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BGH, Urteil vom 7. April 2022 – I ZR 222/20

UrhG §§ 16, 17, 23 Abs. 1, § 24 Abs. 1, § 32a Abs. 1; Richtlinie 2001/29/EG Art. 2
Buchst. a

Porsche 911

1. Der Begriff der Nutzung im Sinne von § 32a Abs. 1 Satz 1 UrhG ist dahingehend auszulegen, dass Erträge oder Vorteile aus einer Nutzung, die nicht in den Schutzbereich eines Verwertungsrechts des Urhebers eingreifen, keinen Anspruch gemäß § 32a Abs. 1 Satz 1 UrhG auf weitere angemessene Beteiligung des Urhebers begründen können.

2. Die vom Bundesgerichtshof entwickelten Grundsätze zur Abgrenzung der freien Benutzung von der (unfreien) Bearbeitung gelten für Werke im Sinne von § 2 UrhG auch nach der durch das Gesetz zur Anpassung des Urheberrechts an die Erfordernisse des digitalen Binnenmarktes vom 31. Mai 2021 (BGBl. I S. 1204) vorgenommenen Streichung des § 24 UrhG aF und der Änderung des § 23 UrhG in der Sache mit der Maßgabe weiter, dass das Kriterium des „Verblassens“ unionsrechtskonform im Sinne des Kriteriums einer fehlenden Wiedererkennbarkeit der schutzbegründenden eigenschöpferischen Elemente zu verstehen ist.

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Oberlandesgerichts Stuttgart – 5. Zivilsenat – vom 20. November 2020 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

Die Beklagte stellt her und vertreibt den Sportwagen Porsche 911. Die Klägerin ist die Tochter und Erbin des E.     K.   (im Folgenden: E.K.), der vom Jahr 1931 bis zu seinem Tod im Jahr 1966 bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten tätig war, zuletzt als Leiter der Abteilung Karosserie-Konstruktion. Im Rahmen dieser Tätigkeit war E.K. mit der Entwicklung der Fahrzeugmodelle Porsche 356 und Porsche 911 befasst. Dem lag ein Arbeitsvertrag zugrunde, der eine Übertragung der im Rahmen der Tätigkeit entstandenen urheberrechtlichen Ansprüche an den Arbeitgeber vorsah.2

Der Porsche 911 wird seit 1963 als das Nachfolgemodell des von 1950 bis 1965 produzierten Porsche 356 vertrieben. Im Streitfall geht es um die seit dem Jahr 2011 vertriebene achte Baureihe des Porsche 911. Sie wird als Baureihe 991 bezeichnet.3

Die Klägerin macht als Erbin ihres Vaters und aus abgetretenem Recht einer weiteren Miterbin gegen die Beklagte einen Anspruch auf weitere Beteiligung aus § 32a Abs. 1 Satz 1 UrhG am wirtschaftlichen Erfolg des Modells Porsche 911 in der ab 2011 produzierten Baureihe 991 geltend. Dieses Fahrzeug ist wie folgt gestaltet:

Abbildung
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Die Klägerin ist der Ansicht, mit dieser Baureihe 991 habe die Beklagte beziehungsweise ihre Rechtsvorgängerin wesentliche Gestaltungselemente des Modells Porsche 356 und der ersten Baureihe des 911er-Modells übernommen. Das Modell Porsche 356 beruhe auf dem von E.K. als Urheber entworfenen sogenannten „Ur-356“, das erste Modell des Porsche 911 auf dem ebenfalls von E.K. gestalteten, intern als Typ 354 „T7“ bezeichneten Modells, dem ebenfalls urheberrechtliche Werkqualität zukomme.5

Das Modell „Ur-356“ war wie folgt gestaltet:

Abbildung
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Der Typ 354 „T7“ hatte die folgende Gestalt:

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Die erste Baureihe des Porsche 911 sah wie folgt aus:

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Die Klägerin hat mit ihrer Klage Auskunft über die mit dem Modell 911 der Baureihe 991 (Coupé, Cabrio, Targa, Speedster) seit dem 1. Januar 2014 erzielten Umsätze sowie die Erstattung von Abmahnkosten in Höhe von 11.955,81 € verlangt. Außerdem hat die Klägerin beantragt,

festzustellen, dass ihr ein Anspruch auf weitere Beteiligung an den Erlösen aus dem Verkauf des Modells 911 der Baureihe 991 (Coupé, Cabrio, Targa, Speedster) beginnend ab dem 1. Januar 2014 in Höhe von 0,25 % des Umsatzes [hilfsweise: in Höhe eines vom Gericht nach billigem Ermessen festzusetzenden Anteils an dem Umsatz] ohne Umsatzsteuer der Beklagten zusteht, jedoch maximal in Höhe von 5.000.000 € zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit.9

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen (LG Stuttgart, GRUR-RR 2019, 241). Das Berufungsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen (OLG Stuttgart, MarkenR 2021, 389). Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Beklagte beantragt, verfolgt die Klägerin ihre Klageanträge weiter.

