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OLG Stuttgart, Urteil vom 08. Juli 1998 – 20 U 112/97 

§ 46 Nr 5 GmbHG, § 48 Abs 2 GmbHG, § 51 Abs 3 GmbHG

1. Einigen sich die Gesellschafter einer 2-Mann-GmbH bindend über die Erteilung einer Ruhegehaltszusage an beide Gesellschafter-Geschäftsführer, und setzen sie diese Vereinbarung in gleichlautenden Verträgen um, so ist hierin, ohne daß es einer formellen Beschlußfassung in einer Gesellschafterversammlung bedarf, der erforderliche schriftliche Gesellschafterbeschluß zu sehen (GmbHG § 48 Abs 2). Das Fehlen der satzungsgemäß vorgeschriebenen Protokollierung steht der Wirksamkeit des Gesellschafterbeschlusses nicht entgegen.

2. Nur schwerste Verfehlungen, die das Unternehmen schwerwiegend schädigen und in seiner wirtschaftlichen Grundlage gefährden, können den Widerruf einer Ruhegehaltszusage rechtfertigen.

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Rottweil vom 19.11.1997 wird

zurückgewiesen.

2. Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte kann die Vollstreckung des Klägers gegen Sicherheitsleistung in Höhe von DM 115.000,– abwenden, sofern der Kläger vor der Vollstreckung nicht in gleicher Höhe Sicherheit leistet. Die Sicherheiten können auch durch unbedingte, unbefristete, unwiderrufliche, schriftliche, selbstschuldnerische Bürgschaft einer deutschen Großbank oder öffentlichen Sparkasse erbracht werden.

Beschwer der Beklagten: 220.027,18 DM

(Klagantrag 1: 36.534,64 DM

Klagantrag 2: 183.492,54 DM gem. § 9 ZPO)

Streitwert: 193.813,96 DM

(Antrag 1: 36.534,64 DM

Antrag 2: 157.279,32 DM gem. § 17 GKG)

Tatbestand

Der Kläger nimmt die Beklagte auf Leistungen aus einer Pensionszusage in Anspruch. Randnummer2

Der Kläger war Gründungsgesellschafter und Gesellschafter-Geschäftsführer der 1977 gegründeten Beklagten, einer 2- Mann-GmbH. Er hielt 50 % der Geschäftsanteile. Zum 31.12.1993 schied er krankheitsbedingt als Geschäftsführer aus und übertrug seine Anteile an den einzigen Mitgesellschafter und Mitgeschäftsführer J S. Der Kläger ist seitdem berufsunfähig. Randnummer3

Am 25.10.1988 vereinbarten die Parteien zugunsten des Klägers sowie seiner Ehefrau schriftlich die Gewährung einer betrieblichen Alters-, Invaliden- und Hinterbliebenenversorgung (Anl. K 1). Diese Vereinbarung wurde vom Kläger und seiner Ehefrau auf der einen und den beiden Gesellschafter-Geschäftsführern, also dem Kläger sowie J S, auf der anderen Seite unterzeichnet. Für diese Versorgungsleistungen schloß die Beklagte zugleich bei der A -Versicherung eine Rückdeckungsversicherung ab. Die Ansprüche daraus sind dem Kläger und seiner Ehefrau verpfändet. Am 19.05.1989 und am 09.01.1991 wurden schriftlich Nachträge zu dieser Pensionszusage vereinbart (Anl. B 6). Auch diese sind für die Beklagte von beiden Geschäftsführern unterzeichnet. Parallel wurden gleichzeitig jeweils entsprechende Vereinbarungen in gleicher Form zugunsten von J S abgeschlossen. Randnummer4

Aus dieser Pensionszusage errechnet sich für den Kläger ein monatlicher Rentenanspruch von unstreitig brutto DM 4.368,87. Für die Zeit von Januar 1994 bis Oktober 1996 wurde die Pensionszusage von der Beklagten erfüllt. Randnummer5

Im Anstellungsvertrag des Klägers vom 27.09.1980 finden sich u.a. folgende Bestimmungen: Randnummer6

§ 2 Bezüge/Spesen und Auslagen/Krankheit

5.

Jede Anpassung der Bezüge bedarf eines Gesellschafterbeschlusses. Randnummer8

§ 4 Geheimhaltungspflicht Randnummer9

Der Geschäftsführer ist verpflichtet, gegenüber Außenstehenden über alle Angelegenheiten der Gesellschaft, gleich welcher Art, Stillschweigen zu bewahren, soweit nicht im Rahmen pflichtgemäßer Geschäftsführung eine Offenbarung zu erfolgen hat. Diese Geheimhaltungspflicht dauert auch nach Beendigung des Dienstverhältnisses fort. Randnummer10

§ 6 Rückgabe von Unterlagen Randnummer11

Der Geschäftsführer ist verpflichtet, alle seine dienstliche Tätigkeit betreffenden Unterlagen und Aufrechnungen als anvertrautes Eigentum der Gesellschaft zu behandeln, sorgfältig unter Verschluß aufzubewahren und bei Beendigung des Anstellungsverhältnisses unaufgefordert und vollständig an die Gesellschaft auszuhändigen. Die Gesellschaft entscheidet sodann über den Einbehalt der Unterlagen. Randnummer12

§ 7 Verschiedenes

1.

Änderungen und Ergänzungen dieses Vertrags bedürfen zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform und eines Beschlusses der Gesellschafterversammlung.

2.

Die Satzung der Beklagten sieht u.a. vor (Bl. 311ff): Randnummer15

§ 6 Geschäftsführung und Vertretung

….

Die Geschäftsführung sind von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit. Randnummer17

§ 10 Protokoll Randnummer18

Die Beschlüsse der Gesellschafter müssen protokolliert werden. Es ist also eine Niederschrift über die Gesellschafterversammlung zu errichten, wobei diese von 2 Gesellschaftern unterschrieben werden muß.

