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OLG Stuttgart, Beschluss vom 02.12.2014 – 20 AktG 1/14

AktG §§ 131, 243, 246a, 293g, 304, 305

1. Offensichtlich unbegründet nach § 246a Abs. 2 Nr. 1 AktG ist eine Anfechtungsklage, wenn sie – sei es auch aufgrund komplexer rechtlicher Erwägungen – nach der Rechtsauffassung des im Freigabeverfahren erkennenden Senats aufgrund des unstreitigen Sachverhalts eindeutig unbegründet ist oder – sofern ihr Erfolg von einer Beweisaufnahme abhängt – mit eindeutig überwiegender Wahrscheinlichkeit keinen Erfolg haben wird (OLG Stuttgart, AG 2013, 604, juris Rn. 119; OLG Stuttgart, AG 2009, 204, juris Rn. 31; OLG Stuttgart, AG 2004, 105, juris Rn. 5; OLG Stuttgart, AG 2003, 456, juris Rn. 36; OLG HamburgBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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OLG Hamburg
, NZG 2005, 86; OLG MünchenBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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OLG München
, Der Konzern 2014, 108, juris Rn. 7: wenn eine andere Beurteilung nicht oder kaum vertretbar erscheint; vgl. auch Drescher in Henssler/Spohn, GesR, 2. Aufl., § 246a AktG Rn. 5; Hüffer in Münchener Kommentar AktG, 3. Aufl., § 246 a Rn. 20 ff. m.w.N.). Bei der Beurteilung von Rechtsfragen ist keine Eindeutigkeit im Sinne einer Evidenz zu fordern; es genügt vielmehr, wenn die Rechtsfragen aus Sicht des Senats eindeutig im Sinne einer Unbegründetheit der Klage zu beantworten sind, ohne dass es darauf ankommt, ob dazu auch andere Standpunkte vertreten werden (OLG Stuttgart, AG 2013, 604, juris Rn. 119; OLG Stuttgart, AG 2009, 204, juris Rn. 31 m.w.N.).

2. Nach §§ 304 Abs. 3 S. 2, 305 Abs. 5 S. 1 AktG kann die Anfechtung des Zustimmungsbeschlusses nicht darauf gestützt werden, dass der Vertrag keinen angemessenen Ausgleich bzw. keine angemessene Abfindung vorsieht. Der Anfechtungsausschluss umfasst sämtliche Bewertungsrügen, d.h. alle Rügen, die die Höhe des Ausgleichs betreffen (vgl. Veil in Spindler/Stilz, AktG, 2. Aufl., § 304 Rn. 86; Stephan in Schmidt/Lutter, AktG, 2. Aufl., § 304 Rn. 110; OLG DüsseldorfBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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OLG Düsseldorf
, ZIP 2009, 518, juris Rn. 53). Bewertungsrügen sind im Spruchverfahren bei der Frage der Angemessenheit von Abfindung und Ausgleich zu prüfen.

3. Nach § 17 Abs. 2 AktG wird von einem im Mehrheitsbesitz stehenden Unternehmen vermutet, dass es von dem an ihm mit Mehrheit beteiligten Unternehmen abhängig ist. Dies führt nach § 18 Abs. 1 S. 3 AktG zur Vermutung des Vorliegens eines Konzerns. Wesentliches Merkmal eines Konzerns ist die Zusammenfassung unter einheitlicher Leitung (§ 18 Abs. 1 S. 1 AktG).

4. Besteht zwischen dem herrschenden Unternehmen und der abhängigen Gesellschaft keine Verbindung durch Unternehmensverträge, liegt ein faktischer KonzernBitte wählen Sie ein Schlagwort:
faktischer Konzern
Konzern
vor. Ein faktischer KonzernBitte wählen Sie ein Schlagwort:
faktischer Konzern
Konzern
ist rechtlich zulässig und wird von dem geltenden Aktienrecht als zulässige Form der Unternehmensverbindung angesehen (vgl. BGH NZG 2008, 831, juris Rn. 17). Die abhängige Gesellschaft wird durch die Regelungen in §§ 311 ff. AktG geschützt, die insbesondere eine Ausgleichspflicht bei durch das herrschende Unternehmen veranlassten nachteiligen Maßnahmen sowie besondere Berichts- und Prüfungspflichten vorsehen.