Entscheidungsgründe

A. Das Berufungsgericht hat die Klageanträge als zulässig, aber unbegründet angesehen. Es hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt:11

Die Klägerin sei als Erbin ihres Vaters E.K. und aus übertragenem Recht der Miterbin zur Geltendmachung einer weiteren angemessenen Beteiligung gemäß § 32a Abs. 1 UrhG berechtigt. Diese Bestimmung sei auf den zwischen der Beklagten und E.K. bis zu dessen Tod im Jahr 1966 geltenden Arbeitsvertrag anwendbar, mit dem E.K. der Beklagten die im Rahmen seiner Tätigkeit erworbenen urheberrechtlichen Nutzungsrechte übertragen habe.12

Die Klägerin habe jedoch nicht beweisen können, dass E.K. alleiniger Urheber oder Miturheber der äußeren Gestaltung des Porsche 911 sei. Im Hinblick auf den Porsche 356, dessen Gestaltung als Werk der angewandten Kunst urheberrechtlicher Schutz zukomme, habe die Klägerin zwar nachgewiesen, dass E.K. die Karosserie der Urform dieses Modells entworfen habe. Der Porsche 911 der Baureihe 991 stelle jedoch allenfalls eine freie Benutzung der von E.K. geschaffenen äußeren Gestaltung der Karosserie des Porsche 356 dar. Eine freie Benutzung sei jedoch keine Nutzung, die einen Anspruch auf weitere angemessene Beteiligung gemäß § 32a Abs. 1 UrhG auslösen könne.13

B. Die hiergegen gerichtete Revision der Klägerin hat Erfolg und führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Zwar ist das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, dass die Klageanträge zulässig sind (dazu B I). Es hat außerdem im Ergebnis mit Recht angenommen, dass der Klägerin keine Ansprüche gemäß § 32a Abs. 1 UrhG zustehen, soweit sie geltend macht, die Beklagte habe mit dem Vertrieb des Porsche 911 der Baureihe 991 die E.K. aufgrund der Gestaltung des Porsche 356 zustehenden Urheberrechte im Sinne dieser Bestimmung genutzt (dazu B II). Seine Beurteilung, der Klägerin kämen auch keine Ansprüche auf weitere angemessene Beteiligung zu, soweit eine Nutzung eventueller Urheberrechte des E.K. an der Gestaltung des Porsche 911 durch den Vertrieb der Baureihe 991 in Rede stehe, hält der rechtlichen Nachprüfung dagegen nicht stand (dazu B III).14

I. Das Berufungsgericht hat die Klageanträge mit Recht als zulässig angesehen. Das für den auf Feststellung gerichteten Antrag gemäß § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse ist zu bejahen, wenn zum Zeitpunkt der Erhebung einer auf § 32a UrhG gestützten Klage weitere Nutzungshandlungen des in Anspruch genommenen Verwerters zu erwarten sind, die für die Bestimmung einer weiteren angemessenen Beteiligung von Bedeutung sein können (vgl. BGH, Urteil vom 1. April 2021 – I ZR 9/18, GRUR 2021, 955 Rn. 189 = WRP 2021, 1042 – Das Boot III). So liegt es im Streitfall. Das Berufungsgericht hat festgestellt, dass der Klägerin aufgrund der fortlaufenden Produktion des Porsche 911 der Baureihe 991 durch die Beklagte und wegen des Umstands, dass der Klägerin die dabei erzielten Erlöse unbekannt waren, bei Klageerhebung eine Bezifferung ihrer Ansprüche nicht möglich war. Die Klägerin war auch nicht gehalten, im Laufe des Prozesses teilweise zur Leistungsklage überzugehen (vgl. BGH, Urteil vom 17. Dezember 2020 – I ZR 228/19, GRUR 2021, 714 Rn. 15 = WRP 2021, 633 – Saints Row).15

II. Ohne Erfolg wendet sich die Revision gegen die Annahme des Berufungsgerichts, der Klägerin stünden keine Ansprüche gemäß § 32a Abs. 1 UrhG zu, soweit sie geltend macht, die Beklagte habe mit dem Vertrieb des Porsche 911 der Baureihe 991 die dem E.K. aufgrund der Gestaltung des Porsche 356 zustehenden Urheberrechte im Sinne dieser Vorschrift genutzt. Zwar kann die Klägerin im rechtlichen Ausgangspunkt ihre Anträge auf die Bestimmung des § 32a Abs. 1 Satz 1 UrhG stützen (dazu B II 1). Bei der Gestaltung des Porsche 356 handelt es sich zudem um ein Werk der angewandten Kunst im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 2 UrhG, das von E.K. als Urheber geschaffen worden ist (dazu B II 2). Die Revision wendet sich jedoch im Ergebnis ohne Erfolg gegen die Annahme des Berufungsgerichts, die Herstellung und der Vertrieb der Baureihe 991 des Porsche 911 durch die Beklagte stelle keine Nutzung dieses Werks im Sinne von § 32a Abs. 1 Satz 1 UrhG dar (dazu B II 3).16

