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OLG Stuttgart, Urteil vom 12.11.2019 – 1 U 247/18

§ 256 Abs 1 ZPO

Widerruft der Aufsichtsrat einer Holding-GmbH die Bestellung des Geschäftsführers und schließen die Parteien daraufhin einen Aufhebungsvereinbarung zur Beendigung des Anstellungsverhältnisses, so fehlt einer Klage des ehemaligen Geschäftsführers auf Feststellung der Unwirksamkeit des Widerrufsbeschlusses das Feststellungsinteresse, wenn die Aufhebungsvereinbarung dahin auszulegen ist, dass die Parteien sich auf eine dauerhafte Beendigung des Geschäftsführeramts geeinigt haben und er insoweit keine Rechte mehr geltend machen kann.

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Ravensburg vom 26.11.2018, Az.: 7 O 3/18 KfH, wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

3. Das vorliegende Urteil und das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts Ravensburg sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des jeweiligen Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

A.

Der Kläger verlangt die Feststellung, dass der Widerruf seiner Bestellung zum GeschäftsführerBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Bestellung zum Geschäftsführer
Geschäftsführer
der beklagten Z. GmbH durch Aufsichtsratsbeschluss vom 12.5.2016 unwirksam ist, die Beklagte fordert widerklagend die Feststellung der Beendigung des Geschäftsführeramts an diesem Tag.

I.

Die Beklagte ist eine Holdinggesellschaft mit beschränkter Haftung. Sie ist an Gesellschaften beteiligt, die sich vorrangig auf dem Gebiet des Baumaschinenvertriebs, des Apparate- und Behälterbaus sowie der Vermietung von Gegenständen für Miet- und Projektlösungen betätigen. Mit rund 7.800 Mitarbeitern wurde im Geschäftsjahr 2015 ein Umsatz von mehr als 2,3 Mrd. Euro erwirtschaftet. Die Beklagte unterhält einen obligatorischen, paritätisch mitbestimmten Aufsichtsrat. Gesellschafter der Beklagten sind mit einem Geschäftsanteil von 96,25 % die L. Z. GmbH und mit einem Geschäftsanteil von 3,75 % die Stadt F. ; die Gesellschafterrechte der Stadt werden durch deren unselbständige Z. -Stiftung wahrgenommen. Gesellschafter der L. Z. GmbH sind mit einem Geschäftsanteil von 10 % die Beklagte und mit einem Geschäftsanteil von 90 % die Stadt F. . Der Kläger war seit 1997 für die Beklagte tätig, zunächst als Leiter der Konzern-Rechtsabteilung. Seit 1.1.2008 war er einer von mehreren Geschäftsführern. Er war für die Ressorts Personal, Recht und Compliance zuständig und als Arbeitsdirektor tätig. Mit Beschluss vom 6.3.2015 verlängerte der Aufsichtsrat die Bestellung des Klägers bis zum 31.12.2020.

Im Juli 2015 kam es zu Meinungsdifferenzen zwischen dem Kläger und dem Aufsichtsratsvorsitzenden der Beklagten, A. B. , dem Oberbürgermeister der Stadt F. . Dabei ging es um die Behandlung eines Vertrags über die Beratung des Aufsichtsratsvorsitzenden durch M. B. , die zum 1.7.2015 auch Leiterin „Kommunikation“ der Stadt F. und der Z. -Stiftung wurde. Es existiert ein auf den 9.5.2016 datierender schriftlicher Beschluss der Gesellschafter der Beklagten, in dem dem Kläger der Entzug des Vertrauens ausgesprochen wird (siehe Anlage B12). In einer Sitzung vom 12.5.2016 beschloss der Aufsichtsrat u.a., die Bestellung des Klägers zum Geschäftsführer zu widerrufen (siehe die Niederschrift der Sitzung des Aufsichtsrats, Anlage B13). Der Kläger hielt die Abberufung für unwirksam. Nach Verhandlungen, die schon im April 2016 begonnen hatten, schlossen die Parteien eine Aufhebungsvereinbarung vom 27./29.5.2016 (siehe Anlage K10/B4). In der Präambel heißt es bezogen auf den Kläger u.a.: „Sein Geschäftsführeramt endete am 12.5.2016. Mit der vorliegenden Aufhebungsvereinbarung regeln die Parteien die Abwicklung und Beendigung des Anstellungsverhältnisses […]“. Im Übrigen wird wegen der tatsächlichen Feststellungen sowie des Vorbringens und der Antragstellung der Parteien im ersten Rechtszug auf das angegriffene Urteil Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO).

