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OLG Stuttgart, Urteil vom 17.05.1973 – 10 U 136/72

§ 48 GmbHG, § 77 BetrVG 1952, § 118 Abs 2 AktG, § 125 Abs 3 AktG, § 250 AktG, § 241 AktG, § 246 AktG

1. Werden die Mitglieder des Aufsichtsrats einer GmbH entgegen BetrVG 1952 § 77 iVm AktG § 118 Abs 2, § 125 Abs 3 nicht zu einer Gesellschaftsversammlung eingeladen, so ist ein dennoch gefaßter Beschluß nicht nichtig, sondern allenfalls anfechtbar.

Ist ein Gesellschafter nicht zur Gesellschafterversammlung eingeladen worden und sind auch nicht sämtliche Gesellschafter anwesend, so ist ein Beschluß, der in dieser Versammlung gefasst worden ist, nichtig (vgl. BGHZ 36, 211). Gleiches gilt nicht für die Mitglieder des Aufsichtsrats. Sie sind nach der ausdrücklichen Verweisung in § 77 BetrVerfG entsprechend §§ 118 Abs. 2, 125 Abs. 3 AktG zu unterrichten. §§ 250, 241 AktG enthalten diese Vorschriften nicht. Wird hiergegen verstoßen, so ist ein dennoch gefasster Beschluß sonach auch nicht nichtig, sondern allenfalls wegen Verletzung des Gesetzes oder der Satzung anfechtbar (§ 251 AktG).

2. Daraus, daß BetrVG 1952 § 77 den Aufsichtsrat bei der GmbH durch zahlreiche Verweisungen eng an das Aktienrecht abgelehnt hat, kann entnommen werden, daß die dort geltende Monatsfrist für die Anfechtung von Beschlüssen der Hauptversammlung AktG § 246Bitte wählen Sie ein Schlagwort:
AktG
AktG § 246
jedenfalls nicht wesentlich überschritten werden darf, wenn die Anfechtung eines Gesellschafterbeschlusses auf eine Verletzung der Rechte und Pflichten des Aufsichtsrats gestützt wird.

1.) Die Berufung des Klägers gegen das am 17.11.1972 verkündete Urteil der Kammer für Handelssachen des Landgerichts Ulm wird zurückgewiesen.
2.) Der Kläger trägt auch die Kosten der Berufung.
3.) Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Streitwert:
Erster Rechtszug:
Klagantrag Ziff. 1: (Nichtigkeit des Beschlusses vom 19.1.1972)
bis zur Erledigterklärung: 100.000,– DM
ab Erledigterklärung: Wert der Kosten
Klagantrag Ziff. 2 (Aussetzung) 20.000,– DM
Klagantrag Ziff. 3 (Feststellungsantrag) 20.000,– DM
Zweiter Rechtszug:
Klagantrag Ziff. 1: Wert der Kosten
Klagantrag Ziff. 2:
bis zur Erledigterklärung: 20.000,– DM
ab Erledigterklärung: Wert der Kosten
Klagantrag Ziff. 3: 20.000,– DM.

Der Kläger macht gegenüber der Beklagten die Nichtigkeit, hilfsweise Anfechtbarkeit eines Gesellschafterbeschlusses geltend und verlangt ferner Schadenersatz.

Die Beklagte ist eine GmbH, welche sich mit der Herstellung und dem Vertrieb von Textilmaschinen sowie sonstiger Maschinen und technischer Erzeugnisse befaßt. Gesellschafter sind der Kläger, seine Mutter, … und seine beiden Schwestern, … und …, mit einem Geschäftsanteil von je 2 Millionen DM.

Da die Beklagte mehr als 500 Arbeitnehmer beschäftigt, hat sie entsprechend § 77 BetrVerfG vom 11.10.1952 einen Aufsichtsrat, der bis heute aus drei Personen besteht. Es waren dies im Januar 1972 der Vorsitzende … Herr … und als Arbeitnehmervertreter Herr …. Die Geschäftsführung der Beklagten oblag den drei Geschäftsführern … und ….

§ 7 des Gesellschaftsvertrags vom 30.7.1954 lautet:

(1) Beschlüsse der Gesellschaft werden in der Regel in der Gesellschafterversammlung gefasst.
(2)
(3) Im übrigen gelten die Vorschriften des § 11.
(4) Der Gesellschafterversammlung obliegt insbesondere die Beschlußfassung über folgendes:
8. Die Anordnung einer Revision durch einen Wirtschaftsprüfer oder eine als Wirtschaftsprüfungsgesellschaft zugelassene Treuhandgesellschaft.

§ 11 des Gesellschaftsvertrages lautet:

(1) Die Einberufung zu Versammlungen hat durch eingeschriebenen Brief an jeden Teilnehmer zu erfolgen unter Wahrung einer Frist von einer Woche, welche mit der Aufgabe des Briefes zur Post beginnt.
(2) Der Tag der Absendung und der Tag der Versammlung werden dabei nicht mitgerechnet.
(3) Die Einladung soll die einzelnen Gegenstände der Versammlung ankündigen.
(4) Ist die Versammlung nicht nach diesen Bestimmungen berufen, so können Beschlüsse nur gefasst werden, wenn sämtliche Teilnehmer anwesend oder vertreten sind.
(5) Der Abhaltung der Versammlung bedarf es nicht, wenn sämtliche Teilnehmer sich schriftlich mit der zu treffenden Bestimmung oder der schriftlichen Abgabe der Stimme einverstanden erklären. In den Fällen, in denen eine notarielle Beurkundung des Beschlusses vorgeschrieben ist, findet diese Bestimmung jedoch keine Anwendung.
(6) Beschlüsse werden mit der einfachen Mehrheit der abgegebenen Stimmen gefasst. Die unter § 7 Ziff. 3 und 9 genannten Gegenstände erfordern jedoch eine Mehrheit von drei Vierteilen der abgegebenen Stimmen. In den Fällen des § 4 Abs. II ist Einstimmigkeit nötig. Je DM 100 eines Geschäftsanteils gewähren eine Stimme.