1. Die Frage, ob die Klägerin von der Beklagten als Rechtsnachfolgerin der Vertragspartnerin des E.K. eine weitere angemessene Beteiligung an den Erträgen oder Vorteilen aus der Verwertung der nach dem Klagevorbringen von ihm als Urheber gestalteten Porsche-Modelle beanspruchen kann, ist nach § 32a Abs. 1 UrhG zu beurteilen.17

a) Nach § 32a Abs. 1 Satz 1 UrhG in der bis zum 6. Juni 2021 geltenden Fassung (UrhG aF) kann der Urheber, der einem anderen ein Nutzungsrecht zu Bedingungen eingeräumt hat, die dazu führen, dass die vereinbarte Gegenleistung unter Berücksichtigung der gesamten Beziehungen des Urhebers zu dem anderen in einem auffälligen Missverhältnis zu den Erträgen und Vorteilen aus der Nutzung des Werks steht, von dem anderen verlangen, dass dieser in eine Änderung des Vertrags einwilligt, durch die dem Urheber eine den Umständen nach weitere angemessene Beteiligung gewährt wird. Mit Wirkung vom 7. Juni 2021 hat der Gesetzgeber durch das Gesetz zur Anpassung des Urheberrechts an die Erfordernisse des digitalen Binnenmarktes vom 31. Mai 2021 (BGBl. I S. 1204) in Umsetzung von Art. 20 der Richtlinie (EU) 2019/790 über das Urheberrecht und die verwandten Schutzrechte im digitalen Binnenmarkt § 32a Abs. 1 Satz 1 UrhG aF geändert, indem der Maßstab des auffälligen Missverhältnisses durch eine abweichend formulierte Eingriffsschwelle ersetzt wurde (vgl. den Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Anpassung des Urheberrechts an die Erfordernisse des digitalen Binnenmarktes, BT-Drucks. 19/27426, S. 80). Nunmehr kommt es gemäß § 32a Abs. 1 Satz 1 UrhG nF darauf an, dass die vereinbarte Gegenleistung sich unter Berücksichtigung der gesamten Beziehungen des Urhebers zu dem anderen als unverhältnismäßig niedrig im Vergleich zu den Erträgen und Vorteilen aus der Nutzung des Werks erweist. Die geänderte Fassung der Vorschrift ist gemäß § 133 Abs. 2 UrhG ab dem 7. Juni 2021 auch auf zuvor geschlossene Verträge anzuwenden (vgl. Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Anpassung des Urheberrechts an die Erfordernisse des digitalen Binnenmarkts, BT-Drucks. 19/27426, S. 116 f.). Für das vorliegende Revisionsverfahren hat diese Rechtsänderung keine Bedeutung. Weder befassen sich die Revisionsrügen mit dem Merkmal des auffälligen Missverhältnisses noch sind die insoweit geltenden Maßstäbe für die gemäß §§ 561 bis 563 ZPO zu treffenden Entscheidungen relevant. Es kann daher offenbleiben, ob für den Anspruch auf weitere angemessene Beteiligung nunmehr eine niedrigere Eingriffsschwelle gilt.18

b) Die Bestimmung des § 32a Abs. 1 UrhG ist sowohl in zeitlicher (dazu B II 1 b aa) als auch in sachlicher (dazu B II 1 b bb) Hinsicht auf den Streitfall anwendbar. Die Klägerin ist für den auf § 32a Abs. 1 UrhG gestützten Anspruch auf weitere angemessene Beteiligung zudem aktivlegitimiert (dazu B II 1 b cc). Die Beklagte ist Schuldnerin dieses Anspruchs (dazu B II 1 b dd).19

aa) § 32a UrhG ist am 1. Juli 2002 in Kraft getreten und gemäß § 132 Abs. 3 Satz 2 UrhG auf Sachverhalte anzuwenden, die nach dem 28. März 2002 entstanden sind. Mit Sachverhalten im Sinne des § 132 Abs. 3 Satz 2 UrhG sind Verwertungshandlungen gemeint (vgl. BGH, Urteil vom 22. September 2011 – I ZR 127/10, GRUR 2012, 496 Rn. 54 bis 58 = WRP 2012, 565 – Das Boot I; Urteil vom 16. Juni 2016 – I ZR 222/14, GRUR 2016, 1291 Rn. 16 = WRP 2016, 1517 – Geburtstagskarawane; BGH, GRUR 2021, 955 Rn. 29 – Das Boot III). Die Klägerin macht den Anspruch auf Zahlung einer weiteren angemessenen Vergütung allein in Bezug auf Verwertungshandlungen geltend, die nach dem 28. März 2002 vorgenommen worden sind. Die Klageanträge beziehen sich allein auf die Erlöse, die die Beklagte durch den Verkauf des Modells 911 der Baureihe 991 ab dem 1. Januar 2014 erzielt hat.20

