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OLG Stuttgart, Beschluss vom 11. August 2020 – 20 W 9/20

§ 17 Abs 2 S 1 GVG, § 17a GVG, § 98 Abs 1 AktG, § 21 SEBG, § 25 SEAG, Art 9 Abs 1 SektVO, § 21 FamFG, § 2a Abs 1 Nr 3e ArbGG

1. Für ein Statusverfahren ist der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten und damit die Zuständigkeit des Landgerichts nach § 98 Abs. 1 AktG auch dann eröffnet, wenn ein Aktionär einer dualistisch geprägten SE die gerichtliche Entscheidung über die Zusammensetzung des Aufsichtsrats beantragt, weil er die Wirksamkeit der Änderung einer Beteiligungsvereinbarung gem. § 21 SEAG in Frage stellt.

2. Ist die Frage nach der Wirksamkeit der Änderung der Beteiligungsvereinbarung nicht Gegenstand eines anhängigen Verfahrens vor dem Arbeitsgericht, so ist eine Aussetzung des Statusverfahrens nach § 21 FamFG nicht geboten. Das Landgericht hat diesen Gesichtspunkt als Vorfrage im Statusverfahren zu klären.

Tenor

1. Die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss der 31. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Stuttgart vom 27.1.2020, Az. 31 O 25/18 KfH, wird zurückgewiesen.

2. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

3. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Beschwerdewert: 16.500 €

Gründe

I

Der Antragsteller ist Aktionär der Antragsgegnerin, bei der es sich um eine Gesellschaft in der Rechtsform der „SE“ handelt.

Vor dem 13.11.2007 firmierte die Antragsgegnerin unter „P. Aktiengesellschaft“ und hatte einen nach dem Mitbestimmungsgesetz paritätisch besetzten Aufsichtsrat mit 12 Mitgliedern. Zum 13.11.2007 wurde der gesamte operative Geschäftsbetrieb auf eine Tochtergesellschaft ausgegliedert, die Antragsgegnerin wurde in eine Europäische Aktiengesellschaft umgewandelt. Im Zuge des Formwechsels wurde ein besonderes Verhandlungsgremium gebildet, das mit dem Vorstand eine Mitbestimmungsvereinbarung abschloss. Danach war weiterhin eine paritätische Mitbestimmung des aus 12 Personen bestehenden Aufsichtsrats vorgesehen. Eine Kündigung der Vereinbarung war frühestens zum Ablauf von 10 Jahren nach Inkrafttreten möglich. Lediglich im Falle geplanter struktureller Veränderungen sollten auf Veranlassung des Vorstandes oder des SE-Betriebsrates Verhandlungen über eine Anpassung der Vereinbarung stattfinden.

Bis zum Ablauf der ordentlichen Hauptversammlung der Antragsgegnerin am 30.5.2017 bestand der Aufsichtsrat aus zwölf Mitgliedern und war paritätisch besetzt.

Wohl im Jahr 2016 kündigte der Vorstand der Antragsgegnerin gegenüber dem SE-Betriebsrat an, die Mitbestimmungsvereinbarung zum nächstmöglichen Kündigungszeitpunkt, also zum 22.6.2017 kündigen zu wollen. Daraufhin fanden Verhandlungen zwischen dem Vorstand und dem SE-Betriebsrat statt, die am 1.2.2017 zum Abschluss einer Aussetzungsvereinbarung führten. Ausweislich dieser Vereinbarung sollte die paritätische Besetzung des Aufsichtsrats der Antragsgegnerin mit Wirkung zum Schluss der ordentlichen Hauptversammlung 2017 oder jedenfalls zum nächstmöglichen Zeitpunkt ausgesetzt werden. Ab dem Beendigungszeitpunkt sollte der Aufsichtsrat aus sechs von der Hauptversammlung zu wählenden Mitgliedern bestehen. Die Satzung sollte nach Durchführung des Statusverfahrens gem. §§ 97 ff. AktG entsprechend anzupassen sein.

Am 6.2.2017 veröffentlichte der Vorstand der Antragsgegnerin im Bundesanzeiger eine Bekanntmachung, wonach er der Ansicht sei, dass der Aufsichtsrat ab dem Ablauf der ordentlichen Hauptversammlung 2017 nicht mehr nach den für ihn maßgeblichen Vorschriften zusammengesetzt sei, sondern künftig aus sechs Aufsichtsratsmitgliedern der Anteilseigner bestehe. Der Aufsichtsrat werde wie beschrieben zusammengesetzt, wenn nicht Antragsberechtigte innerhalb eines Monats nach Veröffentlichung gem. § 98 Abs. 1 AktG das zuständige Landgericht anrufen.

Innerhalb der Monatsfrist wurde das Landgericht nicht angerufen.

Die ordentliche Hauptversammlung vom 30.5.2017 beschloss entsprechend der Aussetzungsvereinbarung eine Satzungsänderung dahingehend, dass sich der Aufsichtsrat nur noch aus sechs Mitgliedern der Anteilseigner zusammensetze. Die Satzungsänderung wurde am 6.6.2017 im Handelsregister eingetragen.

Durch eine 2018 beschlossene Satzungsänderung wurde die Zahl der Aufsichtsratsmitglieder auf 10 erhöht.

Am 23.10.2018 teilte der Antragsteller der Antragsgegnerin schriftlich mit, dass er den Aufsichtsrat für falsch besetzt und die Aussetzungsvereinbarung für nichtig halte.

Mit seinem am 2.11.2018 beim Landgericht eingegangenen Antrag begehrt der Antragsteller eine gerichtliche Entscheidung über die Zusammensetzung des Aufsichtsrats der Antragsgegnerin gemäß § 98 Abs. 1, 2 Nr. 3 AktG mit dem Ziel der gerichtlichen Feststellung, dass dieser zur Hälfte mit Arbeitnehmervertretern zu besetzen sei.

