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OLG München, Urteil vom 10.05.2012 – 23 U 4635/11

§ 49b Abs 2 BRAO, § 134 BGB, § 138 BGB

Ein Prozessfinanzierungsvertrag stellt eine unzulässige Umgehung des Verbots von Erfolgshonoraren nach § 49b Abs. 2 BRAO dar, wenn die mit der Führung des Prozesses mandatierten Rechtsanwälte mit der prozessfinanzierenden GmbH eine stille GesellschaftBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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gegründet haben und die Erfolgsbeteiligung ohne Auskehrung an die prozessfinanzierende GmbH unmittelbar unter den Rechtsanwälten als stillen Gesellschaftern aufgeteilt wird.

Die vorliegend gewählte Gestaltung, in der nicht die Geschäftsführer der Beklagten selbst, sondern die a. GmbH den Prozessfinanzierungsvertrag abschließt, ist eine Umgehung des Verbots nach § 49 b Abs. 2 BRAO.

Im vorliegenden Fall haben sich die Geschäftsführer der Beklagten zwar nicht direkt an der a. GmbH beteiligt, sondern mit dieser lediglich eine stille GesellschaftBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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gegründet. Aufgrund der Umstände des vorliegenden Falls ist aber auch darin eine Umgehung des Verbots nach § 49 b Abs. 2 BRAO zu sehen: Im Prozessfinanzierungsvertrag vom 18./21.2.2006 ist in Ziff. 2 explizit geregelt, dass die Prozessfinanzierung ausschließlich für den Fall gilt, dass die Beklagte mit der Prozessführung mandatiert ist. Am Gewinn der a. GmbH wiederum sind die Geschäftsführer der Beklagten zu insgesamt 3/4 beteiligt. Damit haben sie am Ausgang des von der a. GmbH finanzierten und von der Beklagten betriebenen Prozesses ein unmittelbares, eigenes wirtschaftliches Interesse.

Zu berücksichtigen ist des Weiteren, dass nach dem Vortrag sowohl der Klägerin (Schriftsatz vom 6.5.2011, S. 2, Bl. 13 der Akten) als auch der Beklagten (Schriftsatz vom 17.8.2011, S. 4, Bl. 39 der Akten und Schriftsatz vom 15.9.2011, S. 5, Bl. 59 der Akten) die bei Prozessgewinn bei der Beklagten eingehenden Gelder in der Regel nicht an die a. GmbH weitergeleitet, sondern unmittelbar direkt an die stillen Gesellschafter und Herrn H. ausgekehrt wurden. Umgekehrt wurden nach dem Vortrag der Beklagten (Schriftsatz vom 15.9.2011, S. 5, Bl. 59 der Akten), den die Klägerin nicht bestritten hat (vgl. Schriftsatz vom 1.3.2012, S. 4, Bl. 114 der Akten), bei erfolglosen Prozessen die Kosten durch die stillen Gesellschafter und Herrn H. übernommen. Zu berücksichtigen ist schließlich, dass nach § 4 (2) d) des stillen Gesellschaftsvertrages die a. GmbH für die Führung von Prozessen einschließlich der Instruktion zu Prozesshandlungen die Einwilligung sämtlicher stiller Gesellschafter benötigt.

Zudem hätte die Klägerin, selbst wenn der Prozessfinanzierungsvertrag – und die stille GesellschaftBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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– wirksam wären, keinen Anspruch gegen die Beklagte erworben, da in diesem Fall die Abtretungsvereinbarung vom 29.12.2010 insgesamt sittenwidrig und nichtig wäre, § 138 Abs. 1 BGB:

Zutreffend verweist die Klägerin zunächst darauf, dass der Zeuge H. als alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer und Alleingesellschafter der a. GmbH die Abtretungsvereinbarung im Außenverhältnis abschließen konnte. Auch verkennt der Senat nicht, dass im Rahmen des Vertrages über die stille GesellschaftBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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die Geschäftsführungsbefugnis allein bei der a. GmbH lag (§ 4 des Vertrages) und die stillen Gesellschafter zwar Informations- und Kontrollrechte hatten (§ 9 des Vertrages), aber eine Zustimmung der stillen Gesellschafter für die Abtretung einer Forderung der a. GmbH nicht erforderlich war.

Vorliegend hatte die a. GmbH als Geschäftsführerin im Rahmen der stillen Gesellschaft die Interessen auch der stillen Gesellschafter zu wahren. Diesen stand ausweislich § 7 des Vertrages über die stille GesellschaftBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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eine Beteiligung am Gewinn des von der a. GmbH betriebenen Handelsgeschäfts in Höhe von je 1/4 zu. Die a. GmbH war daher verpflichtet, eine bewusste Beeinträchtigung der Gewinnchancen der stillen Gesellschafter zu unterlassen (vgl. zu den Pflichten des Geschäftsinhabers bei der stillen Gesellschaft BGH NJW 1988, 414; Hopt in: Baumbach/Hopt, 36. Auflage 2012, § 230 Rz. 16, 17). Dagegen hat die a. GmbH, vertreten durch ihren Geschäftsführer H., mit der Abtretungsvereinbarung vom 29.12.2010 in kollusivem Zusammenwirken mit der Klägerin bewusst verstoßen: Mit dieser Vereinbarung wurde der Anspruch der a. GmbH gegen die Beklagte in voller Höhe an die Klägerin abgetreten, ohne dass dafür eine adäquate Gegenleistung für die a. GmbH vorgesehen war. Auch wenn man davon ausgeht, dass der Klägerin gegen die a. GmbH aus der Vereinbarung vom 22.7.2008 ein Anspruch zusteht, umfasst dieser nur die Hälfte der tatsächlich an die Klägerin abgetretenen Forderung. Bezüglich der restlichen, abgetretenen Forderung ist keinerlei Rechtsgrund oder Gegenleistung für die Abtretung zu erkennen. Dabei handelt es sich auch nicht nur um einen unbedeutenden Betrag, sondern um rund 31.000 Euro. Auch war dem Zeugen H. bei Abschluss des Abtretungsvertrags bewusst, dass die stillen Gesellschafter mit dieser Vereinbarung nicht einverstanden sein würden.

Schlagworte: Prozessfinanzierer, Prozessfinanzierungen, Prozessfinanzierungsvertrag