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OLG München, Beschluss vom 23.11.2020 – 31 Wx 405/20

BGB § 32, § 37 Abs. 1 COVMG § 5 AktG § 122Bitte wählen Sie ein Schlagwort:
AktG
AktG § 122
Abs. 3 S. 5

1. Das Verlangen der Einberufung einer außerordentlichen Delegiertenversammlung eines Vereins nach § 37 Abs. 1 BGB ist auch nicht unter der Annahme rechtsmissbräuchlich, dass die Abhaltung der Versammlung aufgrund der derzeitigen COVID-19-Pandemie und der daraus resultierenden behördlichen Einschränkungen als Präsenzveranstaltung möglicherweise nicht oder nur eingeschränkt gestattet ist.

2. § 5 Abs. 2 und Abs. 3 COVMG sehen Abweichungen von den Regelungen des § 32 BGB vor, so dass grundsätzlich auch die Möglichkeit einer virtuellen Delegiertenversammlung besteht.

3. Die Festlegung von Versammlungsort und -zeit sowie der weiteren Modalitäten der Versammlung obliegt grundsätzlich dem jeweiligen Einberufungsorgan.

Tenor

1. Auf die Beschwerde gegen den Beschluss des Amtsgerichts München – Registergericht – vom 09. September 2020 wird Ziffer I. des Beschlusses dahingehend abgeändert, dass die Beteiligten zu 2 bis 13 ermächtigt werden, eine Delegiertenversammlung des Vereins einzuberufen.

2. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

3. Der Beschwerdeführer hat die notwendigen außergerichtlichen Auslagen der Beteiligten zu 2 bis 13 im Beschwerdeverfahren zu tragen.

4. Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 5.000 € festgesetzt.

Gründe

I.

Der Beteiligte zu 1, ein Rassehunde-Zuchtverein, ist im Vereinsregister eingetragen.

Gemäß § 4 II) 1. der Satzung des Vereins besteht dessen Präsidium aus dem 1., 2. und 3. Präsidenten, dem Hauptzuchtwart, dem Obmann der Richtervereinigung, dem Obmann für Ausbildung und Leistung und dem Schriftleiter. Gemäß § 4 III) der Satzung besteht ein erweiterter Vorstand, dem neben den Mitgliedern des Präsidiums die 1. Vorsitzenden der Landesgruppen angehören.

Gemäß § 4 IV) 8. der Satzung ist eine außerordentliche Delegierten- bzw. Mitgliederversammlung u.a. dann einzuberufen, wenn es von zwei Dritteln des Präsidiums oder zwei Dritteln des erweiterten Vorstands verlangt wird. Der Beteiligte zu 2 ist der derzeitige Obmann für Ausbildung und Leistung, der Beteiligte zu 13 war Hauptzuchtwart und wurde zwischenzeitlich vom Ehrenrat des Vereins seines Amtes enthoben. Die Beteiligten zu 3 bis 12 sind Vorsitzende von Landesgruppen des Vereins, der Beteiligte zu 14 ist der 2. Vorsitzende einer Landesgruppe.

Mit Schreiben vom 11.05.2020 beantragte der Beteiligte zu 2 beim Amtsgericht, ihn zur Einberufung einer außerordentlichen Mitgliederversammlung zu ermächtigen und ihn zum Versammlungsleiter zu ernennen. Dem Antrag beigefügt war ein an den Vorstand des Vereins gerichtetes Einberufungsverlangen vom 17.04.2020, in dem dieser aufgefordert wurde, eine außerordentliche Mitgliederversammlung mit aufgeführten Tagesordnungspunkten einzuberufen. Das Einberufungsverlangen beruhte auf beigefügten gleichlautenden Anträgen der Beteiligten zu 2 bis 14. Als Tagesordnungspunkte für die Versammlung war die Abwahl des 1. und 2. Präsidenten sowie der Ehrenräte des Vereins, eine Entscheidung über einen Beschluss des Ehrenrats vom 12.02.2020, sowie Ergänzungswahlen für die Ämter des 1., 2. und 3.