II.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und der Widerklage stattgegeben. Die Klage sei zulässig, aber unbegründet. Der Aufsichtsratsbeschluss über den Widerruf der Bestellung am 12.5.2016 sei nicht aus formellen Gründen unwirksam. Eine Unwirksamkeit des Beschlusses folge auch nicht daraus, dass der Widerruf offenbar ohne sachlichen Grund erfolgt sei. Die Gesellschafterversammlung der Beklagten habe am 9.5.2016 einen wirksamen Beschluss gefasst, wonach dem Kläger als Geschäftsführer der Beklagten das Vertrauen entzogen worden sei. Jedenfalls mit der Aufnahme von Verhandlungen zwischen dem Kläger und der Beklagten über die Beendigung des Amtes und des Geschäftsführeranstellungsvertrags sei eine schwerwiegende Störung des Vertrauensverhältnisses eingetreten, die dem zuständigen Organ überlassen müsse, dem Geschäftsführer das Vertrauen zu entziehen. Die Widerklage sei zulässig und begründet. Das Geschäftsführeramt des Klägers habe am 12.5.2016 geendet. Selbst bei Unwirksamkeit des Bestellungswiderrufs vom 12.5.2016 wäre die Organstellung jedenfalls aufgrund der Aufhebungsvereinbarung vom 27.5./29.5.2016 beendet. Im Einzelnen wird auf die Entscheidungsgründe des Landgerichtsurteils verwiesen.

III.

Der Kläger verfolgt mit der Berufung seine erstinstanzlichen Anträge weiter. Das Landgericht sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass der Gesellschafterbeschluss über die Entziehung des Vertrauens am 9.5.2016 gefasst worden sei und bei dem Widerrufsbeschluss vom 12.5.2016 bereits vorgelegen habe. Einen Vertrauensentzug durch die L. Z. GmbH habe es nie gegeben. Den beiden Geschäftsführern jener Gesellschaft sei der vom Oberbürgermeister B. vorformulierte Beschluss über den „Vertrauensentzug“ lediglich zur Unterzeichnung vorgelegt worden, ohne dass diese sich inhaltlich damit befasst hätten, geschweige denn Gedanken über die Gründe und die Berechtigung eines „Vertrauensentzugs“ gemacht hätten. Der Gesellschafterbeschluss vom 9.5.2016 sei aus formellen Gründen nichtig. Das Landgericht habe außerdem die sachliche Berechtigung dieses Beschlusses anhand ungeeigneter Kriterien und damit rechtsfehlerhaft beurteilt. Die Widerklage sei unbegründet. Das Geschäftsführeramt sei weder durch den Aufsichtsratsbeschluss vom 12.5.2016 noch durch die Aufhebungsvereinbarung vom 27.5./ 29.5.2016 beendet worden. Die Vereinbarung betreffe nur das Anstellungsverhältnis. Die bereits erfolgte Amtsbeendigung habe die „Vertragsgrundlage“ der Aufhebungsvereinbarung gebildet und sei nicht erneut Vertragsinhalt gewesen. Der Kläger habe stets in Abrede gestellt, dass der Bestellungswiderruf zu Recht erfolgt sei.

