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OLG München, Urteil vom 17.04.2019 – 7 U 2711/18

HGB § 87 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 u. 2, § 87 a Abs. 3, § 87c Abs. 2, § 89a Abs. 1 S. 1; BGB § 195, § 362 Abs. 1, § 397; ZPO § 156 Abs. 2 Nr. 1, § 263, § 264 Nr. 2

Tenor

1. Auf die Berufung der Beklagten gegen das Teilurteil des Landgerichts München I vom 05.07.2018, Az. 12 HK O 6653/18, wird das Teilurteil in Ziffern 1.1 bis 1.3 wie folgt abgeändert und neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, den mit Schriftsatz des Beklagtenvertreters vom 03.01.2019 in Form der Anlagenkonvolute B 31 bis B 34 übermittelten Buchauszug für den Zeitraum vom 01.08.2014 bis einschließlich 14.11.2017 – um die Bezeichnung der im Rahmen der im Buchauszug aufgeführten einzelnen Geschäfte von der Beklagten an ihre Kunden gelieferten Waren nach ihrer Art,

– um die Angabe der Vertragsabschlusszeitpunkte,

– um die Angabe der Stornierungsgründe und den von der Beklagten vorgenommenen Nachbearbeitungsmaßnahmen bei den in der Spalte „Artikelnummer“ mit „Kundenbelastung“ bezeichneten Geschäften, sowie

– um Angaben zu den im Zeitraum vom 01.08.2014 bis einschließlich 14.11.2017 abgeschlossenen, jedoch erst danach ausgeführten Geschäften zu ergänzen.

2. Auf die Berufungen der Klägerin und der Beklagten gegen das Teilurteil des Landgerichts München I vom 05.07.2018, Az. 12 HK O 6653/18, wird das Teilurteil in Ziffer 1.4 wie folgt abgeändert und neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin zum Buchauszug folgende Dokumente jeweils in Kopie vorzulegen:

– Rahmenverträge und Einzelbestellungen

– Lieferscheine

– Rechnungen und Gutschriften

– Belege/Schriftwechsel zu Retouren, Gewährleistungen und Nichterfüllung von Lieferverträgen.

3. Im Übrigen wird die Klage auf die Berufung der Beklagten abgewiesen.

4. Von den Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Klägerin zwei Drittel, die Beklagte ein Drittel.

5. Dieses Urteil sowie das in Ziffer 1 genannte Teilurteil des Landgerichts München I, soweit es noch Bestand hat, sind vorläufig vollstreckbar.

6. Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.

Entscheidungsgründe

A.

Mit ihrer ursprünglichen Stufenklage vom 02.09.2014 (Bl. 1/5 d.A.) verlangte die Klägerin von der Beklagten in der ersten Stufe einen Buchauszug für den Zeitraum vom 15.11.2012 bis Ende Juli 2014. Dem Buchauszugsverlangen der Klägerin entsprach das Landgericht München I mit Teilurteil vom 30.04.2015, Az. 12 HK O 17133/14, voll. Die dagegen gerichtete Berufung der Beklagten wurde mit Senatsbeschluss vom 30.09.2015, Az. 7 U 2058/15, zurückgewiesen.

Nach der Erwirkung von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen zur Vollstreckung des Teilurteils des Landgerichts München I vom 30.04.2015 durch die Klägerin bezifferte die Klägerin ihren Zahlantrag aus der Stufenklage vom 02.09.2014 mit Schriftsatz des Klägervertreters vom 09.08.2017 (Bl. 205/209 d.A.) auf 385.633,05 € in der Hauptsache.

Mit Schriftsatz des Klägervertreters vom 27.12.2017 (Bl. 238, 241 d.A.) erweiterte die Klägerin ihre Stufenklage.

Sie beantragte nunmehr ergänzend:

Die Beklagte wird verurteilt, Buchauszug zu erteilen über

1.1 die ab 01.08.2014 bis einschließlich 14.11.2017 mit allen Kunden aus den Bezirken Deutschland und Österreich, insbesondere auch mit den Kunden

Gelenkwellenwerk S. GmbH, … TRW A. …, D. AG, …, G. E. & Sohn GmbH & Co KG, …, E. E. GmbH & Co KG, …, E. Bus GmbH, …, J. D. GmbH & Co KG, …, M. Nutzfahrzeuge AG, …,

abgeschlossene sowie ausgeführte Geschäfte über die vertraglich definierten Waren, lange/kurze Kugelzapfen, Stoßstangen, Flanschwellen, Steckachse, Gabelwelle, Antriebswelle, Ritzelwelle, Spindeln, Zylinder, Zugstangen, einschließlich aller Geschäfte zur Herstellung der Werkzeuge (Formen) und der Geschäfte zur Qualitätsprüfung

1.2 über Datum und Höhe der Kundenzahlungen, einschließlich geleisteter Anzahlungen;

1.3 über abgeschlossene aber nicht vertragsgemäß ausgeführte Geschäfte über die vertraglich definierten Waren gemäß Ziffer 2.1, unter Angabe der Gründe für nicht vertragsgemäße Durchführung solcher Geschäfte; insbesondere über Einwände der Kunden aus Gewährleistung, abweichenden Lieferungen;

1.4 der Buchauszug hat alle zur Überprüfung der Angaben nach Ziffer 2.1 bis 2.3 relevanten Dokumente, insbesondere Verträge/Bestellungen unter Angabe der Werte der Einzelaufträge, Lieferscheine und Rechnungen sowie Zahlungseingänge der Kunden zu enthalten, wobei der Antrag so zu verstehen ist, dass die dort aufgeführten Dokumente physisch durch die Beklagtenpartei herauszugeben sind.