Präsidenten, des Schriftführers und des Ehrenrats angegeben. Zur Begründung wurde ein erheblich erschüttertes Vertrauensverhältnis zum 1. und 2. Präsidenten aufgrund der finanziellen Situation des Vereins und deren Umgang damit sowie Vergehen gegen das Tierschutzgesetz und diverse Zuchtvergehen angegeben. Der Ehrenrat habe Entscheidungen, die in seiner Zuständigkeit lagen, von anderen Personen treffen lassen und habe seine Entscheidungen getroffen, ohne Erforderlichkeit, Zweckmäßigkeit, Geeignetheit, Angemessenheit und Verhältnismäßigkeit abzuwägen.

Auf Hinweis des Amtsgerichts wurden die Beteiligten zu 2 bis 14 als Antragsteller benannt und deren Vollmachten vorgelegt. Ferner wurde beantragt, einen neutralen Versammlungsleiter zu bestimmen und insoweit Herr F.J. vorgeschlagen.

Der Beteiligte zu 1 hat gegenüber den Antragstellern den Antrag auf Einberufung einer außerordentlichen Mitgliederversammlung abgelehnt. Gegen den Antrag vom 11.05.2020 wandte sich der Beteiligte zu 1 insbesondere mit dem Einwand, dass das satzungsmäßige Quorum nicht erreicht sei. Für die Berechnung des Quorums sei nicht die Zahl der tatsächlich gerade amtierenden Mitglieder des Präsidiums und des erweiterten Vorstands maßgebend, sondern die satzungsgemäße Zahl. Bei 7 Präsidiumsmitgliedern und 14 Landesgruppenvorsitzenden bestehe der erweiterte Vorstand aus 21 Personen. Der Beteiligte zu 14, der sich auf sein Antragsrecht als Vorsitzender der Landesgruppe W. berufe, habe keinen Nachweis einer ordnungsgemäßen wahl geliefert und könne daher für das Quorum nicht mitgerechnet werden. Die geforderten Tagesordnungspunkte seien ferner weitgehend unzulässig, der Antrag sei auch missbräuchlich. Eine Präsenzveranstaltung sei aufgrund der Corona-Pandemie jedenfalls am Sitz des Vereins derzeit nicht zulässig. Gegenwärtig könne daher keine Versammlung stattfinden.

Mit Beschluss vom 09.09.2020 hat das Amtsgericht die Beteiligten zu 2 bis 14 ermächtigt, eine Delegiertenversammlung des Vereins mit der beantragten Tagesordnung einzuberufen und den Vorsitz der Delegiertenversammlung Herrn F.J. übertragen. Der Antrag sei statthaft und auch begründet. Für die Berechnung des Quorums komme es allein auf die tatsächliche Anzahl der vorhandenen Personen an. Der erweiterte Vorstand bestehe derzeit aus 18 Personen, die 13 Antragsteller repräsentierten demnach die erforderlichen zwei Drittel des erweiterten Vorstands. Die Delegiertenversammlung sei für die Beschlussfassung über die geforderten Tagesordnungspunkte zuständig. Es fehlten Anhaltspunkte, dass die Antragsteller gesetzwidrige Ziele verfolgten. Die derzeit andauernde COVID-19-Pandemie könne keinen Einfluss auf die Entscheidung haben. Da das Verhalten des 1. Präsidenten unter anderem Gegenstand der Erörterung und der Beschlussfassung der Delegiertenversammlung bildet, sei es angezeigt, stattdessen eine andere Person mit der Führung des Vorsitzes zu betrauen.

Hiergegen wendet sich die Beschwerde des Beteiligten zu 1 vom 20.09.2020. Die Beteiligten zu 13 und 14 seien keine Mitglieder des erweiterten Vorstandes und könnten daher auch nicht zur Einberufung einer Delegiertenversammlung ermächtigt werden. Nur wenn man das Quorum aus der satzungsmäßigen Zahl der Mitglieder des erweiterten Vorstands berechne, sei eine Manipulation ausgeschlossen. Die Delegiertenversammlung sei für die Abberufung von Mitgliedern des Präsidiums bzw. des Ehrenrats nicht zuständig. Bei der Bestellung des Versammlungsleiters liege ein Ermessensfehlgebrauch vor.

