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OLG Stuttgart, Beschluss vom 03.02.2015 – 8 W 49/15

§ 2 Abs 2 GmbHG, § 9c Abs 1 S 1 GmbHG, § 11 Abs 2 GmbHG, § 141 S 1 BGB, § 180 S 1 BGB

1. Bei der Gründung einer Einmann-GmbH ist das Handeln eines Vertreters ohne Vertretungsmacht bzw. ohne formgültige Bevollmächtigung nach § 180 S. 1 BGB unwirksam. Eine nachträgliche Genehmigung der Gründungserklärung scheidet aus, weswegen die Erklärung nichtig ist.

2. Die Nichtigkeit der Errichtungserklärung des Einmann-Gründers hat zur Folge, dass auch der Gesellschaftsvertrag insgesamt nichtig ist.

3. Das Wirksamwerden des nichtigen Gesellschaftsvertrages ist mit ex-nunc-Wirkung nur dadurch möglich, dass der Gründer den Vertrag gemäß § 141 S. 1 BGB nachträglich bestätigt. Die Bestätigung bedarf dann wiederum der notariellen Beurkundung.

Es entspricht der ganz herrschenden Meinung, dass das Handeln eines Vertreters ohne Vertretungsmacht bzw. ohne formgültige Bevollmächtigung (§ 2 Abs. 2 GmbHG) bei der Gründung einer Einmann-GmbH nicht genehmigungsfähig und die Gründungserklärung daher nichtig ist. Denn diese erfolgt durch ein einseitiges Errichtungsgeschäft des Gründers. An die Stelle der vertraglichen Einigung tritt die einseitige, nicht empfangsbedürftige Willenserklärung des alleinigen Gründers. Dieser Organisationsakt ist ein einseitiges Rechtsgeschäft und unterliegt den dafür geltenden Vorschriften des BGB. Bei Vornahme durch einen vollmachtlosen bzw. nicht formgültig bevollmächtigten Vertreter ist die Gründung deshalb nach § 180 S. 1 BGB unwirksam. Eine nachträgliche Genehmigung scheitert bereits am Wortlaut des § 180 S. 1 BGB sowie vor allem an dessen Zweck. § 180 BGB dient der notwendigen Rücksichtnahme auf den Erklärungsempfänger. Empfänger der Errichtungserklärung des Einmann-Gründers ist der Rechtsverkehr. Aus seiner Sicht ist die Gründung einer juristischen Person ein wichtiger Vorgang, über dessen Wirksamkeit sogleich Klarheit herrschen muss. Es kann dem Alleingesellschafter nicht gestattet werden, den Gründungsvorgang längere Zeit offen zu halten und die Handlungsfähigkeit der Vor-GmbH, die Handelndenhaftung nach § 11 Abs. 2 GmbHG und die Vorbelastungshaftung des Alleingesellschafters in der Schwebe zu halten. Denn solche Unsicherheiten können sich nachteilig auf die Sicherheit des Rechtsverkehrs auswirken. Zutreffend ist damit davon auszugehen, dass die von dem Vertreter ohne (formgültige) Vertretungsmacht abgegebene Gründungserklärung nichtig ist. Die Nichtigkeit der Errichtungserklärung des Einmann-Gründers hat zur Folge, dass auch der Gesellschaftsvertrag insgesamt nichtig ist. Da die Gesellschaft in einem solchen Fall nicht ordnungsgemäß errichtet wurde, darf der Gesellschaftsvertrag weder von einem Notar beurkundet noch darf die Gesellschaft vom Registergericht eingetragen werden (§ 9c Abs. 1 S. 1 GmbHG). Das Wirksamwerden des nichtigen Gesellschaftsvertrages ist mit ex-nunc-Wirkung nur dadurch möglich, dass der Gründer den Vertrag gemäß § 141 S. 1 BGB nachträglich bestätigt. Die Bestätigung bedarf dann wiederum der notariellen Beurkundung. (Vergleiche hierzu: Grooterhorst NZG 2007, 605; Wachter – der Beteiligte Z. 2 im vorliegenden Verfahren – GmbHR 2003, 660; Fastrich in Baumbach/Hueck, GmbH-Gesetz, 20. Auflage 2013, § 2 GmbHG Rn. 7 und Rn. 22; Roth in Roth/Altmeppen, GmbH-Gesetz, 7. Auflage 2012, § 2 GmbHG Rn. 30; Schilken in Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2014, § 180 BGB Rn. 11; Schramm in Münchener Kommentar zum BGB, 6. Auflage 2012, § 180 BGB Rn. 3; LG Berlin GmbHR 1996, 123; OLG Schleswig, Beschluss vom 4. April 1993, Az. 9 W 26/93, in juris; je m.w.N.; anderer Auffassung: Hasselmann ZIP 2012, 1947, und Dürr GmbHR 2008, 408, denen der Senat jedoch aus den vorgenannten Gründen nicht folgt, sondern sich der herrschenden Meinung anschließt).

Schlagworte: Einmann-Gründung, GmbH § 11, Handelndenhaftung, Handelndenhaftung der Gesellschafter der Vor-GmbH, Handelndenhaftung Geschäftsführer, Vorbelastungshaftung