Hilfsweise wird beantragt,

dass die dort aufgeführten Dokumente in dem Buchauszug jedenfalls aufgelistet sein müssen.

Die Beklagte beantragte,

Klageabweisung.

Mit Beschluss vom 09.05.2018 (Bl. 355/357 d.A.) ordnete das Landgericht München I an, dass hinsichtlich des Anspruchs der Klägerin auf Erteilung eines Buchauszugs für den Zeitraum ab dem 01.08.2014 getrennt verhandelt werde.

Mit Teilurteil vom 05.07.2018, Az. 12 HK O 6653/18, hat das Landgericht München I den klägerischen Anträgen zu 1.1 bis 1.3 vollumfänglich entsprochen. Hinsichtlich des Antrags 1.4. hat es lediglich angeordnet, dass der Buchauszug alle zur Überprüfung der Angaben nach Ziffer 1.1 bis 1.3 relevanten Dokumente, insbesondere Verträge/Bestellungen unter Angabe der Werte der Einzelaufträge, Lieferscheine und Rechnungen sowie Zahlungseingänge der Kunden zu enthalten habe. Den darüber hinausgehenden Antrag auf Herausgabe und Auflistung hat es zurückgewiesen.

Auf den Tatbestand und die Entscheidungsgründe des landgerichtlichen Teilurteils wird gemäß § 540 Abs. 1 ZPO Bezug genommen.

Die Parteien verfolgen mit ihren Berufungen ihr erstinstanzliches Klage- bzw. Klageabweisungsziel weiter.

Die Beklagte übermittelte unter Verwahrung gegen eine Verpflichtung ihrerseits zur Erstellung eines Buchauszugs mit Schriftsatz des Beklagtenvertreters vom 03.01.2019 (Bl. 430 – 434 d.A.) die Anlagenkonvolute B 31 bis B 34.

Die Klägerin behauptet, dass die Angaben der Beklagten in den Anlagekonvoluten B 31 bis B 34 nicht geeignet seien, den geforderten Buchauszug zu ersetzen.

Sie beantragt daher:

1. Das Teilurteil des Landgerichts München I, Az. 12 HK O 6653/18 vom 05.07.2018, wird im Umfang der Klageabweisung in Ziffer 1., Unterziffer 1.4 aufgehoben.

2. Die Beklagte wird verurteilt, zum Buchauszug folgende Dokumente jeweils in Kopie vorzulegen:

– Rahmenverträge und Einzelbestellungen

– Lieferscheine

– Rechnungen und Gutschriften

– Belege/Schriftwechsel zu Retouren, Gewährleistungen und Nichterfüllung von Lieferverträgen.

3. Die Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.

Die Beklagte beantragt,

1. Das angefochtene Urteil wird in Ziffer I. aufgehoben, bis auf die Teilabweisung der Klage hinsichtlich der Herausgabe und Auflistung, und die Auskunftsklage (Buchauszug) insgesamt abgewiesen.

2. Die Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen.

Die Beklagte erwidert, dass sie mit Vorlage der Anlagenkonvolute B 31 bis B 34 den Buchauszugsanspruch der Klägerin, sofern er bestehen sollte, vollständig erfüllt habe Das Gericht hat am 13.03.2019 mündlich verhandelt. Auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 13.03.2019, die zwischen den Prozessbevollmächtigten gewechselten Schriftsätze und den übrigen Akteninhalt wird Bezug genommen.

B.

I.

Die zulässige Berufung der Beklagten ist nur zum Teil begründet.

Wie das Landgericht zu Recht angenommen hat, hat die Klägerin dem Grunde einen Anspruch gegen die Beklagte aus § 87c Abs. 2 HGB auf Erteilung eines Buchauszuges für den Zeitraum vom 01.08.2014 bis 14.11.2017.

Jedoch besteht nicht im Hinblick auf alle von der Klägerin verlangten Angaben ein Buchauszugsanspruch und ist, soweit ein Buchauszugsanspruch der Klägerin besteht, dieser durch die erst im Berufungsverfahren erfolgte Übermittlung der Anl. B 31 bis B 34 mit Schriftsatz des Beklagtenvertreters vom 03.01.2019 teilweise erfüllt worden und insoweit gemäß § 362 Abs. 1 BGB erloschen. Soweit keine Erfüllung eingetreten ist, richtet sich der noch bestehende Anspruch nach § 87c Abs. 2 HGB nur noch auf die Ergänzung des erteilten Buchauszuges.