Mit der Beschwerde des Beteiligten zu 1 wurde ferner der Erlass einer einstweiligen Anordnung dahingehend beantragt, die Vollziehung des angefochtenen Beschlusses auszusetzen.

Das Amtsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Senat vorgelegt.

II.

1.

Die Beschwerde ist gemäß § 58 Abs. 1 FamFG statthaft und auch im Übrigen zulässig. Sie wurde fristgerecht binnen der Monatsfrist gemäß § 63 Abs. 1 FamFG erhoben, der Beteiligte zu 1 ist gemäß § 59 Abs. 1 FamFG beschwerdeberechtigt.

2.

Die Beschwerde bleibt in der Sache allerdings weitgehend ohne Erfolg. Lediglich hinsichtlich der Ermächtigung für den Beteiligten zu 14 ist die Beschwerde begründet.

Das Amtsgericht hat im Übrigen zutreffend die Voraussetzungen für eine gerichtliche ErmächtigungBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Ermächtigung
gerichtliche Ermächtigung
nach § 37 Abs. 2 Satz 1 BGB als gegeben angesehen. Zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt der Senat zunächst auf den umfassend und sorgfältig begründeten Beschluss des Amtsgerichts vom 09.09.2020 Bezug.

Ergänzend ist auf Folgendes hinzuweisen:

a) Es liegt ein formell ordnungsgemäßes Minderheitsverlangen im Sinne des § 37 Abs. 1 BGB vor, dem der Vorstand des Beteiligten zu 1 nicht entsprochen hat.

aa) § 37 Abs. 1 BGB ist entsprechend anzuwenden, wenn in der Satzung – wie im vorliegenden Fall – an Stelle der Mitgliederversammlung eine Delegiertenversammlung gebildet ist (Sauter/Schweyer/Waldner Der eingetragene Verein 20. Aufl. <2016> Rn. 170). Nachdem auch die Satzung des Vereins missverständlich unter § 4 IV) 8. die Einberufung einer „außerordentlichen Delegierten- bzw. Mitgliederversammlung“ regelt, obwohl eine Mitgliederversammlung in der Satzung nicht vorgesehen ist, spielt es auch keine Rolle, dass sowohl in dem Einberufungsverlangen vom 17.04.2020 als auch in dem ursprünglichen Antrag an das Amtsgericht teilweise von der Einberufung einer Mitgliederversammlung statt zutreffend von der Einberufung einer Delegiertenversammlung die Rede war. Aus den dem Einberufungsverlangen beigefügten Anträgen der Beteiligten zu 2 bis 14 ergibt sich jedenfalls eindeutig, dass die Einberufung einer Delegiertenversammlung gefordert wurde.

bb) Das in der Satzung vorgesehene Quorum für ein Einberufungsverlangen von zwei Dritteln des erweiterten Vorstands ist erfüllt. Insofern kann dahinstehen, ob die Regelungen in § 4 IV) 8. Nr. 2 und Nr. 3 der Satzung den gesetzlichen Minderheitenschutz ausreichend gewährleisten.

(1) Satzungsmäßig besteht der erweiterte Vorstand aus den 7 Mitgliedern des Präsidiums sowie den 1. Vorsitzenden der Landesgruppen. Nach dem Vortrag der Beteiligten bestehen derzeit 14 Landesgruppen, die Existenz einer weiteren Landesgruppe (Bayern) lässt sich auch aus dem Vortrag des Beteiligten zu 1 nicht entnehmen. Der erweiterte Vorstand besteht daher satzungsgemäß derzeit aus 21 Mitgliedern.

(2) Maßgeblich für die Berechnung des Quorums ist allerdings die tatsächliche Anzahl der Mitglieder des erweiterten Vorstands, nicht die satzungsmäßige (höchstmögliche) Anzahl. Zutreffend hat das Amtsgericht insofern in seinem Nichtabhilfebeschluss vom 28.09.2020 festgestellt, dass es der Minderheitenschutz gebietet, auf die tatsächliche Personenanzahl abzustellen, da ansonsten bei Ausscheiden oder Ausschluss von Mitgliedern des erweiterten Vorstands das Quorum faktisch erhöht würde und das Antragsrecht damit erschwert oder sogar ausgehebelt werden könnte. Das Quorum ist nach Köpfen zu berechnen, Mehrstimmrechte werden nicht berücksichtigt (Staudinger/Schwennicke (2019) BGB § 37 Rn. 5; MüKoBGB/Leuschner, 8. Aufl. <2018> § 37 Rn. 3).