Über das Ergebnis einer schriftlichen Abstimmung hat der Geschäftsführer der Gesellschaft die Mitgesellschafter alsbald schriftlich zu benachrichtigen. Randnummer20

In dem zwischen den Parteien am 17.12.1993 geschlossenen Aufhebungsvertrag (Bl. 204) ist vereinbart: Randnummer21

§2 Vergütung und Freistellung Randnummer22

Abs.2:

Der Geschäftsführer wird mit sofortiger Wirkung unwiderruflich von der Arbeit freigestellt. Die Gesellschaft verzichtet auf die Einhaltung eines Wettbewerbsverbotes. Randnummer24

§6 Abgeltungsklausel

1.

Die Gesellschaft und der Geschäftsführer sind sich darüber einig, daß mit der Erfüllung der vorstehenden Aufhebungsvereinbarung keine Ansprüche aus dem Dienstverhältnis mehr bestehen.

2.

Von der Abgeltungsklausel bleiben unverfallbare Ansprüche des Geschäftsführers auf betriebliche Altersversorgung unberührt. Randnummer27

Die Beklagte stellte die Zahlungen aus der Ruhegeldzusage ab November 1996 ein. Randnummer28

Zunächst hat der Kläger das Ruhegeld für November 1996 eingeklagt und die Klage mit Fälligkeit der Raten für die Folgemonate dann entsprechend erhöht. Randnummer29

Im Termin vom 06.05.1997 hat der Kläger sodann Antrag auf Zahlung von DM 16.138,51 gestellt. Dieser Betrag setzt sich aus den Renten für November bis Januar 1997 sowie aus einem weiteren Betrag in Höhe von DM 3.031,91 zusammen. Diesen hatte die Beklagte von früheren Rentenzahlungen einbehalten, da der Kläger dafür verantwortlich sei, daß das Finanzamt in dieser Höhe Säumniszuschläge bei ihr erhoben habe. Diesen Betrag hat die Beklagte jedoch unstreitig dem Kläger wieder auszukehren, da das Finanzamt später auf die Säumniszuschläge wieder verzichtet hat. Randnummer30

Dieser Forderung hat die Beklagte im Wege der Aufrechnung eine Gegenforderung in Höhe von DM 14.950,– entgegengesetzt. Diese resultiere daraus, daß der Kläger den bei Verkauf einer Abkantpresse an eine Fa. F, N, in Rechnung gestellten und in bar vereinnahmten Kaufpreis von DM 19.950,– nicht in vollem Umfang an die Beklagte abgeführt habe, sondern — nach Erstellung einer entsprechenden fingierten zweiten Rechnung — nur einen Betrag von DM 5.000,– ausgekehrt und den Differenzbetrag für sich behalten und damit unterschlagen habe. Randnummer31

Den Restbetrag von DM 1.032,78 hat die Beklagte „sofort“ anerkannt. Das Landgericht Rottweil erließ daraufhin am 06.05.1997 gegen sie entsprechendes Teilanerkenntnisurteil (Bl. 66/67). Randnummer32

In der Folge verweigerte die Beklagte die Rentenzahlungen für die Folgemonate gänzlich und widerrief mit Schriftsatz vom 26.05.1997 (Bl. 72) die Ruhegehaltszusage. Randnummer33

Der Kläger hat daraufhin die Klage auf 37.567,42 DM erhöht (Oktober 1996 bis Juni 1997 je 4.316,94 DM netto zzgl. 3.031,90 DM), hinsichtlich der künftigen Rente Feststellungsantrag gestellt und zuletzt beantragt,

1.

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 37.567,42 DM nebst 4 % Zinsen aus je 4.316,94 DM seit 01.12.1996, 01.01.1997, 01.02.1997, 01.03.1997, 01.04.1997, 01.05.1997, 01.06.1997 und 01.07.1997 sowie aus 3.031,90 DM seit 08.02.1997 abzüglich anerkannter 1.032,78 DM zu zahlen.

2.

den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger ab 31.07.1997 eine laufende Rente von monatlich brutto 4.368,87 DM, jeweils fällig zum Monatsletzten, zzgl. evtl. Erhöhungsbeträge entsprechend der Steigerung der gesetzlichen Sozialversicherungsrente zu zahlen. Randnummer36

Die Beklagte hat beantragt, Randnummer37

die Klage abzuweisen. Randnummer38

Sie hat eingewandt, die Pensionszusage vom 25.10.1988 sei unwirksam. Zur wirksamen Vereinbarung einer Pensionszusage bedürfe es gem. § 46 Nr. 5 GmbHG eines Gesellschafterbeschlusses. Ein solcher Beschluß sei nicht gefaßt worden. Insbesondere könne er nicht in der Ruhegehaltsvereinbarung selbst gesehen werden. Auch nach § 7 Ziff. 1 des Anstellungsvertrags sei ein Beschluß der Gesellschafterversammlung zur Vereinbarung einer Ruhegehaltsvereinbarung erforderlich gewesen. Weiterhin fehle es an der für einen Gesellschafterbeschluß nach § 10 der Satzung zwingend erforderlichen Protokollierung. Randnummer39

Unabhängig davon habe sie die Pensionszusage zumindest wirksam widerrufen. Der Kläger habe in massiver Form gegen die ihm nach § 4 des Anstellungsvertrags obliegende Geheimhaltungspflicht und auch gegen die Verpflichtung, gem. § 6 dieses Vertrags bei Ausscheiden alle Unterlagen zurückzugeben, verstoßen. Er habe nämlich dem ehemaligen Mitarbeiter der Fa. r, G, der zwischenzeitlich für eine Konkurrentin, die Fa. M, tätig sei, ihre Kunden und deren Anschriften mitgeteilt, und zwar die der Kunden K, M, P, K, G und P. Zumindest im Falle des Kunden P habe er darüber hinaus in aktiver Weise zugunsten der Fa. M Akquisitionsverhandlungen geführt. Dieses Verhalten habe zu einer erheblichen Vermögensgefährdung und zumindest im Fall des Kunden K zu einem Schaden in einer Umsatzhöhe von 31.387,35 DM geführt. Damit habe der Kläger zugleich gegen § 85 GmbHG verstoßen. Seinen Geheimnisverrat habe der Kläger dabei dadurch ermöglicht, daß er in vertragswidriger Weise die Kundenliste der Beklagten bei seinem Ausscheiden mitgenommen bzw. nicht zurückgegeben habe. Randnummer40