Die Antragsgegnerin hat nunmehr die Verweisung des Verfahrens an das Arbeitsgericht Stuttgart und hilfsweise die Aussetzung des Verfahrens und die Gewährung einer Frist beantragt, in der der Antragsteller einen Antrag beim Arbeitsgericht Stuttgart stellen kann.

Mit dem angefochtenen Beschluss vom 27.1.2020, auf den wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhaltes und der Begründung verwiesen wird, hat das Landgericht den Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten für zulässig erklärt und den Antrag der Antragsgegnerin auf Aussetzung des Verfahrens zurückgewiesen.

Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, der Rechtsweg zur ordentlichen Gerichtsbarkeit sei eröffnet. Für die Entscheidung über den verfahrensgegenständlichen Antrag sei gem. Art. 9 Abs. 1 lit. c und Art. 10 SE-VO, § 98 Abs. 1 S. 1 AktG ausschließlich das Landgericht zuständig, in dessen Bezirk die Gesellschaft ihren Sitz habe.

Anderes ergebe sich nicht aus einer fehlenden Vorfragenkompetenz. Es gelte der allgemeine Grundsatz, dass das in der Hauptsache zuständige Gericht Vorfragen aus anderen Rechtsgebieten selbstständig beurteilen dürfe.

§ 2a Abs. 1 Nr. 3e ArbGG weise zwar Angelegenheiten aus dem SE-Beteiligungsgesetz ausschließlich den Arbeitsgerichten zu. Jedoch knüpfe der Begriff der Angelegenheit an den Streitgegenstand des Verfahrens an. Diesen lege der Antragsteller fest. Dieser habe auf Nachfrage klargestellt, er beantrage die Feststellung, dass der Aufsichtsrat zur Hälfte mit Arbeitnehmervertretern zu besetzen sei. Er wolle nicht isoliert die Unwirksamkeit der Aussetzungsvereinbarung gerichtlich feststellen lassen. Das Prüfungsergebnis des angerufenen Gerichts bezüglich der Nichtigkeit der Aussetzungsvereinbarung werde durch die zu treffende Entscheidung nicht in Rechtskraft erwachsen, vielmehr werde nur die Zusammensetzung des Aufsichtsrats rechtskräftig geklärt.

Der Hilfsantrag auf Aussetzung des Verfahrens sei abzuweisen. Eine Aussetzung nach § 21 Abs. 1 S. 1 FamFG setze voraus, dass bereits ein gerichtliches Verfahren anhängig sei. Dies sei vorliegend nicht der Fall. Fraglich sei im Übrigen, ob der Antragsteller in einem etwaigen arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren nach § 2a Abs. 1 Nr. 3e ArbGG antragsberechtigt sei.

Mit ihrer Beschwerde begehrt die Antragsgegnerin weiterhin die Verweisung des Rechtsstreits an das Arbeitsgericht und hilfsweise die Aussetzung des Verfahrens.

Sie macht geltend, dass in Ansehung der Zulässigkeit einer Mitbestimmungsvereinbarung gem. § 2a Abs. 1 Nr. 3e ArbGG die Arbeitsgerichte ausschließlich zuständig seien. Über die Zulässigkeit des vereinbarten Mitbestimmungsmodells könne nur innerhalb einer Gerichtsbarkeit entschieden werden, den ordentlichen Gerichten komme eine solche Zuständigkeit im Statusverfahren auch nicht im Sinne einer Parallelzuständigkeit zu. Im Falle paralleler Prüfungskompetenzen ergebe sich eine unauflösbare Kompetenzkollision. Die zuerst getroffene rechtskräftige Entscheidung würde den Ausgang des jeweils anderen Verfahrens determinieren. Eine Feststellung der (Un-)Wirksamkeit der Mitbestimmungsvereinbarung durch das Arbeitsgericht binde infolge der materiellen Rechtskraft der Entscheidung auch Dritte und sei im Statusverfahren bindend zu beachten. Umgekehrt lasse der rechtskräftige Abschluss eines gerichtlichen Statusverfahrens, in dem auch um die Frage der Zulässigkeit des in der Mitbestimmungsvereinbarung festgelegten Mitbestimmungsmodells gestritten werde, das Rechtsschutzbedürfnis für ein arbeitsgerichtliches Beschlussverfahren entfallen. Demgemäß habe eine Entscheidungsbefugnis der ordentlichen Gerichtsbarkeit über die Vorfrage der Zulässigkeit der Mitbestimmungsvereinbarung zur Folge, dass es vom Zufall abhänge, von welcher Gerichtsbarkeit über die Zusammensetzung des Aufsichtsrats entschieden werde. Eine solche Alternativität der Rechtswegzuständigkeiten widerspreche dem Grundsatz des gesetzlichen Richters.

Die Kompetenzkollision sei aufgrund der ausschließlichen Zuständigkeitsbestimmung des § 2a Abs. 1 Nr. 3e ArbGG zugunsten der Arbeitsgerichte aufzulösen. Die Zulässigkeitsvoraussetzungen einer Mitbestimmungsvereinbarung seien in § 21 SEBG geregelt und seien daher von der Zuständigkeitszuweisung in § 2a Abs. 1 Nr. 3e ArbGG erfasst. Im Rahmen der Rückausnahmen werde § 21 SEBG nicht genannt. Dem entsprechend gehe das LAG Baden-Württemberg und ihm folgend das ArbG Mannheim davon aus, dass ausschließlich die Arbeitsgerichte die Zulässigkeit des in der Mitbestimmungsvereinbarung festgelegten Mitbestimmungsmodells überprüfen könnten. Auch die überwiegende Auffassung in der Literatur gehe davon aus, dass ein Streit über die Zulässigkeit einer Beteiligungsvereinbarung ausschließlich im Beschlussverfahren vor den Arbeitsgerichten auszutragen sei. Die Prüfungsbefugnis der Arbeitsgerichte sei nicht auf Arbeitnehmerwahlen und -abberufungen begrenzt.