Der Kläger beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Ravensburg vom 26.11.2018, Az.: 7 O 3/18 KfH, wie folgt zu erkennen:

1. Es wird festgestellt, dass der Widerruf der Bestellung des Klägers als Geschäftsführer der Beklagten durch Beschluss des Aufsichtsrates der Beklagten vom 12.5.2016 unwirksam ist.

2. Die Widerklage wird abgewiesen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte tritt der Berufung entgegen. Die Berufung sei unzulässig, soweit sie sich gegen die Klageabweisung richte, und im Übrigen unbegründet.

Wegen der Einzelheiten des Berufungsvorbringens beider Seiten wird auf die Berufungsschriftsätze verwiesen.

B.

I.

Die Berufung ist zulässig. Die gegen die Zulässigkeit gerichteten Angriffe der Beklagten haben keinen Erfolg. Die (geringen) Anforderungen an die Berufungsbegründung gemäß § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO sind gewahrt.

II.

Die Berufung ist jedoch unbegründet. Das Landgericht hat die Feststellungsklage des Klägers mit Recht abgewiesen und auch der Widerklage der Beklagten zutreffend stattgegeben.

1. Feststellungsklage

Die Feststellungsklage des Klägers ist bereits unzulässig, jedenfalls aber unbegründet.

a) Die Unzulässigkeit ergibt sich daraus, dass ein Feststellungsinteresse gemäß § 256 Abs. 1 ZPO nicht besteht.

aa) Ein rechtliches Interesse an einer alsbaldigen Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses ist nur gegeben, wenn dem Recht oder der Rechtslage des Klägers eine gegenwärtige Gefahr der Unsicherheit droht und wenn das erstrebte Urteil geeignet ist, diese Gefahr zu beseitigen (vgl. BGH NJW 2015, 873 Rn. 29; siehe auch BeckOK ZPO/Bacher, 34. Ed. 1.9.2019, § 256 Rn. 17).

bb) Danach fehlt hier das Feststellungsinteresse. Der Kläger beruft sich darauf, dass er mit der Feststellung der Unwirksamkeit des Widerrufsbeschlusses vom 12.5.2016 bis zum ordnungsgemäßen Ablauf seiner Bestellung zum GeschäftsführerBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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am 31.12.2020 wieder Mitglied der Geschäftsführung der Beklagten sei (vgl. zur Gestaltungswirkung einer Feststellung MüKoAktG/Spindler, 5. Aufl. 2019, § 84 Rn. 146b; siehe auch § 84 Abs. 3 Satz 4 AktG). Die zwischen den Parteien abgeschlossene Aufhebungsvereinbarung vom 27./29.5.2016 ist aber dahin auszulegen, dass die Parteien sich auf eine dauerhafte Beendigung des Geschäftsführeramts des Klägers zum 12.5.2016 geeinigt haben und der Kläger insoweit keine Rechte mehr geltend machen kann. Daher kommt es nicht mehr darauf an, ob der Widerrufsbeschluss vom 12.5.2016 unwirksam ist.

(1) Aufhebungsverträge sind wie andere Verträge nach §§ 133, 157 BGB auszulegen. Zunächst ist vom Wortlaut der Vereinbarung auszugehen. Neben dem Wortlaut sind die Begleitumstände, die Entstehungsgeschichte und der Zweck des Aufhebungsvertrages bzw. seiner Regelungen, die bestehende Interessenlage, Treu und Glauben sowie die Verkehrssitte zu berücksichtigen (vgl. Ehrich in: Weber/Ehrich/Burmester/Fröhlich, Handbuch der arbeitsrechtlichen Aufhebungsverträge, 5. Aufl. 2009, Teil 2 Inhalt und Auslegung von Aufhebungsverträgen, Rn. 1; siehe ferner BAG NZA-RR 2006, 582 Rn. 27; LAG Rheinland-Pfalz Urt. v. 25.11.2013 – 5 Sa 330/13 –, BeckRS 2014, 66092; zur Auslegung eines Vergleichs jurisPK-BGB/Bork, 8. Aufl. 2017, § 779 Rn. 8; BeckOK BGB/R. Fischer, 51. Ed. 1.8.2018, § 779 Rn. 30 f.; Palandt/Sprau, BGB, 78. Aufl. 2019, § 779 Rn. 12). In einem Aufhebungsvertrag wollen die Parteien in der Regel das Arbeitsverhältnis abschließend bereinigen und alle Ansprüche erledigen, gleichgültig, ob sie an diese dachten oder nicht (vgl. BAG NZA 2004, 554, 555; NZA 2004, 1097, 1098).