Das Berufungsgericht hat außerdem zutreffend angenommen, § 32a UrhG sei auf die zwischen E.K. und der Rechtsvorgängerin der Beklagten geschlossenen Anstellungsverträge anwendbar, die während der nach dem Klagevorbringen maßgeblichen Schaffensperiode im Zeitraum von 1947 bis 1966 galten. § 32a UrhG gilt zeitlich unbegrenzt für alle Altverträge, das heißt Verträge, die vor dem 1. Juli 2002 geschlossen worden sind (§ 132 Abs. 3 Satz 1 UrhG; vgl. BGH, GRUR 2012, 496 Rn. 55 – Das Boot I). Die Bestimmung ist zudem – wie im Streitfall vom Berufungsgericht rechtsfehlerfrei angenommen – anwendbar, wenn der Urheber das Werk in Erfüllung seiner Verpflichtungen aus einem Arbeits- oder Dienstverhältnis geschaffen hat, soweit sich aus dem Inhalt oder Wesen des Arbeits- oder Dienstverhältnisses nichts anderes ergibt (§ 43 UrhG).21

bb) Die in Rede stehenden Klageanträge lassen sich auch in sachlicher Hinsicht auf § 32a Abs. 1 UrhG stützen.22

(1) Der auf Feststellung einer Zahlungspflicht gerichteten Klage steht nicht entgegen, dass die Bestimmung des § 32a Abs. 1 Satz 1 UrhG ihrem Wortlaut nach keinen Zahlungsanspruch, sondern einen Anspruch auf Vertragsanpassung gewährt (vgl. BGH, GRUR 2016, 1291 Rn. 20 – Geburtstagskarawane; BGH, Urteil vom 20. Februar 2020 – I ZR 176/18, GRUR 2020, 611 Rn. 189 = WRP 2020, 591 – Das Boot II, jeweils mwN).23

(2) Entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung steht der Anspruch auf weitere angemessene Beteiligung gemäß § 32a UrhG nicht nur dem Urheber selbst, sondern auch seinen Erben zu. Gemäß § 28 Abs. 1 UrhG ist das Urheberrecht vererblich. Diese Bestimmung umfasst das gesamte Urheberrecht mit allen seinen Befugnissen, Verwertungsrechten, Vergütungsansprüchen und sonstigen Rechten (Schulze in Dreier/Schulze, UrhG, 7. Aufl., § 28 Rn. 2; Hoche in Wandtke/Bullinger, Urheberrecht, 5. Aufl., § 28 UrhG Rn. 4). Dass für die Ansprüche auf weitere angemessene Beteiligung gemäß § 32a UrhG etwas anderes gilt, lässt sich weder dem Wortlaut dieser Bestimmung noch ihrem Sinn und Zweck entnehmen. Vielmehr kommt in den Bestimmungen der §§ 28, 30 und 64 UrhG die gesetzgeberische Entscheidung zum Ausdruck, dass die Erben des Urhebers im gleichen Umfang wie dieser von der Verwertung des Urheberrechts profitieren können. Es entspricht dem Interesse des Urhebers, dass sein Urheberrecht nach seinem Tod für den in § 64 UrhG bestimmten Zeitraum von 70 Jahren der materiellen Versorgung seiner Erben zugutekommt (vgl. BeckOK.UrhR/Götting, 32. Edition [Stand 15. September 2021], § 28 UrhG Rn. 1).24

cc) Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Klägerin als Erbin des E.K. und aufgrund einer wirksamen Übertragung der einer weiteren Erbin zustehenden Urheberrechte die hier in Rede stehenden Ansprüche auf weitere angemessene Beteiligung gemäß § 32a Abs. 1 Satz 1 UrhG im Wege der Klage geltend machen kann. Diese Beurteilung wird von der Revision als ihr günstig hingenommen und von der Revisionserwiderung nicht beanstandet. Sie lässt auch keinen Rechtsfehler erkennen.25

dd) Die Beklagte ist verpflichtet, einen auf die Nutzung einer urheberrechtlich geschützten Leistung des E.K. gestützten Anspruch auf weitere angemessene Beteiligung zu erfüllen, soweit dieser begründet ist. Nach den von der Revision als für ihre Rechtsposition günstig hingenommenen Feststellungen des Berufungsgerichts hat E.K. der Rechtsvorgängerin der Beklagten als seiner Arbeitgeberin das Recht zur Nutzung seiner im Rahmen seiner Tätigkeit im Zusammenhang mit der Entwicklung der Modelle Porsche 356 und Porsche 911 erbrachten urheberrechtlich geschützten Leistungen eingeräumt. Die Beklagte selbst vertreibt den Porsche 911 der Baureihe 991.26

