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OLG München, Urteil vom 26.01.2011 – 7 U 3764/10

§ 47 Abs 4 GmbHG, § 48 Abs 1 GmbHG, § 286 Abs 1 S 1 ZPO

1. Die Teilnahme eines Gesellschafters an den Versammlungen der Gesellschaft gehört nach § 48 Abs. 1 GmbHG zum Kernbereich der Mitgliedschaft als GmbH-Gesellschafter, wozu auch die Möglichkeit zählt, sich durch einen Bevollmächtigten, besonders wenn es sich um einen Berufsgeheimnisträger und Rechtsanwalt handelt, vertreten zu lassen. Dieses Recht kann nur bei Vorliegen besonderer Umstände und/oder eines wichtigen Grundes, zumindest sachlichen Grundes eingeschränkt werden.

Die Beklagte kann sich für die Gesellschafterversammlung vom 07.01.2010 nicht auf eine rechtliche Grundlage stützen, die Vertretungsmöglichkeit des Klägers einzuschränken. Dies gilt auch, soweit sich die Beklagte auf einen Beschluss der Gesellschafterversammlung vom 18.11.2008 beruft. Darin wurden der Kläger und der Streithelfer zu 1) aufgefordert, „mit sofortiger Wirkung ihre Gesellschafterrechte und/oder ihre Interessen in sonstigen Angelegenheiten in Zusammenhang mit der Gesellschaft selbst auszuüben oder durch Personen ausüben zu lassen, die nicht Partner und/oder bevollmächtigte Vertreter und/oder Erfüllungsgehilfen der Rechtsanwälte und Wirtschaftsprüfer G., Ki. … sind …“ (Anlage B 1, dort Seite 24 bis 27 zu TOP 8). Ob dieser Beschluss Gültigkeit beanspruchen kann oder auf Anfechtung des Klägers für nichtig erklärt wird, ist Gegenstand des Rechtsstreits der Parteien Az. 12 HKO 3361/09 LG München I und braucht vom Senat im hiesigen Verfahren nicht entschieden werden. Er entfaltet jedenfalls keine rechtlichen Wirkungen, welche die Gesellschafterversammlung vom 07.01.2010 berechtigen würde, künftige Gesellschafterversammlungen bei der Entscheidung über die Zulassung einer Vertretung des Klägers durch eine Person seines Vertrauens insbesondere durch den einschränkenden Zusatz „letztmalig“ zu binden, und sei es nur, dass aus Sicht des Klägers eine Bindung besteht. Die Teilnahme eines Gesellschafters an den Versammlungen der Gesellschaft gehört nach § 48 Abs. 1 GmbHG zum Kernbereich der Mitgliedschaft als GmbH-Gesellschafter (etwa Bayer, in: Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 17. Aufl. 2009, § 48 Rdnr. 3; Hüffer, in: GroßKomm-GmbHG, 2006, § 48 Rdnr. 23). Hierzu zählt auch die Möglichkeit, sich durch einen Bevollmächtigten, besonders wenn es sich um einen Berufsgeheimnisträger und Rechtsanwalt handelt ist, vertreten zu lassen (vgl. K. Schmidt/Seibt, in: Scholz, GmbHG, 10. Aufl. 2007, § 48 Rdnr. 24; Zöllner, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, 19. Aufl. 2010, § 48 Rdnr. 8). Dieses Recht kann, wie der Senat bereits in einem anderen Rechtsstreit der Parteien entschieden hat (veröffentlicht in: GmbHR 2005, 624, 626), nur bei Vorliegen besonderer Umstände und/oder eines wichtigen, zumindest sachlichen Grundes eingeschränkt werden. Ein solcher Grund ist für den streitgegenständlichen Beschluss weder in der Niederschrift der Gesellschafterversammlung vom 07.01.2010 (Anlage K 2, dort Seite 2) noch in der Berufungsbegründung aufgeführt.

2. Nicht jeder Interessenkonflikt kann zu einem Stimmrechtsausschluss nach § 47 Abs. 4 GmbHG führen, da dies auf Kosten der Rechtssicherheit ginge und ein sachgerechtes Zusammenwirken der Gesellschafter nach dem Gewicht ihrer Beteiligungen in Frage stellen würde (vgl. BGH, Urteil vom 10. Februar 1977, II ZR 81/76, NJW 1977, 850).