1. Bei dem streitgegenständlichen Antrag handelt es sich um eine nach § 264 Nr. 2 ZPO jederzeit zulässige Klageerweiterung, die keine Klageänderung iSd. § 263 ZPO war und deshalb weder der Einwilligung der Beklagten noch der Bejahung der Sachdienlichkeit bedurfte. Zum Zeitpunkt der Anhängigmachung der Klageerweiterung vom 27.12.2017 bestand das durch die ursprüngliche Stufenklage vom 02.09.2014 entstandene Prozessrechtsverhältnis auch noch, da über die zu diesem Zeitpunkt bereits bezifferte ursprüngliche Klage noch nicht entschieden war. Dass über den Buchauszugsanspruch für den Zeitraum vom 15.11.2012 bis Ende Juli 2014 zum Klageerweiterungszeitpunkt durch den Senatsbeschluss vom 30.09.2015 (Az. 7 U 2058/15) bereits rechtskräftig entschieden war, spielt keine Rolle, da es der Klägerin nach § 264 Nr. 2 ZPO frei steht, ihre Stufenklage – und um eine solche handelt es sich auch bei der Klageerweiterung – zu erweitern.

Auf den mit Schriftsatz des Klägervertreters vom 25.05.2016 (Bl. 159/164 d.A.) angekündigten Feststellungsantrag hinsichtlich des Fortbestehens des Bezirkshandelsvertreterverhältnisses bis zum 14.11.2017 und insbesondere dessen Zulässigkeit kommt es daher nicht an.

2. Entgegen der Ansicht der Berufung hatte die Klägerin auch für den gesamten Zeitraum vom 01.08.2014 bis 14.11.2017 dem Grunde nach einen Anspruch gegen die Beklagte auf Erteilung eines Buchauszugs gemäß § 87c Abs. 2 HGB.

a. Gemäß § 87c Abs. 2 HGB kann der Handelsvertreter „einen Buchauszug über alle Geschäfte verlangen, für die ihm nach § 87 Provision gebührt“. Entgegen der Ansicht der Beklagten ist diese Norm nach der Rechtsprechung des BGH nicht dahingehend auszulegen, dass es ohne feststehende Pflicht zur Provisionszahlung keine Verpflichtung zum Buchauszug gäbe (vgl. Berufungsbegründungsschriftsatz des Beklagtenvertreters vom 11.09.2018 (dort S. 6, Bl. 400 d.A.). Vielmehr darf die Erteilung des Buchauszugs „keine Vorwegnahme der Entscheidung darüber enthalten, ob das in ihm aufgenommene Geschäft auch provisionspflichtig ist oder nicht (…). Nur die zweifelsfrei nicht provisionspflichtigen Geschäfte können bei der Erteilung des Buchauszugs unberücksichtigt bleiben“ (BGH, Urteil vom 23.02.1989, Az. I ZR 203/87, Rdnr. 14, OLG NürnbergBitte wählen Sie ein Schlagwort:
OLG
OLG Nürnberg
, Beschluss vom 28.01.2011, Az. 12 U 744/10, Rdnr. 28, Senatsurteil vom 11.04.2018, Az. 7 U 1972/17, Rdnr. 37, vgl. auch OLG HammBitte wählen Sie ein Schlagwort:
OLG
OLG Hamm
, Urteil vom 17.12.2009, Az. 18 U 126/07, Rdnr. 116 aE).

b. Im streitgegenständlichen Fall ist aber gerade keineswegs zweifelsfrei, dass – wie von der Beklagten behauptet – Geschäfte der Beklagten mit Bestandskunden provisionsfrei bleiben sollen. Vielmehr spricht hier alles für und nichts gegen eine Einbeziehung der Bestandskunden. Denn aus der ausdrücklichen Bezeichnung der Klägerin in dem Handelsvertretervertrag laut Anl. K 1 (Ziffer 1) als „Bezirksvertreter“ ergibt sich, dass die Klägerin nicht nur Provision für die von ihr selbst vermittelten Geschäfte erhalten sollte. Dies folgt auch aus Ziffer 2 des Handelsvertrages, der die Beklagte verpflichtet, der Klägerin alle Kunden, mit denen sie im Vertragsgebiet Geschäftsbeziehungen unterhielt, und die mit diesen erzielten Umsätze mitzuteilen. Diese Verpflichtung ist nur dann sinnhaft, wenn der Klägerin auch ein Provisionsanspruch aus nicht von ihr vermittelten Geschäften mit Bestandskunden zusteht. Anderenfalls hätte die Beklagte nämlich keine Veranlassung gehabt, die Umsätze mit diesen Kunden der Klägerin mitzuteilen. Schließlich erstreckt Ziffer 6 des Handelsvertretervertrages die Provisionierung ausdrücklich auf „alle direkten und indirekten Geschäfte, die mit Abnehmern des (…) Bezirks abgeschlossen worden sind.“ Eine Herausnahme von Geschäften der Beklagten mit Bestandskunden lässt sich dem Handelsvertretervertrag daher nicht entnehmen.

c. Auch die von der Beklagten zur Begründung ihrer gegenteiligen Ansicht bemühte Ziffer 7 des Handelsvertretervertrages widerspricht dem nicht. Anspruch auf eine Pauschale hat die Klägerin demnach nämlich ohnehin nur für das erste Vertragsjahr. Das erste Vertragsjahr war aber bereits am 15.11.2013 und damit lange vor Beginn des hier streitgegenständlichen Zeitraums am 01.08.2014 abgelaufen. Im Übrigen besteht der Anspruch auf Zahlung der monatlichen Pauschale von 1.000,00 € auch nur, wenn und soweit die von der Klägerin verdiente Provision nach Ziffer 6 des Handelsvertretervertrages hinter der Pauschale zurückbleibt. Dies ergibt sich insbesondere aus dem englischen Wortlaut des Vertrages (“If the commission crosses the fixed sum while this time only commission has to be paid“). Dieser kann ohne weiteres zur Auslegung des deutschen Vertragstextes herangezogen werden, auch wenn dieser nach Ziffer 16 des Vertrages ausschließlich verbindlich sein soll.

d. An der Verpflichtung der Beklagten zur Erteilung eines Buchauszuges ändert auch deren Behauptung nichts, die Parteien hätten am 05.10.2012 und am 14./.15.11.2012 vereinbart, dass Bestandskunden der Beklagten nicht von der Provisionspflicht betroffen seien.