Der Kläger hat dem entgegengehalten, der erforderliche Gesellschafterbeschluß sei in der Unterzeichnung der Ruhegehaltszusage selbst zu sehen und durch diese auch nach außen hin ausreichend dokumentiert. Daß ein Protokoll nicht erstellt worden sei, berühre die Wirksamkeit nicht. Randnummer41

Auch habe die Beklagte die Zusage nicht wirksam widerrufen. Er habe sich keinerlei Pflichtverletzungen zuschulden kommen lassen, insbesondere habe er keine Kundenlisten weitergegeben und auch keine Geschäftsgeheimnisse verraten. Die fraglichen Kunden habe Goldenstein aus eigenem Antrieb angesprochen und dabei Grüße von ihm ausgerichtet, ohne daß er ihn dazu aufgefordert oder legitimiert habe. Die Kunden seien Goldenstein aufgrund seiner eigenen Tätigkeit für die Beklagte noch bekannt gewesen. Im übrigen unterliege er keinem Wettbewerbsverbot. Randnummer42

Auch könne eine Pensionszusage nur bei besonders schweren Pflichtverletzungen widerrufen werden. Um eine solche handele es sich bei den von der Beklagten erhobenen Vorwürfen nicht. Randnummer43

Er habe auch im Zusammenhang mit dem Verkauf der Abkantpresse an die Fa. F keine Unterschlagung begangen. Er habe mit der Anbahnung und der Abwicklung dieses Geschäfts nicht das geringste zu tun gehabt. Das Geschäft sei ausschließlich vom Mitgeschäftsführer S ausgehandelt worden. Dieser habe nach Abwicklung des Geschäfts seiner im Büro tätigen Ehefrau M D einen Betrag von 5.000,– DM übergeben, den diese weisungsgemäß in die Kasse gelegt und entsprechend verbucht habe. Auch sei es Herr S gewesen, der nach Erstellung der an den Kunden gerichteten Rechnung über 19950.– DM seine Frau veranlaßt habe, eine zweite Rechnung über den Betrag von DM 5.000,– zu schreiben und die ordnungsgemäße Rechnung zu stornieren. Er wisse nicht, wo der Betrag von 14.950,– DM verblieben sei und habe diesen nie in Besitz gehabt. Er könne sich allenfalls vorstellen, daß er und der Geschäftsführer S sich diesen Betrag, wie es auch bei anderen „Ohne Rechnung-Geschäften“ geschehen sei, geteilt hätten. Aus diesem Vorgang stehe der Beklagten daher weder ein Gegenanspruch zu noch berechtige er zum Widerruf der Pensionszusage. Randnummer44

Das Landgericht hat Beweis erhoben über die behauptete Verletzung von Geheimhaltungspflichten und die Wettbewerbshandlungen des Klägers durch Vernehmung der Zeugen G und P sowie über die behauptete Unterschlagung durch Vernehmung der Zeuginnen A K und M D (vgl. Bl. 299 ff bzw. Bl. 59 ff). Randnummer45

Das Landgericht Rottweil ist in seinem Urteil vom 19.11.1997 sodann dem Kläger gefolgt und hat der Klage in vollem Umfang stattgegeben. Wegen der Begründung des Landgerichts im einzelnen wird auf das angefochtene Urteil verwiesen. Randnummer46

Mit ihrer Berufung verfolgt die Beklagte ihren Klagabweisungsantrag weiter. Zur Begründung führt sie in Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrags aus: Randnummer47

Nach § 46 Nr. 5 GmbHG, § 2 Ziff. 5 und § 7 Abs. 1 des Anstellungsvertrags bedürfe jede Änderung der Bezüge, zu denen auch die Ruhegehaltsregelung gehöre, eines Gesellschafterbeschlusses, der in einer Gesellschafterversammlung gefaßt werden müsse. Dieser hätte daher der Ruhegehaltsvereinbarung vorausgehen müssen. Es seien also zwei Rechtsakte erforderlich gewesen. Der Beschluß habe dabei gem. § 10 der Satzung protokolliert und das Protokoll von beiden Gesellschaftern unterschrieben werden müssen. Randnummer48

An einem solchen Beschluß fehle es. Insbesondere könne in der Vereinbarung vom 25.10.1988, die im übrigen nur in einem Anschreiben der Beklagten an den Kläger bestehe, das von beiden Seiten unterschrieben sei, ein solcher Beschluß nicht gesehen werden. Weder sei die Gesellschafterversammlung förmlich zur Beschlußfassung über dieses Thema eingeladen worden, noch sei in einer Gesellschafterversammlung ein dahingehender Beschluß gefaßt worden. Auch fehle es an der erforderlichen Protokollierung einer solchen Entschließung. Nach dem Wortlaut von § 10 der Satzung („müssen“) komme der Protokollierung dabei nicht nur eine Beweissicherungsfunktion zu, sie sei vielmehr Wirksamkeitsvoraussetzung. Randnummer49

Auch ein schriftlicher Gesellschafterbeschluß im Sinne von § 48 Abs. 2 GmbHG sei nicht ergangen. Im übrigen sei ein solcher unzureichend, da gem. § 7 des Anstellungsvertrags dieser nur durch ausdrücklichen Beschluß in einer Gesellschafterversammlung geändert werden könne. Auch fehle, sofern man von einem schriftlichen Beschluß ausgehe, die auch insoweit erforderliche Protokollierung gem. § 10 der Satzung. Eine konkludente Beschlußfassung sei nach der Satzung nicht vorgesehen. Randnummer50

