostenentscheidung nach § 91a Abs. 1 S. 1 ZPO der Rechtsgedanke der fehlenden Klageveranlassung aus § 93 ZPO zum Tragen kommt (vgl. BGH, Beschluss vom 28.06.2016 – II ZR 364/13, Rdnr. 7) und das Landgericht mit vollumfänglich zutreffender Begründung die Voraussetzungen des § 93 ZPO bejaht hat.

2. Veranlassung zur Klageerhebung hätten die Beklagten gegeben, wenn ihr Verhalten vor Prozessbeginn – ohne Rücksicht auf etwaiges Verschulden – gegenüber der Klägerin so war, dass diese annehmen musste, dass sie ohne Klage nicht zu ihrem Recht kommen würde (allgemeine Meinung, vgl. Herget in Zöller, ZPO, 33. Auflage, Köln 2020, Rdnr. 3 zu § 93 ZPO). So fehlt beispielsweise die Veranlassung zur Klageerhebung, wenn sich ein Beklagter gegen einen unschlüssig begründeten Anspruch wendet (vgl. Herget, aaO, Rdnr. 6.42 zu § 93 ZPO, Flockhaus in Musielak/Voigt, ZPO, 17. Auflage, München 2020, Rdnr. 2 zu § 93 ZPO jeweils m.w.N. aus der Rechtsprechung).

Dies war streitgegenständlich bis zur Anspruchsbegründung der Fall. Der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch war nämlich bis zur Anspruchsbegründung vom 30.04.2020 und der gleichzeitig erfolgenden Vorlage des Auseinandersetzungsplans laut Anl. K 4 nicht schlüssig begründet. Denn – wie das Landgericht zutreffend ausführt – setzt nach der Rechtsprechung des BGH die Einforderung rückständiger Einlagen zum Ausgleich unter den Gesellschaftern die Vorlage eines Auseinandersetzungsplans voraus, der einen Passivsaldo des in Anspruch genommenen Gesellschafters ausweist (BGH, Urteil vom 30. Januar 2018 – II ZR 95/16, Rn. 81). Von einem solchen Auseinandersetzungsplan und einem sich daraus ergebenden Passivsaldo der Beklagten ist in dem vorgerichtlichen Aufforderungsschreiben der Klägerin vom 14.10.2019 (Anl. B 1) jedoch nicht die Rede. Die von der Beschwerde in Bezug genommenen Ausführungen im Aufforderungsschreiben vom 14.10.2019, dass ein Innenausgleich notwendig, sei, da nicht alle Kommanditisten ihre Pflichteinlage im gleichen Umfang erbracht hätten, und dass das Kapitalkonto der Beklagten gegenwärtig einen Einzahlungsrückstand von 4.200,00 € aufweise, ersetzt die Mitteilung des Ergebnisses des Auseinandersetzungsplans nicht, zumal dieser nach den Angaben in der Klageschrift (dort S. 11, Bl. 31 d.A.) bereits seit März 2019 vorlag und deshalb den Beklagten (wie später mit der Anspruchsbegründung geschehen) das Ergebnis ohne weiteres hätte mitgeteilt werden können.

Dass die Beklagten sich mit Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom 07.12.2019 der von der Klägerin mit Schreiben vom 14.10.2019 verlangten Zahlung widersetzten und gegen die sodann von der Klägerin erwirkten Mahnbescheide Widerspruch einlegten, ohne diese Widersprüche auf die Kostentragung zu beschränken, führt daher nicht dazu, dass sie der Klägerin Veranlassung zur Klageerhebung gegeben hätten.

Ohne Relevanz für die Frage einer Klageveranlassung durch die Beklagten ist schließlich der in der Beschwerde vorgebrachte Einwand, es habe Verjährungsgefahr bestanden. Wenn die Klägerin mit der Geltendmachung ihrer Ansprüche bis kurz vor Eintritt der Verjährung wartet, ist dies ihre Entscheidung, deren Konsequenzen sie folglich auch zu tragen hat.

3. Da das Anerkenntnis innerhalb der den Beklagtenvertretern vom Gericht gesetzten Frist zur Stellungnahme auf die Anspruchsbegründung abgegeben wurde, ist es auch ein sofortiges iSd. § 93 ZPO.

Nach alledem war die sofortige Beschwerde der Klägerin zurückzuweisen.

III.

1. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens waren gemäß § 97 Abs. 1 ZPO der Klägerin aufzuerlegen.

2. Die Festsetzung des Gegenstandswerts für die Rechtsanwaltsgebühren beruht auf § 23 Abs. 2, 3 RVG.

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