Entgegen der Ansicht des Landgerichts ist dies zwar keine Frage der Abänderung des Handelsvertretervertrages laut Anl. K 1, da dieser unstreitig erst am 21/22.11.2012 und damit nach den von der Beklagtenseite behaupteten Abreden vom 05.10.2012 bzw. 14./15.11.2012 geschlossen wurde, sodass eine Änderung des Handelsvertrages durch die mündlichen Vereinbarungen ohnehin nicht in Betracht kommt. Auch kann eine möglicherweise gebotene Beweiserhebung nicht damit abgelehnt werden, dass ein Parteivortrag changiert. Da eine Partei im Laufe eines Verfahrens ihren Vortrag ohne weiteres ändern kann, ist bei entsprechendem Beweisangebot hinsichtlich der Beweisaufnahme immer vom zeitlich letzten Vortrag auszugehen. Eine Rolle kann der wechselnde Vortrag dann allenfalls bei der Würdigung der erhobenen Beweise nach § 286 ZPO spielen.

Selbst wenn man aber die Existenz der von der Beklagtenseite behaupteten Vereinbarungen vom 05.10.2012 und 14.15./11.2012 unterstellt, führt dies nicht dazu, dass Geschäfte mit Bestandskunden zweifelsfrei nicht provisionspflichtig iSd. oben zitierten BGH-Rechtsprechung sind. Denn auch bei unterstellter Existenz der Vereinbarungen ergibt sich daraus noch nicht, dass die Parteien nicht noch bis zum Abschluss des Handelsvertretervertrages am 21./.22.11.2012 ihre Absichten hinsichtlich der Provisionierung von Geschäften mit Bestandskunden änderten und deshalb den Handelsvertretervertrag (laut Anl. K 1) – wie tatsächlich geschehen – mit einem Wortlaut abschlossen, der Geschäfte der Beklagten mit Bestandskunden ohne weiteres in die Provisionspflicht miteinbezog.

e. Auf die Frage, ob der Zeuge S. überhaupt zum Abschluss der behaupteten Abreden vom 05.10.2012 und 14./15.11.2012 bevollmächtigt war, kommt es demnach nicht an.

f. Der Buchauszugsanspruch der Klägerin scheitert auch nicht daran, dass Provisionsansprüche der Klägerin verwirkt wären. Wenn die Klägerin für das erste Vertragsjahr nur die Pauschale in Höhe von 1.000,00 € und keine darüber hinausgehenden Provisionsansprüche geltend macht und auch nicht auf der Bekanntgabe der von der Beklagten erzielten Umsätze mit Bestandskunden besteht, so mag dies unter Umständen einen Erlass iSd. § 397 BGB begründen. Selbst wenn man einen solchen annehmen sollte, würde sich dieser aber nur auf das erste Vertragsjahr beziehen, nicht aber auf einen späteren Zeitraum wie den hier streitgegenständlichen. Für die von der Beklagten behauptete Verwirkung fehlt es an jeglichen Anhaltspunkten.

g. Da der Prinzipal dem Buchauszugsanspruch des Handelsvertreters nach § 87c Abs. 2 HGB mit einem Zurückbehaltungsrecht wegen Gegenansprüchen nicht entgegentreten kann (vgl. Hopt in Baumbach/Hopt, HGB, 38. Auflage, München 2018, Rdnr. 29 zu § 87c HGB; Löwisch in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, 3. Auflage, München 2014, Rdnr. 36 zu § 87c HGB), kommt es insoweit nicht darauf an, dass die Beklagte schon nicht vorgetragen hat, welche Gegenansprüche sie überhaupt geltend macht. Die bloße – von der Beklagten behauptete – Untätigkeit des Handelsvertreters begründet jedenfalls per se noch keine Gegenansprüche.