(3) Der erweiterte Vorstand bestand tatsächlich – zumindest zum maßgeblichen Zeitpunkt des Einberufungsverlangens – aus 16 Personen. Von den Mitgliedern des Präsidiums waren dies der 1. und der 2. Präsident, der Beteiligte zu 13 (Hauptzuchtwart) und der Beteiligte zu 2 (Obmann für Ausbildung und Leistung). Der Beteiligte zu 13 wurde erst nach der Antragstellung seines Amtes enthoben. Ob das Quorum erreicht ist, hängt jedoch von der Mitgliederzahl im Zeitpunkt des Eingangs des Verlangens beim Einberufungsorgan ab (MüKoBGB/Leuschner a.a.O.). Die Ämter des 3. Präsidenten und des Schriftleiters sind derzeit nicht besetzt, das Amt des Obmanns der Richtervereinigung wird in Personenidentität vom 1. Präsidenten ausgeübt, wobei dahingestellt bleiben kann, ob dies satzungsgemäß erfolgt. Neben diesen 4 Mitgliedern des Präsidiums gehörten 12 Landesgruppenvorsitzende dem erweiterten Vorstand an. Nicht zu berücksichtigen von den 14 Landesgruppen waren hierbei die Landesgruppen W. (11) und R.N. (07). Gemäß der Satzung sind ausdrücklich die 1. Vorsitzenden der Landesgruppen Mitglieder des erweiterten Vorstands, somit nicht der Beteiligte zu 14 als lediglich 2. Vorsitzender der Landesgruppe W. (11). Weder aus der Satzung noch sonst ist ersichtlich, dass bei Verhinderung oder Fehlen des 1. Vorsitzenden einer Landesgruppe dieser im erweiterten Vorstand des Vereins durch den 2. Vorsitzenden der Landesgruppe ersetzt oder vertreten wird. Ferner ist der 2. Präsident des Vereins zugleich Vorsitzender der Landesgruppe R.N. (07), so dass auch insoweit Personenidentität bestand.

Das notwendige Quorum für eine Antragstellung nach § 37 Abs. 1 BGB lag daher bei 11 Personen und wurde durch den Antrag der Beteiligten zu 2 bis 13 erreicht. Unschädlich war insoweit, dass auch der Beteiligte zu 14 den Antrag gestellt hat, obwohl er nicht antragsberechtigt war.

cc) Das Einberufungsverlangen vom 17.04.2020 wurde schriftlich an den Verein, vertreten durch den Vorstand gestellt. Die beigefügten gleichlautenden Anträge der Beteiligten zu 2 bis 13 sind von diesen unterzeichnet, es ist nicht erforderlich, dass sich alle Unterschriften auf demselben Schriftstück befinden (Staudinger/Schwennicke a.a.O. § 37 Rn. 12).

dd) Zweck und Gründe des Einberufungsverlangens wurden in dem Antrag genannt. Die beabsichtigte Tagesordnung der Versammlung wurde ebenso angegeben, wie die Umstände, weshalb die Delegiertenversammlung mit den angekündigten Tagesordnungspunkten befasst werden soll. Aus den angegebenen Tagesordnungspunkten und den genannten Gründen ergibt sich auch ausreichend, warum die Delegiertenversammlung (gerade jetzt) stattfinden soll und nicht etwa bis zur nächsten ordentlichen Delegiertenversammlung gewartet werden kann (vgl. BeckOGK/Könen BGB Stand: 1.11.2020 § 37 Rn. 12).

