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OLG Nürnberg, Beschluss vom 21.04.2010 – 12 U 2235/09

Abberufung Informationsrechtsverletzung

GmbHG §§ 38, 51a; AktG §§ 243, 246

1. Miterben können durch Vereinbarung untereinander die Auseinandersetzung des Nachlasses auf Dauer ausschließen.

2. Ist Testamentsvollstreckung lediglich als Abwicklungsvollstreckung gemäß §§ 2203, 2204 BGB (nicht auch als Dauervollstreckung gemäß § 2209 BGB) angeordnet, so führt eine derartige Vereinbarung der Miterben ipso jure zur Beendigung der Testamentsvollstreckung, ohne dass es weiterer Maßnahmen, insbesondere einer Aufhebung der Testamentsvollstreckung oder einer Entlassung des Testamentsvollstreckers durch das Nachlassgericht bedarf. Ein Erbschein, der die Beschränkung der Erben durch die Anordnung der Testamentsvollstreckung ausweist (§ 2364 Abs. 1 BGB) wird in insoweit unrichtig und ist einzuziehen (§ 2361 BGB, 353 FamFG).

3. Miterben können durch Vereinbarung untereinander die Auseinandersetzung des Nachlasses auch nur hinsichtlich eines bestimmten Nachlassgegenstandes auf Dauer ausschließen.

In diesem Fall endet eine vom Erblasser angeordnete Testamentsvollstreckung gemäß §§ 2203, 2204 BGB nur hinsichtlich des betreffenden Nachlassgegenstandes; hinsichtlich der übrigen Nachlassgegenstände besteht sie – nunmehr als gegenständlich beschränkte Testamentvollstreckung (§ 2208 Abs. 1 Satz 2 BGB) – fort.

4. Miterben sind trotz einer vom Erblasser angeordneten Testamentsvollstreckung für eine von ihnen allein – ohne Mitwirkung des Testamentsvollstreckers – erhobene Klage prozessführungsbefugt, wenn mit der Klage lediglich Rechte aus einem Nachlassgegenstand geltend gemacht werden, hinsichtlich dessen die Miterben die Auseinandersetzung auf Dauer abgeschlossen haben und deshalb die Testamentsvollstreckung geendet hat.

5. Beschlüsse der Gesellschafter einer GmbH, durch die die Bestellung eines Geschäftsführers dieser Gesellschaft widerrufen und die Kündigung seines Anstellungsverhältnisses beschlossen wurde, sind rechtswidrig und auf Anfechtungsklage des überstimmten Gesellschafters hin für nichtig zu erklären, wenn bei der Beschlussfassung dessen Informationsrecht (§ 51a GmbHG) verletzt wurde.

6. Eine derartige Verletzung des Informationsrechts eines Gesellschafters liegt – selbst im Falle des Widerrufs der Bestellung des Geschäftsführers ohne wichtigen Grund gemäß § 38 Abs. 1 GmbHG – dann vor, wenn zur Begründung des entsprechenden Widerrufsantrags lediglich mitgeteilt wird, ein „kollegiales Miteinander“ zwischen dem abzuberufenden Geschäftsführer und einem weiteren Geschäftsführer der Gesellschaft habe sich nicht ergeben, weshalb der weitere Geschäftsführer mit dem abzuberufenden Geschäftsführer nicht mehr „zusammenarbeiten wolle und könne“, ohne dies trotz entsprechenden Informationswunsches des Gesellschafters näher darzulegen. Allein aufgrund dieser Angaben kann ein Gesellschafter weder beurteilen, ob tatsächlich ein „kollegiales Miteinander“ zwischen den Geschäftsführern nicht besteht, noch, ob die Ursache  eines etwa fehlenden „kollegialen Miteinanders“ in der Person des abzuberufenden oder in der Person des weiteren Geschäftsführers liegt. Diese Umstände sind jedoch aus der Sicht eines objektiv urteilenden Gesellschafters zur sachgerechten Entscheidung dieser Fragen erforderlich und damit für die entsprechenden Willensentschließung des Gesellschafters wesentlich.

Tenor

Der Senat beabsichtigt, die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Amberg vom 09.11.2009, Az. 41 HKO 134/09, durch einstimmigen Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil das Rechtsmittel keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordern.

Gründe

1. Die Kläger, in ungeteilter Erbengemeinschaft (Minderheits-)Gesellschafter der beklagten GmbH, begehren mittels Anfechtungsklage die Nichtigerklärung von in der Gesellschafterversammlung vom 12.12.2008 gefassten Beschlüssen betreffend die Abberufung des bisherigen Geschäftsführers Dr. U und die Beendigung von dessen Anstellungsvertrag. Die Beklagte, deren Mehrheitsgesellschafterin die Tante – Schwester des verstorbenen Vaters – der Kläger ist, begehrt Klageabweisung.

Die 1946 gegründete und in das Handelsregister eingetragene (Anlage B 5) Beklagte befasst sich mit Herstellung und Vertrieb von Maschinenteilen.

Nach dem Tod des vormaligen Gesellschafters B am 15.11.1986 wurde dieser von den drei Klägern beerbt. Entsprechend der vom Erblasser mit Testament vom 08.11.1970 (Anlage B 46) sowie mit Testamentsergänzung vom 31.03.1986 (Anlage B 47) getroffenen Anordnung wurde Frau R die Schwägerin des Erblassers, zur Testamentsvollstreckerin bestellt.

Nach dem Ausscheiden der weiteren Gesellschafter M, geb. E, am 25.06.1991, C am 25.11.1996 und C am 29.06.2000 – insoweit hatten jeweils gerichtliche Ausschlussverfahren stattgefunden, in denen die genannten Gesellschafter schließlich auf Grund entsprechender Vereinbarungen nach Zahlung von Abfindungen in Millionenhöhe jeweils Anerkenntnisurteil ergehen ließen – bestand die Gesellschaft schließlich nur noch aus den Gesellschaftern M einerseits und den drei Klägern in ungeteilter Erbengemeinschaft als Erben des B andererseits. Vom Stammkapital in Höhe von 960.000 DM besaßen beide Gesellschafterstämme jeweils die Hälfte.

Mit Gesellschafterbeschluss vom 14.07.2000 (Anlage B 2) wurde das Stammkapital um 36.000 DM auf insgesamt 996.000 DM erhöht. An der Kapitalerhöhung nahm lediglich die Gesellschafterin Frau S nicht auch die Kläger – die seinerzeit durch die Testamentsvollstreckerin Frau D, die zugleich Geschäftsführerin der Beklagten war, vertreten waren und von den Vorgängen persönlich keine Kenntnis hatten – teil. Diese Kapitalerhöhung wurde am 11.08.2000 ins Handelsregister eingetragen (Anlage B 6). Seitdem besitzt die Gesellschafterin Frau S Geschäftsanteile in Höhe von insgesamt 516.000 DM, damit ca. 52 % der Geschäftsanteile, und ist alleinige Mehrheitsgesellschafterin. Die Kläger besitzen in ungeteilter Erbengemeinschaft weiterhin Geschäftsanteile in Höhe von 480.000 DM, damit ca. 48 % der Geschäftsanteile.