2. Das Berufungsgericht hat weiter rechtsfehlerfrei angenommen, dass es sich bei der Gestaltung des Porsche 356 um ein Werk der angewandten Kunst im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 2 UrhG handelt, das von E.K. als Urheber geschaffen worden ist.27

a) Das Berufungsgericht hat ohne Rechtsfehler angenommen, bei der Gestaltung der Urform des Porsche 356 handele es sich um ein nach § 2 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 2 UrhG urheberrechtlich geschütztes Werk der angewandten Kunst.28

aa) Nach § 2 Abs. 1 Nr. 4 UrhG gehören Werke der bildenden Kunst einschließlich der Werke der Baukunst und der angewandten Kunst und Entwürfe solcher Werke zu den urheberrechtlich geschützten Werken, sofern sie nach § 2 Abs. 2 UrhG persönliche geistige Schöpfungen sind. Eine persönliche geistige Schöpfung ist eine Schöpfung individueller Prägung, deren ästhetischer Gehalt einen solchen Grad erreicht hat, dass nach Auffassung der für Kunst empfänglichen und mit Kunstanschauungen einigermaßen vertrauten Kreise von einer „künstlerischen“ Leistung gesprochen werden kann (BGH, Urteil vom 13. November 2013 – I ZR 143/12, BGHZ 199, 52 Rn. 15 – Geburtstagszug; Urteil vom 29. April 2021 – I ZR 193/20, GRUR 2021, 1290 Rn. 57 = WRP 2021, 1461 – Zugangsrecht des Architekten, mwN). Dabei kann die ästhetische Wirkung der Gestaltung einen Urheberrechtsschutz nur begründen, soweit sie auf einer künstlerischen Leistung beruht und diese zum Ausdruck bringt (BGH, Urteil vom 12. Mai 2011 – I ZR 53/10, GRUR 2012, 58 Rn. 36 – Seilzirkus; BGHZ 199, 52 Rn. 41 – Geburtstagszug; BGH, GRUR 2021, 1290 Rn. 57 – Zugangsrecht des Architekten).29

In der Sache entsprechen diese Maßstäbe dem unionsrechtlichen Begriff des urheberrechtlich geschützten Werks im Sinne der Richtlinie 2001/29/EG zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft (BGH, GRUR 2021, 1290 Rn. 58 – Zugangsrecht des Architekten). Dabei handelt es sich um einen autonomen Begriff des Unionsrechts, der in der gesamten Union einheitlich auszulegen und anzuwenden ist (EuGH, Urteil vom 13. November 2018 – C-310/17, GRUR 2019, 73 Rn. 33 = WRP 2019, 55 – Levola Hengelo; Urteil vom 12. September 2019 – C-683/17, GRUR 2019, 1185 Rn. 29 = WRP 2019, 1449 – Cofemel). Für eine Einstufung eines Objekts als Werk müssen zwei kumulative Voraussetzungen erfüllt sein. Zum einen muss es sich bei dem betreffenden Gegenstand um ein Original in dem Sinne handeln, dass er eine eigene geistige Schöpfung seines Urhebers darstellt (EuGH, GRUR 2019, 73 Rn. 36 – Levola Hengelo; GRUR 2019, 1185 Rn. 29 – Cofemel; EuGH, Urteil vom 11. Juni 2020 – C-833/18, GRUR 2020, 736 Rn. 22 = WRP 2020, 1006 – Brompton Bicycle). Ein Gegenstand kann erst dann, aber auch bereits dann als ein Original in diesem Sinne angesehen werden, wenn er die Persönlichkeit seines Urhebers widerspiegelt, indem er dessen freie kreative Entscheidung zum Ausdruck bringt. Wurde dagegen die Schaffung eines Gegenstands durch technische Erwägungen, durch Regeln oder durch andere Zwänge bestimmt, die der Ausübung künstlerischer Freiheit keinen Raum gelassen haben, kann nicht davon ausgegangen werden, dass dieser Gegenstand die für die Einstufung als Werk erforderliche Originalität aufweist (EuGH, GRUR 2019, 1185 Rn. 30 f. – Cofemel; GRUR 2020, 736 Rn. 23 f. – Brompton Bicycle). Zum anderen ist die Einstufung als Werk Elementen vorbehalten, die eine solche Schöpfung zum Ausdruck bringen (EuGH, GRUR 2019, 73 Rn. 37 – Levola Hengelo; GRUR 2019, 1185 Rn. 29 – Cofemel; GRUR 2020, 736 Rn. 22 – Brompton Bicycle). Dafür ist ein mit hinreichender Genauigkeit und Objektivität identifizierbarer Gegenstand Voraussetzung (EuGH, GRUR 2019, 1185 Rn. 32 – Cofemel; GRUR 2020, 736 Rn. 25 – Brompton Bicycle), auch wenn diese Ausdrucksform nicht notwendig dauerhaft sein sollte (EuGH, GRUR 2019, 73 Rn. 40 – Levola Hengelo).30