Da somit ein wirksamer Beschluß nicht zustande gekommen sei, habe er auch nicht durch Zeitablauf unanfechtbar werden und geheilt werden können. Randnummer51

Zur Ruhegeldvereinbarung mit Rückdeckungsversicherung sei es im Herbst 1988 angesichts der damals guten Ertragslage der Beklagten im Rahmen eines Beratungsgesprächs beim Steuerberater W an dem beide Gesellschafter teilgenommen hätten, auf dessen Empfehlung hin zu Zwecken der Steuerersparnis gekommen. Der Steuerberater habe anschließend bei der A Versicherung ein entsprechendes Formular angefordert, das dann die beiden Geschäftsführer unterzeichnet hätten. Im Rahmen dieser Besprechung sei es zwar zu einem mündlichen Beschluß der Gesellschafter gekommen. Dieser sei jedoch nicht wirksam, da die erforderlichen Förmlichkeiten nicht eingehalten worden seien. Das Schreiben vom 25.10.1988 enthalte keinen Hinweis darauf, daß die Geschäftsführer auch als Gesellschafter gehandelt hätten und einen Gesellschafterbeschluß hätten fassen wollen. Randnummer52

Unabhängig davon habe sie die Pensionszusage entgegen der Ansicht des Landgerichts wirksam widerrufen. Der Zeuge G sei während seiner Beschäftigung bei der Beklagten ausschließlich im Innendienst tätig und weder für Montagen noch für Kundenausfahrten zuständig gewesen. Er habe daher die Kunden der Beklagten nicht gekannt. Seine Kenntnisse könne er daher allein vom Kläger haben. Die gegenteilige Aussage des Zeugen G sei unglaubwürdig. Die Weitergabe der Kunden stelle einen schwerwiegenden Verstoß gegen die Geheimhaltungspflicht des § 4 des Anstellungsvertrages dar und zugleich einen Verstoß gegen § 85 GmbHG. Dies rechtfertige den Widerruf. Randnummer53

Zu Unrecht habe das Landgericht auch die von ihr der Klage entgegengehaltene Aufrechnungsforderung wegen Unterschlagung von 14.950,– DM verneint. Wie die Zeugin K glaubhaft versichert habe, habe sie diesen Betrag dem Kläger ausgehändigt. Er habe daher darzutun, was mit dem Geld geschehen sei. Da der Kläger dies nicht getan habe, sei von einer Unterschlagung auszugehen. Auch dies stelle darüberhinaus einen schwerwiegenden Pflichtverstoß dar, der in Verbindung mit dem Geheimnisverrat zum Wegfall der Betriebsrente führe. Randnummer54

Die Beklagte stellt den Antrag, Randnummer55

unter Abänderung des Urteils des LG Rottweil vom 19.11.1997 die Klage abzuweisen. Randnummer56

Der Kläger stellt den Antrag, Randnummer57

die Berufung zurückzuweisen. Randnummer58

Er verteidigt das Urteil des Landgerichts und macht insbesondere geltend: Randnummer59

Die beiden Gesellschafter-Geschäftsführer seien sich in dem Gespräch bei Steuerberater W einig geworden, sich jeweils als Geschäftsführer eine gleichlautende Pensionszusage zu erteilen. Daraufhin hätten sie, nicht der Steuerberater, selbst die erforderlichen Unterlagen bei der A Versicherung besorgt und dann selbst das Pensionszusageschreiben verfaßt und unterschrieben. Diese Vorgehensweise habe ganz dem Vorgehen auch bei anderweitigen Beschlußfassungen entsprochen. Förmliche Gesellschafterversammlungen hätten nie stattgefunden. Hierfür habe kein Bedarf bestanden, da die alleinigen Gesellschafter gleichzeitig alleinige Geschäftsführer gewesen seien und anstehende Fragen stets einvernehmlich „auf Zuruf“ oder in Beratungstreffen mit dem Steuerberater geklärt hätten. Auf sämtliche Formen und Fristen der Einberufung, der Beschlußfassung und die Protokollierung der Gesellschafterversammlungen sei daher regelmäßig einvernehmlich verzichtet worden. Randnummer60

Die Ruhegeldzusage beruhe bei dieser Sachlage auf einem schriftlichen Gesellschafterbeschluß im Sinne von § 48 Abs. 2 GmbHG, der in der schriftlichen Vereinbarung selbst zu sehen sei. Randnummer61

§ 7 des Anstellungsvertrags sei nicht zu entnehmen, daß Änderungen und Ergänzungen des Anstellungsvertrags neben der Schriftform eines Gesellschafterbeschlusses in einem separaten Akt bedürften. Vielmehr lasse diese Regelung zu, daß der Gesellschafterbeschluß und die Regelung der schuldrechtlichen Beziehungen uno actu erfolge. § 7 verlange auch nicht einen Gesellschafterbeschluß in einer Gesellschafterversammlung. Verlangt werde nur ein Beschluß der Gesellschafterversammlung, wodurch ein schriftlicher Gesellschafterbeschluß nicht ausgeschlossen werde. Auch § 10 Abs. 4 der Satzung lasse einen solchen ausdrücklich zu. Einer schriftlichen Abstimmung sei immanent, daß über das Verfahren und den Verlauf einer Versammlung eine Niederschrift nicht gefertigt werden könne, so daß die Protokollierungspflicht entfalle. Allein durch die Unterzeichnung der Pensionszusage sei daher ein wirksamer Gesellschafterbeschluß zustande gekommen. Randnummer62