Mit Schreiben vom 10.1.1972 luden die Geschäftsführer der Beklagten zu einer Gesellschafterversammlung auf Mittwoch, den 19.1.1972, ein. Als einziger Tagesordnungspunkt war die Wahl zweier Gesellschaftervertreter zum Aufsichtsrat (§ 9 Abs. 1 u. 2 des Gesellschaftsvertrages) genannt. Bereits mit Schreiben vom 2.1.1972 hatte der Kläger vorgeschlagen, ihn selbst und … zu Mitgliedern des Aufsichtsrats zu wählen.

Am 19.1.1972 fand die Gesellschafterversammlung statt, bei welcher der Kläger, Frau … und Frau … sowie die Geschäftsführer der Beklagten persönlich anwesend waren. Die Mitgesellschafterin … ließ sich durch Herrn Rechtsanwalt Dr. … vertreten. Über den Verlauf der Versammlung wurde ein Protokoll gefertigt. Als Frau … den Vorsitz der Versammlung übernahm, verlangte der Kläger hierüber eine Abstimmung. Die übrigen Gesellschafter stimmten für Frau … Der Kläger machte nunmehr geltend, daß zu dieser Gesellschafterversammlung die Mitglieder des Aufsichtsrats hätten eingeladen werden müssen, weil das Aktiengesetz hier anzuwenden sei und auch die Aufsichtsratsmitglieder bei Aktiengesellschaften in der Hauptversammlung bei der Wahl des Aufsichtsrats anwesend seien. Die übrigen Gesellschafter sowie der Geschäftsführer … widersprachen. Hierauf gab der Kläger den „Protest“ zu Protokoll, daß er den Beschluß anfechten werde, weil die Versammlung nicht beschlußfähig sei. Danach verließ er die Versammlung. In seiner Abwesenheit stimmten die übrigen Gesellschafter gegen den Wahlvorschlag des Klägers. Gewählt wurden mit den Stimmen von Frau … und Frau … bei Stimmenthaltung des Bevollmächtigten von Frau … Herr Dr. … und Herr Dr. …. Diese nahmen zunächst die Wahl an. Wegen der Meinungsverschiedenheiten zwischen den Gesellschaftern über die Frage, ob die Versammlung vom 19.1.1972 ordnungsgemäß einberufen war, legten sie ihr Mandat jedoch mit Schreiben vom 24. bzw. 23.8.1972 nieder. Als neue Aufsichtsratsmitglieder wurden dann in der Gesellschafterversammlung vom 18.9.1972 Dr. … und Dr. … gewählt.

Im Jahre 1969 erwog der bisherige Vorsitzende des Aufsichtsrats bei der Beklagten, …, der …-Gesellschaft (…, heute …) in D die ständige Prüfung der Jahresabschlüsse neben der steuerlichen und der betriebswirtschaftlichen Beratung der Beklagten zu übertragen. Er richtete deswegen am 13.8.1969 ein entsprechendes Schreiben an die …, in welchem er auf eine Besprechung vom 12.8.1969 Bezug nahm, an der neben ihm für die Beklagte Frau … sowie die beiden Geschäftsführer teilgenommen hatten. Als Vorsitzender des Aufsichtsrats, Bevollmächtigter der Gesellschafter und Berater von Frau … erteilte er unter näherer Erläuterung der … den Auftrag, den diese mit Schreiben vom 1.9.1969 wie folgt bestätigte:

„… haben Sie den Auftrag erteilt,

a) die Jahresabschlüsse der … – maschinen GmbH … zum 31.12.1969 nach berufsüblichen Grundsätzen zu prüfen.
b)
c) die laufende steuerliche Beratung der beiden Firmen zu übernehmen.“

Mit Schreiben vom 26.7.1972 teilten die Geschäftsführer der Beklagten dem Kläger mit, daß entgegen ihrer ursprünglichen Ansicht ein Beschluß der Gesellschafter über die Prüfung des Jahresabschlusses für 1971 nicht notwendig sei, da aus dem Schreiben des Dr. … an die … vom 13.8.1969 hervorgehe, daß hinsichtlich Prüfung und Beratung ein Dauerauftrag bestehe. Aus diesem Grund habe die Geschäftsleitung vorsorglich mit der … abgesprochen, daß infolge des behaupteten Dauerauftrags die … auch die Prüfung für den Jahresabschluß 1971 vornehmen möchte. Der Kläger ließ hierauf der Geschäftsleitung mit anwaltlichem Schreiben vom 27.7.1972 mitteilen, daß er mit einer erneuten Bestellung der … nicht einverstanden sei. Statt dessen schlug er die … als Wirtschaftsprüfungsgesellschaft vor. Mit Schreiben an sämtliche Gesellschafter vom 31.7.1972 legten die Geschäftsführer dar, warum sie an ihrem Vorschlag, die … zu beauftragen, festhielten. Sie schlugen eine schriftliche Abstimmung vor. Mit Schreiben vom 8.8.1972 versagte der Kläger hierzu seine Zustimmung und verlangte eine Gesellschafterversammlung. Diese wurde auf 18.9.1972 einberufen. Die Versammlung, bei der sämtliche Gesellschafter durch Bevollmächtigte vertreten waren, beschloß, daß die … den Jahresabschluß zum 31.12.1971 prüfen solle. Mit Schreiben vom 8.8.1972 hatte der Geschäftsführer … bereits der … den Auftrag über die Prüfung des Jahresabschlusses 1971 bestätigt.

Der Kläger hat vorgetragen:

Der Beschluß vom 19.1.1972 über die Wahl der Aufsichtsratsmitglieder sei nichtig, mindestens jedoch anfechtbar, weil die bisherigen Aufsichtsratsmitglieder zu dieser Gesellschafterversammlung nicht förmlich eingeladen worden seien.

Auch liege kein nach den Bestimmungen des Gesellschaftsvertrags und nach dem Gesetz zustandegekommener Beschluß über die Beauftragung der … mit der Prüfung des Jahresabschlusses für 1971 vor. Insbesondere hätten die Geschäftsführer der Beklagte wie auch die drei Mitgesellschafter vertrags- und rechtswidrig gehandelt, da die … schon am 7.8.1972 ihre Prüfungstätigkeit aufnahm, obwohl im Schreiben der Beklagten vom 31.7.1972 eine Frist bis zum 7.8.1972 bestimmt war, innerhalb deren die vorgeschlagene schriftliche Abstimmung über den Antrag der Geschäftsführung und den Vorschlag des Klägers erledigt sein sollten. Schon deshalb könne der Kläger solange Aussetzung des der … erteilten Auftrags verlangen, bis wenigstens ein ordnungsgemäßer Gesellschafterbeschluß vorliege.