5. Rechtlich zulässig und tatsächlich üblich ist es, dass zwischen herrschenden und beherrschten Unternehmen personelle Verflechtungen auf Leitungsebene bestehen und herrschende Unternehmen den Vorstand der abhängigen Gesellschaft mit eigenen Vorstandsmitgliedern im Wege eines Vorstandsdoppelmandats oder mit Personen ihres Vertrauens besetzen (zur Zulässigkeit: BGH ZIP 2009, 1162, juris Rn. 14 f.).

6. Hieraus ergibt sich für die Vorstandsmitglieder aber trotz der hiermit verbundenen Einflussmöglichkeiten des herrschenden Unternehmens sowie des mit dem gleichzeitigen Einsatz bei zwei Gesellschaften verbundenen Loyalitätskonflikts kein Freibrief zu Gunsten der Konzernspitze, vielmehr haben die Vorstandsmitglieder bei ihren Entscheidungen die Interessen des jeweiligen Pflichtenkreises wahrzunehmen (BGH ZIP 2009, 1162, juris Rn. 16).

7. Weder die Bildung eines faktischen Konzerns noch die personellen Verflechtungen auf Vorstandsebene bis hin zu Doppelmandaten führen dazu, dass bereits ein vorweggenommener Beherrschungs- und/oder Gewinnabführungsvertrag vorliegt. Im Gegenteil ist die Bildung eines faktischen Konzerns und die einheitliche Leitung dieses Konzerns sowie die häufig damit verbundene und zulässige personelle Verflechtung auf Leitungsebene eine von dem geltenden Aktienrecht zugelassene Möglichkeit der Unternehmensverbindung neben der Unternehmensverbindung durch Unternehmensverträge. Die beherrschte Gesellschaft wird über die Regelungen in §§ 311 ff. AktG geschützt. Für die Vorstände der beherrschten Gesellschaft gelten die Pflichten des § 76 Abs. 1 AktG (vgl. Bürgers/Israel in Bürgers/Körber, AktG, 3. Aufl., § 76 Rn. 27).

8. Nach ganz überwiegender und zutreffender Ansicht ist die Abberufung eines satzungsmäßig bestimmten Versammlungsleiters nur bei Vorliegen eines wichtigen Grundes zulässig, insbesondere wenn es der Hauptversammlung auf Grund schwerwiegender Verfahrensverstöße oder aus ähnlichen, ebenso gewichtigen Gründen nicht zumutbar gewesen wäre, an der Person des Versammlungsleiters festzuhalten (vgl. OLG FrankfurtBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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OLG Frankfurt
, Urteil v. 02.10.2012, 5 U 10/12, juris Rn. 61; OLG BremenBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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OLG Bremen
, AG 2010, 256, juris Rn. 32; OLG HamburgBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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OLG Hamburg
, AG 2001, 359, juris Rn. 89; Wicke in Spindler/Stilz, AktG, 2. Aufl., Anh. § 119 Rn. 4).

9. Eine Abstimmung über einen Abwahlantrag setzt zumindest voraus, dass ein wichtiger Grund in diesem Sinne schlüssig vorgetragen ist (vgl. OLG BremenBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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OLG Bremen
, AG 2010, 256, juris Rn. 33 f; OLG HamburgBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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OLG Hamburg
, AG 2001, 359, juris Rn. 89; Wicke in Spindler/Stilz, AktG, 2. Aufl., Anh. § 119 Rn. 4).

10. Die notarielle Niederschrift über die Hauptversammlung erbringt als öffentliche Urkunde vollen Beweis über die beurkundeten Vorgänge nach § 415 ZPO (vgl. Reger in Bürgers/Körber, AktG, 3. Aufl., § 130 Rn. 2; Hüffer, AktG, 11. Aufl., § 130 Rn. 2).

11. Allein die Tatsache einer Redezeitbeschränkung stellt grundsätzlich keinen wichtigen Grund für eine Abwahl des Versammlungsleiters dar, so dass auch der reine Bezug auf die erfolgte Redezeitbeschränkung keinen schlüssigen Vortrag eines wichtigen Grundes enthält.

12. Grundsätzlich sind Redezeitbeschränkungen in der Hauptversammlung sowohl auf Grundlage einer Satzungsermächtigung nach § 131 Abs. 2 Satz 2 AktG als auch auf Grundlage eigenen Rechts des Versammlungsleiters zulässig (vgl. BGH ZIP 2010, 575, juris Rn. 29; so auch der Gesetzgeber in der Begründung des UMAG, BT-Drucks. 15/5092, S. 17).

