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OLG München, Urteil v. 27.10.2021 – 20 U 301/21

Schiedsvereinbarung nach § 1032 ZPO; § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB

Tenor

1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Landgerichts Landshut vom 18.12.2020, Az. 51 O 1487/20, aufgehoben.

2. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 180.000,00 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15.03.2015 sowie weitere 1.515,11 € vorgerichtliche Anwaltskosten zu bezahlen.

3. Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages leistet.

5. Die Revision wird nicht zugelassen. Beschluss Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 180.000,00 € festgesetzt.

Entscheidungsgründe

I.

Der Kläger verlangt vom Beklagten Schadensersatz wegen Betruges.

Auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil wird Bezug genommen.

Das Landgericht wies die Klage als unzulässig ab, weil ihr die von den Parteien abgeschlossene Schiedsvereinbarung entgegenstehe.

Mit der dagegen gerichteten Berufung verfolgt der Kläger seine erstinstanzlich geltend gemachten Ansprüche weiter. Das Landgericht habe die Schiedsklausel unzutreffend ausgelegt und dabei die Rechtsprechung des Reichsgerichts und des Bundesgerichtshofs verkannt. Die Klausel greife nur bei Streitigkeiten über die Abwicklung des zwischen den Parteien geschlossenen Vertrags, nicht aber dann, wenn – wie hier – Ansprüche wegen Betruges geltend gemacht würden. Tatsächlich habe der Kläger von Anfang nicht die Absicht gehabt, den vom Kläger erhaltenen Darlehensvertrag von 200.000 USD zurückzuzahlen. Dabei stützt sich die Klagepartei unter anderem auf die Beweiswürdigung in einem rechtskräftigen Strafurteil des Landgerichts Landshut, mit dem der Beklagte unter anderem wegen der streitgegenständlichen unerlaubten Handlung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 3 Jahren verurteilt wurde (LG Landshut 4 KLs 205 Js 18718/16). Auch das vom Beklagten abgegebene Schuldanerkenntnis (nunmehr vorgelegt als Anlage BKl 1) schließe die Einrede des Beklagten aus, für die geltend gemachte Schadensersatzforderung gelte die Schiedsvereinbarung. Darin hätten die Parteien unter Bezugnahme auf eine geschäftliche Verbindung – womit der streitgegenständliche Darlehensvertrag gemeint sei – die Geltung deutschen Rechts und die Zuständigkeit des LG München I für Streitigkeiten aus dieser geschäftlichen Verbindung vereinbart.

Im Berufungsverfahren beantragt der Kläger: 1. Das Endurteil des Landgerichts Landshut vom 18.12.2020, Az. 51 O 1487/20, wird aufgehoben. 2. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 180.000 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 vH. Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15.03.2015 sowie weitere 1.515,11 € vorgerichtliche Anwaltskosten zu zahlen.

Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Der Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil. Das Landgericht habe zutreffend entschieden, dass der Erhebung der Klage die vereinbarte Schiedsklausel entgegenstehe. Im Übrigen liege der behauptete Betrug nicht vor. Es sei geplant gewesen, ein Raffael-Gemälde zu verkaufen. An diesem Geschäft habe der Kläger wegen der Gewinnerwartung gerne teilnehmen wollen. Es habe sich um ein Risikogeschäft gehandelt, das sich dann nicht habe realisieren lassen. Im Übrigen sei die Forderung verjährt. Im Hinblick auf die Anordnung der Einziehung des Wertes der Taterträge durch das Strafurteil und der Anmeldung der Ansprüche des Klägers bei der Staatsanwaltschaft gehe es dem Kläger nur darum, eine doppelte Titulierung seiner Forderung zu erstreben. Im Übrigen habe das Strafurteil den Fair-Trial-Grundsatz verletzt.

II.

Das angefochtene Urteil des Landgerichts war aufzuheben, da dem Kläger der geltend gemachte Anspruch gem. § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB zusteht.