Eine teleologische Reduktion des § 2a Abs. 1 Nr. 3e ArbGG zugunsten einer Prüfungsbefugnis der ordentlichen Gerichte komme nicht in Betracht. Es sei anerkannt, dass in einem Statusverfahren die Zusammensetzung des Aufsichtsrats nur überprüft werden könne, sofern diese Zusammensetzung gerade durch das Gesetz bindend vorgegeben werde. Werde die Zusammensetzung des Aufsichtsrats hingegen aufgrund einer freiwilligen Satzungsänderung geändert, sei das Statusverfahren nach ganz h.M. nicht anwendbar. Dieser Ausschluss des Statusverfahrens sei auf den vorliegenden Fall zu übertragen. Im Falle einer freiwillig mitbestimmten SE sei die Wirksamkeit der Beteiligungsvereinbarung im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren zu überprüfen. Auch die Systematik des § 2a Abs. 1 ArbGG bestätige, dass die ordentlichen Gerichte nur dann für die Prüfung des Mitbestimmungsmodells zuständig seien, wenn sich dessen Anwendungsvoraussetzungen unmittelbar aus dem Gesetz ergäben. So sei lediglich in § 2a Abs. 1 Nr. 3 ArbGG die Einschränkung auf Wahlen und Abberufungen enthalten. Demgegenüber folge die Verteilung der gerichtlichen Zuständigkeit in § 2a Abs. 1 Nr. 3f und 3g ArbGG derselben Systematik wie in § 2a Abs. 1 Nr. 3e ArbGG. Demnach seien die Arbeitsgerichte insbesondere für Verfahren zuständig, die die Zulässigkeit und Wirksamkeit von Beteiligungsvereinbarungen beträfen. Schließlich stehe einer teleologischen Reduktion entgegen, dass die ausschließliche Zuständigkeit der Arbeitsgerichte mit Blick auf den Umfang der Rechtskraft der Entscheidung einen effektiveren Rechtsschutz ermögliche als eine Entscheidung im Statusverfahren.

Die Entscheidung des BGH vom 23.7.2019 (II ZR 20/18) sei nicht einschlägig, da im zugrundeliegenden Fall eine Vereinbarung über die Arbeitnehmerbeteiligung nicht geschlossen worden sei. Der Aufsichtsrat sei auf Grundlage der gesetzlichen Auffangregelung in §§ 34, 35 SEBG zusammengesetzt gewesen, insofern stehe die Kompetenz der ordentlichen Gerichte zur Überprüfung des Mitbestimmungsmodells der SE nicht in Rede. Auch der Beschluss des LG Nürnberg-Fürth vom 8.2.2010 sei nicht einschlägig, ebenso wenig der Beschluss des LG Frankfurt am Main vom 21.12.2017. Auch aus der vom Landgericht zitierten Rechtsprechung des BAG vom 16.4.2008 ergebe sich nichts anderes, diese betreffe nicht die SE, sondern lediglich das deutsche Mitbestimmungsrecht. Abgesehen hiervon werde in der Entscheidung gerade ausgeführt, dass es vom Gesetzgeber als unerwünscht erachtet werde, wenn sowohl die Arbeitsgerichte als auch die ordentlichen Gerichte über dieselbe Rechtsfrage zu befinden hätten.

Als Konsequenz könne nicht im streitgegenständlichen Statusverfahren über die Zulässigkeit der Aussetzungsvereinbarung entschieden werden. Entweder sei das Verfahren an das Arbeitsgericht Stuttgart zu verweisen oder das Verfahren sei auszusetzen. Bei der Frage der Wirksamkeit der Aussetzungsvereinbarung handle es sich um die einzige und damit um die streitentscheidende Frage. In diesem Fall sei eine Kompetenz des erkennenden Gerichts zur Prüfung rechtswegfremder Vorfragen nicht gegeben. Ein wichtiger Grund, der eine Aussetzung rechtfertige, liege auch vor, wenn noch kein anderes Verfahren anhängig sei. Darüber, ob der Antragsteller im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren antragsbefugt sei, hätten ausschließlich die Arbeitsgerichte zu befinden.

II

Die gem. § 17a Abs. 4 S. 3 GVG iVm §§ 567 ff. ZPO (Verweisungsantrag) bzw. gem. § 21 Abs. 2 FamFG iVm §§ 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO (Aussetzungsantrag) statthafte und auch im Übrigen zulässige sofortige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.

Zu Recht und mit zutreffender Begründung, auf die Bezug genommen wird, hat das Landgericht den Verweisungsantrag und den Aussetzungsantrag der Antragsgegnerin abgewiesen. Das Beschwerdevorbringen rechtfertigt keine andere Betrachtungsweise.

1. Für das vorliegende Verfahren ist nicht der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten, sondern der Rechtsweg zur ordentlichen Gerichtsbarkeit gegeben.

Der Antragsteller begehrt eine gerichtliche Entscheidung über die Zusammensetzung des Aufsichtsrats im Statusverfahren nach § 98 AktG. Für diesen Streitgegenstand ist gem. § 98 Abs. 1 AktG, der über Art. 9 Abs. 1 lit. c (II) SE-VO auch auf die Europäische Gesellschaft anwendbar ist (Habersack in MüKoAktG 5. Aufl. § 97 Rn. 4; Hopt/Roth in Hirte/Mülbert/Roth GroßKommAktG 5. Aufl. § 97 Rn. 30), das Landgericht zuständig, weshalb der Rechtsweg zur ordentlichen Gerichtsbarkeit eröffnet ist (vgl. auch § 17 Abs. 4 SEAG).

Für den Rechtsweg nicht von Relevanz ist die Frage, ob der Anwendungsbereich des Statusverfahrens gem. § 98 AktG eröffnet ist. Wäre diese Frage zu verneinen, so wäre der Antrag als unzulässig abzuweisen (vgl. OLG HamburgBitte wählen Sie ein Schlagwort:
OLG
OLG Hamburg
Beschluss vom 26.8.1988 – 11 W 53/88 – ZIP 1988, 1191, 1193). Auch hierfür wären nicht die Arbeitsgerichte, sondern das Landgericht zuständig.