13. Es gehört zu den Aufgaben des Versammlungsleiters, für eine sachlich erschöpfende, gleichzeitig aber auch im Interesse aller Aktionäre zeitlich angemessene Abwicklung der Hauptversammlung Sorge zu tragen. Dabei sollte eine normale Hauptversammlung, in der keine tiefgreifenden unternehmensstrukturellen Maßnahmen zu erörtern sind, in vier bis sechs Stunden abgewickelt sein, während bei darüber hinausgehendem Inhalt eine Abwicklung zumindest an demselben Tag, an dem die Hauptversammlung begonnen wurde, erfolgen sollte (vgl. für die Dauer einer normalen HV: BT-Drucks. 15/5092, S. 17; BGH ZIP 2010, juris Rn. 29; für die Dauer auch bei schwierigeren Themen: Wicke in Spindler/Stilz, 2. Aufl., Anh. § 119 Rn. 9: an demselben Tag und nicht über 12 Stunden; ebenso Kubis in Münchener Kommentar AktG, 3. Aufl., 2013, § 121 Rn. 35 und 38; Hüffer, AktG, 11. Aufl., § 121 Rn. 17).

14. Eine Beschränkung der Redezeit mit dem Ziel, eine zeitlich angemessene und sachbezogene Abwicklung der Hauptversammlung zu gewährleisten, ist grundsätzlich zulässig. Bei einer generellen Redezeitbeschränkung ist eine Beschränkung auf 10 bis 15 Minuten pro Redner und zu einem späteren Zeitpunkt 5 Minuten regelmäßig zulässig (vgl. Kubis in Münchener Kommentar AktG, § 119 Rn. 166; Wicke in Spindler/Stilz, AktG, 2. Aufl., Anh. § 119 Rn. 11; Hüffer, AktG, 11. Aufl., § 129 Rn. 29).

15. In jedem Fall hat der Versammlungsleiter sich an dem Gebot der Sachdienlichkeit zu orientieren sowie das Gleichbehandlungsgebot und das Verhältnismäßigkeitsprinzip zu wahren und darf nur Maßnahmen anordnen, die zur sachgemäßen Erledigung der Geschäfte der Hauptversammlung notwendig sind. Das Ermessen des Versammlungsleiters ist unter Berücksichtigung der konkreten Umstände der Hauptversammlung pflichtgemäß auszuüben (vgl. BGH ZIP 2010, 575, juris Leitsatz 3 und Rn. 16).

16. Wird der Abwahlantrag des Versammlungsleiters mit unspezifizierten Schlagworten wie „offensichtliche Unfähigkeit und Überforderung“ begründet, liegt keine hinreichende schlüssige Darlegung eines wichtigen Grunds vor. Hierzu hätten konkrete Tatsachen vorgetragen werden müssen, die den Schluss auf die behauptete Unfähigkeit zuließen (vgl. OLG HamburgBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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OLG Hamburg
, AG 2001, 359, juris Rn. 89).

17. Nach § 131 Abs. 1 S. 1 AktG ist jedem Aktionär auf Verlangen in der Hauptversammlung von dem Vorstand Auskunft über Angelegenheiten der Gesellschaft zu geben, soweit sie zur sachgerechten Beurteilung des Gegenstands der Tagesordnung erforderlich ist. Ist Gegenstand der Tagesordnung ein Unternehmensvertrag, ist jedem Aktionär nach § 293g Abs. 3 AktG in der Hauptversammlung Auskunft auch über alle für den Vertragsschluss wesentlichen Angelegenheiten des anderen Vertragsteils zu geben.

18. Nach § 243 Abs. 4 S.1 AktG kann wegen unrichtiger, unvollständiger oder verweigerter Erteilung der Information nur angefochten werden, wenn ein objektiv urteilender Aktionär die Erteilung der Information als wesentliche Voraussetzung für die sachgerechte Wahrnehmung seiner teilnahme- und Mitgliedschaftsrechte angesehen hätte.