Mit Beschluss des Amtsgerichts Amberg – Nachlassgericht – vom 14.03.2001 wurde auf Antrag der Kläger Frau D als Testamentsvollstreckerin entlassen (Anlage B 48). Mit weiterem Beschluss vom 03.09.2001 wurde der den Klägern erteilte Erbschein – der den Vermerk „Testamentsvollstreckung ist angeordnet“ enthielt – für kraftlos erklärt (Anlage N4, übergeben von RA Dr. W. Den Klägern wurde am 20.11.2001 ein neuer Erbschein erteilt, der sie als Miterben nach B ausweist, die Beschränkung der angeordneten Testamentsvollstreckung jedoch nicht mehr enthält (Anlage N1, übergeben von RA Dr. W).

Mit Gesellschafterbeschluss vom 29.02.2008 (Anlage B 31) wurde beschlossen, Herrn Dr. V als weiteren Geschäftsführer der Beklagten zu bestellen. Unter dem 03.03.2008 wurde ein entsprechender Geschäftsführeranstellungsvertrag mit Herrn Dr. V geschlossen (Anlagen K 9, B 32).

Mit Gesellschafterbeschluss vom 12.12.2008 (Anlage K 7) wurde jeweils mit den Stimmen der Mehrheitsgesellschafterin Frau S gegen die Stimmen der Kläger beschlossen, den Geschäftsführer der Beklagten Dr. V mit sofortiger Wirkung abzuberufen, dessen Geschäftsführeranstellungsvertrag zu kündigen, Herrn Dr. V von seiner Dienstleistungspflicht bis zum Ablauf der Kündigungsfrist freizustellen, vom mit Dr. V vereinbarten Wettbewerbsverbot Gebrauch zu machen und den weiteren Geschäftsführer Herrn H zu beauftragen, zu bevollmächtigen und anzuweisen, die vorgenannten Beschlüsse zu vollziehen (Anlage K 7).

Mit ihrer am 11.02.2009 bei Gericht eingegangenen Anfechtungsklage wenden sich die Kläger gegen die vorgenannten Gesellschafterbeschlüsse. Sie beantragen, diese Beschlüsse für nichtig zu erklären, da vor Beschlussfassung – unter Verletzung des entsprechenden Informationsanspruchs der Kläger – die für eine Willensentschließung erforderlichen Informationen willkürlich verweigert worden seien.

Die Beklagte bestreitet eine unzureichende Information der Kläger. Die Klage sei zudem bereits unzulässig; die Kläger seien nicht prozessführungsbefugt, da die Testamentsvollstreckung fortbestehe, ein Testamentsvollstrecker jedoch nicht im Amt sei.

Das Landgericht Amberg hat ohne Beweisaufnahme mit Endurteil vom 09.11.2009 der Klage vollumfänglich stattgegeben.

Hiergegen wendet sich die Berufung der Beklagten, die das erstinstanzliche Klageabweisungsbegehren weiterverfolgt.

Die Kläger und Berufungsbeklagten haben im Berufungsverfahren im Wege der Klageerweiterung die Erhebung einer Zwischenfeststellungsklage mit dem Ziel einer Feststellung, dass die Kläger hinsichtlich des Nachlasses des B S vertretungs- und prozessführungsbefugt seien, angekündigt (Bl. 349, 360 d. A.). Diese Klageerweiterung ist der Beklagten bislang nicht zugestellt (vgl. Bl. 348, 359 b d. A.).

2. Die Berufung hat keine konkreten Umstände aufgezeigt, welche Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der entscheidungserheblichen landgerichtlichen Tatsachenfeststellungen begründen könnten (§ 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO). Es ist deshalb von dem im angefochtenen Urteil dargelegten Sachverhalt auszugehen.

Soweit die Berufung neuen Sachvortrag zu weiteren – nach Schluss der erstinstanzlichen mündlichen Verhandlung stattgefundenen – Gesellschafterversammlungen betreffend eine (erneute) Abberufung des GeschäftsführersBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Abberufung
Abberufung des Geschäftsführers
Dr. V mit sofortiger Wirkung sowie eine Kündigung dessen Geschäftsführeranstellungsvertrags enthält, ist dieses Vorbringen – ungeachtet der Frage seiner Berücksichtigungsfähigkeit – nicht entscheidungserheblich. Die Wirksamkeit oder Nichtigkeit der am 12.12.2008 gefassten Gesellschafterbeschlüsse wird durch nach diesem Datum liegende Ereignisse nicht berührt.

3. Die Berufung trägt keine Umstände dafür vor, dass die erstinstanzliche Entscheidung auf einer Rechtsverletzung beruht haben könnte, diese also eine Abänderung des Ersturteils rechtfertigen würde (§§ 513 Abs. 1, 546 ZPO).

4. Die Klage ist zulässig.

Insbesondere sind die Kläger prozessführungsbefugt. Der Umstand, dass kein Testamentsvollstrecker mehr bestimmt ist, steht nicht entgegen, da die angeordnete Testamentsvollstreckung hinsichtlich des Gesellschaftsanteils der Kläger an der Beklagten nicht mehr besteht.

Allerdings wären die Kläger grundsätzlich nicht prozessführungsbefugt, falls weiterhin Testamentsvollstreckung angeordnet ist. In diesem Fall wäre nur ein Testamentsvollstrecker hinsichtlich des Nachlasses – damit auch hinsichtlich der Gesellschaftsbeteiligung der Erbengemeinschaft an der Beklagten (vgl. Palandt/Edenhofer, BGB 69. Aufl. § 2205 Rn. 19) – verwaltungs- und verfügungsbefugt, § 2205 BGB. Die klagenden Erben wären insoweit verfügungsbeschränkt, § 2211 BGB. Insbesondere kann ein der Verwaltung des Testamentsvollstreckers unterliegendes Recht nur vom Testamentsvollstrecker gerichtlich geltend gemacht werden, § 2212 BGB.

Die Prozessführungsbefugnis bestimmt sich grundsätzlich nach dem materiellen Recht. Sie hängt auf der Aktivseite regelmäßig davon ab, ob die Partei über das umstrittene Recht verfügen kann. Befugt einen Anspruch gerichtlich geltend zu machen, ist daher regelmäßig dessen Inhaber, in einzelnen Fällen auch der Mitinhaber, wie im Falle der Gemeinschaft (§ 744 Abs. 2 BGB), des von einem Ehegatten verwalteten Gesamtguts (§ 1422 BGB) und der Erbengemeinschaft (§ 2039 BGB). Ist indessen der Inhaber aus einem besonderen gesetzlichen Grunde zur Verfügung über das anspruchsbegründende Recht nicht berechtigt, dann steht die Prozessführungsbefugnis dem Verfügungsberechtigten zu; das gilt insbesondere für die sogenannten Parteien kraft Amtes (Insolvenzverwalter, Zwangsverwalter, Nachlaßverwalter, Testamentsvollstrecker). Was den Testamentsvollstrecker angeht, so entspricht seiner Verfügungsgewalt über die Nachlassgegenstände (§ 2205 BGB) die Befugnis zur Führung von Aktivprozessen hinsichtlich der seiner Verwaltung unterliegenden Rechte, die ihm allein und ausschließlich zusteht (§ 2212 BGB) (BGH, Urteil vom 03.12.1968 – III ZR 2/68, BGHZ 51, 125).