2. Von einer Aussetzung des Verfahrens gem. § 21 FamFG hat das Landgericht ebenfalls zu Recht abgesehen. Dies gilt unabhängig davon, ob der Anwendungsbereich des Statusverfahrens eröffnet ist.

a) Sollte der Anwendungsbereich des Statusverfahrens gem. § 98 AktG nicht eröffnet sein, so ist der Antrag des Antragstellers abweisungsreif. Eine Aussetzung des Verfahrens gem. § 21 FamFG kommt in diesem Fall von vornherein nicht in Betracht.

Allerdings dürfte das Landgericht zu Recht von der Anwendbarkeit des Statusverfahrens ausgegangen sein.

aa) Ist streitig oder ungewiss, nach welchen gesetzlichen Vorschriften der Aufsichtsrat zusammenzusetzen ist, so entscheidet darüber gem. § 98 Abs. 1 AktG auf Antrag ausschließlich das Landgericht, in dessen Bezirk die Gesellschaft ihren Sitz hat.

Demgegenüber sind die Arbeitsgerichte gem. § 2a Abs. 1 Nr. 3e ArbGG ausschließlich zuständig für Angelegenheiten aus dem SE-Beteiligungsgesetz mit Ausnahme der §§ 45 und 46 und nach den §§ 34 bis 39 nur insoweit, als die wahl von Vertretern der Arbeitnehmer in das Aufsichts- oder Verwaltungsorgan oder deren Abberufung mit Ausnahme der Abberufung nach § 103 Abs. 3 AktG zu entscheiden ist.

Das Statusverfahren ist für die Frage eröffnet, ob die Zusammensetzung des Aufsichtsrats den Regeln des § 96 Abs. 1 AktG entspricht. Bei mitbestimmten Unternehmen kommt das Statusverfahren auch dann zum Zuge, wenn beispielsweise infolge einer Veränderung der Arbeitnehmerzahl der Aufsichtsrat in seiner Größe verändert wird (Mertens/Cahn in KöKoAktG 3. Aufl. §§ 97-99 Rn. 44; Hüffer/Koch AktG 14. Aufl. § 97 Rn. 3). Demnach können Zweifelsfragen und Fehlbeurteilungen hinsichtlich der gesetzlichen Grundlagen der Zusammensetzung des Aufsichtsrats, insbesondere hinsichtlich des mitbestimmungsrechtlichen Status der Aktiengesellschaft, nur im Statusverfahren geklärt werden (Hüffer/Koch AktG 14. Aufl. § 96 Rn. 1).

Hingegen ist das Statusverfahren nicht anwendbar, wenn im Wege einer freiwilligen, nicht durch das Gesetz gebotenen Satzungsänderung die Größe des Aufsichtsrats modifiziert wird (OLG HamburgBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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OLG Hamburg
Beschluss vom 26.8.1988 – 11 W 53/88 – ZIP 1988, 1191; Mertens/Cahn in KöKoAktG 3. Aufl. §§ 97-99 Rn. 44; Hopt/Roth in Hirte/Müller/Roth GroßKommAktG 5. Aufl. § 97 Rn. 13; § 98 Rn. 19; Hüffer/Koch AktG 14. Aufl. § 97 Rn. 3; Spindler in Spindler/Stilz AktG 4. Aufl. § 97 Rn. 8; Tomasic in Grigoleit AktG 2013 § 97 Rn. 2; aA BAG Beschluss vom 3.10.1989 – 1 ABR 12/88 – juris Rn. 37).

Die ausschließliche Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte für das Statusverfahren bezieht sich nur auf die Zusammensetzung und die Größe des Aufsichtsrats. Demgegenüber sind die Arbeitsgerichte im Beschlussverfahren befugt, über sonstige gesellschafts- und konzernrechtliche, das Wahlrecht der Arbeitnehmer zum Aufsichtsrat und dessen personelle Zusammensetzung betreffende Vorfragen zu entscheiden (Mertens/Cahn in KöKoAktG 3. Aufl. §§ 97-99 Rn. 45 mwN, auch zur Gegenauffassung).

bb) In Anwendung dieser Grundsätze ist vorliegend das Statusverfahren eröffnet. Bei der Beteiligungsvereinbarung handelt es sich um eine eigenständige Rechtsquelle mit normativer Wirkung, die nicht mit einer Satzungsbestimmung gleichgesetzt werden kann (Henssler in Habersack/Henssler Mitbestimmungsrecht 4. Aufl. § 21 SEBG Rn. 78). Rechtliche Grundlage der Zusammensetzung des Aufsichtsrats im Sinne des § 98 AktG ist demnach nicht nur das Gesetz, sondern auch eine Beteiligungsvereinbarung (OLG MünchenBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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Beschluss vom 26.3.2020 – 31 Wx 278/18 – juris Rn. 28 f.).

(1) Zwar sind für Streitigkeiten über die Wirksamkeit der Beteiligungsvereinbarung und für ihre Durchsetzung grundsätzlich gem. § 2a Abs. 1 Nr. 3e ArbGG die Arbeitsgerichte zuständig (Henssler in Habersack/Henssler Mitbestimmungsrecht 4. Aufl. § 21 SEBG Rn. 76; Hohenstatt/Müller-Bonanni in Habersack/Drinhausen SE-Recht 2. Aufl. § 21 SEBG Rn. 37; Kienast in Jannott/Frodermann Handbuch der Europäischen Aktiengesellschaft 2. Aufl. Kap. 13 Rn. 399, 416; MüKoAktG/Jacobs 4. Aufl. § 21 SEBG Rn. 59; Schwab/Weth in Schwab/Weth ArbGG 5. Aufl. § 2a Rn. 106; Bungert/Gotsche ZIP 2013, 649, 650; a.A. Hopt/Roth in Hirte/Mülberg/Roth GroßKommAktG 5. Aufl. § 97 Rn. 30, wonach zur Klärung der Wirksamkeit einer Beteiligungsvereinbarung generell ein Statusverfahren durchzuführen ist).