h. Die außerordentliche Kündigung der Beklagten mit Schreiben des Beklagtenvertreters vom 16.07.2015 (Anl. B 11) beendete das Handelsvertreterverhältnis mit der Klägerin nicht. Zwar kann der Prinzipal nach § 89a Abs. 1 S. 1 HGB den Handelsvertretervertrag aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist kündigen. Jedoch setzt eine solche außerordentliche Kündigung grundsätzlich sowohl im Leistungs- als auch im Vertrauensbereich eine vorherige Abmahnung des Handelsvertreters durch den Prinzipal voraus (vgl. hierzu die Nachweise aus der Rechtsprechung bei Hopt in Baumbach/Hopt, HGB, 38. Auflage, München 2018, Rdnr. 10 zu § 89a HGB). Wie das Landgericht (LGU S. 8) zutreffend ausgeführt hat, ist eine solche durch die Beklagte schon nicht vorgetragen worden. Denn nach Rechtsprechung des BGH muss eine Abmahnung den Schuldner darauf hinweisen, dass er vertragliche Pflichten verletzt hat und ihm für den Fall eines weiteren Vertragsverstoßes Konsequenzen drohen. Dabei ist zwar keine ausdrückliche Kündigungsandrohung erforderlich, jedoch muss aus der Erklärung des Gläubigers für den Schuldner deutlich werden, dass die weitere vertragliche Zusammenarbeit auf dem Spiel steht (BGH, Urteil vom 12.10.2011, Az. VIII ZR 3/11, Rdnr. 17 m.w.N. aus der BGH-Rechtsprechung). Der Vortrag der Beklagten in erster Instanz hierzu (Schriftsatz des Beklagtenvertreters vom 08.10.2015, S. 10, Bl. 112 d.A. und Schriftsatz des Beklagtenvertreters vom 15.03.2018, S. 11, Bl. 302 d.A.), auf den die Berufungsbegründung Bezug nimmt (Berufungsbegründungsschriftsatz des Beklagtenvertreters vom 11.09.2018, dort S. 13, 14, Bl. 407, 408 d.A.), ist jedoch nicht hinreichend, um eine Abmahnung im Sinne der BGH-Rechtsprechung darzulegen. Im Schriftsatz des Beklagtenvertreters vom 08.10.2015 wird nämlich nur ausgeführt, die Beklagte habe „die Klägerin immer wieder ermahnt“. Im Schriftsatz vom 15.03.2018 wird behauptet, die Beklagte habe immer wieder fernmündlich zum Ausdruck gebracht und gemahnt, mit der Bearbeitung des Vertragsgebiets durch die Klägerin nicht zufrieden zu sein. Sie habe die Klägerin immer wieder ermahnt und aufgefordert, mehr zu tun als nur irgendwelche öffentliche Ausschreibungen von deutschen Unternehmen an die Beklagte weiterzuleiten. Daraus lässt sich jedoch nicht entnehmen, ob diese “Ermahnungen“ sowohl der Rüge- als auch der Warnfunktion einer Abmahnung entsprechen. Obwohl nach den Ausführungen des Landgerichts in seinem Teilurteil vom 05.07.2018 Veranlassung für die Beklagte bestanden hätte, ihren Vortrag zu substanziieren, ist dies auch in der Berufungsbegründung nicht erfolgt. Es bleibt damit dabei, dass mit dem bloßen Vortrag von „Ermahnungen“ keine Abmahnung dargelegt ist. Die Vernehmung der zum Beweis der Ermahnungen von der Beklagten angebotenen Zeugen war damit nicht erforderlich.

Entgegen der Ansicht der Beklagten war zum Zeitpunkt der außerordentlichen Kündigung vom 16.07.2015 eine Abmahnung auch nicht entbehrlich. Das Verlangen des Handelsvertreters auf Erteilung eines Buchauszugs führt nicht zur Beendigung des Handelsvertreterverhältnisses, sodass der Vertrag auch nach dem Buchauszugsverlangen fortzuführen ist und auch die Möglichkeit der außerordentlichen Kündigung dadurch nicht erweitert wird.

Da der Handelsvertretervertrag laut Ziffer 10 auf eine bestimmte Zeit (nämlich bis 14.11.2017) geschlossen war, kann die außerordentliche Kündigung auch nicht in eine ordentliche Kündigung zum nächstmöglichen Zeitpunkt umgedeutet werden.

i. Der Anspruch der Klägerin auf Erteilung eines Buchauszuges für den Zeitraum vom 01.08.2014 bis 14.11.2017 ist weder verjährt noch verwirkt.

aa. Der Anspruch auf Erteilung eines Buchauszugs verjährt in der regelmäßigen Frist des § 195 BGB, wobei die Frist mit dem Schluss des Jahres beginnt, in dem der Anspruch entstanden, das heißt grundsätzlich fällig geworden ist und in dem der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste. Für den Buchauszugsanspruch bedeutet dies, dass die Verjährungsfrist mit dem Schluss des Jahres beginnt, in dem der Unternehmer dem Handelsvertreter eine abschließende Abrechnung über die diesem zustehende Provision erteilt hat, da der Buchauszugsanspruch in den Moment entsteht, in dem der Unternehmer dem Handelsvertreter eine abschließende Abrechnung erteilt (BGH, Urteil vom 03.08.2017, Az. VII ZR 32/17, Rdnr. 14, OLG MünchenBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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OLG München
, Urteil vom 14.07.2016, Az. 23 U 3764/15, Rdnr. 35). Denn dann erst erhält der Handelsvertreter regelmäßig Kenntnis von den den Anspruch begründenden Umständen (BGH, aaO, Rdnr. 25) und kann beurteilen, ob es weiterer Auskünfte in Form des Buchauszugs zur Durchsetzung seines Provisionsanspruchs bedarf (OLG Stuttgart, Urteil vom 23.02.2016, Az. 6 U 12/15, Rdnr. 65). Anderenfalls würde dem Handelsvertreter zur Vermeidung der Verjährung zugemutet, seinen Anspruch auf Erteilung eines Buchauszuges über nicht abgerechnete Provisionen rein vorsorglich gerichtlich geltend zu machen (OLG Stuttgart, aaO, Rdnr. 65, so aber OLG DüsseldorfBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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OLG Düsseldorf
, Urteil vom 26.10.2012, 16 U 150/11, Rdnr. 85).