Eine Klage des/der Erben ist bei alleiniger Prozessführungsbefugnis eines Testamentsvollstreckers als unzulässig abzuweisen (BGH, Urteil vom 14.12.1959 – V ZR 197/58, BGHZ 31, 279).

Insbesondere ist auch die Anfechtungsklage des (Mit)Erben eines Gesellschaftsanteils gegen einen Gesellschafterbeschluss mangels Prozessführungsbefugnis unzulässig, soweit die Gesellschafterrechte von einer Testamentsvollstreckung erfasst werden (§ 2212 BGB). In den Nachlass fallende GmbH-Anteile unterliegen der Verwaltung des Testamentsvollstreckers. Diesem steht damit, soweit seine Verwaltungsbefugnis reicht, auch das Recht zur Anfechtung von Gesellschafterbeschlüssen zu (BGH, Urteil vom 12.06.1989 – II ZR 246/88, BGHZ 108, 21).

a) Der Umstand, dass in früheren Verfahren zwischen denselben Parteien (insbesondere dem vor dem Senat geführten Rechtsstreit LG Amberg 41 HKO 1019/05/OLG NürnbergBitte wählen Sie ein Schlagwort:
OLG
OLG Nürnberg
12 U 690/07/BGH II ZR 196/08) jeweils über Klagen der Kläger in der Sache entschieden wurde und diese Klagen nicht als unzulässig behandelt wurden, ist für die Frage der Prozessführungsbefugnis irrelevant.

Insbesondere ist es insoweit nicht zu einer Rechtskrafterstreckung dergestalt gekommen, dass nunmehr aufgrund der rechtskräftigen Sachentscheidungen in den Vorprozessen eine Prozessführungsbefugnis der Kläger bindend feststeht. Die Zulässigkeit der jeweiligen Klage war in den Vorprozessen nur eine präjudizielle Vorfrage; als solche wäre eine Unzulässigkeit wegen fehlender Prozessführungsbefugnis in den jeweiligen Vorprozessen nur dann rechtskraftfähig festgestellt, wenn sie Streitgegenstand gewesen wäre (Zöller/Vollkommer, ZPO 28. Aufl. Vor § 322 Rn. 34 m. w. N.). Dies ist jedoch weder vorgetragen noch ersichtlich.

b) Letztlich nicht entscheidend ist insoweit auch der Umstand, dass der die Anordnung der Testamentsvollstreckung enthaltende vormalige Erbschein für kraftlos erklärt (Anlage N 4) und ein neuer, diese Anordnung nicht mehr enthaltender Erbschein (Anlage N 1) erteilt wurde.

Die Anordnung der Testamentsvollstreckung muss zwar im Erbschein angegeben werden, § 2364 Abs. 1 BGB. Fehlt eine derartige Anordnung, so wird vermutet, dass der Erbe nicht durch eine entsprechende Anordnung beschränkt ist, § 2365 BGB.

Insoweit handelt es sich jedoch (nur) um eine widerlegbare Vermutung, die zwar die Beweislast umkehrt, jedoch den Gegenbeweis (einer inhaltlichen Unrichtigkeit des Erbscheins wegen fortbestehender Testamentsvollstreckung) zulässt (vgl. Palandt/Edenhofer, BGB 69. Aufl. § 2365 Rn. 2).

Soweit mithin für die Frage einer weiterhin fortbestehenden Testamentsvollstreckung streitiger Tatsachenvortrag von Bedeutung wäre, wäre damit die Beklagte darlegungs- und beweispflichtig für ihre entsprechenden Behauptungen.

c) Der Erblasser kann durch Testament einen Testamentsvollstrecker ernennen, § 2197 Abs. 1 BGB. Er kann diesem die Ausführung seiner letztwilligen Verfügungen (§ 2203 BGB) und/oder die Auseinandersetzung unter den Miterben (§ 2204 BGB) und/oder die Verwaltung des Nachlasses (§ 2209 Satz 1 Halbsatz 1 BGB) übertragen; er kann sogar Dauervollstreckung (§ 2209 Satz 1 Halbsatz 2 BGB) anordnen und dadurch dem Testamentsvollstrecker die Verwaltung des Nachlasses über die Zeit nach Erledigung der ihm sonst zugewiesenen Aufgaben hinaus übertragen.

In welchem Umfang der Testamentsvollstrecker tätig zu werden berechtigt und verpflichtet ist, bestimmt allein die Anordnung des Erblassers (Palandt/Edenhofer a. a. O. Einf v § 2197 Rn. 2).

Die Auslegung der Testamente führt hier zu dem Ergebnis, dass Inhalt der Testamentsvollstreckung die Ausführung der letztwilligen Verfügungen (§ 2203 BGB) und die Auseinandersetzung unter den Miterben (§ 2204 BGB) war, nicht jedoch die vorübergehende oder dauernde Verwaltung des Nachlasses (§ 2209 BGB). Hierfür sprechen die Formulierungen in Ziffer 1 des Testaments („…soll in drei gleiche Teile geteilt werden, so daß jedes Kind einen gleichen Anteil erhält“) und in Punkt 4 der Testamentsergänzung („da die Abwicklung meines Testaments sicher sehr viel Zeit in Anspruch nehmen wird“), weiter auch der Umstand, dass der Erblasser neben der Testamentsvollstreckung für seine Kinder bis zu deren 21. Lebensjahr zusätzlich eine Vermögensverwaltung angeordnet hat (Ziffer 5 des Testaments), so dass eine parallele Nachlassverwaltung durch den Testamentsvollstrecker nicht erforderlich erscheint.

Auch aus dem angesprochenen erheblichen Zeitaufwand kann nicht auf die Anordnung einer – vorübergehenden oder dauernden – Nachlassverwaltung durch den Testamentsvollstrecker (§ 2209 BGB) geschlossen werden, da der Erblasser einen solchen Zeitaufwand ausdrücklich nur für die „Abwicklung“ seines Testaments anordnete.