Darüberhinaus sei die Beklagte verpflichtet, dem Kläger den durch die rechtswidrige Auftragserteilung entstandenen und noch entstehenden Schaden zu ersetzen. Die Beklagte könne sich wegen des Prüfungsauftrags nicht auf den Gesellschafterbeschluß vom 18.9.1972 berufen, da dieser gleichfalls nichtig, mindestens jedoch anfechtbar sei.

Mit seiner am 31.7.1972 eingereichten Klage hat der Kläger zunächst begehrt, die Nichtigkeit des Gesellschafterbeschlusses vom 19.1.1972 festzustellen, hilfsweise diesen Beschluß infolge Anfechtung für nichtig zu erklären. In der mündlichen Verhandlung vom 26.9.1972 haben beide Parteien insoweit die Hauptsache unter Verwahrung gegen die Kostenlast für erledigt erklärt.

Der Kläger hat dann noch beantragt:

1. Die Beklagte wird verurteilt, die von ihr mit der Überprüfung des Jahresabschlusses 1971 beauftragte … Gesellschaft (…) in D anzuweisen, die Überprüfung mindestens solange auszusetzen, bis ein ordnungsgemäßer, dem Gesellschaftsvertrag der Beklagten entsprechender Beschluß der Gesellschafterversammlung vorliegt.
2. Es wird festgestellt, daß die Beklagte dem Kläger allen Schaden zu ersetzen hat, der durch die gesellschaftswidrige Beauftragung der … entstanden ist und noch entsteht.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat vorgetragen:

Ein Nichtigkeitsgrund bezüglich des Gesellschafterbeschlusses vom 19.1.1972 liege nicht vor. Insbesondere sei dieser Beschluß nicht wegen eines Verstosses gegen § 241 AktG nichtig. Entscheidend sei allein, daß am 19.1.1972 alle Gesellschafter erschienen waren. Ebensowenig stehe dem Kläger ein Anfechtungsrecht zur Seite. Weder habe der Kläger einen Verstoß gegen die Satzung noch einen Verstoß gegen das Gesetz zu begründen vermögen. Schließlich seien die beiden Aufsichtsratsmitglieder Dr. … und … über die bevorstehende Gesellschafterversammlung unterrichtet worden, ohne daß diese beiden Personen ein Teilnahmeinteresse gezeigt hätten. Das dritte Mitglied sei deshalb nicht benachrichtigt worden, weil es sich nicht mehr zur Wahl habe stellen und deshalb auch keinen Einfluß auf die Wahl seiner Nachfolger habe nehmen wollen. In jedem Fall aber hätten die anwesenden Gesellschafter nicht anders abgestimmt, selbst wenn alle drei Aufsichtsratsmitglieder erschienen wären. Schließlich sei die Anfechtungsklage des Klägers verspätet. Der Beschluß vom 18.9.1972 sei gleichfalls weder nichtig noch anfechtbar.

Die Kammer für Handelssachen des Landgerichts Ulm hat mit dem am 17.11.1972 verkündeten Urteil die Klage abgewiesen und dem Kläger die Kosten des Rechtsstreits auferlegt.

In den Entscheidungsgründen ist ausgeführt: Der Beschluß der Gesellschafterversammlung vom 19.1.1972 sei weder nichtig noch anfechtbar. Zwar habe die Beklagte wegen § 77 BetrVerfG vom 11.10.1952 einen Aufsichtsrat einrichten müssen, weshalb dessen Mitglieder gem. § 129 BetrVerfG vom 18.1.1972 in Verbindung mit § 118 Abs. II AktG an der Gesellschafterversammlung hätten teilnehmen sollen. Sie hätten deswegen ein Recht und eine Pflicht zur Teilnahme an Gesellschafterversammlungen gehabt. Jedoch habe die Unterlassung der förmlichen Benachrichtigung und die dadurch bedingte Abwesenheit der Aufsichtsratsmitglieder keine Nichtigkeit oder Anfechtbarkeit der in der Versammlung gefassten Beschlüsse zur Folge.

Ein Nichtigkeitsgrund aus §§ 250 bis 252 AktG liege nicht vor. Dies wäre nur dann der Fall, wenn zu der Gesellschafterversammlung vom 19.1.1972 nicht alle Gesellschafter geladen worden wären. Ein Aufsichtsratsmitglied könne wohl gem. § 125 Abs. II AktG eine Mitteilung über die Einberufung der HauptversammlungBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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verlangen. Aus den §§ 250 bis 252 AktG als abschließende Regelung sei ein Nichtigkeitsgrund aber auch dann nicht gegeben, wenn der Vorstand einem solchen Verlangen nicht nachgekommen sei. Etwas anderes könne sich nur dann ergeben, wenn das Aufsichtsratsmitglied im einzelnen Fall für alle späteren Versammlungen ein entsprechendes Verlangen ausdrücklich gestellt habe. Dann würde die Nichtbeachtung mindestens zur Anfechtbarkeit führen. Da ein ausdrückliches Verlangen zur Einladung im gegebenen Fall nicht erwiesen sei, könne der Kläger auch nicht die am 19.1.1972 gefassten Beschlüsse anfechten.

Durch den Beschluß vom 18.9.1972, die … mit der Prüfung des Jahresabschlusses 1971 zu beauftragen, sei dem Kläger der Boden auch für seinen Schadenersatzanspruch entzogen worden. Insbesondere fehle es an jeder nachprüfbaren Darlegung, inwiefern dem Kläger durch die Beauftragung der … ein Schaden entstanden sei.

Gegen dieses zwischen den Parteien am 24.11.1972 zugestellte Urteil hat der Kläger mit Anwaltsschriftsatz am 21.12.1972 Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Begründungsfrist bis 21.2.1973 am 19.2.1973 begründet.