Hilfsweise sei — in ebenfalls zulässiger Weise — ein Gesellschafterbeschluß in konkludenter Form zustande gekommen. Weiter hilfsweise sei es zu einem wirksamen Gesellschafterbeschluß zumindest nach den Regeln über den Wegfall der GeschäftsgrundlageBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Geschäftsgrundlage
Wegfall der Geschäftsgrundlage
gem. § 242 BGB gekommen. Falls die Vereinbarung vom 25.10.1988 nicht wirksam gewesen sei, so beruhe dies auf einem gemeinsamen Irrtum der beiden Gesellschafter-Geschäftsführer, die noch im Aufhebungsvertrag vom 17.12.1993 von der Wirksamkeit der Pensionszusage ausgegangen seien. Die gem. § 242 BGB gebotene Anpassung habe dann in der Weise zu erfolgen, daß die Pensionszusage den Wirksamkeitsanforderungen genüge. Randnummer63

Schließlich habe das Landgericht auch zu Recht die Voraussetzungen für den Widerruf der Zusage verneint. Randnummer64

Entsprechendes gelte auch für die Verneinung eines Schadenersatzanspruches der Beklagten im Hinblick auf die angeblich unterschlagenen 14.950,– DM. Randnummer65

Wegen des Parteivortrags im einzelnen wird auf die gewechselten Schriftsätze sowie die vorgelegten Unterlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung der Beklagten ist unbegründet. Das Landgericht hat der Klage zu Recht stattgegeben. Randnummer67

Die von der Beklagten dem Kläger erteilte Pensionszusage ist wirksam, insbesondere beruht sie auf einem wirksamen Gesellschafterbeschluß. Die Beklagte hat die Zusage auch nicht wirksam widerrufen und gegen sie auch nicht erfolgreich — teilweise — aufgerechnet. Randnummer68

Der vom Kläger verfolgte Anspruch steht ihm daher in vollem Umfang zu.

I.

1.

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bedürfen in entsprechender Anwendung von § 46 Nr. 5 GmbHG nicht nur Bestellung und Abberufung von GeschäftsführernBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Abberufung
Bestellung und Abberufung von Geschäftsführern
eines Gesellschafterbeschlusses, sondern auch der Abschluß bzw. die Kündigung des Geschäftsführeranstellungsvertrags. In seiner Entscheidung vom 25.03.1991 hat der BGH darüber hinaus klargestellt, daß dies auch für Änderungen des Anstellungsvertrags eines GmbH-Geschäftsführers, durch die nachträglich eine Pensionszusage erteilt wird, gilt (BGH NJW 1991, 1680 ff). Randnummer70

Auch hat ein betriebliches Ruhegeld nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs Entgeltcharakter (zuletzt BGH NJW-RR 1997, 348), so daß in der Ruhegeldzusage eine Anpassung der Bezüge zu sehen ist, die auch nach §§ 2 Abs. 5, 7 des Anstellungsvertrags eines Beschlusses der Gesellschafterversammlung bedarf.

2.

Gesellschafterbeschlüsse können entweder gem. § 48 Abs. 1 GmbHG in einer Gesellschafterversammlung gefaßt werden oder aber auf schriftlichem Wege gem. § 48 Abs. 2 GmbHG. Die Durchführung einer Gesellschafterversammlung bedarf dabei keiner Einberufungsförmlichkeiten, wenn alle Gesellschafter anwesend und mit einer „Spontanversammlung“ einverstanden sind, § 51 Abs. 3 GmbHG, sog. Vollversammlung. Eine schriftliche Beschlußfassung ist gem. § 48 Abs. 2 in 2-facher Weise möglich, zum einen durch schriftliche Zustimmung aller Gesellschafter zu der zu treffenden Maßnahme selbst oder aber durch Erklärung des Einverständnisses zur Beschlußfassung mit dem schriftlichen Verfahren als solchem, bei dem die Stimmabgaben dann auch kontrovers sein können. Randnummer72

Der Satzung der Beklagten kann nicht entnommen werden, daß die Zulässigkeit einer schriftlichen Beschlußfassung gem. § 48 Abs. 2 GmbHG ausgeschlossen werden sollte. Auch wenn in der Satzung ausdrücklich nur von Beschlußfassungen in Gesellschafterversammlungen die Rede ist, kann daraus nicht gefolgert werden, daß eine schriftliche Abstimmung gem. § 48 Abs. 2 GmbHG nicht möglich sein soll. Hierzu hätte es entweder einer ausdrücklichen dahingehenden Bestimmung oder wenigstens zusätzlicher Anhaltspunkte dafür bedurft, daß diese vom Gesetz vorgesehene Art der Beschlußfassung ausgeschlossen sein soll (BGHZ 15, 324 ff). Auch setzt § 10 Abs. 4 der Satzung, wonach die Geschäftsführer die Mitgesellschafter alsbald schriftlich über das Ergebnis einer schriftlichen Abstimmung zu unterrichten haben, die Zulässigkeit der schriftlichen Beschlußfassung gerade voraus. Randnummer73

Auch § 7 des Anstellungsvertrags kann nicht entnommen werden, daß die dort geforderte Beschlußfassung eine förmliche Gesellschafterversammlung verlangt. Gemeint ist hier ersichtlich mit Gesellschafterversammlung lediglich eine Beschlußfassung aller Gesellschafter, ohne daß näher angesprochen wird, wie die Beschlußfassung zu erfolgen hat. Randnummer74

Der erforderliche Beschluß konnte somit grundsätzlich in beiden vom Gesetz vorgesehenen Formen gefaßt werden. Randnummer75

§ 10 der Satzung, der die Protokollierung vorschreibt, gilt dabei nach Wortlaut, Sinn und Zweck der Vorschrift nur für Beschlüsse, die in einer förmlichen Versammlung gefaßt werden. Abgesehen davon, daß der Begriff „Protokollierung“ nur für Vorgänge im Rahmen einer solchen Versammlung paßt, wird bei einer Beschlußfassung im schriftlichen Verfahren die mit einem Protokoll erstrebte Dokumentation schon durch die schriftliche Beschlußfassung als solche erreicht. Eine zusätzliche Protokollierung macht insoweit daher keinen Sinn.

II.