(2) Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist die Aufhebungsvereinbarung vom 27./ 29.5.2016 in einer Gesamtschau aller Umstände dahin auszulegen, dass der Kläger keine Rechte bezüglich seiner Geschäftsführerstellung mehr geltend machen kann. Dies ergibt sich aus dem Wortlaut und dem Zweck der getroffenen Regelungen, insbesondere aus Nr. 18 der Aufhebungsvereinbarung.

Zwar heißt es in der Präambel, dass die Parteien mit der Aufhebungsvereinbarung die Abwicklung und Beendigung des Anstellungsverhältnisses regeln. Von der organschaftlichen Bestellung ist der schuldrechtliche Anstellungsvertrag des Geschäftsführungsmitglieds zu unterscheiden. Er regelt den genauen Umfang seiner Leistungspflichten sowie die Gegenleistung der Gesellschaft. Trotz der dogmatischen Trennung stehen Bestellung und Anstellung jedoch in einem engen tatsächlichen und rechtlichen Zusammenhang (vgl. Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, 4. Aufl. 2019, § 84 Rn. 7). Wird nach § 84 Abs. 3 Satz 1 AktG die Bestellung zum Vorstands- bzw. Geschäftsführungsmitglieds widerrufen, so hat dies zwangsläufig Wirkungen für den Anstellungsvertrag. Ohne die Organstellung hat der Anstellungsvertrag seine eigentliche Bedeutung verloren. Umgekehrt ist auch die Organstellung ohne Anstellungsvertrag nicht sinnvoll. Deshalb schließt eine fristlose Kündigung des Anstellungsvertrages im Zweifel den Widerruf der Bestellung ein und umgekehrt (vgl. MüKoAktG/Spindler, 5. Aufl. 2019, § 84 Rn. 163).

Vor diesem Hintergrund sprechen bereits die weiteren Regelungen in der Präambel dafür, dass es bei der Beendigung des Geschäftsführeramts zum 12.5.2016 bleiben sollte. Die Beendigung des Geschäftsführeramts am 12.5.2016 wird im ersten Absatz ausdrücklich festgehalten. Zwar entspricht dies zunächst nur der Regelung des § 84 Abs. 3 Satz 4 AktG, die vorliegend gemäß § 31 Abs. 1 MitBestG anwendbar ist. Anschließend folgt in der Präambel aber der bereits angesprochene Satz über die Abwicklung und Beendigung des Anstellungsverhältnisses. Damit sind beide Elemente der Geschäftsführertätigkeit des Klägers für die Beklagte im Sinne einer Beendigung angesprochen. Da eine Organstellung ohne Anstellungsvertrag – wie ausgeführt – nicht sinnvoll ist, spricht dies dafür, dass die Beziehungen zwischen den Parteien umfassend beendet werden sollten. Dies wird durch den zweiten Absatz der Präambel bestätigt. Danach sollte der Kläger weitere Ämter, die er im Interesse der Beklagten übernommen hat, niederlegen (vgl. dazu den Klägervortrag Bl. 44 mit Anl. K9; siehe zur auch Auslegung von Abfindungsvergleichen BAG NZA 2000, 1097, 1101; BeckOGK/J. F. Hoffmann, 1.9.2019, § 779 BGB Rn. 75; MüKoBGB/Habersack, 7. Aufl. 2017, § 779 Rn. 49). Eine entsprechende Pflicht aus dem Anstellungsvertrag steht dieser Auslegung nicht entgegen.