(2) Anderes gilt jedoch, sobald durch den Streit über die Wirksamkeit der Vereinbarung gem. § 21 SEBG die Zusammensetzung des Aufsichtsrats in Frage gestellt wird. In diesem Fall ist alleine das Statusverfahren gem. §§ 97 ff. AktG maßgeblich (OLG MünchenBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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Beschluss vom 26.3.2020 – 31 Wx 278/18 – juris Rn. 24 ff.; Henssler in Habersack/Henssler Mitbestimmungsrecht 4. Aufl. § 21 SEBG Rn. 77, 79 f.; Hopt/Roth in Hirte/Mülberg/Roth GroßKommAktG 5. Aufl. § 97 Rn. 30 mwN, auch zur Gegenauffassung; MüKoAktG/Jacobs 4. Aufl. § 21 SEBG Rn. 59, § 35 SEGB Rn. 28; Seibt ZIP 2010, 1057, 1064; vgl. auch Hohenstatt/Müller-Bonanni in Habersack/Drinhausen SE-Recht 2. Aufl. § 35 SEBG Rn. 14; a.A. LAG Baden-Württemberg Beschluss vom 19.6.2017 – 19 Ta 10/17 – juris Rn. 33; Löw/Stolzenberg NZA 2016, 1489, 1493 f.). Das Statusverfahren dient auch der Anpassung an die vertraglichen Vorschriften der Beteiligungsvereinbarung (Henssler in Habersack/Henssler Mitbestimmungsrecht 4. Aufl. § 21 SEBG Rn. 77; MüKoAktG/Jacobs 4. Aufl. § 21 SEBG Rn. 59, § 35 SEGB Rn. 28). Insbesondere ist das Statusverfahren anwendbar, wenn – wie im vorliegenden Fall – die nachträgliche Änderung der Beteiligungsvereinbarung im Zuge von Neuverhandlungen in Rede steht (Henssler in Habersack/Henssler Mitbestimmungsrecht 4. Aufl. § 21 SEBG Rn. 77, 79 f.).

(3) Eine andere Betrachtungsweise ist nicht deshalb gerechtfertigt, weil in § 2a Abs. 1 Nr. 3e ArbGG nur Angelegenheiten nach den §§ 34 bis 39 SEBG ausdrücklich von der Zuständigkeit der Arbeitsgerichte ausgenommen werden, während § 21 SEBG keine Erwähnung findet (so LAG Baden-Württemberg Beschluss vom 19.6.2017 – 19 Ta 10/17 – juris Rn. 31).

Nach § 34 Abs. 1 SEBG finden die Regelungen über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer kraft Gesetzes nach den §§ 35 bis 38 SEBG Anwendung, wenn die Voraussetzungen des § 22 SEBG vorliegen, also gem. § 22 Abs. 1 Nr. 1 SEBG insbesondere dann, wenn die Parteien dies vereinbart haben (§ 21 Abs. 5 SEBG). Vor diesem Hintergrund wird § 21 SEBG von den Ausnahmen in § 2a Abs. 1 Nr. 3e ArbGG umfasst.

Würde man dies anders sehen, hätten über die ordnungsgemäße Zusammensetzung des Aufsichtsrats im Fall der Auffangregelung gem. §§ 34, 35 SEBG die ordentlichen Gerichte im Statusverfahren und im Fall der Beteiligungsvereinbarung nach § 21 SEBG bei der dualistischen SE die Arbeitsgerichte im Beschlussverfahren zu entscheiden, während bei der monistischen SE wiederum die ordentlichen Gerichte im Statusverfahren zu befinden hätten (vgl. dazu nachfolgend (4)). Ein sachlicher Grund für eine derartige Aufspaltung des Rechtsschutzes bezüglich derselben Fragestellung ist nicht ersichtlich (OLG MünchenBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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Beschluss vom 26.3.2020 – 31 Wx 278/18 – juris Rn. 29; vgl. auch Seibt ZIP 2010, 1057, 1064).

(4) Für eine Anwendbarkeit des Statusverfahrens auf Streitigkeiten über die Zusammensetzung des Aufsichtsrats auf der Grundlage einer Beteiligungsvereinbarung spricht auch die gesetzliche Regelung der §§ 25 Abs. 1, 26 Abs. 1  für die monistische SE. Danach ist ein Streit über die korrekte Zusammensetzung des Verwaltungsrats in einem Statusverfahren zu klären, das dem aktienrechtlichen Statusverfahren gem. §§ 97 ff. AktG entspricht. Nach § 25 Abs. 1 SEAG kann auch die Übereinstimmung mit den „maßgeblichen vertraglichen“ Vorschriften überprüft werden, wobei die Mitbestimmungsvereinbarung iSd § 21 SEBG gemeint ist (§ 24 Abs. 1 SEAG; vgl. auch Eberspächer in Spindler/Stilz AktG 4. Aufl. Art. 43 SE-VO Rn. 30; Teichmann in Lutter/Hommelhoff/Teichmann SE Kommentar 2. Aufl. Anh. Art. 43 SE-VO § 25 SEAG Rn. 3).

Im Übrigen hat auch die Beteiligungsvereinbarung ihre Grundlage im Gesetz, was insbesondere in der Regelung zum Mindeststandard der Mitbestimmung in § 21 Abs. 6 SEBG zum Ausdruck kommt (OLG MünchenBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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Beschluss vom 26.3.2020 – 31 Wx 278/18 – juris Rn. 29). Die Antragsgegnerin selbst führt in ihrer Beschwerdebegründung aus (GA 170), dass vorliegend über die Anwendbarkeit des Verschlechterungsverbots gem. § 21 Abs. 6 S. 1 SEBG gestritten wird, in letzter Konsequenz also die Frage streitentscheidend ist, ob bei der Zusammensetzung des Aufsichtsrats die gesetzliche Vorschrift des § 21 Abs. 6 S. 1 SEBG zu beachten ist.