Der Kläger wiederholt im wesentlichen, was er bereits im ersten Rechtszug vorgetragen hat. Er macht insbesondere geltend: Der Gesellschafterbeschluß vom 19.1.1972 sei nichtig, zumindest anfechtbar, weil entgegen Gesetz und Satzung nicht alle „Teilnehmer“ zu dieser Versammlung eingeladen worden seien. Dies folge daraus, daß nach § 11 der Satzung die Einladung zur Gesellschafterversammlung durch eingeschriebenen Brief an jeden „Teilnehmer“ zu erfolgen habe. Diese Bestimmung sehe deshalb in Verbindung mit § 77 BetrVerfG 1952 und § 129 BetrVerfG 1972 sowie § 118 Abs. II AktG vor, daß auch die Aufsichtsratsmitglieder hätten eingeladen werden müssen. Da dies nicht geschehen sei, folge hieraus die Nichtigkeit der am 19.1.1972 gefassten Beschlüsse. Mindestens seien diese aber anfechtbar. Die vorsorglich erklärte Anfechtung halte sich dabei im Rahmen von § 251 AktG, wonach die Wahl eines Aufsichtsratsmitglieds durch die Hauptversammlung wegen Verletzung des Gesetzes oder der Satzung durch Klage angefochten werden könne.

Die Beklagte hätte ferner auch nicht die … mit der Prüfung des Jahresabschlusses 1971 beauftragen dürfen, weil es dafür keinen Gesellschafterbeschluß aus dem Jahre 1969 gebe. Nach § 46 Ziff. 6 GmbHG und § 7 Abs. IV Ziff. 8 der Satzung sei es Sache der Gesellschafterversammlung, über die Anordnung einer Prüfung durch eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft zu beschließen. Zwar könne der namens der Beklagten an die … erteilte Auftrag im Außenverhältnis rechtswirksam sein. Jedoch ändere dies nichts daran, daß die Geschäftsführung, die den Prüfungsauftrag so erteilt, ohne einen entsprechenden Beschluß der Gesellschafterversammlung herbeigeführt zu haben, gegen Gesetz und Satzung verstoße. Hieraus ergebe sich der mit der Klage geltend gemachte Unterlassungs- und Schadenersatzanspruch.

Dem stehe nicht der Gesellschafterbeschluß vom 18.9.1972 entgegen, da dieser gleichfalls nichtig, zumindest aber anfechtbar sei, weil dem Kläger sein Teilnahmerecht zu Unrecht versagt worden sei. Der Kläger habe ein berechtigtes und schutzwürdiges Interesse daran, neben seinem Bevollmächtigten in der Gesellschafterversammlung persönlich anwesend zu sein. Entgegen der Meinung des Landgerichts habe der Kläger auch einen Beistand in diese Gesellschafterversammlung mitbringen dürfen, wobei ihm die Mitgesellschafter dies aufgrund einer zwischen den Gesellschaftern bestehenden besonderen Treuepflicht hätten gestatten müssen. Die Verweigerung der persönlichen Teilnahme mache daher den Beschluß nichtig, in jedem Falle aber anfechtbar.

Vorsorglich trägt der Kläger noch vor, daß sich die Anfechtbarkeit der genannten Gesellschafterbeschlüsse auch daraus ergebe, weil die Mutter des Klägers jeweils mit den Stimmen aus einem Geschäftsanteil von 2 Millionen abstimmte, anstatt mit den Stimmen, die sich aus einem um 313.800,– DM verminderten Geschäftsanteil ergeben.

Der Kläger beantragt, unter Abänderung des angefochtenen Urteils

1. festzustellen, daß die Beklagte dem Kläger allen Schaden zu ersetzen hat, der durch die im Juli/August 1972 erfolgte Beauftragung der … zur Prüfung der Jahresbilanz 1971 entstanden ist und noch entsteht.
2. Der Beklagten die gesamten Kosten beider Rechtszüge aufzuerlegen, insbesondere auch soweit der Rechtsstreit in der ersten Instanz sowie nach Abschluß der ersten Instanz in der Hauptsache für erledigt erklärt worden ist.

Ferner beantragt der Kläger, die Revision zuzulassen.

Hinsichtlich des weiteren Antrags, die … anzuweisen, die Überprüfung der Jahresbilanz 1971 auszusetzen, haben beide Parteien in der Berufungsverhandlung den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt.

Im übrigen beantragt die Beklagte,

die Berufung zurückzuweisen.

Hinsichtlich des nunmehr übereinstimmend für erledigt erklärten Teils beantragt die Beklagte,

dem Kläger die Kosten aufzuerlegen.

Die Beklagte hält das angefochtene Urteil im Ergebnis für zutreffend und wiederholt im wesentlichen, was sie bereits im ersten Rechtszug vorgetragen hat. Ergänzend führt die Beklagte aus: Die Berufung sei unzulässig, weil der Kläger in der Hauptsache nur noch einen mangels Rechtsschutzinteresses unzulässigen Feststellungsantrag verfolge. Jedenfalls aber sei der Feststellungsantrag unbegründet. Die Geschäftsführer hätten ihre Auskunftspflichten nicht verletzt. Der Inhalt des Schreibens vom 26.7.1972 entspreche in allen Punkten der Wahrheit.

Da die Prüfung des Jahresabschlusses durch die … am 7.8.1972 beginnen sollte, sei in dem Begleitschreiben vom 31.7.1972 um Rücksendung der schriftlichen Stimmabgaben bis zu diesem Tag gebeten worden. Am 7.8.1972 hätten alle übrigen Gesellschafter sowohl der schriftlichen Abstimmung als auch der Prüfung des Jahresabschlusses 1971 durch die … ausdrücklich zugestimmt gehabt. Daraufhin habe der Geschäftsführer … der … mit Brief vom 8.8.1972 den Prüfungsauftrag bestätigt. Erst mit Schreiben vom 8.8.1972, bei der Beklagten eingegangen am 9.8.1972, habe der Kläger dem schriftlichen Abstimmungsverfahren und der Beauftragung der … widersprochen. Aufgrund dieses Widerspruchs sei dann eine Gesellschafterversammlung auf den 18.9.1972 einberufen worden.

Bezüglich des Antrags, die … anzuweisen, die Prüfung der Jahresbilanz 1971 auszusetzen, habe sich die Hauptsache bereits aufgrund des Bestätigungsbeschlusses vom 18.9.1972 vor der ersten mündlichen Verhandlung erledigt.