Der Senat geht entgegen der Auffassung des Erstgerichts auch nicht davon aus, dass in der LBX die Voraussetzungen des § 47 Abs. 4 GmbHG vorgelegen hätten, wäre sie Gesellschafterin der Beklagten geblieben. Entsprechendes gilt für den an die Streithelferin zu 3) veräußerten Anteil des Mitgesellschafters P., auch wenn dieser an den Abstimmungen nicht teilgenommen hat. Das Stimmverbot kann sich zwar auch auf Personen erstrecken, die Gesellschafter einer Gesellschaft sind, die ihrerseits innerhalb der GmbH einem Stimmverbot unterliegt. Allerdings kann nicht jeder Interessenkonflikt zu einem Stimmrechtsausschluss führen, da dies auf Kosten der Rechtssicherheit ginge und ein sachgerechtes Zusammenwirken der Gesellschafter nach dem Gewicht ihrer Beteiligungen in Frage stellen würde (so BGH NJW 1977, 850, 851). Erforderlich ist zumindest, dass sie innerhalb der Gesellschaft unternehmerischen Einfluss ausüben (etwa Roth, in: Roth/Altmeppen, GmbHG, 6. Aufl. 2009, § 47 Rdnr. 84; K. Schmidt, in: Scholz, GmbHG, aaO., § 47 Rdnr. 160; Zöllner, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, aaO., § 47 Rdnr. 96/97).

3. Zumindest wenn eine GmbH aufgelöst und das Vermögen der Gesellschaft in Geld umzusetzen ist, bedarf ein Beschluss der Gesellschafter zur Regelung der Rechtsverhältnisse mit einem Vertragspartner keiner qualifizierten Mehrheit.

Die Beschlüsse sind weder sittenwidrig noch treuwidrig. Der Kläger kann sich hierzu nicht auf das Endurteil des Senats vom 12.01.2005, Az. 7 U 3691/04 (Anlage K 13, dort Seiten 18/19), das ebenfalls einen Rechtsstreit zwischen dem Kläger und der Beklagten betraf, berufen. Der Senat hat im damaligen Verfahren bei der Prüfung der nach § 91a ZPO ergangenen Kostenentscheidung, soweit die Parteien den Rechtsstreit übereinstimmend (teilweise) für erledigt erklärt hatten, das Rechtsschutzbedürfnis des Klägers für eine Beschlussanfechtungsklage gegen einen Eckpunktebeschluss für ein Verhandlungsmandat zum Abschluss einer Vereinbarung der Beklagten mit Frau B. bejaht und im Rahmen der summarischen Prüfung zur Begründetheit eine Verletzung der Interessen der GesellschaftBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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und der Mitgesellschafter angenommen, weil ein Sachgrund für eine Abweichung von der Vereinbarung vom 14.05.1998 nicht vorgetragen war. Dies hat sich jedoch mit Erlass des Urteils des Landgerichts München I vom 28.01.2009, Az. 20 O 24563/07 (Anlage B 15), unabhängig ob damals rechtskräftig oder nicht, geändert, in dem, nunmehr inzwischen mit der Wirkung des § 322 Abs. 1 ZPO, rechtskräftig festgestellt wurde, dass der Beklagten aus dem Mietverhältnis über den streitgegenständlichen Gebäudekomplex kein Anteil in Höhe von 24,83 % zusteht. Im Übrigen hatte der Senat bereits im Urteil vom 02.03.2005, Az. 7 U 4759/04 (veröffentlicht in: GmbHR 2005, 428), Zweifel an der Rechtswirksamkeit der Vereinbarung vom 14.05.1998 geäußert.

4. Ein Erwerber eines Geschäftsanteils ist dann vom Stimmrecht ausgeschlossen, wenn der Veräußerer einem Stimmverbot unterlag und die Abtretung der Umgehung des Stimmverbots dient (Anschluss an BGH, NZG 2008, 783).

5. Die Darlegungs- und Beweislast für eine derartige Umgehung liegt bei dem Gesellschafter, der den von der Gesellschafterversammlung gefassten Beschluss gerichtlich anficht.

6. Nach § 47 Abs. 4 GmbHG hat ein Gesellschafter, welcher durch die Beschlussfassung entlastet oder von einer Verbindlichkeit befreit werden soll oder wenn die Beschlussfassung die Vornahme eines Rechtsgeschäfts oder die Einleitung oder Erledigung eines Rechtsstreits gegenüber dem Gesellschafter betrifft, kein Stimmrecht.

Schlagworte: Anfechtungsklage im Sinne der §§ 243 ff AktG, Anwesenheitsrecht in Gesellschafterversammlung, Befreiung von einer Verbindlichkeit, Bevollmächtigter, Durchsetzung oder Verhinderung von Beratern in Gesellschafterversammlung, Einleitung oder Erledigung eines Rechtsstreits gegenüber einem Gesellschafter, Entlastung der Geschäftsführer, Erwerber, Geschäftsanteil, Objektive Reichweite des Stimmrechtsausschlusses, Teilnahmerecht in Gesellschafterversammlungen, Vornahme eines Rechtsgeschäfts gegenüber einem Gesellschafter