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OLG München, Urteil vom 10.05.2012 – 14 U 2175/11

AktG §§ 57, 62, 112; BGB § 134

1. Eine Anwendung von § 112 AktG auf Fälle, bei denen das Geschäft nicht mit dem Vorstandsmitglied sondern mit einer Gesellschaft, an der das Vorstandsmitglied beteiligt ist, geschlossen wird, kommt nur in ganz engen Grenzen echter wirtschaftlicher Identität in Betracht (so auch OLG MünchenBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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, Urteil vom 09.02.2009, Az.: 21 U 4853/08, Rdnr. 12; a. A. (Habersack in Münchener Kommentar zum Aktiengesetz, 3. Aufl. 2008, Rdnr. 9 zu § 112 AktG; Hüffer, AktG, 10. Aufl. 2012, Rdnr. 2 a zu § 112 AktG). Eine weitergehende Ausdehnung würde zu erheblicher Rechtsunsicherheit führen. Zum einen ist eine klare Grenzziehung zwischen der bloßen Betroffenheit persönlicher Interessen des Vorstandsmitglieds einerseits, das noch nicht zur Anwendung des § 112 AktG führen soll, und der maßgeblichen Beteiligung, die als „wirtschaftliche Identität“ zur Vertretung der AG durch den Aufsichtsrat nach § 112 AktG führen soll, nicht möglich. Zum anderen und vor allem aber ist es für außenstehende Dritte, die ebenfalls beteiligt sein können, nicht immer und zwingend erkennbar, wann ein solcher Fall der wirtschaftlichen Identität vorliegt.

2. Die Rechtsfolgen eines Verstoßes gegen das Verbot der Einlagenrückgewähr gemäß § 57 AktG bestimmen sich nach § 62 AktG. Der Verstoß gegen § 57 AktG (hier Kauf- und Abtretungsvertrag) führt nicht zur Nichtigkeit des Rückgewährgeschäfts gemäß § 134 BGB. Bei einem Verstoß gegen § 57 Abs. 1 AktG ergibt sich aus der Rechtsfolgenregelung in § 62 AktG, dass der Gesetzgeber für diesen Verstoß etwas anderes als die Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts bestimmt hat. § 62 Abs. 1 AktG gewährt für diesen Fall der Aktiengesellschaft gegenüber dem Aktionär ausdrücklich einen Rückgewähranspruch. Dieser Rückgewähranspruch wird in § 66 Abs. 2 AktG dem Anspruch auf (erstmalige) Einzahlung des Aktienkapitals gleichgestellt. Nach § 66 Abs. 1 AktG ist weder ein Erlass dieser Forderung, noch ihre Befriedigung durch Aufrechnung möglich. Auch kann sich der Schuldner des Rückgewähranspruchs – anders als bei § 818 Abs. 3 BGB – nicht auf den zwischenzeitlichen Wegfall der Bereicherung berufen. Der Senat vermag der Auffassung nicht zu folgen, dass sich die Bedeutung des § 62 AktG in der Vermeidung der Privilegierungen des Rechts der ungerechtfertigten Bereicherung, die sich aus den §§ 814, 815, 817 Satz 2 und 818 Abs. 3 BGB ergeben, erschöpfen soll.

3. Der BGH hat sich in zwei Urteilen aus den Jahren 1992 und 2007 mit Ansprüchen nach § 62 Abs. 1 Satz 1 AktG befasst (Urteil vom 13.11.2007, XI ZR 294/07 und Urteil vom 14.05.1992, II ZR 299/90). In beiden Fällen hat der BGH eine Prüfung bereicherungsrechtlicher Anspruchsgrundlagen nicht einmal ansatzweise erwogen. Hinsichtlich der zumindest ähnlich gelagerten Problematik des Kapitalerhaltungsgebots nach § 30 GmbHG hat der BGH entschieden, dass sich die Rechtsfolgen bei Verstößen gegen dieses Gebot ausschließlich nach § 31 GmbHG richten und dass daneben für die Anwendung der §§ 134, 812 ff. BGB kein Raum sei (Urteil vom 23.06.1997, II ZR 220/95). Dass § 30 GmbHG nur den Erhalt des Stammkapitals schützt und nicht wie § 57 AktG das Vermögen der Gesellschaft insgesamt, mag einen anderen Berechnungsansatz bei der Prüfung erfordern, ob ein Verstoß vorliegt. Dieser Unterschied bei der Feststellung des Verstoßes liefert aber kein Argument für eine unterschiedliche Behandlung bei den Rechtsfolgen.

Schlagworte: Abtretung, Aufsichtsrat, Einlagenrückgewähr, Erhaltung des Stammkapitals, Haftung nach § 43 GmbHG, Innenhaftung, Kapitalerhaltung, Nichtigkeitsgründe, Pflichtverletzung nach § 43 Abs. 3 GmbHG, Vorstand