bb) Für die Anwendung der vorstehenden Grundsätze ist es unerheblich, dass der Porsche 356 vor dem Inkrafttreten der hier maßgeblichen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes am 1. Januar 1966 (§ 143 Abs. 2 UrhG) gestaltet worden ist. Nach der Übergangsbestimmung des § 129 Abs. 1 Satz 1 UrhG sind die Vorschriften des Urheberrechtsgesetzes auf die vor seinem Inkrafttreten geschaffenen Werke anzuwenden, es sei denn, dass die Werke zu diesem Zeitpunkt urheberrechtlich nicht geschützt sind oder dass im Urheberrechtsgesetz sonst etwas anderes bestimmt ist. Werke, die beim Inkrafttreten des Urheberrechtsgesetzes urheberrechtlich nicht geschützt waren, genießen danach auch dann keinen Schutz, wenn sie den Anforderungen des Urheberrechtsgesetzes an ein urheberrechtlich geschütztes Werk entsprechen (BGH, Urteil vom 16. Mai 2013 – I ZR 28/12, GRUR 2014, 65 Rn. 31 = WRP 2014, 68 – Beuys-Aktion, mwN). Hinsichtlich der Anforderungen an die Werkqualität bestehen jedoch grundsätzlich zwischen dem geltenden und dem früheren Recht keine Unterschiede, so dass insoweit die Versagung eines unter dem Urheberrechtsgesetz an sich erreichbaren Schutzes wegen Fehlens des Schutzes nach früherem Recht regelmäßig ausscheidet (zur Ausnahme bei Bühnenwerken vgl. BGH, GRUR 2014, 65 Rn. 32 – Beuys-Aktion). Werke der angewandten Kunst genossen jedenfalls dann Urheberrechtsschutz, wenn sie – wie im Streitfall – nach Inkrafttreten des Kunsturhebergesetzes am 1. Juli 1907 geschaffen wurden (§ 2 KUG, vgl. BGH, Urteil vom 30. Juni 1976 – I ZR 126/74, GRUR 1976, 649, 650 f. – Hans Thoma-Stühle; BeckOK.UrhR/Lauber-Rönsberg aaO § 129 UrhG Rn. 6.1; Katzenberger/Loewenheim in Schricker/Loewenheim, Urheberrecht, 6. Aufl., § 129 UrhG Rn. 13; Zentek, ZUM 2012, 42, 44).31

cc) Von diesen Grundsätzen ist das Berufungsgericht in der Sache ausgegangen. Es hat mit Recht geprüft, ob die Urform des Porsche 356 die Anforderungen an eine künstlerische Leistung erfüllt. Seine im Einzelnen begründete Beurteilung, die mit der Klage vorgetragenen und aus den Abbildungen ohne Weiteres ersichtlichen Gestaltungselemente seien nicht technisch bedingt und bildeten in ihrer Gesamtheit eine Schöpfung individueller Prägung, die sich hinreichend von den zum Zeitpunkt der Schöpfung bekannten Automobilgestaltungen abhebe, nimmt die Revision als ihr günstig hin. Rechtsfehler des Berufungsgerichts sind insoweit auch nicht ersichtlich.32

b) Das Berufungsgericht hat weiter angenommen, die Klägerin habe den Nachweis der Urheberschaft des E.K. an der äußeren Gestaltung der Karosserie des Porsche 356 durch eine Reihe von Indizien erbracht. Dieser für sie günstigen Beurteilung ist die Revision ebenfalls beigetreten. Rechtsfehler sind nicht ersichtlich.33

3. Die Revision wendet sich ohne Erfolg gegen die Annahme des Berufungsgerichts, der Vertrieb der Baureihe 991 des Porsche 911 durch die Beklagte stelle keine Nutzung des Werks des E.K. im Sinne von § 32a Abs. 1 Satz 1 UrhG dar.34

a) Das Berufungsgericht hat angenommen, der Porsche 911 der Baureihe 991 stelle eine freie Benutzung der von E.K. geschaffenen äußeren Gestaltung der Karosserie des Porsche 356 gemäß § 24 Abs. 1 UrhG dar. Eine freie Benutzung gemäß § 24 Abs. 1 UrhG sei jedoch keine Nutzung, die einen Anspruch auf weitere angemessene Beteiligung gemäß § 32a Abs. 1 Satz 1 UrhG auslösen könne. Unter den Begriff der Nutzung im Sinne des § 32a Abs. 1 UrhG seien diejenigen Nutzungen eines urheberrechtlich geschützten Werks einzuordnen, die dem Urheber nach § 15 UrhG zustünden und die er im Rahmen vertraglicher Beziehungen nach § 31 UrhG dem Verwerter überlassen habe. Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung im Ergebnis stand.35

b) Das Berufungsgericht hat den Begriff der Nutzung im Sinne von § 32a Abs. 1 Satz 1 UrhG zutreffend bestimmt. Es ist mit Recht davon ausgegangen, dass Erträge oder Vorteile aus einer Nutzung, die nicht in den Schutzbereich eines Verwertungsrechts des Urhebers eingreift, keinen Anspruch gemäß § 32a Abs. 1 Satz 1 UrhG auf weitere angemessene Beteiligung des Urhebers begründen können.36