Einen derartigen Beschluß haben die Gesellschafter gefaßt. Randnummer77

Im Rahmen der Beratungsgespräche mit dem Steuerberater im Herbst 1988 wurde ein mündlicher Gesellschafterbeschluß gefaßt, darüberhinaus ist in dem Schreiben vom 25.10.1988 auch ein schriftlicher Gesellschafterbeschluß zu sehen.

1.

Einig sind sich die Parteien darüber, daß sich die beiden Gesellschafter über die Pensionszusage — auch aus steuerlichen Gründen — im Herbst 1988 bei einem Beratungsgespräch mit dem Steuerberater W bindend verständigt haben und diese Vereinbarung dann am 25.10.1988 umgesetzt wurde, wobei ein gleichlautender Vertrag wie mit dem Kläger auch zugunsten des zweiten Gesellschafter-Geschäftsführers S abgeschlossen wurde. Die Voraussetzungen einer Beschlußfassung im Rahmen einer spontanen Vollversammlung sind daher gegeben. Randnummer79

Die Wirksamkeit dieses Beschlusses scheitert nicht daran, daß er nicht protokolliert worden ist, wie es § 10 des Satzung vorschreibt. Randnummer80

Nach h.M. führt die Verletzung satzungsmäßiger Protokollierungspflichten nicht zur Unwirksamkeit des getroffenen Beschlusses, jedenfalls dann nicht, wenn sich aus der Satzung keine Hinweise darauf ergeben, daß die Protokollierung unzweifelhaft konstitutiven Charakter haben soll. Das Protokoll ist vielmehr lediglich Beweisurkunde, deren Fehlen die Wirksamkeit des Beschlusses nicht berührt (Scholz/K. Schmidt, GmbHG, 8. Aufl., Rn. 55 zu § 48 GmbHG; Hachenburg/Hüffer, GmbHG, 8. Aufl., Rn. 37 zu § 48; Baumbach/Hueck/Zöllner, GmbHG, 16. Aufl., Rn. 13 zu § 48; Rowedder/Koppensteiner, GmbHG, 3. Aufl., Rn. 17 zu § 48 GmbHG). Dem entspricht auch die neuere Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur gesetzlichen Protokollierungspflicht bei der Ein-Mann-GmbH gem. § 48 Abs. 3 GmbHG (GmbH-Rundschau 1995, 373 ff). Hier hat der BGH Verstöße gegen die gesetzliche Protokollierungspflicht dann für unerheblich erklärt, wenn — wie etwa bei einer schriftlichen Kündigung — der Gesellschafterbeschluß alsbald in anderer Weise als durch ein Protokoll schriftlich dokumentiert wird, wie es hier durch die von allen Gesellschaftern unterzeichnete schriftliche Pensionszusage geschehen ist. Entscheidend ist damit, daß die Gesellschafter über die fragliche Maßnahme unzweifelhaft einig waren und dies nach außen dokumentiert haben. Hieran besteht im Streitfall kein Zweifel, auch die Beklagte bestreitet dies nicht. Im übrigen kann insoweit auf die überzeugenden Ausführungen des Landgerichts (Urteil, S. 11/12) verwiesen werden. Randnummer81

Soweit sich die Beklagte auf die gegenteilige Auffassung des BayObLG stützt (GmbH-Rundschau, 1992, 306 ff), kann dem daher nicht gefolgt werden (die Entscheidung ist im übrigen zu einer dem vorliegenden Fall nicht unmittelbar vergleichbaren Fallgestaltung ergangen und nicht näher begründet; soweit sich die Entscheidung auf den Kommentar von Hachenburg/Hüffer — dort Rn. 30 zu § 47 — beruft, wird diese Ansicht dort nur für Fälle vertreten, in denen die Satzung die notarielle Beurkundung verlangt, für satzungsmäßige Protokollierungspflichten vertritt Hüffer diese Ansicht gerade nicht, vgl. Hachenburg/Hüffer, a.a.O. Rn. 37 zu § 48 GmbHG). Randnummer82

Nachdem die fehlende Protokollierung der Wirksamkeit des Beschlusses nicht entgegensteht, kann dahinstehen, ob andernfalls der Beschluß nichtig oder nur anfechtbar und wegen Ablaufs der einmonatigen Anfechtungsfrist auch dann wirksam wäre (so Baumbach/Hueck/Zöllner und Hachenburg/Hüffer, a.a.O.). Den übrigen Formvorschriften ist Rechnung getragen, insbesondere ist die Änderung des Anstellungsvertrags selbst, wie in dessen § 7 gefordert, schriftlich erfolgt.

2.

Auch die Voraussetzungen für einen schriftlichen Gesellschafterbeschluß im Sinne von § 48 Abs. 2, 1. Alternative GmbHG, sind gegeben. Randnummer84

Schon das Reichsgericht hat eine — wirksame — schriftliche Beschlußfassung etwa in der Unterzeichnung einer Anmeldung gegenüber dem Registergericht zur Auflösung der GesellschaftBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Auflösung
Auflösung der Gesellschaft
Gesellschaft
durch alle Gesellschafter gesehen (RGZ 101, 78 f) und neben dem durch die Anmeldung nach außen dokumentierten Willen der Gesellschafter keinen zusätzlichen Gesellschafterbeschluß verlangt. Entsprechend hat der BGH in dem Vollzug der Veräußerung von Gesellschaftsanteilen durch alle Gesellschafter die hierzu nach dem Gesellschaftsvertrag erforderliche Zustimmung als in schlüssiger Weise erteilt angesehen, keinen zusätzlichen Gesellschafterbeschluß für nötig erachtet und auf die Einhaltung von Förmlichkeiten als Wirksamkeitsvoraussetzung verzichtet, wenn „an dem Wesen oder dem Ergebnis der Abstimmung“ keinerlei Zweifel auftauchen können (BGHZ 15, 325). Randnummer85