Aus dem Testament kommt nicht – auch nicht andeutungsweise – zum Ausdruck, dass es dem Erblasser darauf ankam, den Nachlass oder auch nur einzelne Nachlassbestandteile auf Dauer im Vermögen der Familie behalten und deshalb nicht lediglich eine Abwicklungsvollstreckung, sondern eine Dauervollstreckung bestimmen zu wollen.

d) In den seit dem Erbfall (1986) verstrichenen fast 24 Jahren ist – soweit ersichtlich – der Nachlass nicht zwischen den Klägern auseinandergesetzt worden. Der streitgegenständliche Gesellschaftsanteil steht den Klägern weiterhin in ungeteilter Erbengemeinschaft zu. Ausweislich der als Anlage B 20 vorgelegten „Aufstellung der noch im Nachlass der Erbengemeinschaft S befindlichen Gegenstände“ vom 29.06.2005 – die inhaltlich nicht bestritten wurde – besteht die Erbengemeinschaft darüber hinaus auch noch bezüglich einer Vielzahl weiterer Immobilien und Beteiligungen.

Die vom Erblasser als Aufgabe des Testamentsvollstreckers angeordnete Ausführung der letztwilligen Verfügungen (§ 2203 BGB) und die Auseinandersetzung unter den Miterben (§ 2204 BGB) sind damit noch nicht erfüllt.

Dass die Auseinandersetzung der Miterben aufgrund etwaiger von diesen getroffener entsprechender Vereinbarungen möglicherweise bislang vom Testamentsvollstrecker zu unterlassen war (vgl. Palandt/Edenhofer, BGB 69. Aufl. § 2205 Rn. 1 m. w. N.; MünchKomm-BGB/Zimmermann, 4. Aufl. § 2204 Rn. 19, 22 m. w. N.), ändert nichts daran, dass die Aufgaben des Testamentsvollstreckers noch nicht erfüllt sind.

e) Hinsichtlich einer Beendigung der Testamentsvollstreckung ist zu unterscheiden zwischen der Testamentsvollstreckung an sich und dem konkreten Testamentsvollstreckeramt einer bestimmten Person.

aa) Die Testamentsvollstreckung an sich endet von selbst mit der Ausführung aller Aufgaben, zu denen der Erblasser den Testamentsvollstrecker berufen hat (also – im Regelfall – mit Auseinandersetzung und Verteilung des Nachlasses zwischen den Miterben), ohne dass es einer Aufhebung der Testamentsvollstreckung oder einer Entlassung des Testamentsvollstreckers durch das Nachlassgericht bedarf (BGH, Urteil vom 22.01.1964 – V ZR 37/62, BGHZ 41, 23; Palandt/Edenhofer, BGB 69. Aufl. § 2225 Rn. 3; MünchKomm-BGB/Zimmermann, 4. Aufl. § 2225 Rn. 1 f; vgl. BayObLG BayObLGZ 1997, 1).

In diesem Fall (wenn bereits alle Testamentsvollstreckeraufgaben ausgeführt sind) wäre selbst die Ernennung eines (neuen) Testamentsvollstreckers durch das Nachlassgericht von vornherein gegenstandslos. Das Testamentsvollstreckeramt gilt auch dann nicht zugunsten des Ernannten als bestehend, wenn er irrig an das Vorhandensein von Testamentsvollstreckeraufgaben glaubt (BGH, Urteil vom 22.01.1964 – V ZR 37/62, BGHZ 41, 23).

Zur Entscheidung über diese Fragen ist das Prozessgericht zuständig (BGH, Urteil vom 22.01.1964 – V ZR 37/62, BGHZ 41, 23; BayObLG BayObLGZ 1988, 42).

Da die Aufgaben des Testamentsvollstreckers hier noch nicht erfüllt sind (siehe oben 4 d), hat die Testamentsvollstreckung an sich aus diesem Grund noch nicht geendet.

bb) Das konkrete Testamentsvollstreckeramt einer bestimmten Person kann vorzeitig – vor Beendigung der Testamentsvollstreckung an sich – erlöschen. Das Gesetz regelt ein derartiges Erlöschen in den Fällen der §§ 2225 – 2227 BGB.

Im Streitfall ist damit mit Entlassung der Testamentsvollstreckerin D gemäß § 2227 BGB aufgrund Beschlusses des Nachlassgerichts vom 14.03.2001 (Anlage B 48) deren konkretes Amt erloschen.

Dies führt indes nicht zwangsläufig zur Beendigung der Testamentsvollstreckung insgesamt (Palandt/Edenhofer, BGB 69. Aufl. § 2225 Rn. 1, § 2227 Rn. 1). Ob es als Folge der Entlassung des Testamentsvollstreckers auch zu einer Beendigung der Testamentsvollstreckung an sich kommt, ist vielmehr im Einzelfall zu prüfen.

cc) Der Beschluss des Nachlassgerichts vom 14.03.2001 kann auch nicht als – über die Entlassung der darin namentlich benannten Testamentsvollstreckerin D hinausgehende – Aufhebung der Testamentsvollstreckung an sich gewertet werden.

Eine derartige Aufhebung ist dem Nachlassgericht bereits nicht gestattet (Palandt/Edenhofer a. a. O. § 2227 Rn. 1 a. E. m. w. N.). Besteht zwischen den Beteiligten eines Nachlassverfahrens Streit darüber, ob (nur) das Amt des Testamentsvollstreckers erloschen oder die Testamentsvollstreckung insgesamt (etwa durch Erledigung der dem Testamentsvollstrecker zugewiesenen Aufgaben) beendet ist, so hat hierüber das Prozessgericht endgültig zu entscheiden. Hingegen hat sich das Nachlassgericht mit einem solchen Streit dann als Vorfrage zu befassen, wenn die Fortdauer des Amts Voraussetzung ist für eine im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit zu treffende Entscheidung wie die Entlassung des Testamentsvollstreckers, denn für eine Entlassung aus dem bereits beendeten Amt ist kein Raum mehr (BayObLG BayObLGZ 1988, 42; BayObLG BayObLGZ 1997, 1).

Zudem erscheint fraglich, ob im Streitfall das Nachlassgericht eine derartige Aufhebung überhaupt treffen wollte (wenngleich die Formulierung auf Seite 10 der Beschlussgründe „… auf diese Umstände kann die Fortdauer der Testamentsvollstreckung nicht gestützt werden, da sie unverhältnismäßig ist. Es bleibt den Erben überlassen, wie sie dies regeln“ für eine umfassende Aufhebung der Testamentsvollstreckung an sich sprechen könnte). Dies kann indes dahinstehen, da – wie ausgeführt – selbst bei einem entsprechenden Entscheidungsinhalt keine Entscheidungsbefugnis des Nachlassgerichts bestanden hätte und der Senat hieran auch nicht gebunden wäre.

dd) Ob die Entlassung der Testamentsvollstreckerin D gemäß § 2227 BGB auch zur Beendigung der Testamentsvollstreckung insgesamt geführt hat, richtet sich nach dem Erblasserwillen; maßgeblich ist, ob der erklärte oder durch Auslegung festzustellende Wille des Erblassers dahin geht, dass die Vollstreckung an sich nach Ausscheiden der bestimmten Testamentsvollstreckerin Frau D weitergeführt werden soll oder nicht (Palandt/Edenhofer a. a. O. § 2225 Rn. 1).

