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OLG Stuttgart, Urteil vom 22.12.2010 – 9 U 102/10

BGB §§ 626, 164, 182, 184, 161; ZPO §§ 256, 148, 529

1. Ein Rechtsschutzinteresse des Arbeitnehmers für einen allgemeinen Feststellungsantrag gemäß § 256 ZPO über den Antrag aus der Kündigungsschutzklage hinaus ist gegeben, wenn die objektive Gefahr weiterer Beendigungstatbestände durch Nachkündigungen des Arbeitgebers besteht (vgl. BAG, 12. Mai 2005, 2 AZR 426/04=NJW 2006, 395).

2. Ein wegen fehlender Vollmacht nicht wirksam zustande gekommene Dienstvertrag mit dem Geschäftsführer wird durch nachträgliche Zustimmung (Genehmigung) der Gesellschafter gemäß § 182 BGB rechtswirksam. Die Genehmigung kann auch konkludent dadurch erfolgen, dass der Zustimmungsberechtigte das Rechtsgeschäft als gültig behandelt und sein Verhalten dem Erklärungsempfänger als Zustimmung erkennbar ist.

3. Eine Abmahnung ist vor einer außerordentlichen Kündigung von Dienstverhältnissen von Organmitgliedern juristischer Personen in der Regel nicht notwendig.

4. Das nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts uneingeschränkt mögliche Nachschieben von Kündigungsgründen, die bei Ausspruch der Kündigung schon vorlagen, aber noch nicht länger als zwei Wochen bekannt waren, ist auch dann möglich, wenn die Kündigung hierdurch einen völlig anderen Charakter erhält. Auf einen sachlichen Zusammenhang zwischen dem ursprünglichen und dem nachgeschobenen Kündigungsgrund kommt es nur für die unterstützende Heranziehung von bei Ausspruch der Kündigung bereits gemäß § 626 Abs. 2 BGB verfristeten Gründen an (vgl. BAG, 6. September 2007, 2 AZR 264/06= NJW 2008, 1097).

5. Der Arbeitgeber/Dienstherr ist auf Grund der ihm obliegenden Aufklärungspflicht bei einer  den dringenden (objektiven) Verdacht einer schweren Pflichtverletzung voraussetzenden Verdachtskündigung gehalten, den Arbeitnehmer vor Ausspruch der Kündigung zu den gegen ihn erhobenen Verdachtsmomenten zu hören. Bei schuldhafter Verletzung der Anhörungspflicht ist die auf den Verdacht eines pflichtwidrigen Verhaltens gestützte Kündigung unwirksam (vgl. BAG, 11. April 1985, 2 AZR 239/84=NJW 1986, 3159).

Schlagworte: Anstellungsvertrag, Außerordentliche Kündigung des Anstellungsvertrages, Geschäftsführer, Keine Abmahnung, Nachschieben von Gründen, Verdachtskündigung