Provisionsabrechnungen durch die Beklagte erfolgten jedoch unstreitig nicht. Nach der Rechtsprechung des BGH hat damit im streitgegenständlichen Fall die Verjährungsfrist für die Erteilung des Buchauszugs noch gar nicht begonnen. Der Entscheidung des BGH liegt zwar der Fall eines verweigerten Buchauszugs zu Grunde. Bei bloßer Nichterteilung des Buchauszugs durch den Prinzipal ohne vorangegangene Weigerung kann aber auf Grund der gleichgelagerten Interessenlage nichts anderes gelten. Auch hier gibt es keinen Grund, den Handelsvertreter zu einem rein vorsorglichen Prozess zu zwingen, allein um die Verjährung des Buchauszugsanspruchs zu hemmen. Auch ist der Prinzipal im Hinblick auf die Verjährung nicht schutzwürdig, da er es selbst in der Hand hat, den Anspruch auf Erteilung eines Buchauszugs mit Erteilung einer abschließenden Provisionsabrechnung fällig zu stellen und damit die Verjährungsfrist in Lauf zu setzen (vgl. BGH, aaO, Rdnr. 19).

Mit dieser Entscheidung des BGH vom 03.08.2017 ist auch die bis dahin teilweise in der Rechtsprechung vertretene Meinung, dass die Verjährung des Buchauszugsanspruchs spätestens mit dem Zeitpunkt beginnen solle, in dem die Provisionsabrechnung spätestens zu erwarten gewesen sei (OLG DüsseldorfBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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OLG Düsseldorf
, Urteil vom 26.10.2012, 16 U 150/11, Rdnr. 85, LG Frankenthal, Teilurteil vom 14.05.2013, Az. 1 HK O 10/12, Rdnr. 53), überholt, da sie der BGH ausdrücklich verworfen hat (BGH, aaO, Rdnr. 17).

bb. Mangels Beginns der Verjährungsfrist wird damit die zeitliche Grenze für die Geltendmachung des Anspruchs der Klägerin nach § 87 c Abs. 2 HGB nur durch die Grundsätze der Verwirkung bestimmt. Demnach ist ein Recht verwirkt, wenn der Berechtigte es längere Zeit nicht geltend gemacht (Zeitmoment) und der Verpflichtete sich mit Rücksicht auf das gesamte Verhalten des Berechtigten darauf eingerichtet hat und sich darauf einrichten durfte, dass dieser das Recht in Zukunft nicht mehr geltend machen werde (Umstandsmoment; vgl. statt aller Grüneberg in Palandt, BGB, 78. Auflage, München 2019, Rdnr. 87 zu § 242 BGB).

Es kann dahinstehen, ob im streitgegenständlichen Fall das Zeitmoment erfüllt ist (was in Anbetracht der in mitten stehenden Zeiträume allerdings fernliegt), da es jedenfalls am Umstandsmoment fehlt. Denn dieses wäre nur gegeben, wenn die Beklagte sich aufgrund des vom Kläger geschaffenen Vertrauenstatbestands in ihren Maßnahmen so eingerichtet hätte, dass ihr durch die verspätete Geltendmachung des Rechts, das heißt hier des Buchauszugsanspruchs, ein unzumutbarer Nachteil entstünde (vgl. Grüneberg, aaO, Rdnr. 95 zu § 242 BGB). Dafür gibt es hier aber keine Anhaltspunkte. Die Beklagte hat nämlich schon nicht vorgetragen, inwieweit sie sich in ihren Maßnahmen auf das unterbliebene Buchauszugsverlangen eingerichtet hat. Aus der Tatsache, dass die Klägerin unstreitig für den vor dem streitgegenständlichen Zeitraum liegenden Zeitraum schon eine Verurteilung der Beklagten zur Erteilung eines Buchauszugs erwirkt hat, lässt sich nicht herleiten, dass die Beklagte nunmehr davon ausgehen durfte, dass sie keinen weiteren Buchauszug für einen anderen Zeitraum mehr erteilen müsse.

Damit somit weder Verjährung noch Verwirkung vorliegen, war der Buchauszug dem Grunde nach auch für den Zeitraum vom 01.08.2014 bis 14.11.2017 zu erteilen.

3. Der demnach grundsätzlich bestehende Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte nach § 87c Abs. 2 HGB erstreckt sich jedoch nicht auf alle von der Klägerin verlangten Angaben.

Die von der Klägerin verlangten Angaben zu konkreten Bestelldaten, „die Vereinbarungen über die Herstellung von Werkzeugen, d.h. für welche Art von Liefergegenstand, Liefertermin, Preis, Eigentümer des Werkzeugs, Vereinbarungen zu Mindestabnahmen und Werkzeugverschleiß (Menge an herstellbaren Produkten) und die Geschäfte zur Qualitätsprüfung“ sind von der Beklagten nicht geschuldet, da der Buchauszug nur solche Angaben enthalten muss, die nach der getroffenen Provisionsvereinbarung für die Berechnung der Provision von Bedeutung sein können (vgl. BGH, Urteil vom 20.09.2006 – VIII ZR 100/05, Rdnr. 17). Aus der in Ziffer 6 des „Handelsvertretungsvertrages“ laut Anl. K 1 enthaltenen Provisionsvereinbarung lässt sich jedoch nicht entnehmen, welche Provisionsrelevanz die zusätzlich von der Klägerin noch verlangten Angaben (insbesondere zu den Werkzeugen/Formen und den Qualitätsprüfungen) haben sollen.