Hat der Erblasser für den Fall des Wegfalls des von ihm ernannten Testamentsvollstreckers ersatzweise einen anderen Testamentsvollstrecker ernannt (§§ 2197 Abs. 2, 2199 Abs. 2, 2200 BGB) und auf diese Weise vorgesorgt, so geht sein Wille dahin, dass die Testamentsvollstreckung an sich nicht enden, sondern – nunmehr mit der ersatzweise ernannten Person als Testamentsvollstrecker – fortgeführt werden soll (Palandt/Edenhofer a. a. O. § 2225 Rn. 1).

Im Streitfall hat der Erblasser B S eine derartige Ersatzregelung getroffen, allerdings nur für den Fall, dass die ernannte Testamentsvollstreckerin Frau D „nicht mehr unter den Lebenden weilen“ sollte (also für den Fall des § 2225 Fall 1 BGB).

Der Senat geht im Wege der Testamentsauslegung davon aus, dass der Erblasser die Ernennung eines Ersatzvollstreckers nicht nur für den Fall des Todes der zunächst ernannten Testamentsvollstreckerin Frau D, sondern auch für den Fall von deren sonstigem Wegfall, insbesondere deren Entlassung, anordnen wollte. Der entsprechende Wille des Erblassers zur Ersatzvollstreckerbenennung hat im Testament einen, wenn auch unvollkommenen, Ausdruck gefunden, da eine derartige Ersatzbestimmung für den Fall des Todes von Frau D getroffen wurde.

f) Der Annahme einer Fortdauer der Testamentsvollstreckung an sich, nunmehr durch die vom Erblasser benannten Ersatzvollstrecker, würde auch nicht deren jeweilige Person entgegenstehen.

aa) Dass die als Ersatzvollstrecker benannten Personen (Oberstaatsanwalt B K und M S gemeinsam) ihrerseits nicht Testamentsvollstrecker sein können, etwa weil auch in ihrer Person Erlöschensgründe gemäß §§ 2225 ff. BGB vorlägen, ist – jedenfalls derzeit – nicht ersichtlich.

Eine gemeinschaftliche Vollstreckung durch mehrere Personen ist zulässig (vgl. § 2224 BGB). Da beim Wegfall eines Testamentsvollstreckers die übrigen das Amt allein weiterführen (§ 2224 Abs. 1 Satz 2 BGB), könnten allenfalls Erlöschensgründe in den Personen beider ernannter Ersatzvollstrecker insoweit für die (Nicht-)Fortdauer der Testamentsvollstreckung an sich relevant sein.

bb) Soweit die Berufungserwiderung den ernannten „früheren“ Oberstaatsanwalt B K „nach diesseitigen Einschätzungen altersbedingt nicht mehr handlungsfähig“ sieht (Bl. 357 d. A.), liegt kein substanziierter Vortrag hinsichtlich der Voraussetzungen der §§ 2225, 2201 BGB vor.

cc) Hinsichtlich der weiteren Ersatzvollstreckerin M S kommt insoweit allenfalls eine Ungeeignetheit wegen Gefährdung der interessen der Kläger aufgrund eigener gegenläufiger interessen in Betracht. Allerdings kann nicht jede den interessen der Erben zuwiderlaufende Handlung des Testamentsvollstreckers als Pflichtverletzung angesehen werden. Denn der Testamentsvollstrecker ist nicht in erster Linie Interessenvertreter der Erben. Die Verwaltung ist vielmehr im Sinn des Erblassers unter Berücksichtigung der berechtigten interessen der Erben auszuüben. Dem Testamentsvollstrecker ist insoweit ein Ermessen eingeräumt. Ob eine Maßnahme wirtschaftlich geboten und für den verwalteten Nachlass vorteilhaft ist, hat er in eigener Verantwortung zu entscheiden. Gegen seine Pflichten zur ordnungsmäßigen Verwaltung verstößt er nur, wenn er die Grenzen seines Ermessens überschreitet (BayObLG BayObLGZ 1997, 1).

Zudem würde selbst eine solche Pflichtverletzung nicht per se zum Erlöschen des Testamentsvollstreckeramtes führen, sondern könnte allenfalls ein Entlassungsverfahren gemäß § 2227 BGB rechtfertigen (vgl. Palandt/Edenhofer, BGB 69. Aufl. § 2227 Rn. 5; BayObLG BayObLGZ 1985, 298). Erst bei Rechtskraft einer derartigen Entlassungsentscheidung kann damit ein Erlöschen der Testamentsvollstreckung an sich in Betracht kommen.

g) Damit könnte die Testamentsvollstreckung an sich nicht erloschen sein, sondern möglicherweise weiterhin andauern.

Diese Frage muss im Streitfall indes nicht entschieden werden.

h) Die Testamentsvollstreckung würde nämlich, selbst wenn sie fortbestehen würde, jedenfalls nicht (mehr) den Gesellschaftsanteil der Kläger an der Beklagten erfassen.

aa) Die Testamentsvollstreckung an sich endet auch mit einer Vereinbarung der Miterben, die Auseinandersetzung zu unterlassen und die Erbengemeinschaft fortzusetzen, falls damit alle übrigen Aufgaben des Testamentsvollstreckers erledigt sind (Palandt/Edenhofer, BGB 69. Aufl. § 2225 Rn. 3; MünchKomm-BGB/Zimmermann, 4. Aufl. § 2225 Rn. 1 f; Bamberger/Roth/Mayer, BGB § 2225 Rn. 2; Staudinger/Reimann, BGB Neubearb. 2003 § 2204 Rn. 6 f., § 2225 Rn. 2; jeweils m. w. N.). Dies folgt daraus, dass insoweit alle Aufgaben, zu denen der Erblasser den Testamentsvollstrecker berufen hat, mit einer entsprechenden Vereinbarung der Miterben ausgeführt sind, ein weiteres Tätigwerden des Testamentsvollstreckers damit nicht mehr erforderlich ist (siehe oben 4 e aa).

bb) Eine derartige Vereinbarung der Kläger hinsichtlich deren Geschäftsanteile an der Beklagten wurde im Streitfall unstreitig getroffen. Seitens der drei Kläger wurde mit Schreiben vom 02.03.1993 gegenüber der seinerzeitigen Testamentsvollstreckerin Frau D (Anlage N 3 von RA Dr. W) mitgeteilt: „Wir haben … einvernehmlich beschlossen … hinsichtlich des Geschäftsanteils unseres Vaters B S … an der K GmbH in A die Auseinandersetzung auszuschließen und diesen Anteil als Erbengemeinschaft gemeinschaftlich zu verwalten“.