1. Die Klage ist zulässig. Die Annahme des Landgerichts, dass die zwischen den Parteien getroffene Schiedsvereinbarung gem. § 1032 ZPO der Zulässigkeit der Klage entgegenstehe, ist unzutreffend. Dies ergibt sich aus der Entscheidung des Reichsgerichts vom 6. Dezember 1917, Az. 329/17 III (JW 18, 263 Nr. 8) und des Bundesgerichtshofs vom 24. November 1964 (Az. VI ZR 187/63, juris). Nach dieser Rechtsprechung ist in dem Fall, in dem ein Schiedsvertrag über künftige Rechtsstreitigkeiten aus einem bestimmten Vertragsverhältnis geschlossen worden ist, das Schiedsgericht auch für Schadensersatzansprüche aus unerlaubter Handlung zuständig, wenn sich die behauptete unerlaubte Handlung tatbestandlich mit einer Vertragsverletzung deckt. Die von der Klagepartei behauptete unerlaubte Handlung deckt sich hier aber tatbestandlich mit der in Rede stehenden Vertragsverletzung nicht. Die Vertragsverletzung besteht in der Nichtrückzahlung des Darlehensbetrages, die behauptete unerlaubte Handlung besteht darin, dass der Beklagte schon bei Abschluss des Vertrages nicht die Absicht gehabt haben soll, den Darlehensbetrag zurückzuzahlen.

2. Der Senat ist davon überzeugt, dass der Beklagte schon bei Abschluss des Darlehensvertrages nicht die Absicht hatte, den vom Kläger erhaltenen Betrag zurückzuzahlen und deshalb der Tatbestand des Betrugs gem. § 263 StGB erfüllt ist.

Der Sachvortrag des Beklagten zu dem angeblich beabsichtigten Verkauf eines Raffael-Gemäldes ist letztlich vage und wenig glaubhaft. Er erschöpft sich letztlich darin, dass der Beklagte einen angeblichen „S. M.“ als Kaufinteressenten für den Louvre in Abu Dhabi hatte, dass der streitgegenständliche Geldbetrag für „eine Zwischenfinanzierung über den britischen B. G.“ benötigt worden sei und – nachdem der Verkauf nicht zustande gekommen sei – es „außerhalb der Verantwortung des Beklagten“ nicht zu einer Deckung der Zahlung des Klägers aus der Kommission des Beklagten gekommen sei. Dieser Sachvortrag ist unsubstantiiert und in seiner Vagheit nicht nachvollziehbar.

Zwar muss der Kläger beweisen, dass der Beklagte von Anfang die Absicht hatte, den erhaltenen Betrag nicht zurückzuzahlen. Nach Überzeugung des Senats hat er diesen Beweis aber erbracht. Es ist zunächst unstreitig, dass der Beklagte den geschuldeten Betrag nicht zurückgezahlt hat. Der Beklagte hat den erhaltenen Betrag für sich persönlich verbraucht. Seine unsubstantiierte Einlassung, aus der im Übrigen nicht hervorgeht, wohin er den Geldbetrag überwiesen haben will, ob er ihn seinerseits nicht zurückerhalten hat und gegebenenfalls warum nicht, vermag den Sachvortrag des Klägers nicht zu entkräften. Auch aus der Urkunde über den Darlehensvertrag (Anlage B1) und dem Schuldanerkenntnis vom 11.07.2015 (Anlage BKl1) ergeben sich keine Anhaltspunkte für die Richtigkeit der Behauptungen des Beklagten.

Vor allem stützt der Senat seine Überzeugung auf das rechtskräftige Strafurteil des Landgerichts Landshut im Verfahren 4 KLs 205 Js 18718/16. Zwar entfaltet ein strafgerichtliches Urteil für den Zivilprozess keine Bindungswirkung. Die in einem Strafurteil getroffenen Feststellungen können im Zivilprozess aber als Beweismittel verwendet werden. In der Regel wird den strafgerichtlichen Feststellungen zu folgen sein, sofern nicht von den Parteien gewichtige Gründe für deren Unrichtigkeit vorgebracht werden (vgl. BGH WM 1973, 560, juris; KG, Urteil vom 25.01.2006 – 11 U 6883/97, BeckRS 2006, 2260). Dabei hat der Zivilrichter die vom Strafrichter getroffenen Feststellungen einer kritischen Überprüfung innerhalb der Beweiswürdigung zu unterziehen, §§ 415, 417, 286 ZPO (vgl. OLG ZweibrückenBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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OLG Zweibrücken
NJW-RR 2011, 496, beck-online).