Der Wille der Parteien, ihre rechtlichen Beziehungen insgesamt dauerhaft zu beenden, wird durch die auf die Präambel folgenden Regelungen der Aufhebungsvereinbarung in verschiedener Weise bestätigt. Entsprechend der Präambel wurde das Dienstverhältnis zwischen den Parteien einvernehmlich zum 31.12.2016 beendet (siehe Nr. 1) und der Kläger gleichzeitig bis zur Beendigung des Dienstverhältnisses unwiderruflich freigestellt (siehe Nr. 2). Für den Verlust seines Arbeitsplatzes wurde zugunsten des Klägers eine Abfindung von 1,6 Mio. Euro vereinbart (siehe Nr. 3). Arbeitsplatz geht über den Anstellungsvertrag hinaus und umfasst als Oberbegriff auch die Organstellung. Mit der laufenden Vergütung aus dem endenden Anstellungsverhältnis sollte die Tätigkeit des Klägers in allen Ämtern, die er als Vertreter der Beklagten oder verbundener Unternehmen wahrgenommen hat, abgegolten sein (siehe Nr. 5). Ferner sollte die bestehende D…-Versicherung (nur) bis zum vereinbarten Beendigungszeitpunkt aufrechterhalten bleiben (siehe Nr. 10). Auch die Regelungen über ein auszustellendes Endzeugnis (Nr. 11) und über Rückgabeverpflichtungen des Klägers (siehe Nr. 13) bestätigen den abschließenden Charakter der Aufhebungsvereinbarung vom 27./29.5.2016 und beziehen sich nicht nur auf den Anstellungsvertrag, sondern auf das Rechtsverhältnis insgesamt.

Die umfassende Beendigungswirkung der Aufhebungsvereinbarung kommt darüber hinaus in der Erledigungsklausel unter Nr. 18 zum Ausdruck, die in der Senatsverhandlung vom 29.10.2019 ausdrücklich erörtert wurde. Dort ist einleitend geregelt: „Mit Abschluss und der Erfüllung der vorliegenden Vereinbarung sind sämtliche Ansprüche und Rechte der Parteien aus oder im Zusammenhang mit dem Anstellungsverhältnis sowie dessen Beendigung abgegolten und erledigt, soweit ein Verzicht hierauf rechtlich zulässig ist.“ Davon ist auch das Recht des Klägers umfasst, sich gegen den Widerruf seiner Geschäftsführerbestellung mit dem Aufsichtsratsbeschluss vom 12.5.2016 zu wenden. Denn es handelt sich dabei um ein Recht, das in Zusammenhang mit dem Anstellungsverhältnis bzw. dessen Beendigung steht. Unter die Ausnahmen, die bei Nr. 18 ausdrücklich aufgeführt sind (vor allem Ansprüche aus betrieblicher Altersvorsorge, siehe dazu näher Nr. 14 der Aufhebungsvereinbarung), fällt dieses Recht nicht.

Der Kläger hält dieser Auslegung ohne Erfolg entgegen, in einem Entwurf der Aufhebungsvereinbarung von Anfang April 2016, der von dem vom Kläger eingeschalteten Rechtsanwalt Dr. R. stammte, habe die Präambel noch ausdrücklich die folgenden Regelungen enthalten: „Der Geschäftsführer soll nunmehr einvernehmlich aus den Diensten des Unternehmens Ausscheiden. Der Geschäftsführer wird hierzu mit Wirkung zum Zeitpunkt der Unterzeichnung dieses Vertrages sein Amt als Geschäftsführer niederlegenBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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.“ Der Kläger macht geltend, aus dem Fehlen dieser Regelungen in der Aufhebungsvereinbarung vom 27./29.5.2016 sei zu schließen, dass bezüglich des Geschäftsführeramts nichts vereinbart werden sollte. Dieser Schluss ist jedoch unzulässig. Denn zwischenzeitlich war der Widerrufsbeschluss vom 12.5.2016 ergangen. Ende Mai 2016 bestand daher keine Notwendigkeit mehr, zusätzlich noch eine Niederlegung des Geschäftsführeramts zu regeln. Außerdem wird die Beendigung des Geschäftsführeramts in der Präambel nun – wie bereits erwähnt – als feststehend aufgeführt. Ein geheimer Vorbehalt des Klägers, den Widerrufsbeschluss vom 12.5.2016 später anfechten zu wollen, ist im Übrigen gemäß § 116 Satz 1 BGB unbeachtlich.