Mit dieser Vereinbarung sind – jedenfalls hinsichtlich des Geschäftsanteils der Kläger an der Beklagten – alle Aufgaben des Testamentsvollstreckers erledigt und dessen weiteres Tätigwerden nicht mehr erforderlich.

cc) Beschließen die Erben einstimmig, sich überhaupt nicht auseinanderzusetzen und die Erbengemeinschaft – hinsichtlich des ganzen Nachlasses oder hinsichtlich einzelner Nachlassgegenstände – weiterzuführen, bindet dieser Beschluss nach Maßgabe der §§ 2043, 2045 BGB den Testamentsvollstrecker (§§ 2204, 2042, 749 Abs 2 BGB). Denn nach der Vorschrift in § 2042 Abs. 1 BGB, die gem § 2204 Abs. 1 BGB auch für den Testamentsvollstrecker maßgebend ist, haben die Erben in ihrer Gesamtheit nur das Recht zur Auseinandersetzung, aber nicht die Pflicht, sie vorzunehmen; nach §§ 2042 Abs. 2, 749 Abs. 2 BGB können sie das Recht auf die Auseinandersetzung durch Vereinbarung mit gewissen Einschränkungen auf immer oder auf Zeit ausschließen. Wenn die Auseinandersetzung durch eine Vereinbarung der Erben endgültig verhindert wird und der Testamentsvollstrecker auch sonst keine Aufgabe mehr zu erfüllen hat, ist sein Amt durch Erledigung der Aufgaben erloschen (Staudinger/Reimann, BGB Neubearb. 2003 § 2204 Rn. 6 f.).

dd) Zwar erstreckt sich die von den Klägern getroffene Vereinbarung nicht auf weitere Nachlassbestandteile; insoweit bestehen möglicherweise noch offene Aufgaben eines Testamentsvollstreckers. Die Testamentsvollstreckung hat damit mit Abschluss der Vereinbarung nicht generell geendet.

Allerdings unterlag damit der Gesellschaftsanteil der Kläger an der Beklagten nicht mehr der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis des Testamentsvollstreckers nach § 2205 BGB, so dass insoweit die Kläger nicht mehr gemäß § 2211 BGB verfügungsbeschränkt sind, § 2208 Abs. 1 Satz 2 BGB. Vielmehr haben die Kläger insoweit eine eigenständige Verfügungsbefugnis gewonnen (§ 2211 BGB) und damit auch entsprechende Prozessführungsbefugnis erlangt.

Im Streitfall ist es damit zu einem teilweisen – gegenständlich beschränkten – Erlöschen der Testamentsvollstreckung an sich in dem Sinne gekommen, dass der im Nachlass befindliche Gesellschaftsanteil der Kläger an der Beklagten aus dem der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis des Testamentsvollstreckers unterliegenden Nachlass herausgelöst wurde.

Ein derartiges teilweises Erlöschen der Testamentsvollstreckung ist zulässig, was sich bereits aus § 2208 Abs. 1 Satz 2 BGB ergibt. Genauso wie der Erblasser von vorneherein seinen Nachlass nur zum Teil – gegenständlich beschränkt – der Verwaltung eines Testamentsvollstreckers unterstellen kann, ist es möglich, dass nachträglich die Testamentsvollstreckung hinsichtlich eines Teils des Nachlasses erlischt, einzelne Nachlassgegenstände damit aus der Testamentsvollstreckung „herausfallen“. Auch in anderem Zusammenhang wurde ein solches „Entfallen“ einzelner Nachlassgegenstände aus dem der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis des Testamentsvollstreckers unterliegenden Nachlass und damit insoweit ein „partielles Hinauswachsen aus dem Nachlass“ bereits anerkannt, etwa bei durch wirtschaftlichen Einsatz des ererbten Unternehmens durch den Gesellschaftererben erzielten Erträgen (vgl. BGH, Urteil vom 14.05.1986 – IVa ZR 155/84, BGHZ 98, 48; Bamberger/Roth/Mayer, BGB § 2225 Rn. 3; jeweils m. w. N.).

i) Da mithin die Testamentsvollstreckung jedenfalls nicht (mehr) den Gesellschaftsanteil der Kläger an der Beklagten erfassen würde, sind die Kläger trotz der vom Erblasser angeordneten Testamentsvollstreckung für die von ihnen allein – ohne Mitwirkung eines Testamentsvollstreckers – erhobene Klage prozessführungsbefugt. Die Klage ist deshalb nicht unzulässig.

5. Die Klage ist auch begründet.

Die angefochtenen Gesellschafterbeschlüsse, durch die die Bestellung des Geschäftsführers Dr. V der Beklagten widerrufen und die Kündigung dessen Anstellungsverhältnisses beschlossen wurde, sind rechtswidrig und auf die erhobene Anfechtungsklage hin für nichtig zu erklären, da bei der Beschlussfassung das Informationsrecht der Kläger (§ 51 a GmbHG) verletzt wurde.

Insoweit wird zunächst auf die entsprechenden Ausführungen in dem angefochtenen Urteil Bezug genommen, die vom Senat vollumfänglich geteilt werden.

Das Vorbringen der Berufung gibt keinen Anlass zu einer anderweitigen Beurteilung.

a) Die Geschäftsführer einer GmbH haben jedem Gesellschafter auf Verlangen unverzüglich Auskunft über die Angelegenheiten der Gesellschaft zu geben, § 51 a Abs. 1 GmbHG.

Dieses Auskunftsrecht des Gesellschafters umfasst – weitergehend als § 131 Abs. 1 Satz 1 AktG – alle „Angelegenheiten der Gesellschaft“, also alles, was mit ihrer Geschäftsführung, ihren wirtschaftlichen Verhältnissen und ihren Beziehungen zu Dritten zusammenhängt (Zöllner in: Baumbach/Hueck, GmbHG 19. Aufl. § 51 a Rn. 10; Karsten Schmidt in: Scholz, GmbHG 10. Aufl. § 51 a Rn. 19). Das Auskunftsrecht umfasst damit auch den Widerruf der Bestellung eines Geschäftsführers gemäß § 38 GmbHG sowie die Kündigung von dessen Anstellungsverhältnis; es erstreckt sich jedenfalls auf sämtliche Umstände, die aus der Sicht eines objektiv urteilenden Gesellschafters zur sachgerechten Beurteilung einer Entscheidung über diese Fragen erforderlich sind (vgl. § 131 Abs. 1 Satz 1 AktG).