Entsprechend hat der BGH in dem Abschluß eines Vertrags zwischen einer 2-Mann-GmbH und einem der Gesellschafter, also einem unmittelbar vergleichbaren Fall, zugleich einen Gesellschafterbeschluß über die Befreiung vom Verbot des Selbstkontrahierens gesehen, wenn die Gesellschaft beim Vertragsschluß durch beide Gesellschafter vertreten wurde (BGH WM 1971, 1082 ff) und auch hier ausgeführt, auf Förmlichkeiten bei der Fassung von Gesellschafterbeschlüssen sei zu verzichten, wenn diese der Umstände wegen keinen vernünftigen Sinn machen und als Beispiele weitere Beschlußfassungen in der 2- Mann-GmbHFeststellung des JahresabschlussesBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Feststellung
Feststellung des Jahresabschlusses
durch Bilanzunterschriften und Bestellung eines Prokuristen durch beide Gesellschafter — genannt. Randnummer86

Eines zusätzlichen Beschlusses der Gesellschafter bedurfte es daher nicht. Dieser ist in dem Abschluß des Pensionsvertrags selbst zu sehen. Auch insoweit bedurfte es aus o.a. Gründen einer Protokollierung nicht.

3.

Schließlich ist anzumerken, daß Gesellschaftsverträge auch stillschweigend durch ständige, anderweitige Gesellschafterpraxis geändert werden können (BGH NJW 1996, 1678; BGH NJW 1966, 309 ff). Hier hat der Kläger vorgetragen, es seien niemals förmliche Gesellschafterversammlungen durchgeführt worden, man habe sich vielmehr über alle anstehenden Fragen, auch soweit ein Gesellschafterbeschluß erforderlich gewesen sei, stets ad hoc geeinigt und niemals ein Protokoll gefertigt. Dem hat die Beklagte nicht widersprochen. Auch vor diesem Hintergrund kann sich die Beklagte daher nicht auf Förmlichkeiten des Gesellschaftervertrags berufen. Randnummer88

Da der Gesellschafterwillen eindeutig und unstreitig ist, ist mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, die nicht immer streng zwischen den beiden Beschlußarten unterscheidet, die Pensionszusage in jedem Falle wirksam. Es kann daher letztlich dahinstehen, ob er als mündlicher Beschluß im Rahmen einer Vollversammlung oder im schriftlichen Beschlußverfahren zustande gekommen ist.

III.

Die Beklagte hat die Pensionszusage auch nicht wirksam widerrufen.

1.

Ein betriebliches Ruhegeld hat nach ständiger BGH-Rechtsprechung Entgeltcharakter. Es ist eine besondere Vergütung dafür, daß der Dienstverpflichtete seine Arbeitskraft für lange Zeit in den Dienst des Unternehmens stellt. Zwischen der vom Unternehmer angebotenen Versorgung und dem mit ihr abgegoltenen Verzicht des Verpflichteten auf einen möglichen Betriebswechsel besteht daher ein Austauschverhältnis. Die Versorgung ist dabei für den Empfänger von lebenswichtiger Bedeutung, insbesondere für Mitglieder von Gesellschaftsorganen, die häufig nicht ausreichend sozialversichert sind. Randnummer91

Diese existentielle Bedeutung einer Versorgungszusage schließt es aus, ihre Erfüllung von einem steten Wohlverhalten des Zusageempfängers abhängig zu machen (BGH NJW-RR 1997, 348). Nur schwerste Verfehlungen können daher ausnahmsweise die Versagung von Ruhegeldansprüchen rechtfertigen und zwar dann, wenn die Verfehlung dazu führt, daß es an der erwarteten Gegenleistung für die versprochene Pension fehlt und deren Inanspruchnahme darum rechtsmißbräuchlich wäre. Dies ist etwa dann der Fall, wenn der Pensionsberechtigte das Unternehmen fortgesetzt schwerwiegend schädigt und in seiner wirtschaftlichen Grundlage gefährdet (BGH NJW-RR 1997, 348; BGH NJW 1984, 1529 ff und BGH NJW 1971, 1127). Schwerwiegendes Wettbewerbsverhalten eines Mitarbeiters allein, z.B. der Abschluß eines Vertrags mit einem Konkurrenzunternehmen über einen Strohmann bei fortbestehendem Arbeitsverhältnis, die Entfernung von Patentakten u.ä., reicht dabei z.B. nicht aus (BGH NJW-RR 1997, 348).

2.

Bei dieser Ausgangslage sind die von der Beklagten erhobenen Vorwürfe mangels Schwere der behaupteten Verfehlungen selbst dann nicht geeignet, dem Kläger die Pensionszusage zu entziehen, wenn sie zutreffen sollten. Randnummer93

Gem. § 2 Abs. 2 des Aufhebungsvertrags (Bl. 204 f.) hat die Beklagte ausdrücklich auf die Einhaltung eines Wettbewerbsverbots verzichtet. Es ist daher nicht zu beanstanden, wenn der Kläger den Zeugen Goldenstein bei der Akquisition von Kunden unterstützt hat. Zwar wurde der Kläger durch diesen Verzicht nicht ohne weiteres auch von der Geheimhaltungspflicht gem. § 85 GmbHG befreit. Dieser Schweigepflicht unterliegen von Gesetzes wegen (nur) Organmitglieder, denen insbesondere untersagt wird, ihnen im Rahmen ihrer Tätigkeit bekanntgewordene Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse zu offenbaren. Randnummer94