aa) Der Anspruch aus § 32a Abs. 1 Satz 1 UrhG setzt voraus, dass der Urheber einem anderen ein Nutzungsrecht eingeräumt hat, also das einfache oder ausschließliche Recht, das Werk auf einzelne oder alle Nutzungsarten zu nutzen (§ 31 UrhG). Der Anspruch aus § 32a Abs. 1 Satz 1 UrhG setzt ferner voraus, dass der Vertragspartner des Urhebers Erträge oder Vorteile aus der Nutzung des Werks erzielt.37

bb) Mit dem Begriff der Nutzung des Werks ist zunächst – wie auch sonst im Urheberrechtsgesetz – die Nutzung des Werks gemeint, in der das Urheberrecht den Urheber schützt (§ 11 Satz 1 Fall 2 UrhG), indem es ihm ausschließliche Rechte zur Verwertung seines Werks zuweist (§ 15 UrhG). Eine Nutzung, die außerhalb des Schutzbereichs der dem Urheber zustehenden Verwertungsrechte liegt, ist von vornherein urheberrechtlich irrelevant.38

Liegt eine Nutzung innerhalb des Schutzbereichs der dem Urheber zustehenden Verwertungsrechte vor, setzt die Nutzung des Werks im Sinne von § 32a Abs. 1 Satz 1 UrhG darüber hinaus voraus, dass sich die Nutzung im Rahmen der dem Vertragspartner vom Urheber nach § 31 UrhG eingeräumten Nutzungsrechte bewegt (vgl. BGH, GRUR 2021, 955 Rn. 125 – Das Boot III). Eine Nutzung des Werks, die außerhalb dieses Rahmens liegt, kann zwar einen Anspruch auf Schadensersatz oder Bereicherungsausgleich, aber keinen Anspruch auf weitere angemessene Beteiligung begründen.39

cc) Diese Beurteilung gilt auch für den Zeitraum ab dem 7. Juni 2021, für den gemäß Art. 26 Abs. 1 der Richtlinie (EU) 2019/790 mit Art. 20 der Richtlinie auch im Unionsrecht ein Vertragsanpassungsmechanismus geschaffen worden ist. Der deutsche Gesetzgeber hat zwar mit Wirkung vom 7. Juni 2021 zur Umsetzung von Art. 20 der Richtlinie (EU) 2019/790 in § 32a Abs. 1 Satz 1 UrhG den Begriff des auffälligen Missverhältnisses durch den der unverhältnismäßig niedrigen Gegenleistung ersetzt, die Bestimmung im Übrigen aber unverändert gelassen.40

Art. 20 Abs. 1 der Richtlinie (EU) 2019/790 setzt wie auch § 32a Abs. 1 Satz 1 UrhG den Abschluss eines Vertrags des Urhebers über die Verwertung seiner Rechte mit einer anderen Partei und die Erzielung von Einnahmen aus der Verwertung des Werks voraus. Eine unionsrechtskonforme Auslegung des § 32a Abs. 1 Satz 1 UrhG führt daher gleichfalls zu dem Ergebnis, dass Erträge und Vorteile, die der Vertragspartner durch Nutzungen erzielt, die außerhalb des Schutzbereichs der dem Urheber zustehenden Verwertungsrechte oder außerhalb des Rahmens der dem Vertragspartner eingeräumten Nutzungsrechte liegen, keinen Anspruch auf weitere angemessene Vergütung begründen können.41

c) Das Berufungsgericht hat angenommen, die Herstellung und der Vertrieb des Porsche 911 der Baureihe 991 durch die Beklagte greife nicht in das E.K. als Urheber zustehende ausschließliche Recht zur Vervielfältigung (§ 16 UrhG) und Verbreitung (§ 17 Abs. 1 UrhG) der Gestaltung des Porsche 356 ein, weil die Gestaltung des Porsche 911 der Baureihe 991 im Sinne von § 24 Abs. 1 UrhG in freier Benutzung der Gestaltung des Porsche 356 geschaffen worden sei. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung kann zwar ein Eingriff in die dem E.K. zustehenden Verwertungsrechte nicht verneint werden. Die Beurteilung des Berufungsgerichts erweist sich aber aus anderen Gründen im Ergebnis als richtig.42

aa) Die vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen tragen nicht seine Annahme, die Herstellung und der Vertrieb des Porsche 911 der Baureihe 991 seien nach § 24 Abs. 1 UrhG als freie Benutzung der von E.K. geschaffenen Gestaltung des Porsche 356 ohne Zustimmung des Inhabers der Urheberrechte am benutzten Werk zulässig.43