Gleiches gilt für die geforderten Angaben zu „Laufzeit“, Lieferterminen, Lieferort, Zahlungsziel sowie zu „Abreden zu Verpackungs- und Transportkosten“. Die Provisionsvereinbarung laut Ziffer 6 des Handelsvertretungsvertrages stellt nämlich als Berechnungsgröße für die Provision ausschließlich auf den Rechnungsbetrag ab. Dieser ist in den Anlagenkonvoluten B 31 bis B 34 jeweils angegeben.

4. Soweit im Übrigen ein Buchauszugsanspruch der Klägerin besteht, ist dieser jedoch durch die Übermittlung der Anlagenkonvolute laut Anl. B 31 bis 34 mit Schriftsatz des Beklagtenvertreters vom 03.01.2019 gemäß § 362 Abs. 1 BGB teilweise erloschen. Da die Aufstellungen laut den Anlagenkonvoluten B 31 bis B 34 den formalen Anforderungen an einen Buchauszug im Grundsatz entsprechen, kann die Klägerin nach der Teilerfüllung durch die Beklagte nur noch die Ergänzung des erteilten Auszugs wegen bestimmter – von ihm konkret zu bezeichnender – Mängel verlangen (vgl. OLG Bamberg, Beschluss vom 27.05.2008 – 4 W 68/07, Rdnr. 14). Die Klägerin hat insoweit mit Schriftsätzen des Klägervertreters vom 11.02.2019 (dort S. 8 und 9, Bl. 442, 443 d.A.) und 02.03.2019 (dort S. 1 und 2, Bl. 447, 448 d.A.) Unvollständigkeiten behauptet. Diese bestehen jedoch nur zum Teil:

a. aa. In den Anlagenkonvoluten B 31 bis B 34 sind die von der Beklagten an Kunden gelieferten Gegenstände nicht bezeichnet. Es wird stattdessen nur eine Artikelnummer angegeben, sodass nicht überprüfbar ist, ob es sich bei dem Gegenstand um Waren iSd. Ziffer 1 des Handelsvertretungsvertrages handelt. Diese Angaben sind von der Beklagten zu ergänzen.

bb. Anzugeben sind auch die Daten der Vertragsabschlüsse, damit die Klägerin feststellen kann, welche Geschäfte überhaupt in den streitgegenständlichen Zeitraum fallen.

cc. Zwar enthalten die Anlagenkonvolute laut Anl. B 31 bis B 34 – wie der Beklagtenvertreter in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 20.03.2019 unwidersprochen und nachvollziehbar vorgetragen hat – Angaben zu stornierten, das heißt abgeschlossene, jedoch nicht vertragsgemäß ausgeführte Geschäften iSd. Ziffer 6 Abs. 5 des Handelsvertretungsvertrages. Diese sind in der Spalte „Artikelnummer“ mit „Kundenbelastung“ bezeichnet. Jedoch fehlen insoweit Angaben zu den Stornierungsgründen und den von der Beklagten vorgenommenen Nachbearbeitungsmaßnahmen. Diese sind jedoch notwendig, um beurteilen zu können, ob ein Provisionsanspruch der Klägerin nach Ziffer 6 Abs. 5 des Handelsvertretungsvertrages bzw. § 87 a Abs. 3 HGB trotz der Nichtausführung des Geschäfts weiter besteht oder in Wegfall gekommen ist, sodass die Beklagte den Buchauszugsanspruch insoweit zu vervollständigen hat.

dd. Die Anlagenkonvolute laut Anl. B 31 bis B 34 enthalten auch keine Angaben zu den im streitgegenständlichen Zeitraum abgeschlossenen, jedoch erst danach ausgeführten Geschäften. Auch diese Geschäfte können nach Ziffer 6 des Handelsvertretungsvertrages iVm. § 87 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 HGB provisionspflichtig sein, sodass der Buchauszug insoweit Angaben zu enthalten hat.

b. Ergänzungen im Hinblick auf die Menge sowie die Einzel- und Gesamtpreise der von der Beklagten an Kunden im Vertragsgebiet gelieferten Waren sind nicht geboten. Die Anlagenkonvolute B 31 bis B 34 enthalten diese Angaben nämlich bereits. Der Anspruch der Klägerin nach § 87c Abs. 2 HGB ist insoweit erfüllt und nach § 362 Abs. 1 BGB erloschen.

5. Angaben zu Angeboten, die bis Ende des streitgegenständlichen Zeitraums bei der Beklagten von Kunden aus dem Vertragsgebiet eingingen, mögen unter Umständen (§ 87 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 HGB) provisionsrelevant sein, sind jedoch von dem von der Klägerin gestellten Antrag nicht umfasst, da sich dieser ausdrücklich nur auf im streitgegenständlichen Zeitraum abgeschlossene Geschäfte bezieht. Bei lediglich eingegangenen Angeboten liegt jedoch noch kein Abschluss vor.