(5) Weiter spricht eine Parallele zur mitbestimmten deutschen Aktiengesellschaft für eine Anwendbarkeit des Statusverfahrens in der vorliegenden Konstellation.

α) Auch bei der deutschen Aktiengesellschaft stellt sich die Frage nach der Abgrenzung zwischen dem Statusverfahren einerseits und dem arbeitsgerichtlichen Verfahren nach § 2a Abs. 1 Nr. 3 ArbGG andererseits. Insofern ist allgemein anerkannt, dass im Rahmen des Statusverfahrens über die grundsätzliche Größe und Zusammensetzung des Aufsichtsrats entschieden wird, während Fragen der personellen Zusammensetzung, der Wahlberechtigung etc. den Arbeitsgerichten vorbehalten sind, wobei letztere an die grundsätzliche Entscheidung im Rahmen des Statusverfahrens gebunden sind (BAG Urteil vom 16.4.2008 – 7 ABR 6/07 – juris Rn. 13; OLG MünchenBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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Beschluss vom 26.3.2020 – 31 Wx 278/18 – juris Rn. 26 mwN; Spindler in Spindler/Stilz AktG 4. Aufl. 2019 § 98 Rn. 2).

β) Für die Vertretung der Arbeitnehmer in den Aufsichtsorganen der Europäischen Gesellschaft gelten dieselben Grundsätze wie für die mitbestimmten deutschen Gesellschaften. Nicht nur im Rahmen der Auffangregelung der §§ 34 ff. SEBG, sondern auch im Falle des Vorliegens einer Mitbestimmungsvereinbarung ist die Zuständigkeit der Arbeitsgerichte nur gegeben, sofern die wahl oder die Abberufung von Arbeitnehmervertretern oder prozedurale Fragen im Zusammenhang mit der Unternehmensmitbestimmung in Rede stehen (OLG MünchenBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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Beschluss vom 26.3.2020 – 31 Wx 278/18 – juris Rn. 24, 26; Poeche in BeckOK Arbeitsrecht Stand 1.9.2019 § 2a ArbGG Rn. 14; MüKoAktG/Jacobs 4. Aufl. § 35 SEBG Rn. 28; Hohenstatt/Müller-Bonanni in Habersack/Drinhausen SE-Recht 2. Aufl. § 21 SEBG Rn. 37; Schlewing in Germelmann/Matthes/Prütting ArbGG 9. Aufl. § 2a Rn. 80).

γ) Eine abweichende Betrachtungsweise wird nicht durch den Umstand gerechtfertigt, dass in § 2a Abs. 1 Nr. 3 ArbGG die Zuständigkeit der Arbeitsgerichte in Angelegenheiten nach dem Mitbestimmungsgesetz ausdrücklich auf die Entscheidung über die wahl und die Abberufung von Arbeitnehmervertretern in den Aufsichtsrat beschränkt wird, während § 2a Nr. 3e ArbGG – ebenso wie § 2a Nr. 3f ArbGG und § 2a Nr. 3g ArbGG – weiter gefasst ist.

Vielmehr folgt insbesondere aus der Gesetzesbegründung zum SEAG, dass für die SE nichts anderes gilt als für die deutsche Aktiengesellschaft. So heißt es bezüglich der Änderung des § 2a ArbGG für Angelegenheiten aus dem SE-Beteiligungsgesetz: „wie nach Nr. 3“ (BT-Drucks. 15/3405 S. 58; OLG MünchenBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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Beschluss vom 26.3.2020 – 31 Wx 278/18 – juris Rn. 28). In Bezug auf die monistisch organisierte SE ist in der Gesetzesbegründung zu § 24 SEAG hinsichtlich des Verwaltungsrats zudem davon die Rede, dass Zweifelsfragen bezüglich der rechtlichen Grundlage der Zusammensetzung nur im Statusverfahren nach §§ 25 und 26 SEAG geklärt werden können (BT-Drucks. 15/3405 S. 37; OLG MünchenBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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Beschluss vom 26.3.2020 – 31 Wx 278/18 – juris Rn. 28). Ausweislich der Gesetzesbegründung zu § 26 SEAG folgt diese Vorschrift weitgehend dem Vorbild in § 98 AktG (BT-Drucks. 15/3405 S. 37).

(6) Schließlich geht die Antragsgegnerin selbst davon aus, dass ein außergerichtliches Statusverfahren gem. Art. 9 SE-VO iVm § 97 Abs. 1 AktG stattzufinden habe (vgl. S. 18 des Schriftsatzes vom 28.6.2019, GA 125). Auch in § 97 Abs. 1 AktG ist indes von den „maßgebenden gesetzlichen Vorschriften“ die Rede, eine unterschiedliche Behandlung des außergerichtlichen und des gerichtlichen Statusverfahrens ist nicht angebracht.

b) Auch wenn der Anwendungsbereich des Statusverfahrens demnach eröffnet sein dürfte, wäre nicht zu beanstanden, dass das Landgericht von einer Aussetzung des Verfahrens gem. § 21 FamFG abgesehen hat.

aa) Gem. § 21 Abs. 1 S. 1 FamFG kann das Gericht das Verfahren aus wichtigem Grund aussetzen, insbesondere wenn die Entscheidung ganz oder zum Teil von dem Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses abhängt, das Gegenstand eines anderen anhängigen Verfahrens bildet oder von einer Verwaltungsbehörde festzustellen ist.