Als solches Geschäftsgeheimnis kommen hier die Namen von Kunden, die der Kläger weitergegeben haben soll, zwar in Betracht. Nachdem der Kläger jedoch allenfalls eine überschaubare Zahl von Kunden dem Zeugen G mitgeteilt hat, ist davon auszugehen, daß diese ihm noch aus seiner Tätigkeit für die Beklagte als Kunden erinnerlich waren. Dafür, daß er etwa in unzulässiger Weise die Kundenliste an sich gebracht hätte und damit gegen seine Pflicht verstoßen hätte, alle Unterlagen der Beklagten nach Beendigung des Anstellungsvertrags zurückzugeben, bestehen daher keine Anhaltspunkte. Das „Schöpfen aus der Erinnerung“ fällt zwar bei einem dahingehenden Geheimhaltungswillen der Gesellschaft auch unter das Verbot des § 85 GmbHG. Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, daß die Kenntnisse über die Kunden der Beklagten notwendig auch einem Großteil der übrigen Mitarbeiter, die nicht Organe der Beklagten waren, bekannt geworden sind. Für diese bestand ein Wettbewerbsverbot lediglich im Rahmen von § 17 UWG, also nur für die Zeit der Dauer des Dienstverhältnisses sowie für unbefugt erlangte Geheimnisse. Randnummer95

Nachdem somit ein Mitarbeiter unterhalb der Organebene rechtlich nicht gehindert gewesen wäre, sein im Rahmen der Tätigkeit für die Beklagte legal gewonnenes Wissen über Kunden nach Ausscheiden für einen neue Tätigkeit auszunützen, kann ein Verhalten des Klägers, das bei jedem anderen Mitarbeiter der Beklagten von vornherein nicht zu beanstanden wäre, jedenfalls kein schwerwiegendes Verschulden, wie es zum Widerruf erforderlich ist, darstellen. Ob vor diesem Hintergrund die Pflichten gem. § 85 GmbHG überhaupt auf solche Geheimnisse zu beschränken sind, die dem Betroffenen in seiner spezifischen Eigenschaft als Organ der GmbH bekannt geworden sind, kann bei dieser Sachlage dahinstehen (verneinend Scholz/Tiedemann, GmbHG, 8. Aufl., Rn. 5 zu § 85 GmbHG). Randnummer96

Auch ist weder der bei der Beklagten eingetretene Schaden — selbst wenn man den Beklagtenvortrag unterstellt — noch der drohende Schaden so erheblich, daß er den Widerruf rechtfertigen würde. Randnummer97

Aus entsprechenden Gründen berechtigt auch ein etwaiger Verstoß gegen § 4 des Anstellungsvertrags nicht zum Widerruf.

3.

Unabhängig davon hat die Beklagte nicht nachgewiesen, daß der Kläger dem Zeugen G überhaupt Kunden bzw. Kundenanschriften weitergegeben hat. Wie der Zeuge G angegeben hat, waren ihm sämtliche in Frage stehenden Kunden — etwa 10 bis 15 — bereits aus seiner eigenen 12-jährigen Tätigkeit bei der Beklagten bekannt, wie er in nachvollziehbarer, substantiierter, von der Beklagten nicht widerlegten Weise dargetan hat. Er habe in Akquisitionsgesprächen zwar Grüße des Klägers ausgerichtet, weil er gewußt habe, daß der Kläger bei diesen Kunden einen guten Ruf genieße. Dies sei jedoch auf eigenen Antrieb und ohne Rücksprache mit dem Kläger geschehen. Auch der Zeuge P hat bestätigt, die Kontaktaufnahme des Zeugen G zu ihm sei nicht über den Kläger erfolgt. Wegen der Beweiswürdigung der Aussagen beider Zeugen im übrigen wird auf das Urteil des Landgerichts (S. 14/15) verwiesen.

4.

Auch die von der Beklagten behauptete Unterschlagung von 14.950,– DM rechtfertigt einen Widerruf der Ruhegeldzusage nicht. Auch dieser Eingriff ist unter Berücksichtigung des durch ihn verursachten Schadens nach der o.a. Rechtsprechung bei weitem nicht schwerwiegend genug, um den Widerruf begründen zu können. Randnummer100

Unabhängig davon hat die Beklagte auch diesen Vorwurf nicht bewiesen. Der von ihr erhobene Vorwurf wird zwar von der Zeugin A K bestätigt, die angegeben hat, dem Kläger den von den Käufern bezahlten Betrag von 19.950,– DM bar weitergegeben zu haben, von dem dann lediglich 5.000,– DM in die Kasse gelangt seien. Nach Aussage der Zeugin M D hingegen hat der Geschäftsführer S ihr die ursprünglichen Rechnung über 19.950,– DM übergeben mit dem Auftrag, diese zu stornieren, sie zur Ausstellung der Zweitrechnung über DM 5.000,– veranlaßt und ihr diesen Betrag zur Vereinnahmung in der Kasse übergeben. Dies spricht dafür, daß S den Differenzbetrag für sich behalten hat. Diese Aussage erscheint zumindest nicht unplausibel, weil unstreitig der Geschäftsführer S das fragliche Verkaufsgeschäft getätigt, den Kaufpreis ausgehandelt und ihm auch nach Angaben der Zeugin K bekannt war, daß die Käufer den Kaufpreis bezahlt haben. Der Kläger konnte den fraglichen Betrag daher kaum hinter seinem Rücken „abzweigen“. Randnummer101

Auch wenn die Zeugin D als Ehefrau des Klägers keine neutrale Zeugin ist, kann bei dieser Sachlage der von der Beklagten zu erbringende Beweis nicht als erbracht angesehen werden, zumal die Gegenzeugin K als Mitarbeiterin der Beklagten eher dieser nahestehen dürfte. Randnummer102

Im übrigen kann insoweit auf die Beweiswürdigung des Landgerichts, die die Beklagte nicht substantiiert angegriffen hat, verwiesen werden (S. 16-18 des Urteils). Im Ergebnis besteht daher ein „non liquet“.

IV.

Aus den unter III. 4. genannten Gründen hat die Beklagte zugleich auch den Beweis für das Bestehen der von ihr verfolgten Aufrechnungsforderung wegen Unterschlagung nicht erbracht. Randnummer104

Das Urteil des Landgerichts war aus diesen Gründen in vollem Umfang zu bestätigen.

V.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO, die Entscheidungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgen aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

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