6. Mit ihrer Verfahrensrüge, dass das Landgericht aufgrund des Schriftsatzes des Beklagtenvertreters vom 07.06.2018 (Bl. 363 d.A.) die im Termin vom 13.04.2018 geschlossene mündliche Verhandlung hätte wieder eröffnen müssen, vermag die Beklagte nicht durchzudringen. Es liegt nämlich kein Grund zur Wiedereröffnung der Verhandlung nach § 156 Abs. 2 ZPO vor. Die Beklagte bemängelt in der Berufungsbegründung insoweit nur, dass die Klägerin hinsichtlich der Erweiterung der Stufenklage auf den Zeitraum vom 01.08.2014 bis 14.11.2017 keinen Kostenvorschuss einbezahlt habe. Dies begründet jedoch schon keinen entscheidungserheblichen und rügbaren Verfahrensfehler iSd. § 156 Abs. 2 Nr. 1 ZPO, da zum einen nach § 12 Abs. 1 S. 2 GKG bei einer Klageerweiterung vor Einzahlung des Vorschusses lediglich keine gerichtliche Handlung vorgenommen werden „soll“ und damit vorgenommen werden darf. Sollte die Zustellung der Klageerweiterung ohne Vorschusszahlung nicht in Ausübung dieses Ermessens, sondern irrtümlich erfolgt sein, so wäre das Gericht gar nicht berechtigt gewesen, den weiteren Fortgang des Verfahrens von der (Nach) Zahlung abhängig zu machen (vgl. Zimmermann in Binz/Dörndorfer/Zimmermann, GKG, FamGKG, JVEG, 4. Auflage, München 2019, Rdnr. 9). Zum anderen wäre ein etwaiger Verfahrensmangel, der allerdings nach dem oben Gesagten schon nicht vorliegt, auch durch das Verhandeln der Beklagten in der mündlichen Verhandlung vom 13.04.2018 (vgl. S. 2 des Protokolls der mündlichen Verhandlung vom 13.04.2018, Bl. 342 d.A.) geheilt.

Nach alledem war die Beklagte auf ihre Berufung hin nur noch zur Ergänzung des erteilten Buchauszugs im tenorierten Umfang zu verurteilen und die Klage im Übrigen abzuweisen.

II.

Hinsichtlich der in Ziffer 1.4 des landgerichtlichen Teilurteils ausgesprochenen Verurteilung der Beklagten zur Herausgabe von Dokumenten sind sowohl die Berufung der Klägerin als auch die der Beklagten begründet.

1. Die Klägerin hat gegen die Beklagten keinen auf die Herausgabe von Originaldokumenten gerichteten Anspruch aus § 87c Abs. 2 HGB, da – wie der Senat mit Urteil vom 12.07.2017, Az. 7 U 4905/16 entschieden hat – eine ordnungsgemäße Buchauszugserteilung nicht auch die Vorlage von Belegen u.ä. umfasst. Daher konnte auf die Berufung der Beklagten der Ausspruch in Ziffer 1.4 des landgerichtlichen Teilurteils, mit dem die Beklagte zur Herausgabe von Originaldokumenten verurteilt wurde, keinen Bestand haben.

Der Handelsvertretungsvertrag laut Anl. K 1 sieht in Ziffer 4 Abs. 3 lediglich vor, dass die Beklagte der Klägerin „von dem Schriftwechsel (…) mit Firmen (ihres) Bezirks“ Kopien zukommen lässt. Von Originaldokumenten ist darin keine Rede.

2. Aufgrund der Verpflichtung in Ziffer 4 Abs. 3 des Handelsvertretungsvertrages hat die Klägerin gegen die Beklagte aber einen vertraglichen Anspruch auf Überlassung von Kopien der im Berufungsantrag der Klägerin bezeichneten Dokumente und war die Beklagte auf die Berufung der Klägerin insoweit zu verurteilen.

C.

I.

Der Ausspruch zu den Kosten folgt aus §§ 97, 92 ZPO, da beide Parteien mit ihrem Rechtsmittel jeweils nur zum Teil obsiegten. Bei der Festsetzung der Kostenquote war zu berücksichtigen, dass der Buchauszugsanspruch der Klägerin von vorneherein nicht in dem beantragten Umfang bestand. Darüber hinaus hat die Klägerin nicht nach Übermittlung der Anlagenkonvolute ihre Berufung und der damit eintretenden partiellen Erfüllung – wie geboten (vgl. insoweit Greger in Zöller, ZPO, 31. Auflage, Köln 2016, Rdnr. 12 zu § 254 ZPO) – für teilweise für erledigt erklärt, sondern an der beantragten vollumfänglichen Neuerstellung des Buchauszugs festgehalten, obwohl dieser Anspruch nach § 362 Abs. 1 BGB erloschen war.

II.

Die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 711, 713 ZPO.

III.

Die Revision war nicht zuzulassen, da Zulassungsgründe (§ 543 Abs. 2 ZPO) nicht vorliegen. Weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts. Zu würdigen waren vielmehr allein die Umstände des Einzelfalles.

Schlagworte: Handelsvertreter, Handelsvertretervertrag