19. Voraussetzung eines Auskunftsrechts der Aktionäre ist somit, dass die Auskunft aus Sicht eines objektiv urteilenden Aktionärs zur Beurteilung des Gegenstands der Tagesordnung erforderlich bzw. die Information in diesem Sinne wesentlich ist. Die Begriffe „erforderlich“ in § 131 Abs. 1 AktG und „wesentlich“ in § 243 Abs. 4 S. 1 AktG sowie § 293g Abs. 3 AktG sind inhaltsgleich: Auskünfte, die aus der Sicht eines objektiven Durchschnittsaktionärs zur sachgemäßen Beurteilung eines Gegenstands der Tagesordnung nicht erforderlich sind, können aus Sicht eines objektiv urteilenden Aktionärs für die sachgerechte Wahrnehmung seiner teilnahme- und Mitgliedschaftsrechte bei der Beschlussfassung zu diesem Tagesordnungspunkt nicht wesentlich sein (vgl. OLG Stuttgart, AG 2011, 73, juris Rn. 524; Würthwein in Spindler/Stilz, AktG, 2. Aufl., § 243 Rn. 251 und Veil in Spindler/Stilz, AktG, 2. Aufl., § 293 g Rn. 8). Soweit im Folgenden der Begriff Erforderlichkeit im Sinne von § 131 Abs. 1 Satz 1 AktG verwendet wird, ist damit zugleich die Wesentlichkeit im Sinne von § 243 Abs. 4 S. 1 AktG und § 293g Abs. 3 AktG angesprochen.

20. Maßstab für die Erforderlichkeit bzw. Wesentlichkeit einer Auskunft ist die Sicht eines objektiv urteilenden Durchschnittsaktionärs, der die Gesellschaftsverhältnisse nur auf Grund allgemein bekannter Tatsachen kennt und daher die begehrte Auskunft als wesentliches Beurteilungselement benötigt (vgl. BGH WM 2014, 618, juris Rn. 26; BGHZ 160, 385, juris Rn. 9; BGHZ 180, 9 juris Rn. 39; OLG Stuttgart AG 2011, 73, juris Rn. 510). Hierdurch wird der Auskunftsanspruch des Aktionärs sowohl in quantitativer und qualitativer Hinsicht als auch in Bezug auf seinen Detaillierungsgrad begrenzt (BGH WM 2014, 618, juris Rn. 26; BGHZ 180, 9, juris Rn. 39).

21. Nicht jede marginale Information ist in diesem Sinne zur Beurteilung eines Beschlussgegenstandes erforderlich. Vielmehr muss somit eine gewisse Maßgeblichkeitsschwelle überschritten sein (vgl. OLG Stuttgart, AG 2012, 377, juris Rn. 356; OLG Stuttgart, AG 2011, 73, juris Rn. 511; Siems in Spindler/Stilz, AktG, 2. Aufl., § 131 Rn. 28; Reger in Bürgers/Körber, AktG, 2. Aufl., § 131 Rn. 11; Kubis in Münchener Kommentar, AktG, 34. Aufl., § 131 Rn. 38; ähnlich Decher in Großkommentar, AktG, 4. Aufl., § 131 Rn. 144 [„wesentliches Element für die Beurteilung“]; ebenso Spindler in Schmidt/Lutter, AktG, 2. Aufl., § 131 Rn. 30; Würthwein in Spindler/Stilz, AktG, 2. Aufl., § 243 Rn. 250 [Ausscheiden „unerheblicher“ Informationen]).

22. Das Auskunftsrecht des § 131 AktG dient nicht der allgemeinen Kontrolle der Verwaltung durch die Aktionäre, sondern nur der sachgerechten Ausübung der Mitgliedschaftsrechte im Zusammengang mit der konkreten Tagesordnung (vgl. OLG Stuttgart, AG 2012, 377, juris Rn. 355; Decher in Großkommentar, AktG, 4. Aufl., § 131 Rn. 245).

23. Soweit die Verletzung des Auskunftsrechts im Rahmen der Anfechtung eines Hauptversammlungsbeschlusses geltend gemacht wird, kann nur die unzureichende Erteilung von Auskünften gerügt werden, die gerade zur sachgemäßen Beurteilung des Gegenstands der Tagesordnung erforderlich waren, zu dem der angefochtene Beschluss gefasst wurde (vgl. OLG Stuttgart, AG 2011, 73, juris Rn. 507).

24. Auf unrichtige, unvollständige oder unzureichende Information in der Hauptversammlung über die Ermittlung, Höhe oder Angemessenheit von Ausgleich, Abfindung, Zuzahlung oder über sonstige Kompensationen kann eine Anfechtungsklage nicht gestützt werden (§ 243 Abs. 4 Satz 2 AktG).