Die in § 21 Abs. 1 S. 1 FamFG als Regelbeispiel (vgl. dazu Burschel in BeckOKFamFG Stand 1.7.2020 § 21 Rn. 13) vorgesehene Vorgreiflichkeit erfordert, dass das weitere Verfahren anhängig ist, zudem darf es seinerseits nicht ausgesetzt sein. Unzulässig ist damit eine Aussetzung, wenn sie zu dem Zweck erfolgt, die Klärung eines präjudiziellen Rechtsverhältnisses durch die Beteiligten in einem erst anhängig zu machenden Verfahren herbeizuführen; über die Vorfrage muss das Gericht in dem anhängigen Verfahren vielmehr selbst entscheiden (Keidel/Sternal FamFG 20. Aufl. § 21 Rn. 10 mwN; MüKoFamFG/Pabst 3. Aufl. § 21 Rn. 11). Eine Aussetzung kann nicht mit der Aufforderung an die Beteiligten verbunden werden, das präjudizielle Rechtsverhältnis zunächst vor dem anderen Fachgericht klären zu lassen, d.h. dort ein Verfahren herbeizuführen, bevor das (Haupt-)Verfahren weitergeführt wird (Ahn-Roth in Prütting/Helms FamFG 5. Aufl. 2020 § 21 FamFG Rn. 9a; Burschel in BeckOKFamFG Stand 1.7.2020 § 21 Rn. 12).

Auch wenn die Voraussetzungen der Vorgreiflichkeit nicht gegeben sind, kann eine Aussetzung aus einem sonstigen wichtigen Grund angezeigt sein. Insbesondere ist eine Aussetzung des Verfahrens dann erforderlich, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits vom Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses abhängt, das nur vom Gericht eines anderen Rechtswegs festgestellt werden kann. In diesem Fall hat das Gericht das Verfahren auszusetzen, um dem Beteiligten Gelegenheit zu geben, das Bestehen des Rechtsverhältnisses vom Gericht des anderen Rechtsweges feststellen zu lassen. Das Ermessen des über die Aussetzung zu befindenden Gerichts ist dann auf Null reduziert (BGH Urteil vom 11.1.1955 – I ZR 106/53 – juris Rn. 24 ff. zu § 148 ZPO; BVerwG Urteil vom 12.2.1987 – 3 C 22/86 – juris Rn. 35 ff., 38 ff. zu § 94 VwGO, jeweils zur Aufrechnung mit rechtswegfremden Gegenforderungen; vgl. auch BayVGH Beschluss vom 9.4.2003 – 20 CS 03.525 – juris Rn. 15 mit kritischer Kommentierung Rudisile in Schoch/Schneider/Bier VwGO Stand Juli 2019 § 94 VwGO Rn. 53 Rn. 124).

bb) Die vorstehend genannten Voraussetzungen eines wichtigen Grundes sind vorliegend nicht erfüllt. Dem Landgericht kommt eine Vorfragenkompetenz hinsichtlich der streitentscheidenden Fragen zu, weshalb vor einer Anhängigkeit eines entsprechenden arbeitsgerichtlichen Verfahrens keine Aussetzung in Betracht kommt.

(1) Gem. § 17 Abs. 2 S. 1 GVG entscheidet das Gericht des zulässigen Rechtswegs den Rechtsstreit unter allen in Betracht kommenden Gesichtspunkten. Hieraus folgt insbesondere, dass dem angerufenen Gericht eine Vorfragenkompetenz hinsichtlich solcher Fragen zukommt, die der Sache nach in die Rechtswegzuständigkeit einer anderen Gerichtsbarkeit fallen (Ehlers in Schoch/Schneider/Bier VwGO Stand Juli 2019 § 17 GVG Rn. 32; Kissel NZA 1995, 345, 355; MüKoZPO/Zimmermann 5. Aufl. § 17 GVG Rn. 13). Dass es vom Zufall der zeitlich ersten Verfahrenseinleitung abhängen kann, von welcher Gerichtsbarkeit über eine (Vor)frage entschieden wird, ist notwendige und daher hinzunehmende Konsequenz der in § 17 Abs. 2 S. 1 GVG eingeräumten Vorfragenkompetenz. Der gesetzliche Richter wird den Beteiligten insofern nicht entzogen.

(2) Dem entsprechend hat das Landgericht im Statusverfahren auch die Vorfragenkompetenz hinsichtlich arbeitsrechtlicher Vorfragen, sofern von diesen Vorfragen die Zusammensetzung des Aufsichtsrats abhängt (Hopt/Roth in Hirte/Mülbert/Roth GroßKommAktG 5. Aufl. § 98 Rn. 21; MüKoAktG/Habersack 5. Aufl. § 98 Rn. 11). Dies gilt insbesondere im Hinblick auf Vorfragen, die die Beteiligungsvereinbarung betreffen (Henssler in Habersack/Henssler Mitbestimmungsrecht 4. Aufl. § 21 SEBG Rn. 80). Demnach muss das Landgericht weder eine arbeitsgerichtliche Entscheidung abwarten noch sein Verfahren aussetzen (Hopt/Roth in Hirte/Mülbert/Roth GroßKommAktG 5. Aufl. § 98 Rn. 21). Dies gilt umso mehr, als die Antragsbefugnisse des arbeitsgerichtlichen Verfahrens und des Statusverfahrens abweichend geregelt sind, weshalb die Verfahrensbeteiligten durch eine Aussetzung rechtsschutzlos gestellt werden könnten (vgl. Hopt/Roth in Hirte/Mülbert/Roth GroßKommAktG 5. Aufl. § 98 Rn. 20 zur umgekehrten Fragestellung einer Aussetzung durch die Arbeitsgerichte).