b) Ebenso wenig wie das zuständige Organ hat das Gericht die sachliche Zweckmäßigkeit der Mitgliederversammlung zu prüfen (MüKoBGB/Leuschner § 37 Rn. 8; Staudinger/Schwennicke § 37 Rn. 43 f.). Bereits aus diesem Grund kommt eine Ablehnung der beantragten Ermächtigung aus Kostengründen nicht in Betracht. Ein Recht zur Zurückweisung kann zwar bestehen, wenn das Verlangen offensichtlich rechtsmissbräuchlich ist, z.B. wenn der Gegenstand des Einberufungsverlangens außerhalb der Zuständigkeit der Delegiertenversammlung liegt (Staudinger/Schwennicke § 37 Rn. 21; BeckOGK/Könen § 37 Rn. 20). Ein solcher Fall liegt aber nicht vor.

aa) Der Senat teilt nicht die Ansicht des Beteiligten zu 1, die Tagesordnungspunkte 1, 2 und 3 (Abwahl des 1. und 2. Präsidenten sowie der Ehrenräte) seien unzulässig, da gemäß der Satzung ausschließlich der Ehrenrat für die zeitweise oder dauernde Enthebung von Ämtern zuständig sei.

(1) Gemäß § 27 Abs. 2 Satz 1 BGB ist die Bestellung des Vorstands jederzeit widerruflich. Diese Vorschrift ist nicht dispositiv, § 40 BGB. Für den Widerruf ist das Organ zuständig, das den Vorstand bestellt hat, vorliegend somit die Delegiertenversammlung. Die Mitgliederversammlung (bzw. hier die Delegiertenversammlung) kann die Vorstandsmitgliedschaft auch widerrufen, wenn nach der Satzung ein anderes Organ oder ein Dritter für die Bestellung und den Widerruf zuständig ist (Heidel/Hüßtege/Mansel/Noack BGB 3. Aufl. <2016> § 27 Rn. 7; Palandt/Ellenberger BGB 79. Aufl. <2020> § 27 Rn. 2). Insofern kann dahinstehen, ob gemäß der Satzung dem Ehrenrat tatsächlich eine Befugnis zur Abberufung von Vorstandsmitgliedern zusteht.

(2) Entsprechendes gilt mangels anderweitiger Regelung auch für die Abwahl der Ehrenräte selbst. Die Satzung enthält keine Vorschriften über die Abberufung der Ehrenräte, gemäß § 32 Abs. 1 Satz 1 BGB kommt auch insoweit der Delegiertenversammlung die Beschlusskompetenz zu.

(3) Eine Beschränkung der Widerruflichkeit durch die Satzung im Sinne des § 27 Abs. 2 Satz 2 BGB liegt nicht vor. Aus § 10 der Satzung ergibt sich lediglich, dass als Vereinsstrafe bei bestimmten Verfehlungen auch eine zeitweise oder dauerhafte Enthebung von Ämtern möglich ist. Der Regelung lässt sich allerdings nicht entnehmen, dass eine Abwahl durch die Delegiertenversammlung lediglich bei Vorliegen eines wichtigen Grundes zulässig wäre. Im Übrigen würde auch dies nicht zur offensichtlichen Unzulässigkeit der geforderten Tagesordnungspunkte führen. Letztendlich wäre auch dann der Delegiertenversammlung die Entscheidung vorbehalten, ob aus ihrer Sicht ein wichtiger Grund vorliegt oder nicht. Eine weitere Konkretisierung der Gründe für die Abwahlanträge in der Tagesordnung war insofern nicht veranlasst.

bb) Die Beschlussfassung über eine Entscheidung des Ehrenrates ist gemäß § 32 Abs. 1 Satz 1 BGB zulässig. Auch die Neuwahl bzw. Ergänzungswahl von Vorstand und Ehrenräten begegnet keinen Bedenken.

cc) Ein möglicher Rechtsmissbrauch liegt auch nicht in der Tatsache begründet, dass die Abhaltung einer Delegiertenversammlung aufgrund der derzeitigen COVID-19-Pandemie und der daraus resultierenden behördlichen Einschränkungen als Präsenzveranstaltung möglicherweise nicht oder nur eingeschränkt gestattet ist. Einerseits sind die behördlichen Vorgaben der Bundesländer nicht einheitlich und ändern sich derzeit in kürzesten Zeiträumen, so dass nicht ausgeschlossen ist, dass in absehbarer Zeit die Durchführung einer Delegiertenversammlung auch als Präsenzveranstaltung möglich ist. Andererseits sehen § 5 Abs. 2 und Abs. 3 COVMG Abweichungen von den Regelungen des § 32 BGB vor, so dass z.B. auch die Möglichkeit einer virtuellen Delegiertenversammlung besteht. Zutreffend hat das Amtsgericht insoweit auch darauf hingewiesen, dass die Festlegung von Versammlungsort und -zeit sowie der weiteren Modalitäten der Versammlung grundsätzlich dem Einberufungsorgan obliegt.

