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OLG Oldenburg, Urteil vom 02.12.2009 – 1 U 74/08

BGB §§ 321, 823; GmbHG § 64; InsO §§ 15a, 17

1. Der Schutzzweck der Verpflichtung des Geschäftsführers zur rechtzeitigen Insolvenzantragstellung besteht darin, konkursreife Gesellschaften mit beschränktem Haftungsfonds möglichst schnell vom Geschäftsverkehr fernzuhalten, damit durch das Auftreten solcher Gebilde nicht Gläubiger geschädigt oder in ihren Vermögensinteressen gefährdet werden (BGHZ 126, 181, 194). Insbesondere geht es auch darum, durch die rechtzeitige Insolvenzantragstellung zu verhindern, dass von der Finanzkrise nichts ahnende Geschäftspartner im Rahmen von aufgenommenen Rechtsbeziehungen der insolvenzreifen GmbH Kredit gewähren, etwa auch in der Form einer Vorleistung, und dann in der Insolvenz ausfallen (vgl. BGHZ 128, 181, 192).

2. Im Rahmen der Insolvenzverschleppungshaftung des GmbH-Geschäftsführers nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 64 Abs. 1 GmbHG bestimmt sich die Abgrenzung zwischen sog. Alt- und Neugläubigern nicht allein nach dem Zeitpunkt des Vertragsschlusses. Neugläubiger ist auch derjenige, der zwar vor Eintritt der Insolvenzreife Verträge mit der später insolventen Gesellschaft abschließt, jedoch erst nach Eintritt der Insolvenzreife ungesichert Leistungen erbringt, obwohl ihm bei Kenntnis der Insolvenzreife jedenfalls ein Leistungsverweigerungsrecht nach § 321 BGB (sog. Dürftigkeitseinrede) zugestanden hätte; denn bei rechtzeitiger Antragstellung wäre dieser Schaden zu verhindern gewesen (ebenso OLG CelleBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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OLG Celle
NZG 2002, 730; zustimmend Lutter/Hommelhoff/Kleindiek, Anh. zu § 64 GmbHG Rn. 72; so auch  Baumbach/Hueck/Schulze-Osterloh, § 64 GmbHG Rn. 92, allerdings mit grundsätzlichen Bedenken gegen das Konzept der Rspr.).

3. Auch in ähnlich gelagerten Fällen, in denen im Zeitpunkt des Vertragsschlusses noch keine Insolvenzlage vorlag, nach deren Eintritt jedoch die maßgebenden zur Schädigung des Gläubigers führenden Handlungen vorgenommen wurden, die bei rechtzeitiger Insolvenzantragstellung vermeidbar waren, geht die Tendenz der Rspr. dahin, die für die Behandlung von Neugläubigern geltenden Grundsätze  heranzuziehen (vgl z.B. für den Zeitpunkt eines Darlehensrückzahlungsanspruchs OLG SaarbrückenBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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OLG Saarbrücken
NZG 2001, 414, 415; für die Erhöhung eines Kontokorrentkredits BGH GmbHR 2007, 482). Nach Rspr. des BGH (WM 2008, 456, 457) soll es etwa im Kontokorrent für die Abgrenzung auf die tatsächliche Inanspruchnahme des Kredits und nicht auf den Abschluss der Kontokorrentabrede ankommen (vgl. ferner für den Fall von Änderungen in Dauerschuldverhältnissen durch Erhöhung des Kreditvolumens: GK-GmbH/Caspar, § 64 GmbHG Rn. 121; Roth / Altmeppen, GmbHG, 6. Aufl., § 64 GmbHG Rn. 123).

Schlagworte: Abgrenzung Altgläubiger - Neugläubiger, Altgläubigerschaden, GmbHG § 64 Satz 1, Haftung wegen Insolvenzverschleppung gemäß § 15a Abs. 1 Satz 1 InsO, Insolvenzverfahrensverschleppung, Insolvenzverschleppung, Zahlungen nach Insolvenzreife