Die ursprüngliche Beauftragung der … mit der laufenden Beratung der Beklagten und der Prüfung ihrer Jahresabschlüsse sei nicht aufgrund eines förmlichen Gesellschafterbeschlusses, wohl aber im Einvernehmen sämtlicher Gesellschafter erfolgt. § 7 Abs. 4 Ziff. 8 des Gesellschaftsvertrags der Beklagten beschränke deren Geschäftsführer keineswegs in ihrer Befugnis, sich bei der Aufstellung des Jahresabschlusses beraten und den Abschluß gegebenenfalls überprüfen zu lassen. Diese Bestimmung habe ebenso wie § 46 Ziff. 6 GmbHG den Sinn, der Gesellschafterversammlung die letzte Entscheidung darüber zu belassen, ob der von den Geschäftsführern allein oder unter Zuhilfenahme von Beratern aufgestellte Jahresabschluß durch einen Wirtschaftsprüfer ihrer Wahl geprüft werden solle.

Wegen der Einzelheiten des Parteivortrags wird auf die Schriftsätze des Klägers vom 19.2.1973 (Bl. 114/128 d. A.) und 2.5.1973 (Bl. 171/180 d. A.) sowie der Beklagten vom 24.4.1973 (Bl. 133/170 d. A.) und vom 3.5.1973 (Bl. 181/188 d. A.) Bezug genommen. Ferner wird auf die vorgelegten Schriftstücke verwiesen.

Die Berufung ist zulässig. Entgegen der Auffassung der Beklagten ist die Berufungssumme des § 511 a ZPO erreicht.

Der Kläger ist im ersten Rechtszug mit seinem Feststellungsantrag auf Schadenersatz abgewiesen worden. Der Streitwert dieses Antrags liegt weit höher als 200,– DM. Die von der Beklagten angeführte Rechtsprechung, wonach bei der Beschwerdesumme Ansprüche außer Betracht zu bleiben haben, die ohne jede Möglichkeit der Begründung und im Widerspruch mit der Sach- und Rechtslage nur zu dem Zweck aufrechterhalten werden die Rechtsmittelsumme zu erreichen (vgl. BGH LM Nr. 11 zu § 91 a ZPO), trifft auf den vorliegenden Fall nicht zu. Der Kläger hat dargetan, worin er die Voraussetzungen seines Feststellungsantrags sieht. Ob diese vorliegen, ist eine Frage der Begründetheit, nicht aber der Zulässigkeit des Rechtsmittels.

II.

Die Berufung ist nicht begründet.

1.) Der Kläger beantragt, festzustellen, daß die Beklagte ihm allen Schaden zu ersetzen hat, der dadurch entstanden ist und noch entsteht, daß die … im Juli/August 1972 beauftragt worden ist, die Jahresbilanz 1971 zu prüfen.
a) Die Feststellungsklage ist zulässig (§ 256 ZPO).

freilich fehlt das Feststellungsinteresse in der Regel, wenn bereits Leistungsklage erhoben werden kann. Maßgebender Zeitpunkt ist der Schluß der letzten Tatsachenverhandlung. Jedoch braucht der Kläger nicht zu einer Leistungsklage überzugehen, wenn sie erst nach zulässiger Erhebung der Feststellungsklage möglich wird (vgl. Thomas-Putzo, 4. Aufl., 5 e zu § 256 ZPO).

Der Kläger hat im ersten Rechtszug nicht näher begründet, worin sein Feststellungsinteresse liegt. In der Berufungsbegründung trägt er vor, er habe infolge der falschen Unterrichtung seinen ständigen Berater, Rechtsanwalt Dr. … in Anspruch nehmen müssen, wodurch nicht erstattungsfähige Kosten entstanden seien. Diese Kosten wären nicht erwachsen, wenn die Beklagte entsprechend seiner Aufforderung der … die Weisung gegeben hätte, ihre Prüfung auszusetzen. Auch die Entstehung sonstigen Schadens wie Auslagen oder unnötiger Zeitaufwand liege nahe. In der Berufungsverhandlung hat der Kläger vortragen lassen, Rechtsanwalt Dr. … habe den gesamten mit der Beauftragung zusammenhängenden Vorgang prüfen sollen.

Mit der „falschen Auskunft“ meint der Kläger die mündliche Unterrichtung durch die Geschäftsführer der Beklagten und deren anschließendes Schreiben vom 26.7.1972 (Bl. 8 d. A. O 88/72 LG Ulm). Darin wird die Auffassung vertreten, daß ein Gesellschafterbeschluß über die Erteilung eines Prüfungsauftrags für den Jahresabschluß 1971 nicht erforderlich sei, weil Dr. … mit Schreiben vom 13.8.1969 bereits einen Dauerauftrag erteilt habe. Der vom Kläger beauftragte Rechtsanwalt Dr. … hat dieser Auffassung mit Schreiben vom 27.7.1972 widersprochen (Bl. 9 d. A. O 88/72 LG Ulm). Ungeachtet dessen hat der Geschäftsführer … namens der Beklagten mit Schreiben vom 8.8.1972 der … den erteilten Auftrag zur Prüfung des Jahresabschlusses 1971 bestätigt.

Der Kläger hat seinen Feststellungsantrag mit Schriftsatz vom 18.8.1972 angekündigt. Zu diesem Zeitpunkt stand für ihn noch nicht endgültig fest, welche Kosten ihm aus dem Verhalten der Beklagten letztlich erwachsen würden. Ein Feststellungsinteresse war sonach gegeben.

b) Der Feststellungsantrag ist jedoch nicht begründet.

Der Kläger meint, die Gesellschaft hafte, weil die Geschäftsführer der Wahrheit zuwider erklärt hätten, daß für die Prüfung des Jahresabschlusses 1971 bereits ein Dauerauftrag bestehe, und weil sie ungeachtet seines Widerspruchs der … am 8.8.1972 den erteilten Auftrag bestätigt haben.