Zur Auskunft verpflichtet ist die Gesellschaft, die insoweit durch ihre Geschäftsführer handelt (Zöllner in: Baumbach/Hueck a. a. O. § 51 a Rn. 9; Karsten Schmidt in: Scholz a. a. O. § 51 a GmbHG Rn. 16).

b) Neben dieser Auskunftspflicht der Gesellschaft kann auch eine solche weiterer Mitgesellschafter bestehen. Aufgrund der gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht ist ein GmbH-Gesellschafter grundsätzlich verpflichtet, seinen Mitgesellschafter über Vorgänge, die dessen mitgliedschaftliche Vermögensinteressen berühren und ihm nicht bekannt sein können, vollständig und zutreffend zu informieren (BGH, Urteil vom 11.12.2006 – II ZR 166/05, GmbHR 2007, 260).

c) Im Streitfall liegt eine Verletzung des Informationsrechts der Kläger gemäß § 51 a GmbHG durch die Beklagte vor, da diesen trotz entsprechenden weitergehenden Auskunftsbegehrens hinsichtlich der Gründe des beantragten Widerrufs der Bestellung des Geschäftsführers Dr. V gemäß § 38 GmbHG sowie der Kündigung von dessen Anstellungsverhältnis lediglich mitgeteilt wurde, ein „kollegiales Miteinander“ zwischen dem abzuberufenden Geschäftsführer Dr. V und dem weiteren Geschäftsführer H der Gesellschaft habe sich nicht ergeben, weshalb der weitere Geschäftsführer H mit dem abzuberufenden Geschäftsführer Dr. V nicht mehr „zusammenarbeiten wolle und könne“, ohne dies näher darzulegen. Die vorgetragenen weiter erfolgten Angaben (das Nichtbestehen eines kollegialen Miteinanders sei nach außen gedrungen und habe im Inneren zu erheblichen Irritationen geführt; es habe die Gefahr bestanden, dass der Geschäftsführer H seine Tätigkeit für die Beklagte beende; dieser Geschäftsführer sei bereits seit 1999 im Unternehmen tätig und kenne es bestens, so dass man nicht auf ihn verzichten wolle, während der Geschäftsführer Dr. V erst ein dreiviertel Jahr im Unternehmen sei; man wolle Schaden vom Unternehmen abwenden) stellen keine inhaltliche Erläuterung eines nicht mehr bestehenden „kollegialen Miteinanders“ zwischen den Geschäftsführern dar. Darlegungen, welche Differenzen hinsichtlich welcher Punkte und aus welchen Gründen es im Einzelnen zwischen den Geschäftsführern gegeben habe, sind nicht erfolgt.

Allein aufgrund der getätigten Angaben kann ein Gesellschafter damit weder beurteilen, ob tatsächlich ein „kollegiales Miteinander“ zwischen den Geschäftsführern nicht (mehr) besteht, noch, ob die Ursache eines etwa fehlenden „kollegialen Miteinanders“ in der Person des abzuberufenden oder in der Person des weiteren Geschäftsführers liegt.

Diese Umstände sind jedoch aus der Sicht eines objektiv urteilenden Gesellschafters zur sachgerechten Beurteilung einer Entscheidung über den Widerruf der Bestellung des Geschäftsführers Dr. V gemäß § 38 GmbHG sowie über die Kündigung von dessen Anstellungsverhältnis erforderlich und damit für die entsprechende Willensentschließung des Gesellschafters wesentlich.

Die insoweit unzureichende Information der Kläger begründet die Anfechtbarkeit der klagegegenständlichen Gesellschafterbeschlüsse (vgl. Zöllner in: Baumbach/Hueck a. a. O. Anh zu § 47 Rn. 114; Karsten Schmidt in: Scholz, GmbHG a. a. O. § 45 Rn. 97, § 51 a Rn. 47).

d) Zwar ist die Bestellung des Geschäftsführers einer GmbH zu jeder Zeit – auch ohne Vorliegen von Gründen – widerruflich, § 38 Abs. 1 GmbHG. Auch eine Abberufung aus vorgetäuschten oder unsachlichen Gründen ist grundsätzlich wirksam und vom Geschäftsführer hinzunehmen; etwas anderes gilt nur, falls sich eine Abberufung als Schikane (§ 226 BGB) oder als sittenwidrige vorsätzliche Schädigung (§ 826 BGB) darstellt, was jedoch nicht schon bei Fehlen nachprüfbarer Sachgründe oder der bloßen Möglichkeit sachfremder Motivation der Fall ist (vgl. Zöllner/Noack in: Baumbach/Hueck a. a. O. § 38 GmbHG Rn. 3; Schneider in: Scholz, GmbHG a. a. O. § 38 Rn. 16).

Auch trägt die Ordentliche KündigungBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Kündigung
Ordentliche Kündigung
des Anstellungsvertrages eines abberufenen GmbH-Geschäftsführers ihre Rechtfertigung in sich. Sie ist von dem Geschäftsführer hinzunehmen, auf welchen Erwägungen sie auch beruhen mag. Sie ist insbesondere auch dann wirksam, wenn sie sich auf keinen anderen Grund als den Willen des kündigungsberechtigten Organs stützen kann. Die Wirksamkeit einer von der Gesellschaft ordnungsgemäß erklärten ordentlichen Kündigung kann deshalb auch nicht mit Rücksicht auf die ihr zugrundeliegenden (angeblich verwerflichen bzw. sittenwidrigen) Motive der Gesellschafter verneint werden (BGH, Urteil vom 03.11.2003 – II ZR 158/01, GmbHR 2004, 57).

e) Die vorstehenden Erwägungen betreffen jedoch die Wirksamkeit im Außenverhältnis zwischen der Gesellschaft und deren (abberufenem und gekündigtem) Geschäftsführer. Davon zu trennen ist die Frage, ob im Innenverhältnis der Gesellschafter untereinander bzw. zwischen Gesellschafter und Gesellschaft die Beschlussfassung über die Abberufung und Kündigung des Geschäftsführers rechtswidrig erfolgte oder nicht.

Selbst wenn damit die Abberufung des GeschäftsführersBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Abberufung
Abberufung des Geschäftsführers
Dr. V und die Kündigung von dessen Geschäftsführervertrag diesem gegenüber Wirksamkeit entfaltet hätte, würde dies nicht zur „Heilung“ der – wegen Verletzung des Informationsrechts der Kläger – rechtswidrigen entsprechenden Gesellschafterbeschlüsse führen. Deren Anfechtbarkeit entfällt nicht durch ihren – im Außenverhältnis gegenüber dem Geschäftsführer evtl. Wirkungen entfaltenden – Vollzug.

Unerheblich ist auch, ob der Geschäftsführer Dr. V selbst von einem wirksamen Widerruf seiner Bestellung und einer Beendigung seines Anstellungsverhältnisses ausgeht und ob er überhaupt bereit ist, weiterhin als Geschäftsführer der Beklagten zu fungieren (vgl. Anlage B 36). Dies wären zwar für einen etwaigen erneuten Gesellschafterbeschluss über diese Problematik relevante Gesichtspunkte, würde jedoch nichts an der Rechtswidrigkeit der angefochtenen Beschlüsse ändern.

f) Die Verletzung des Informationsrechts der Kläger war hinsichtlich der Fassung der angefochtenen Beschlüsse auch relevant (vgl. Zöllner in: Baumbach/Hueck a. a. O. Anh zu § 47 GmbHG Rn. 125 ff., 127; Karsten Schmidt in: Scholz, GmbHG a. a. O. § 45 Rn. 100, 103, § 51 a Rn. 47; Bayer in: Lutter/Hommelhoff, GmbHG 17. Aufl. Anh zu § 47 Rn. 52).