c) Gemäß § 37 Abs. 2 Satz 1 BGB war daher durch das Gericht eine Ermächtigung zur Einberufung einer Delegiertenversammlung auszusprechen. Dem Gericht steht trotz der Formulierung „kann“ in Abs. 2 S. 1 kein Ermessen zu (Heidel/Hüßtege/Mansel/Noack § 37 Rn. 6; Staudinger/ Schwennicke § 37 Rn. 30). Da der Beteiligte zu 14 allerdings nicht befugt war, ein Einberufungsverlangen zu stellen, ist der Beschluss des Amtsgerichts dahingehend abzuändern, dass nur die Beteiligten zu 2 bis 13 ermächtigt werden. Die Ermächtigung erstreckt sich im Übrigen auf alle Personen, die das Einberufungsverlangen vom 17.04.2020 gestellt haben. Es spielt daher keine Rolle, dass der Beteiligte zu 13 zwischenzeitlich seines Amtes enthoben wurde. Gemäß § 37 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 1 BGB sind diejenigen Mitglieder zu ermächtigen, die das Verlangen gestellt haben. Eine dem § 122 Abs. 3 Satz 5 AktG entsprechende Regelung, wonach die Antragsberechtigung jedenfalls noch im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung gegeben sein muss, ist nicht vorhanden.

3.

Die Beschwerde ist auch insoweit unbegründet, als sie sich gegen die Bestellung von Herrn F.J. zum Versammlungsleiter wendet. Gemäß § 37 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 BGB können durch das Gericht Anordnungen über die Führung des Vorsitzes in der Versammlung getroffen werden. Nachdem die Tagesordnung unter anderem eine Beschlussfassung über die Abwahl des 1. Präsidenten beinhaltet, ist auch der Senat der Ansicht, dass es zur Vermeidung von Interessenskonflikten bei der Durchführung der Versammlung angezeigt ist, eine andere Person mit dem Vorsitz zu betrauen. Ein Ermessensfehlgebrauch durch das Amtsgericht bei der Auswahl der Person ist nicht ersichtlich. Konkrete Einwände gegen die Person bzw. deren Eignung wurden nicht vorgebracht. Allein die Tatsache, dass Herr F.J. von den Beteiligten zu 2 bis 14 vorgeschlagen wurde, begründet keinen Verdacht der Voreingenommenheit. Die von dem Beteiligten zu 1 vorgeschlagenen Personen mögen gleichfalls geeignet sein, es ist aber nicht ersichtlich, dass insoweit eine wesentlich überragendere Kompetenz bestünde.

4.

Infolge der Zurückweisung der Beschwerde stellt sich die Frage nach dem Erlass einer Eilanordnung nicht mehr.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 81 Abs. 1 Satz 1, 84 FamFG. Der Beschwerdeführer trägt im Übrigen kraft Gesetzes die gerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens, § 22 Abs. 1 GNotKG. Soweit der Senat die Entscheidung des Registergerichts teilweise neu gefasst hat, verbleibt es dabei, dass die Beschwerde gemessen am Beschwerdeziel unbegründet war, so dass der Senat keine Veranlassung sah, die Kosten des Beschwerdeverfahrens anteilig aufzuerlegen.

Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird gemäß § 36 Abs. 3 GNotKG auf 5.000 € festgesetzt.

IV. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde nach § 70 FamFG liegen nicht vor.

Schlagworte: COVID-19-Pandemie, Delegiertenversammlung, Einberufungsfrist bei Einberufungsverlangen, Einberufungsverlangen, Einschränkung, Modalität, Präsenzveranstaltung, Rechtsmissbrauch, Verein