Verletzen die Geschäftsführer einer GmbH die ihnen obliegenden Pflichten, so haften sie grundsätzlich nur der Gesellschaft oder den Gesellschaftern in ihrer Gesamtheit (§§ 43, 31 Abs. 6 GmbHG). Die Gesellschaft selbst haftet, falls die Geschäftsführer ein Auskunftsrecht nach § 242 BGB verletzt haben (vgl. BGHZ 14, 60). Die Gesellschaft haftet ferner aus dem für alle Körperschaften und juristischen Personen geltenden Rechtsgedanken des § 31 BGB für die von ihren Geschäftsführern in Ausführung der ihnen zustehenden Verrichtungen begangenen unerlaubten Handlungen nach §§ 823 ff. BGB. Zur Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen aus § 826 BGB ist der einzelne Gesellschafter als unmittelbar Betroffener befugt (vgl. RGZ 115, 289, 296; 142, 228). Er ist auch Dritter im Sinne des § 31 BGB (vgl. Hachenburg, 6. Aufl., Anm. 8 zu § 36 GmbHG).

aa) Ein Auskunftsrecht nach § 242 BGB, bei dessen Verletzung die Gesellschaft haftet, hat der BGH für den Fall bejaht, daß eine besondere Sachlage einen wichtigen Grund für die Erteilung der Auskunft abgibt. Ob diese Voraussetzungen hier vorlagen, kann dahingestellt bleiben. Die Geschäftsführer haben nämlich keine falsche Auskunft erteilt.

In dem Schreiben vom 26.7.1972 haben die Geschäftsführer unter Hinweis auf das beigefügte Schreiben des Dr. … vom 13.8.1969 mitgeteilt, daß entgegen ihrer früheren Ansicht ein Gesellschafterbeschluß über die Erteilung eines Prüfungsauftrags für den Jahresabschluß 1971 nicht erforderlich sei, da aus dem Auftragsschreiben hervorgehe, daß hinsichtlich Prüfung und Beratung ein Dauerauftrag bestehe. Die Geschäftsführer haben also dargelegt, aus welchen Gründen sie der … die Prüfung des Jahresabschlusses für 1971 nicht entzogen haben. Eine falsche Auskunft liegt darin nicht. Der Kläger konnte sich anhand des beiliegenden Schreibens von Dr. … selbst davon überzeugen, daß dieser der … als „Bevollmächtigter der Gesellschafter“ den Auftrag für eine „laufende Betreuung über einen möglichst langen Zeitraum“ erteilt hatte. Wenn die Geschäftsführer hieraus den Schluß zogen, daß ein Dauerauftrag vorliege, der jedenfalls für die Prüfung des Jahresabschlusses 1971 einen Gesellschafterbeschluß entbehrlich mache, liegt darin allenfalls eine unzutreffende Rechtsmeinung, nicht aber eine falsche Auskunft.

bb) Eine sittenwidrige Schädigung des Klägers, für welche die Gesellschaft gem. §§ 826, 31 BGB haften würde, liegt auch nicht darin, daß der Geschäftsführer … am 8.8.1972 den der … erteilten Auftrag bestätigt hat. In ihrem Schreiben vom 31.7.1972 an sämtliche Gesellschafter haben die Geschäftsführer im einzelnen dargelegt, warum sie für den Fall, daß ihre Auffassung, die Prüfung des Jahresabschlusses 1971 werde von dem Auftrag des Dr. … vom 13.8.1969 noch umfasst, nicht geteilt werde, eine Weiterführung der Arbeiten durch die … befürworten. Legt man dies zugrunde, so besteht für eine Sittenwidrigkeit kein Anhalt. Es ist dann davon auszugehen, daß die Geschäftsführer in der Absicht gehandelt haben, zusätzliche Kosten für die Gesellschaft zu vermeiden. Bei dieser inneren Einstellung, die durch die im Umlaufverfahren erteilte Zustimmung der Mehrheit der Gesellschafter bestätigt wurde, läßt sich nicht als Sittenwidrig bewerten, wenn sie den Auftrag an die … schließlich trotz des Widerspruchs des Klägers ohne ordnungsgemäßen Gesellschafterbeschluß bestätigt haben.

Freilich könnte der Umstand, daß die Geschäftsführer aufgrund des Widerspruchs des Klägers doch noch einen Gesellschafterbeschluß herbeiführten, darauf hindeuten, daß sie nunmehr selbst bezweifelten, daß der Auftrag bereits ordnungsmäßig erteilt worden sei. Indessen läßt sich hierin auch das Bemühen erblicken, sich zusätzlich gegenüber den Gesellschaftern abzusichern.

cc) Der Kläger kann seinen Anspruch auch nicht darauf stützen, daß der Gesellschafterbeschluß vom 18.9.1972 über die Erteilung des Prüfungsauftrags an die … in seiner Abwesenheit gefasst wurde.

Fraglich ist, ob ein solcher Schadenersatzanspruch gegen die Gesellschaft oder nicht vielmehr gegen die übrigen Gesellschafter zu richten wäre. Auch ist nicht hinreichend deutlich, daß durch diesen Beschluß vom 18.9.1972 ein Schaden entstanden sein soll, der über denjenigen hinausgeht, den der Kläger aus der Beauftragung der … mit Schreiben vom 8.8.72 herleitet. Dies kann indessen dahingestellt bleiben. Zum Schadenersatz würde allenfalls ein solcher Beschluß verpflichten, der das Gesetz oder die Satzung verletzt und deshalb nichtig oder für nichtig erklärt ist.

Der Beschluß vom 18.9.1972 ist nicht nichtig. Die Frage, welche Rechtsfolgen die Mangelhaftigkeit eines Gesellschafterbeschlusses hat, ist im GmbH-Gesetz nicht geregelt. Die Lücke wird, wie der Bundesgerichtshof in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Reichsgerichts und der Rechtslehre entschieden hat, dadurch ausgefüllt, daß die im Aktiengesetz enthaltenen Bestimmungen über die Nichtigkeit und Anfechtbarkeit von Beschlüssen der Hauptversammlung und hierbei insbesondere auch die Vorschriften über die Abgrenzung zwischen Nichtigkeit und Anfechtbarkeit auf die Gesellschaft mit beschränkter HaftungBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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Gesellschaft mit beschränkter Haftung
Haftung
angesichts der weitgehenden Ähnlichkeit der Sach- und Rechtslage sinngemäß angewandt werden, soweit nicht die Besonderheiten der Gesellschaft mit beschränkter HaftungBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Gesellschaft
Gesellschaft mit beschränkter Haftung
Haftung
eine Abweichung erfordern (BGHZ 36, 207, 210). Danach ist ein mangelhafter Beschluß in der Regel anfechtbar. Nichtig ist er nur in bestimmten einzelnen Fällen (vgl. Baumbach-Hueck, 13. Aufl., Anh. zu § 47 GmbHG; Wilke-Berg-Gottschling-Gaul, Handbuch der GmbH, 3./5. Aufl., RndN 470 ff.). Hierunter fällt unter anderem, daß ein Beschluß in einer Versammlung gefasst wird, zu der ein Gesellschafter nicht eingeladen worden ist, wenn nicht sämtliche Gesellschafter anwesend sind (BGHZ 36, 207).

