Einträge nach Montat filtern

OLG München, Schlussurteil vom 29.03.2012 – 23 U 4344/11

GmbHG §§ 38, 46, 47; BGB § 626

1. Ein Gesellschafter, der zugleich Geschäftsführer ist, ist jedenfalls dann bei der Beschlussfassung über seine Abberufung als Geschäftsführer ausgeschlossen, wenn für die Abberufung ein wichtiger Grund vorliegt (BGHZ 86, 177, 181; Schmidt in Scholz, GmbHG, 10. Aufl., § 46 Rz. 76 m. w. N. auch zur Rspr.; nach Schmidt genügt sogar bereits der ernst zu nehmende – substantiierte – Vorwurf eines wichtigen Grundes für den Stimmrechtsausschluss). Der Stimmrechtsausschluss wird für diese Fallgestaltung nicht unmittelbar aus § 47 Abs. 4 GmbHG abgeleitet, sondern folgt aus dem allgemeinen Prinzip, dass niemand -Richter in eigener Sache- sein darf bzw. niemand Maßnahmen durch seine Stimme verhindern darf, die sich aus wichtigem Grund gegen ihn richten.

2. Ein entsprechender Stimmrechtsausschluss besteht auch, sofern es um die Kündigung des Anstellungsvertrages des Geschäftsführers, der zugleich Gesellschafter ist, aus wichtigem Grund geht (vgl. Schmidt, a. a. O., § 47 Rz. 118).

3. Ein wichtiger Grund zur Abberufung des GeschäftsführersBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Abberufung
Abberufung des Geschäftsführers
im Sinn des § 38 Abs. 2 GmbHG ist dann gegeben, wenn das Verbleiben des Geschäftsführers für die Gesellschaft unzumutbar geworden ist (BGH, WM 1991, 2140). Dabei sind die Gesamtumstände zu würdigen, wobei die Interessen der GesellschaftBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Gesellschaft
Interessen der Gesellschaft
im Vordergrund stehen. Zu berücksichtigen sind aber auch die Interessen des Geschäftsführers (BGH, WM 1985, 57). Bei der personalistischen GmbH sind hierbei neben den Beziehungen zwischen der Gesellschaft und dem Geschäftsführer zugleich auch die Beziehungen des Geschäftsführers zu den Gesellschaftern zu werten. Zu fragen ist in diesen Fällen daher auch, ob den Gesellschaftern zuzumuten ist, dass der Geschäftsführer im Amt verbleibt (vgl. Schneider in Scholz, GmbHG, 10. Aufl., § 38 Rz. 43 m. w. N.). Bei einer sog. -2-Mann-GmbH-sind zwar grundsätzlich gesteigerte Anforderungen an das Vorliegen eines wichtigen Grundes zu stellen. Ein bloßer Vertrauensverlust in die Zweckmäßigkeit der Geschäftsführung kann für die Abberufung daher nicht ausreichen. Voraussetzung ist vielmehr, dass ein verständiger Betrachter zu dem Ergebnis kommt, die Bedenken gegen die Geschäftsführung seien so stark, dass eine Fortsetzung der Geschäftsführertätigkeit nicht mehr zugemutet werden kann, wie es bei einer groben Pflichtverletzung in der Regel der Fall ist (Schneider, a. a. O., § 38 Rz. 53).

4. Maßnahmen, die nicht mehr vom Unternehmensgegenstand gedeckt sind, fallen jedenfalls nicht mehr unter die Geschäftsführungsbefugnis des Geschäftsführers, sondern in den Zuständigkeitsbereich der Gesellschafter (BGH, NJW 1973, 1039; Schneider, a. a. O., § 37 Rz. 12), wenn man nicht überhaupt die Zulässigkeit solcher Maßnahmen ohne Satzungsänderung insgesamt verneint (so Zöllner/Noack in Baumbach/Höck, GmbHG, 18. Aufl., § 37 Rz. 8). Für die Frage der Zustimmungsbedürftigkeit des Geschäfts, das außerhalb des Unternehmensgegenstandes liegt, ist dagegen nicht entscheidend, ob sich die Gesellschaft die Anschaffung „leisten“ kann, sie also durch das Geschäft wirtschaftlich nicht gefährdet wird. Eine solche vom Geschäftsführer außerhalb des Gegenstands des Unternehmens getroffene Maßnahme muss daher als grobe Missachtung der Kompetenzordnung der Gesellschaft angesehen werden, die einen wichtigen Grund im Sinn des § 38 Abs. 2 GmbHG darstellt (vgl. Schneider, a. a. O., § 38 Rz. 49 m. N.).

5. Grundsätzlich liegt die Entscheidung über jede Änderung des Anstellungsvertrages eines GmbH-Geschäftsführers, also auch über die Erhöhung der vertraglich festgesetzten Bezüge, der Gesellschafterversammlung (BGH, NJW 1991, 1680).

6. Der Geschäftsführer einer GmbH hat die Gesellschafterversammlung – auch ohne konkretes Auskunftsverlangen – über die wesentlichen Vorgänge im Unternehmen zu unterrichten (Schneider, a. a. O., § 43 Rz. 143; im Ergebnis auch Zöllner/Noack, a. a. O., § 35 Rz. 55, 52).

7. Der Streitwert richtet sich nicht nach dem Gehalt des Geschäftsführers, sondern vielmehr nach dem Interesse des klagenden Gesellschafters, den Geschäftsführer aus seiner Leitungsfunktion zu entlassen (BGH NZG 2011, 911; MWR 2009, 815).

Schlagworte: Abberufung, Anstellungsvertrag, Geschäftsführer, Geschäftsführungsmaßnahme, Gesellschafter, Gesellschafterbeschluss, Informationspflicht, Interessenabwägung, Kündigung, Stimmrechtsausschluss, Wichtiger Grund