(3) Die vorstehende Auslegung der Aufhebungsvereinbarung vom 27./29.5.2016 knüpft an den Wortlaut des Vertrags und die Begleitumstände an und gilt unabhängig davon, ob die dauerhafte Beendigung der Organstellung ausdrücklich Thema der Verhandlungen zwischen den Parteien war – was der Kläger bestreitet – und ob der Kläger seine Abberufung als ungerecht und den behaupteten Vertrauensentzug als ungerechtfertigt bzw. vorgeschoben bewertet hat. Einer Beweisaufnahme zu dem entsprechenden Parteivortrag bedarf es daher nicht (siehe das Klägervorbringen mit Beweisantritt RA Dr. R. Bl. 43 f., 83 f., ergänzend die Erklärung von Dr. R. vom 17.5.2018, Bl. 98 f.). Ob eine Vereinbarung über die dauerhafte Beendigung des Geschäftsführeramts auch in getroffenen Absprachen über die interne und externe Kommunikation des Ausscheidens des Klägers liegt (vgl. Bl. 24 f., 44), der Kläger mit seiner Klage rechtsmissbräuchliche Ziele verfolgt (vgl. Bl. 27 f., 45 f.) oder hinsichtlich der vom Kläger verfolgten Rechte zwischenzeitlich Verwirkung eingetreten ist (vgl. Bl. 37, 53 f.), kann offenbleiben.

b) Im Übrigen ist die Feststellungsklage auch unbegründet. Aus den vorgenannten Gründen steht dem Kläger nach dem Abschluss der Abfindungsvereinbarung vom 27./29.5.2016 nicht mehr das Recht zu, sich auf eine Unwirksamkeit des Widerrufsbeschlusses des Aufsichtsrats vom 12.5.2016 berufen. Auf die vom Kläger geltend gemachten Unwirksamkeitsgründe kommt es daher nicht an.

2. Die Widerklage hingegen ist zulässig und begründet.

a) Die Widerklage stellt keine bloße Negation der vom Kläger erhobenen Feststellungsklage dar, was zur Unzulässigkeit führen könnte (vgl. Zöller/Greger, ZPO, 32. Aufl. 2018, § 256 Rn. 7d). Die Feststellungsklage bezieht sich nur auf die Frage der Unwirksamkeit des Widerrufsbeschlusses vom 12.5.2016, während die Widerklage die Frage der Beendigung des Geschäftsführeramts zum 12.5.2016 betrifft, bei der es nicht zwingend auf die Unwirksamkeit des Widerrufsbeschlusses ankommt (siehe oben).

b) Die Widerklage ist auch begründet. Das Landgericht hat mit Recht festgestellt, dass das Geschäftsführeramt des Klägers bei der Beklagten am 12.5.2016 geendet hat. Dies folgt wie ausgeführt aus dem Aufsichtsratsbeschluss vom 12.5.2016 (vgl. § 84 Abs.3 Satz 4 AktG, § 31 Abs. 1 MitbestG) in Verbindung mit der Aufhebungsvereinbarung vom 27./29.5.2016.

VI.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 708 Nr. 10, § 711 Satz 1 und 2, § 709 Satz 2 ZPO. Es ist kein Grund gegeben, gemäß § 543 Abs. 2 ZPO die Revision zuzulassen. Das Urteil beruht auf einer Würdigung des vorliegenden Einzelfalls.

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Schlagworte: Abberufung, Feststellungsinteresse