In der Gesellschafterversammlung vom 18.9.1972 war der Kläger bei der Beratung und Abstimmung durch seinen Bevollmächtigten, Rechtsanwalt Dr. … vertreten. Er hat das Recht des Klägers auf Teilnahme ausgeübt. Die Möglichkeit, auf die Willensbildung der Gesellschafter Einfluß zu nehmen, war dem Kläger daher nicht versagt. Danach liegt keine Nichtigkeit vor.

Der Beschluß war auch nicht anfechtbar. Dem Wunsch des Klägers, neben Rechtsanwalt Dr. … anwesend zu sein, braucht nicht entsprochen zu werden. Dieser Fall ist nicht anders zu beurteilen, als wenn Rechtsanwalt … neben dem Kläger als Beistand gewirkt hätte. Mit einem Beistand darf ein Gesellschafter in der Gesellschafterversammlung nur erscheinen, wenn dies in der Satzung geregelt ist oder die übrigen Gesellschafter ausdrücklich zustimmen (vgl. Baumbach-Hueck, 13. Aufl., 4 G zu § 47 GmbHG; Sudhoff, Der Gesellschaftsvertrag der GmbH, 1969, S. 202). An beidem fehlte es hier.

Im übrigen hat der Kläger den Beschluß vom 18.9.1972 auch nicht in der gesetzlich vorgeschriebenen Form angefochten. Sein Feststellungsantrag, die Gesellschaft schulde ihm Schadenersatz, kann nicht ohne weiteres in den Antrag umgedeutet werden, den Beschluß vom 18.9.1972 für nichtig zu erklären. Solange ein Beschluß nicht förmlich angefochten ist, gilt er aber als wirksam. Maßnahmen, die auf ihm beruhen, können aus diesem Grund dann auch nicht zum Schadenersatz verpflichten.

2.) Die Parteien haben nunmehr den Rechtsstreit in der Hauptsache auch insoweit übereinstimmend für erledigt erklärt, als die … angewiesen werden sollte, die Überprüfung des Jahresabschlusses 1971 auszusetzen, bis ein ordnungsmäßiger Gesellschafterbeschluß vorliegt. Nach dem bisherigen Sach- und Streitstand erscheint es angemessen, dem Kläger insoweit die Kosten in beiden Rechtszügen aufzuerlegen (§ 91 a ZPO).

Fraglich ist schon, ob die Geschäftsführer pflichtwidrig gehandelt haben, wenn sie aufgrund des Schreibens Dr. … an die … vom 13.8.1969 davon ausgingen, daß der damals erteilte Auftrag jedenfalls auch das Jahr 1971 umfasse. Immerhin hatte der Kläger für die Jahre 1969 und 1970 nicht eingewendet, daß der Auftrag an die … nicht ordnungsgemäß zustandegekommen sei. Der geltend gemachte Anspruch würde der Kläger indessen nur zustehen, wenn die Gesellschaft aufgrund des Verhaltens der Geschäftsführer verpflichtet gewesen wäre den Auftrag auszusetzen. Dafür fehlt es aber – wie bereits oben unter 1. b) dargelegt – an einer Anspruchsgrundlage.

3.) Unbegründet ist die Berufung auch, soweit sie sich gegen die im Kostenausspruch enthaltene Entscheidung nach § 91 a ZPO richtet.

Der Beschluß vom 19.1.1972 ist nicht nichtig. Mangels eigener Bestimmungen im GmbH-Gesetz sind bei fehlerhaften Gesellschafterbeschlüssen die aktienrechtlichen Vorschriften entsprechend anzuwenden (vgl. BGHZ 36, 207, 210). Die Nichtigkeitsgründe bei der Wahl eines Aufsichtsratsmitglieds sind in §§ 250 Abs. 1, 241 Nr. 1, 2 und 5 AktG abschließend aufgezählt. Keiner dieser Gründe trifft hier zu. Nach § 241 Nr. 1 AktG ist ein Beschluß der Hauptversammlung u. a. nichtig, wenn er in einer Hauptversammlung gefasst worden ist, die nicht nach § 121 Abs. 2 u. 3 AktG einberufen war. An die Stelle der Veröffentlichung der Einberufung tritt im Recht der GmbH die Einladung der Gesellschafter. Ist ein Gesellschafter nicht zur Gesellschafterversammlung eingeladen worden und sind auch nicht sämtliche Gesellschafter anwesend, so ist ein Beschluß, der in dieser Versammlung gefasst worden ist, nichtig (vgl. BGHZ 36, 211). Gleiches gilt nicht für die Mitglieder des Aufsichtsrats. Sie sind nach der ausdrücklichen Verweisung in § 77 BetrVerfG entsprechend §§ 118 Abs. 2, 125 Abs. 3 AktG zu unterrichten. §§ 250, 241 AktG enthalten diese Vorschriften nicht. Wird hiergegen verstoßen, so ist ein dennoch gefasster Beschluß sonach auch nicht nichtig, sondern allenfalls wegen Verletzung des Gesetzes oder der Satzung anfechtbar (§ 251 AktG).