Gewichtige Gründe für die Unrichtigkeit der strafgerichtlichen Entscheidung hat der Beklagte nicht vorgebracht. Auch sein diesbezüglicher Vortrag, es sei der Fair – Trial – Grundsatz verletzt worden, bleibt letztlich vage. Zu berücksichtigen ist dabei auch, dass der Bundesgerichtshof mit Beschluss vom 28.08.2018 im Verfahren 1 StR 406/18 die Revision des Beklagten gem. § 349 Abs. 2 StPO verworfen hat.

3. Die erhobene Einrede der Verjährung greift nicht durch. Soweit der Kläger vorträgt (vgl. Schriftsatz vom 15.09.2020), er habe erst mit Ausbleiben der Zahlung nach Ablauf der bis zum 25.02.2016 gesetzten Zahlungsfrist den Verdacht gehabt, er könne Opfer eines Betruges geworden sein, ist jedenfalls unstreitig, dass es die als Anlagen K3 bis K5 vorgelegte Korrespondenz gegeben hat. Der Senat ist überzeugt, dass der Kläger Kenntnis im Sinne von § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB erst im Verlauf des Jahres 2016 erlangt hatte (siehe auch Strafanzeige vom 08.03.2016, Anlage B6). Aus der Tatsache, dass das im Juli 2015 abgegebene Schuldanerkenntnis nicht erfüllt wurde, lässt sich nicht schließen, dass der Kläger bereits zu diesem Zeitpunkt Kenntnis davon hatte oder hätte haben müssen, dass der Beklagte beim Abschluss des Darlehensvertrages im Januar 2015 in der Absicht handelte, das Darlehen nicht zurückzuzahlen. Danach begann die dreijährige Verjährungsfrist mit Ablauf des Jahres 2016 und endete am 31.12.2019. Da der Mahnbescheid am 06.12.2019 zugestellt wurde, wurde die Verjährung gem. § 204 Abs. 1 Nr.3 BGB gehemmt.

4. Auch der Einwand des Beklagten, der Kläger strebe mit diesem Rechtsstreit eine zweifache Titulierung seiner Forderung an, greift nicht durch. Die Anordnung der Einziehung des Wertes der Taterträge in Höhe von 221.087,42 € in Ziffer 4 des rechtskräftigen Strafurteils des Landgerichts Landshut im Verfahren 4 KLs 205 Js 18718/16 sowie das anschließende staatsanwaltliche Verfahren gem. § 459k ff. StPO zur Auskehrung des Verwertungserlöses stehen der zivilgerichtlichen Geltendmachung der vom Kläger behaupteten Ansprüche nicht entgegen. Das Argument des Beklagten, er dürfe nicht doppelt in Anspruch genommen werden, greift schon wegen der gesetzlichen Regelung der §§ 459j Abs. 4, 459k Abs. 4 StPO sowie § 459l StPO nicht durch. Einerseits bleibt es dem Verletzten unbenommen, seine Ansprüche zivilrechtlich titulieren zu lassen (vgl. BT-Drs. 18/9525, Seite 52), andererseits dient § 459l StPO gerade dem Schutz des Einziehungsadressaten vor doppelter Inanspruchnahme (vgl. MüKoStPO/Nestler, 1. Aufl. 2019, StPO § 459l Rn. 4; beck-online).

III.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 91 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr.10, 711 ZPO. Der Streitwert wurde gem. §§ 47, 48 GKG i.V.m. § 3 ZPO festgesetzt. 18 Die Revision war nicht gem. § 543 Abs. 1 Nr.1 ZPO zuzulassen, denn die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 S.1 ZPO liegen nicht vor. Weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung, noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts. Die entscheidungserheblichen Rechtsfragen sind höchstrichterlich geklärt, im Übrigen handelt es sich nur um eine Einzelfallentscheidung.

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Schlagworte: Schiedsvereinbarung, Verjährung