Werden einem Gesellschafter in der Gesellschafterversammlung Auskünfte vorenthalten, die aus der Sicht eines objektiv urteilenden Gesellschafters in der Fragesituation zur sachgerechten Beurteilung des Beschlussgegenstandes erforderlich sind, so liegt darin zugleich ein „relevanter“ Verstoß gegen das Teilnahme- und Mitwirkungsrecht des betreffenden Gesellschafters bei der Beschlussfassung. Dieser Verstoß rechtfertigt die Anfechtbarkeit des Beschlusses, ohne dass es darauf ankommt, ob der tatsächliche Inhalt der begehrten Informationen einen objektiv urteilenden Gesellschafter von der Zustimmung zu der Beschlussvorlage abgehalten hätte (vgl. – zur identischen Problematik im AktienrechtBGH, Urteil vom 18.10.2004 – II ZR 250/02, BGHZ 160, 385).

Der Relevanz der Verletzung des Informationsrechts der Kläger kann auch nicht entgegengehalten werden, dass die angefochtenen Beschlüsse – aufgrund der Stimmenmehrheit der Gesellschafterin S-W – auf jeden Fall gefasst worden wären, so dass sich eine unzureichende Information der Kläger nicht ausgewirkt hätte. Aus der Sicht eines objektiv urteilenden Gesellschafters kann nämlich nicht ausgeschlossen werden, dass auch die Mehrheitsgesellschafterin S-W bei entsprechender Information stets im Sinne der angefochtenen Beschlussergebnisse abgestimmt hätte und sich nicht möglicherweise anders entschieden hätte.

g) Das Landgericht hat der Anfechtungsklage somit zu Recht umfassend stattgegeben.

6. Soweit die Kläger in der Berufungsinstanz die Erhebung einer Zwischenfeststellungsklage (mit dem Ziel der Feststellung ihrer Vertretungs- und Prozessführungsbefugnis) angekündigt haben, kann eine solche Klageerweiterung in der Berufungsinstanz nicht mehr in zulässiger Weise wirksam erhoben werden.

a) Eine in der Berufungsinstanz erhobene Klageänderung – die beabsichtigte Klageerweiterung stellt eine solche dar – ist nur zulässig, wenn der Gegner einwilligt oder das Gericht dies für sachdienlich hält (§ 533 Nr. 1 ZPO) und zudem die Klageänderung auf Tatsachen gestützt werden kann, die das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung über die Berufung ohnehin nach § 529 ZPO zugrunde zu legen hat (§ 533 Nr. 2 ZPO).

Beide Voraussetzungen sind im Streitfall nicht erfüllt:

aa) Unabhängig von der Frage, ob die Beklagte und Berufungsklägerin in die Klageerweiterung einwilligen wird, stellt sich diese jedenfalls nicht als sachdienlich dar.

Diese unter dem Gesichtspunkt der Prozesswirtschaftlichkeit zu beurteilende Frage ist zu verneinen, wenn das Berufungsgericht bei Zulassung der Klageerweiterung über einen völlig neuen (wenn auch nach § 529 ZPO zulässigen) Streitstoff entscheiden müsste (Zöller/Heßler, ZPO 28. Aufl. § 533 Rn. 6 m. w. N.). Dies wäre hier der Fall: Da die Klageerweiterung auf Feststellung der Vertretungs- und Prozessführungsbefugnis der Kläger hinsichtlich des gesamten Nachlasses des Erblassers B S gerichtet ist, eine solche bislang jedoch lediglich hinsichtlich des – für die ursprüngliche Klage allein streitgegenständlichen – Nachlassbestandteils „Gesellschaftsanteil an der Beklagten“ bejaht werden kann (siehe oben 4 g, h), würde eine Entscheidung über die Klageerweiterung – nach vorherigem Hinweis auf hinsichtlich des restlichen Nachlasses unzureichenden Sachvortrag hinsichtlich einer etwaigen bereits erfolgten Auseinandersetzung (vgl. oben 4 d) – die Einführung des insoweit vorzutragenden neuen Streitstoffes in das Verfahren und ggf. die Durchführung einer Beweiserhebung bedingen. Dies kann nicht mehr als sachdienlich angesehen werden (vgl. BGH, Urteil vom 15.05.1970 – III ZR 200/67, WM 1970, 1023; KG KGR 2002, 156).

bb) Zudem erfordert § 533 Nr. 2 ZPO für die Zulassung einer Klageänderung zusätzlich, dass die hierfür maßgebliche Tatsachengrundlage gemäß § 529 ZPO zulässig in den prozess eingeführt werden kann. Das Landgericht hat indes im angefochtenen Urteil hinsichtlich der maßgeblichen Problematik der Nachlassauseinandersetzung keine Tatsachen festgestellt (§ 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO), die als Entscheidungsgrundlage für eine in der Berufungsinstanz erhobene Klageerweiterung verwendet werden könnten.

b) Die nach § 533 ZPO unzulässige Klageerweiterung schließt eine Zurückweisung der Berufung gemäß § 522 Abs. 2 ZPO nicht aus (vgl. OLG NürnbergBitte wählen Sie ein Schlagwort:
OLG
OLG Nürnberg
MDR 2003, 770).

7. Die Berufung hat damit keine Aussicht auf Erfolg.

Der Senat legt aus Kostengründen die Rücknahme der Berufung nahe, denn in diesem Fall ermäßigen sich die Gerichtsgebühren von 4,0 (KV 1220) auf 2,0 (KV 1222).

Vor einer Entscheidung des Senates wird der Berufungsklägerin Gelegenheit zur Stellungnahme binnen 2 Wochen gegeben.

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Schlagworte: Abberufung, Abberufung des GmbH-Geschäftsführers und Beendigung des Anstellungsvertrags, Anfechtungsklage im Sinne der §§ 243 ff AktG, Anstellungsvertrag, Antrag des Gesellschafters auf gerichtliche Entscheidung über Informationsrechte, Auskunfts-/Einsichts-/Informations-/Kontrollrechte, Außerordentliche Kündigung des Anstellungsvertrages, Beendigung des Anstellungsvertrages, Beendigung des Anstellungsvertrags aus wichtigem Grund, Beschlussfassung, Geschäftsführer, Informationsanspruch nach § 51 a GmbHG, Informationspflicht, Informationspflichten, Informationsrechte des Gesellschafters, Informationsrechtsverletzung, Kooperationsverweigerung mit Mitgeschäftsführern, Kündigung, ordentliche Abberufung, Ordentliche Abberufung des Geschäftsführers, Verletzung Informationsrecht (§ 51a GmbHG), Verletzung Kollegialitätsprinzip