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OLG München, Beschluss vom 29.05.2012 – 31 Wx 188/12

GmbHG §§ 38, 39

1. Auch in der Insolvenz bleiben die Organe der betroffenen Gesellschaft bestehen, nehmen aber nur solche Kompetenzen wahr, die nicht die Insolvenzmasse betreffen (BGH, Urteil vom 26.01.2006, IX ZR 282/03, Rdn. 6; vgl. dazu auch Hall, jurisPR-BGHZivilR 28/2006 Anm. 5 sub B.1). Im Übrigen lässt die eingetragene Auflösung die vorher werbende Gesellschaft als Abwicklungsgesellschaft fortbestehen und handlungsfähig bleiben. Sie bleibt Formkaufmann nach § 6 HGB und behält beispielsweise im Zivilprozess ihre Parteifähigkeit (Baumbach/Hueck-Haas, 19. Aufl. 2010, Rdn. 15 zu § 65 GmbHG).

2. Grundsätzlich ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs die Amtsniederlegung eines Geschäftsführers auch dann als sofort wirksam zu behandeln, wenn über die objektive Berechtigung der geltend gemachten Gründe Streit besteht. Die Vermeidung einer möglicherweise jahrelangen Unsicherheit über die Wirksamkeit der Amtsniederlegung habe ein stärkeres Gewicht als das möglicherweise vorliegende Interesse der Gesellschaft an der Fortführung des Amtes. Bei Zweifeln über die Beendigung organschaftlicher Vertretungsmacht aus wichtigem Grund komme dem Schutz der Gesellschaft, ihrer Organe und des Rechtsverkehrs vor unklaren Vertretungsverhältnissen der Vorrang zu, wie dies auch in § 84 Abs. 3 S. 4 AktG ausdrücklichen Niederschlag gefunden habe (BGH, NJW 1980, 2415, 2417).

3. Nach der Rechtsprechung der Oberlandesgerichte wird die Amtsniederlegung des geschäftsführenden Alleingesellschafters für unwirksam und nicht eintragungsfähig gehalten, da die Gesellschaft durch dessen Abberufung aktiv und passiv handlungsunfähig wird, solange kein neuer Geschäftsführer bestellt ist. Da der alleinige Gesellschafter zudem diese Rechtsposition leugnet und auch keinen anderen Geschäftsführer bestellt, ergebe sich daraus für den Rechtsverkehr die völlige Handlungsunfähigkeit der GmbH und eine unabsehbare Unklarheit hinsichtlich ihrer Vertretung, wenn man die Abberufung als wirksam erachten werde (OLG ZweibrückenBitte wählen Sie ein Schlagwort:
OLG
OLG Zweibrücken
, FGPrax 2006, 132; so auch OLG KölnBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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OLG Köln
, FGPrax 2008, 79; OLG HammBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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OLG Hamm
, DNotZ 1989, 396, 398; BayObLGZ 1981, 266, 269).

4. Diese Rechtslage hat sich durch das MoMiG nicht entscheidend geändert (entgegen Baumbach/Hueck-Zöllner/Noack, 19. Aufl. 2010, Rdn. 9 zu § 39 GmbHG; Berninger, GWR 2011, 233). Denn nach § 35 Abs.1 S.2 GmbHG wird die Gesellschaft, die keinen Geschäftsführer hat, nur „für den Fall, dass ihr gegenüber Willenserklärungen abgegeben oder Schriftstücke zugestellt werden, durch die Gesellschafter vertreten“. Außerdem trifft nach nun geltender Rechtslage die eigentlich dem Geschäftsführer obliegende Insolvenzantragspflicht nach § 15a Abs.3 InsO im Falle der Führungslosigkeit der Gesellschaft auch jeden Gesellschafter (vgl. Baumbach/Hueck-Zöllner/Noack, 19. Aufl. 2010, Rdn. 9 zu § 39 GmbHG; ebenso Roth/Altmeppen-Altmeppen, GmbHG, 7. Auflage 2012, Rdn. 18 zu § 39 GmbHG unter Berufung auf die Gesetzesbegründung). Nach der Gesetzesbegründung des MoMiG wollte die Bundesregierung Missbräuche durch die Erleichterung der Zustellung an die GmbH und die Pflicht der Gesellschafter zur Insolvenzantragstellung bekämpfen, um redliche Unternehmer und ihre Geschäftspartner zu schützen (BT-Drs. 16/6140 v. 25.07.2007, S. 26 und 42). Allerdings fehlt es an einer Regelung der Aktivvertretung der Gesellschaft (vgl. bereits Senat, NJW-RR 2011, 773, 774). Bei dieser Sachlage besteht kein Anlass von der Ausnahmerechtsprechung für Einmann- GmbHs abzuweichen.

5. Die ständige Rechtsprechung der Oberlandesgerichte zur fehlenden Eintragungsfähigkeit der Amtsniederlegung eines geschäftsführenden Alleingesellschafters einer GmbH gilt auch für den Geschäftsführer einer GmbH, deren Geschäftsführer Alleingesellschafter und Geschäftsführer einer Unternehmensgesellschaft ist, die sämtliche Gesellschaftsanteile an der GmbH hält.

6. Eine allgemeine und umfassende Prüfung der materiellen Wirksamkeit von Gesellschafterbeschlüssen und Erklärungen durch das Registergericht scheidet aus (so zuletzt OLG ZweibrückenBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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OLG Zweibrücken
, FGPrax 2006, 132 unter Berufung auf BGH, NJW 1980, 2415, 2417 und BayObLGZ 1981, 266, 270; vgl. aber auch OLG HammBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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OLG Hamm
, DNotZ 1989, 396, 398).

Schlagworte: Abberufung, Amtsniederlegung, Auflösung, Ein-Mann-Gesellschaft, Ein-Personen-Gesellschaft, Erklärung und Wirksamkeit, Folgen der Amtsniederlegung des Alleingeschäftsführers, Geschäftsführer, Grund ist umstritten, Handelsregister, Insolvenz, Prüfungspflicht, Rechtsmissbrauch