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OLG Nürnberg, Beschluss vom 04.10.2012 – 15 W 1623/12

BGB §§ 705 ff., 1643, 1821

1. Bis zur Änderung der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zur Rechtsstellung der Gesellschaft bürgerlichen RechtsBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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waren Zuordnungssubjekt des Gesellschaftsvermögens die Gesellschafter in gesamthänderischer Verbundenheit waren; die Gesellschafter waren daher Miteigentümer zur gesamten Hand. Die Genehmigungspflicht nach §§ 1643, 1821 f. BGB wurde auch dann bejaht, wenn der Minderjährige nicht Alleineigentümer, sondern „nur“ Miteigentümer zur gesamten Hand ist (OLG KoblenzBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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FamRZ 2003, 249; Wagenitz, in: MK BGB, 6. Aufl., § 1821 Rn. 7; Engler, in: Staudinger, Neubearb. 2004, § 1821 Rn. 31).

2. Nachdem von der Rechtsprechung nunmehr allerdings die Gesellschaft selbst als Eigentümerin angesehen wird, betrifft die Verfügung nicht mehr unmittelbar Vermögen des Minderjährigen. Nach dem Zweck des Genehmigungserfordernisses, den Minderjährigen gegen Beeinträchtigungen seines als besonders sicher und wertbeständig betrachteten Grundvermögens zu schützen (Palandt-Diederichsen, BGB, 71. Aufl., § 1821 Rn. 6; Engler, aaO, § 1821 Rn. 29), ist die Genehmigungsbedürftigkeit aber auch nach der Änderung der Rechtsprechung weiterhin für Verfügungen zu bejahen, wenn Gegenstand des Verpflichtungs- oder Verfügungsgeschäftes ein Grundstück ist, das einer Gesellschaft bürgerlichen RechtsBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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gehört, an der der Minderjährige beteiligt ist (OLG KoblenzBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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FamRZ 2003, 249; Wagenitz, aaO, § 1821 Rn. 9 und Fn. 16). Zweck der geänderten Rechtsprechung ist nicht eine Einschränkung des Minderjährigenschutzes, sondern eine Anpassung der Behandlung der BGB-Gesellschaft an geänderte Verhältnisse.

3. Allerdings wird bei Grundstücksverfügungen einer offenen Handelsgesellschaft oder Kommanditgesellschaft, an welcher ein Minderjähriger beteiligt ist, ein gesondertes Genehmigungserfordernis gemäß § 1821 BGB verneint (Wagenitz, aaO, § 1821 Rn. 8 f.; Engler, aaO, § 1821 Rn. 15 f., 33). Dafür sprechen die rechtliche Verselbständigung dieser Gebilde, die Genehmigungspflicht beim Beitritt des Minderjährigen zu einer Erwerbsgesellschaft (§ 1822 Nr. 3 BGB) und die Erwägung, dass ansonsten dem Gericht in weitem Umfang die Entscheidung kaufmännischer Zweckmäßigkeitsfragen bei der Führung des Gesellschaftsunternehmens aufgebürdet würde, was als praktisch untragbar empfunden wird. Die Vertretungsbefugnis der Geschäftsführer einer Gesellschaft wird nicht dadurch eingeschränkt, dass Minderjährige an der Gesellschaft beteiligt sind. Die Beteiligung eines Minderjährigen an einer Personengesellschaft bewirkt nicht, dass die Rechtsgeschäfte, zu denen Minderjährige der vormundschaftlichen Genehmigung bedürfen, nunmehr auch für die Gesellschaft selbst nicht ohne Genehmigung des Vormundschaftsgerichts abgeschlossen werden können und damit die Gesellschaft selbst unter Kontrolle des Familiengerichts steht (BGH NJW 1971, 375/376 zu § 1822 Nr. 3 BGB; LG Wuppertal NJW-RR 1995, 152). Diese Überlegungen müssen auch für eine BGB-Gesellschaft gelten (LG Wuppertal NJW-RR 1995, 152; Wagenitz, aaO, § 1821 Rn. 9; Engler, aaO, § 1821 Rn. 16; OLG Schleswig NJW-RR 2002, 737).

4. Dies gilt jedoch nur bei einer gewerblich tätigen Gesellschaft bürgerlichen RechtsBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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, da sich die gerichtliche Genehmigung des Beitritts zu einer Gesellschaft nach § 1822 Nr. 3 BGB ihrem Zweck nach auch auf solche künftigen, ihrerseits genehmigungsbedürftigen Geschäftebezieht, die zum Zeitpunkt des Beitritts bereits absehbar waren (LG Wuppertal NJW-RR 1995, 152). Die Genehmigung des Beitritts schließt folglich die einzelnen Geschäfte im Rahmen des Gesellschaftszwecks mit ein (LG Wuppertal NJW-RR 1995, 152; OLG Schleswig NJW-RR 2002, 737; Wagenitz, aaO, § 1821 Rn. 20; Engler, aaO, § 1821 Rn. 16).

5. Dagegen ist eine Genehmigung nicht entbehrlich, wenn es sich um eine Gesellschaft verwaltenden Charakters handelt; hier umfaßt die Prüfung des Beitritts zu der Gesellschaft nicht die Veräußerung des Grundbesitzes oder von Teilen davon (OLG KoblenzBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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FamRZ 2003, 249; Engler, aaO, § 1821 Rn. 16), jedenfalls wenn sie aus dem Gesellschaftszweck und dem Gesellschaftsvertrag nicht erkennbar ist (Wagenitz, aaO, §1821 Rn. 20). Daran ändert auch die geänderte Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zur Rechtsstellung der Gesellschaft bürgerlichen RechtsBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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nichts, weil sonst die in § 1821 BGB aufgeführten Rechtsgeschäfte bei Beteiligung Minderjähriger an nicht erwerbstätigen Gesellschaften keinerlei Kontrolle unterlägen; das wäre mit dem Schutzzweck der Bestimmung unvereinbar (OLG KoblenzBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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FamRZ 2003, 249; Wagenitz, aaO, § 1821 Rn. 9 Fn. 16). Es erscheint im Hinblick auf den erwähnten Schutzzweck des Genehmigungserfordernisses, den Minderjährigen gegen Beeinträchtigungen seines als besonders sicher und wertbeständig betrachteten Grundvermögens zu schützen (Palandt-Diederichsen, BGB, 71. Aufl., § 1821 Rn. 6), nicht überzeugend, dass Grundstücksgeschäfte von BGB-Gesellschaften, an denen Minderjährige beteiligt sind, allein deswegen keiner Genehmigungspflicht mehr unterliegen sollen, weil Zuordnungssubjekt jetzt nicht mehr die Gesellschafter selbst zur gesamten Hand, sondern die Gesellschaft selbst ist.

Schlagworte: Beitritt, BGB-Gesellschaft, GbR, Genehmigung, Minderjährige, Personengesellschaft, Rechtsfähigkeit