(3) Anderes ergibt sich nicht daraus, dass nach einer in der Literatur vertretenen Auffassung keine Rechtswegzuständigkeit und mithin auch keine Vorfragenkompetenz besteht, wenn die rechtswegfremde Vorfrage in Wirklichkeit Hauptfrage ist (vgl. Ehlers in Schoch/Schneider/Bier VwGO Stand Juli 2019 § 17 GVG Rn. 32, § 40 VwGO Rn. 215; Sodan in Sodan/Ziekow VwGO 5. Aufl. § 40 Rn. 277, jeweils unter Verweis auf BGH Urteil vom 12.7.1967 – V ZR 61/64 – juris Rn. 6). Abgesehen davon, dass vorliegend die Rechtswegzuständigkeit der ordentlichen Gerichte bereits aus § 98 Abs. 1 AktG folgt (vgl. vorstehend II 1), ist die von der Antragsgegnerin referierte (vgl. S. 29 der Beschwerdebegründung, GA 195) Auffassung hier nicht einschlägig. Der Auffassung liegt zugrunde, dass es eine missbräuchliche Rechtswegerschleichung darstellt, wenn ein vor den ordentlichen Gerichten geltend gemachter, auf bürgerlich-rechtliche Anspruchsgrundlagen gestützter Anspruch auf die Aufhebung eines Verwaltungsakts zielt (vgl. BGH Urteil vom 12.7.1967 – V ZR 61/64 – juris Rn. 6).

c) Abschließend wird darauf hingewiesen, dass die Antragsgegnerin selbst das Arbeitsgericht hätte anrufen können, sofern sie der Auffassung war, ein Beschlussverfahren unter Beteiligung des Antragstellers sei dort zulässig.

III

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Den Beschwerdewert schätzt der Senat auf (gerundet) 1/3 des Hauptsachewerts (vgl. OLG KarlsruheBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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OLG Karlsruhe
Beschluss vom 19.9.2019 – 9 W 32/19 – juris Rn. 79; OLG Sachsen-Anhalt Beschluss vom 26.10.2018 – 12 W 64/18 – juris Rn. 21 f.). Der Wert der Hauptsache beträgt gem. § 75 GNotKG in Ermangelung von Anhaltspunkten 50.000 €.

Die Rechtsbeschwerde ist nicht zuzulassen.

1. Entgegen der Auffassung der Beschwerde ist die Rechtsbeschwerde nicht wegen Divergenz insbesondere zur Rechtsprechung des LAG Baden-Württemberg zuzulassen.

In Ansehung der Entscheidung über den Rechtsweg ist der Zulassungsgrund der Divergenz bereits deshalb nicht gegeben, weil § 17a Abs. 4 S. 5 Alt. 2 GVG als Zulassungsgrund lediglich die Abweichung von der Entscheidung eines obersten Gerichtshofes des Bundes oder des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes nennt, nicht jedoch die Abweichung von der Entscheidung des Gerichts eines Landes.

Abgesehen hiervon ist eine Divergenz auch deshalb zu verneinen, weil die vom LAG Baden-Württemberg vertretene Auffassung, wonach § 2 Abs. 1 Nr. 3e ArbGG in Ansehung der Arbeitnehmerbeteiligung nach dem SEBG die speziellere Vorschrift sein soll (LAG Baden-Württemberg Beschluss vom 19.6.2017 – 19 Ta 10/17 – juris Rn. 34), für die Entscheidung des LAG Baden-Württemberg nicht tragend ist.

Auch in Ansehung der Entscheidung über den Aussetzungsantrag ist der Zulassungsgrund der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung gem. § 574 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 ZPO nicht gegeben. Der vorstehend genannte Beschluss des LAG Baden-Württemberg vom 19.6.2017 betrifft nicht die vorliegende Konstellation. Vielmehr hatte das LAG Baden-Württemberg darüber zu befinden, welcher Rechtsweg für die Geltendmachung eines gewerkschaftlichen Unterlassungsanspruchs gegeben ist. Zudem stand nicht eine (beabsichtigte) Änderung der Beteiligungsvereinbarung gem. § 21 SEBG, sondern eine vorzuschlagende Satzungsänderung in Rede (vgl. LAG Baden-Württemberg Beschluss vom 19.6.2017 – 19 Ta 10/17 – juris Rn. 4).

Anderes ergibt sich nicht daraus, dass in dem Beschluss des LAG Baden-Württemberg zugrundeliegenden Verfahren im Wege von Hilfsanträgen über die Wirksamkeit der ursprünglichen Mitbestimmungsvereinbarung gestritten wurde (vgl. S. 12 der Beschwerdebegründung, GA 178). Vielmehr hat das LAG Baden-Württemberg ausdrücklich ausgeführt, dass über den für die Hilfsanträge gegebenen Rechtsweg derzeit nicht zu entscheiden sei (LAG Baden-Württemberg Beschluss vom 19.6.2017 – 19 Ta 10/17 – juris Rn. 28).

Sofern das Arbeitsgericht im weiteren Verfahrensverlauf auch über die Hilfsanträge entschieden hat, rechtfertigt dies keine Divergenzvorlage. Eine Divergenz liegt lediglich im Falle einer Abweichung von der Entscheidung eines höher- oder gleichrangigen Gerichts vor (Musielak/Voit/Ball ZPO 17. Aufl. § 543 Rn. 8).

2. Auch eine Zulassung der Rechtsbeschwerde wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 574 Abs. 2 Nr. 1 ZPO bzw. § 17a Abs. 4 S. 5 Alt. 1 GVG) oder zur Fortbildung des Rechts (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 1 ZPO) ist nicht veranlasst.

Der Antragsteller begehrt ausdrücklich eine gerichtliche Entscheidung über die Zusammensetzung des Aufsichtsrats im Statusverfahren nach § 98 AktG. Dass für eine derartige Entscheidung der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten eröffnet ist, ist für sich genommen nicht zweifelhaft. Vor diesem Hintergrund ist es entgegen der Auffassung der Beschwerde (S. 36 der Beschwerdebegründung, GA 202) gerechtfertigt, die Frage nach der grundsätzlichen Bedeutung abweichend vom LAG Baden-Württemberg zu beurteilen. Wie vorstehend unter 1 ausgeführt wurde, lag dem LAG Baden-Württemberg eine anders gelagerte Konstellation zugrunde.


Anmerkung: Der Antragsteller hat im September 2020 seine Anträge auf Durchführung des Statusverfahrens beim Landgericht zurückgenommen.

Schlagworte: Aufsichtsrat, Beteiligungsvereinbarung, Statusverfahren, Zusammensetzung des Aufsichtsrats