25. Inhaltlich hat die Auskunft nach § 131 Abs. 2 Satz 1 AktG den Grundsätzen einer gewissenhaften und getreuen Rechenschaft zu entsprechen. Sie muss demnach vollständig und sachlich zutreffend sein (vgl. OLG Stuttgart, AG 2012, 377, juris Rn. 397 und 405; OLG Stuttgart AG 2011, 73, juris Rn. 606). Ob der Gegenstand der Frage vollständig beantwortet wurde, bestimmt sich nach dem Detaillierungsgrad der Frage, wobei die Antwort umso weniger konkret ausfallen muss je pauschaler die Frage gestellt wird (vgl. OLG Stuttgart, AG 2012, 377, juris Rn. 400; OLG Stuttgart, AG 2011, 73, juris Rn. 607 m.w.N.). Besteht das Informationsbedürfnis des Aktionärs danach fort, muss er dies durch eine erneute, detailliertere Frage kundtun (vgl. OLG Stuttgart, AG 2012, 377, juris Rn. 400; OLG Stuttgart, AG 2005, 94, juris Rn. 47; Hüffer, AktG, 11. Aufl., § 131 Rn. 21; Reger in Bürgers/Körber, AktG, 3. Aufl., § 131 Rn. 17; Spindler in Schmidt/Lutter, AktG, 2. Aufl., § 131 Rn. 63).

26. Der Auskunftsanspruch des Aktionärs wird nur durch eine sachlich zutreffende Auskunft erfüllt (vgl. OLG Stuttgart, AG 2012, 377, juris Rn. 400; OLG Stuttgart, AG 2011, 73, juris Rn. 527; Kubis in Münchener Kommentar, AktG, 3. Aufl., § 131 Rn. 73 und 69; Siems in Spindler/Stilz, AktG, 2. Aufl., § 131 Rn. 69). Richtet sich die Frage auf eine subjektive Einschätzung des Vorstands, kann diesem jedoch nicht entgegen gehalten werden, die von ihm dazu erteilte Auskunft sei objektiv falsch (vgl. OLG Stuttgart, AG 2012, 377, juris Rn. 400; OLG Stuttgart, AG 2011, 73, juris Rn. 571). Kann man über die Richtigkeit einer Aussage geteilter Meinung sein, so genügt der Vorstand seiner Auskunftspflicht im Übrigen grundsätzlich, wenn er die nach seiner Auffassung richtige Auskunft erteilt (Decher in Großkommentar, AktG, 4. Aufl., § 131 Rn. 246).

27. Nach allgemeinen Grundsätzen obliegen dem klagenden Aktionär die Darlegung und gegebenenfalls der Beweis sämtlicher Umstände, die die Anfechtbarkeit des Beschlusses begründen. Hierzu gehört grundsätzlich auch die Verletzung einer Informationspflicht, so dass der klagende Aktionär insbesondere die Beweislast für die Erforderlichkeit der Auskunft und grundsätzlich auch für die Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit der Auskunft trägt (vgl. Würthwein in Spindler/Stilz, 2. Aufl., § 243 Rn. 264 ff.; Hüffer in Münchener Kommentar AktG, 3. Aufl., § 243 Rn. 144 f.). Im Hinblick auf die größere Sachnähe der Gesellschaft betreffend Sachfragen, die sich in ihrer Sphäre abspielen, können insbesondere in Bezug auf die Unrichtigkeit einer Auskunft die Grundsätze der sekundären Darlegungslast Anwendung finden. Diese entbinden allerdings nicht von der Verpflichtung zu schlüssigem Vortrag, weshalb die Anfechtungskläger ihrer Darlegungslast nicht schon durch schlichte Behauptungen genügen. Stattdessen haben sie zumindest ernsthafte Anhaltspunkte für die von ihnen behauptete Unrichtigkeit einer Auskunft aufzuzeigen (vgl. Würthwein in Spindler/Stilz, AktG, 2. Aufl., § 243 Rn 265; Hüffer in Münchener Kommentar AktG, 3. Aufl., § 243 Rn. 148).