Im vorliegenden Fall ist streitig, ob die Aufsichtsratsmitglieder verlangt haben, daß ihnen der Vorstand die Einberufung der GesellschafterversammlungBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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mit der Tagesordnung mitteilt (§ 125 AktG). Hierauf käme es nicht an, wenn die Satzung dies vorschriebe. § 11 Abs. 1 der Satzung vom 30.7.1954 bestimmt, daß die Einberufung zu Versammlungen durch eingeschriebenen Brief an jeden Teilnehmer zu erfolgen hat. Der Kläger meint, „Teilnehmer“ seien auch die Mitglieder des Aufsichtsrats. Dafür spricht sowohl der Wortsinn wie auch der Umstand, daß hier entgegen § 51 GmbH-Gesetz nicht der Begriff „Gesellschafter“ gewählt wurde. Bedenken gegen eine solche Ansicht ergeben sich jedoch aus § 11 Abs. 4 und 5 der Satzung. Ist die Versammlung nicht nach § 11 Abs. 1 einberufen, so sollen Beschlüsse nur gefasst werden dürfen, wenn sämtliche Teilnehmer anwesend oder vertreten sind. Ob dies auch für die nicht stimmberechtigten Mitglieder des Aufsichtsrats gelten soll, ist zweifelhaft. Im Gesellschaftsvertrag ist vorgesehen, daß ein Aufsichtsrat gebildet wird, sofern und solange das Gesetz es verlangt (§ 9 Abs. 1). Dies deutet darauf hin, daß dem Aufsichtsrat keine Rechte eingeräumt werden sollten, die ihm nicht nach Aktienrecht unbedingt zustanden. Für das Aktenrecht aber gilt, daß Beschlüsse gefasst werden können, sofern sämtliche Aktionäre anwesend sind (vgl. Baumbach-Hueck, 13. Aufl., RndN 10 zu § 122 AktG). Nach § 11 Abs. 5 der Satzung bedarf es einer Versammlung nicht, wenn sämtliche „Teilnehmer“ sich schriftlich mit der zu treffenden Bestimmung oder der schriftlichen Abgabe der Stimme einverstanden erklären. Auch hier ist zweifelhaft, ob – weitergehend als § 48 Abs. 2 GmbHGschriftliche Abstimmung auch vom Einverständnis des Aufsichtsrats abhängig gemacht werden sollte.

Die Frage, ob unter „Teilnehmern“ im Sinne des § 11 der Satzung stets auch die Mitglieder des Aufsichtsrats zu verstehen sind, kann indessen dahingestellt bleiben.

Der Kläger hat nämlich den Beschluß vom 19.1.1972 nicht rechtzeitig angefochten. Nach herrschender Meinung gilt bei der Anfechtung von Gesellschafterbeschlüssen einer Gesellschaft mit beschränkter HaftungBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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die Monatsfrist des § 246 AktG nicht. Indessen wird von einem Anfechtungsberechtigten aufgrund der Treupflicht verlangt, daß er mit aller ihm billigerweise zuzumutenden Beschleunigung vorgeht und die Klage binnen angemessener Frist erhebt (vgl. Baumbach-Hueck, 13. Aufl. 4 D Anh. zu § 47 GmbHG m. w. N.). Damit wird die engere persönliche Bindung der Gesellschafter zur GmbH gegenüber der weniger engen der Aktionäre zur AG anerkannt und zugleich die Möglichkeit einer gütlichen Einigung erweitert. Gleichwohl spielt der Gedanke der Rechtssicherheit auch im Recht der Gesellschaft mit beschränkter HaftungBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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eine wesentliche Rolle (vgl. BGHZ 11, 231, 241). Ihre strukturelle Besonderheit kann daher im Einzelfall gegenüber dem Zweck, klare Verhältnisse zu schaffen, zurücktreten und eine Anfechtungsfrist gebieten, die jedenfalls nahe an die im Aktienrecht geltende Monatsfrist herankommt.

Der Aufsichtsrat hat die Aufgabe, die Geschäftsführung der Gesellschaft zu überwachen. Unter Umständen muß er eine Gesellschafterversammlung einberufen (vgl. Baumbach-Hueck, GmbHG 13. Aufl., Schlußanh. P). Diese Aufgabe, die der Gesetzgeber als so wichtig angesehen hat, daß er in § 77 BetrVerfG die Bildung eines Aufsichtsrats auch für Gesellschaften mit beschränkter Haftung mit mehr als 500 Arbeitnehmern vorgeschrieben hat, könnte nicht erfüllt werden, wenn die Wahl der Aufsichtsratsmitglieder längere Zeit im Streit bliebe. Daraus, daß § 77 BetrVerfG den Aufsichtsrat bei der GmbH durch zahlreiche Verweisungen eng an das Aktienrecht angelehnt hat, kann auch entnommen werden, daß die dort geltende Monatsfrist jedenfalls nicht wesentlich überschritten werden darf.

Im vorliegenden Fall hatte der Kläger bereits angesichts der ablehnenden Haltung der übrigen Gesellschafter in der Versammlung vom 19.1.1972 wenig Aussicht, daß sein Standpunkt von der Mehrheit doch noch geteilt werde. Für einen Sinneswandel bestand auch in der Zukunft kein Anhalt. Da nicht behauptet wird, die übrigen Gesellschafter hätten zu erkennen gegeben, daß sie gegebenenfalls nachgeben würden, ist auch unerheblich, ob der Schriftwechsel bis zum Juli 1972 geführt wurde. Wenn der Kläger ohne greifbare Aussichten auf ein Einlenken der Gegenseite mit seiner Klage zuwartete, gereicht ihm dies zum Vorwurf.

Die Anfechtungsfrist war sonach im vorliegenden Fall am 31.7.1972, als die Klage eingereicht wurde, überschritten. Die Nichtbeachtung der im materiellen Recht begründeten Frist führt zum Untergang des Anfechtungsrechts, so daß die Klage insoweit als unbegründet hätte abgewiesen werden müssen. Demgemäß hat der Kläger insoweit die Kosten des Verfahrens zu tragen (§ 91 a ZPO).

Die Berufung war sonach in vollem Umfang als unbegründet zurückzuweisen. Gem. § 97 Abs. 1 ZPO hat der Kläger die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen. Nach § 708 Nr. 7 ZPO war das Urteil für vorläufig vollstreckbar zu erklären.

Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision nach § 546 Abs. II ZPO lagen nicht vor, da die Entscheidung zum Feststellungsantrag keine grundsätzliche Bedeutung besitzt und es sich im übrigen um nicht anfechtbare Entscheidungen nach § 91 a ZPO handelt.

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