28. Nach § 246 Abs. 1 AktG genügt es nicht, dass innerhalb der Frist des § 246 Abs. 1 AktG Klage erhoben wird. Vielmehr müssen innerhalb dieser Frist auch die Gründe, auf welche die Anfechtung gestützt wird, in den Rechtsstreit einführt und zumindest in ihrem wesentlichen tatsächlichen Kern dargelegt werden (BGHZ 120, 141, juris Rn. 42 m.w.N.; BGH, ZIP 2005, 706, juris Rn. 17; BGH, NZG 2010, 618, juris Rn. 3; Hüffer, AktG, 11. Aufl., § 246 Rn. 26 m.w.N.). Die Tatsachen, auf die die Anfechtungsklage gestützt wird, müssen so vorgetragen sein, dass der Streitgegenstand individualisiert und von anderen Anfechtungsgründen abgrenzbar ist (vgl. Dörr in Spindler/Stilz, AktG., 2. Aufl., § 246 Rn. 19). Gründe, die nicht in ihrem Kern bereits innerhalb der Anfechtungsfrist des § 246 Abs. 1 AktG vorgebracht wurden, sind präkludiert und können somit auch nicht mehr nachgeschoben werden (vgl. Hüffer, AktG, 11. Aufl., § 246 Rn. 26 mwN).

29. Auch der Nebenintervenient kann nach Ablauf der Frist des § 246 Abs. 1 AktG keine neuen Anfechtungsgründe mehr vortragen, vielmehr ist der Nebenintervenient mit solchem Vorbringen präkludiert, das beim Anfechtungskläger unter die Ausschlusswirkung des § 246 Abs. 1 AktG fällt (vgl. Hüffer, AktG, 11. Aufl., § 246 Rn. 6).

30. Die Anfechtung eines Hauptversammlungsbeschlusses wegen Informationspflichtverletzungen setzt die konkrete Angabe der angeblich in der Hauptversammlung nicht beantworteten Fragen innerhalb der Frist des § 246 Abs. 1 AktG voraus (vgl. BGH AG 2009, 285, Leitsatz 6 und Rn. 34). Wird die Unrichtigkeit einer erteilten Antwort gerügt, muss auch die Antwort, die der Anfechtungskläger für unrichtig hält, vor Ablauf der Anfechtungsfrist vorgetragen werden (vgl. OLG Stuttgart, AG 2011, 93, juris Rn. 633).

31. Der Gesetzgeber hat bei der Gewichtung der Nachteile der Anfechtungskläger einerseits und der Gesellschaft andererseits bewusst vorgesehen, dass bei Aktionären mit geringer Beteiligung regelmäßig die Abwägung zu Gunsten der Gesellschaft ausfallen wird (BT-Drucks. 16/13098, 42).

32. Die der Gesellschaft drohenden Nachteile sind von der Gesellschaft substantiiert darzulegen und glaubhaft zu machen, die aus Sicht der Antragsgegnerinnen ihnen drohenden Nachteile im Falle der Eintragung von diesen (vgl. Göz in Bürgers/Körber, AktG, § 246a Rn. 4; Dörr in Spindler/Stilz, § 246 a Rn. 32 f.).

33. Auf Seiten der Antragsgegner (Aktionäre) sind nur die Nachteile für sie selbst zu berücksichtigen, nicht hingegen die aller Aktionäre, die gegen den Hauptversammlungsbeschluss gestimmt haben oder nicht an der Hauptversammlung teilnahmen (vgl. Göz in Bürgers/Körber, § 246 a Rn. 4; Hüffer, AktG, 11. Aufl., § 246 a Rn. 21).

34. Ein vorrangiges Vollzugsinteresse kann schon dann zu bejahen sein, wenn ein schützenswertes Aufschubinteresse der Antragsgegner weder dargelegt noch ersichtlich ist (vgl. OLG Stuttgart, AG 2013, 604, juris Rn. 231).

Schlagworte: Abberufung des Versammlungsleiters, Abfindung, Anfechtungsfrist, Anfechtungsgründe, Anfechtungsklage im Sinne der §§ 243 ff AktG, angemessener Ausgleich, Auskunfts-/Einsichts-/Informations-/Kontrollrechte, Beherrschungsvertrag, Darlegungs- und Beweislast, faktischer Konzern, Freigabeverfahren, Gewinnabführungsvertrag, herrschendes Unternehmen, Konzernrecht, Nebenintervention, Nebeninterventionsfrist, Präklusion von Anfechtungsgründen nach Ablauf der Anfechtungsfrist, Redezeitbeschränkung, Spruchverfahren, Unternehmensvertrag, Versammlungsleiter, Vortrag der Anfechtungsgründe im Kern, Wichtiger Grund