(1) Nach § 24 Abs. 1 UrhG aF darf ein selbständiges Werk, das in freier Benutzung des Werks eines anderen geschaffen worden ist, ohne Zustimmung des Urhebers des benutzten Werks veröffentlicht und verwertet werden. Für die Frage, ob eine freie Benutzung im Sinne von § 24 Abs. 1 UrhG aF vorliegt, kommt es nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs entscheidend auf den Abstand an, den das neue Werk zu den entlehnten eigenpersönlichen Zügen des benutzten Werks hält. Eine freie Benutzung setzt voraus, dass angesichts der Eigenart des neuen Werks die entlehnten eigenpersönlichen Züge des geschützten älteren Werks verblassen. In der Regel liegt diese Voraussetzung vor, wenn das neue Werk zu den entlehnten eigenpersönlichen Zügen des älteren Werks einen so großen Abstand hält, dass die dem geschützten älteren Werk entlehnten eigenpersönlichen Züge im neuen Werk zurücktreten und die Benutzung des älteren Werks durch das neuere Werk nur noch als Anregung zu einem neuen, selbständigen Werkschaffen erscheint (BGH, Urteil vom 28. Juli 2016 – I ZR 9/15, BGHZ 211, 309 Rn. 19 bis 21 – auf fett getrimmt, mwN; Beschluss vom 1. Juni 2017 – I ZR 115/16, GRUR 2017, 895 Rn. 23 = WRP 2017, 1114 – Metall auf Metall III).44

(2) Die Revision rügt ohne Erfolg, das Berufungsgericht habe sich nicht auf § 24 Abs. 1 UrhG aF stützen dürfen, weil diese Bestimmung in ihrer Funktion als immanente Beschränkung des Schutzbereichs des Urheberrechts unionsrechtswidrig sei.45

(a) Allerdings gibt es für die Bestimmung des § 24 UrhG keine ausdrückliche Entsprechung im Urheberrecht der Europäischen Union. § 24 Abs. 1 UrhG aF zählt nicht zu den in Teil 1 Abschnitt 6 des Urheberrechtsgesetzes (§§ 44a bis 63a UrhG) geregelten Schranken des Urheberrechts. Das im nationalen Urheberrecht seit jeher anerkannte Recht der freien Benutzung (vgl. § 13 LUG und § 16 KUG) bezeichnet vielmehr – neben seiner Funktion als Schrankenbestimmung für die Benutzungsform der Parodie im Sinne von Art. 5 Abs. 3 Buchst. k der Richtlinie 2001/29/EG (vgl. BGHZ 211, 309 Rn. 24 – auf fett getrimmt; jetzt § 51a UrhG) – eine dem Urheberrecht immanente Beschränkung seines Schutzbereichs. Diese Beschränkung beruht auf der Erkenntnis, dass kulturelles Schaffen nicht ohne ein Aufbauen auf früheren Leistungen anderer Urheber denkbar ist (vgl. Loewenheim in Schricker/Loewenheim aaO § 24 UrhG Rn. 2); sie hat den Zweck, Freiraum für eine schöpferische Auseinandersetzung mit bestehenden Werken zu schaffen und damit eine kulturelle Fortentwicklung zu ermöglichen (vgl. BGH, Urteil vom 20. November 2008 – I ZR 112/06, GRUR 2009, 403 Rn. 21 = WRP 2009, 308 – Metall auf Metall I; BGH, GRUR 2017, 895 Rn. 22 – Metall auf Metall III; BGH, Urteil vom 30. April 2020 – I ZR 115/16, BGHZ 225, 222 Rn. 34 – Metall auf Metall IV).46

Der Gerichtshof der Europäischen Union hat auf ein Vorabentscheidungsersuchen des Senats entschieden, dass ein Mitgliedstaat in seinem nationalen Recht keine Ausnahme oder Beschränkung in Bezug auf das Recht des Tonträgerherstellers aus Art. 2 Buchst. c der Richtlinie 2001/29/EG vorsehen darf, die nicht in Art. 5 dieser Richtlinie vorgesehen ist (EuGH, Urteil vom 29. Juli 2019 – C-476/17, GRUR 2019, 929 Rn. 56 bis 65 = WRP 2019, 1156 – Pelham u.a.). Art. 5 der Richtlinie 2001/29/EG sieht keine (allgemeine) Ausnahme oder Beschränkung in Bezug auf die Verwertungsrechte der Rechtsinhaber aus Art. 2 bis 4 der Richtlinie 2001/29/EG für den Fall vor, dass ein selbständiges Werk in freier Benutzung des Werks oder der Leistung eines Rechtsinhabers geschaffen worden ist. Danach ist es nicht mehr zulässig, in einem solchen Fall unabhängig davon, ob die Voraussetzungen einer der in Art. 5 der Richtlinie 2001/29/EG in Bezug auf die Verwertungsrechte der Rechtsinhaber aus Art. 2 bis 4 dieser Richtlinie vorgesehenen Ausnahmen oder Beschränkungen vorliegen, anzunehmen, der Schutzbereich eines Verwertungsrechts werde durch § 24 Abs. 1 UrhG in der Weise (immanent) beschränkt, dass ein selbständiges Werk, das in freier Benutzung des Werks oder der Leistung eines Rechtsinhabers geschaffen worden ist, ohne seine Zustimmung verwertet werden darf (BGHZ 225, 222 Rn. 36 – Metall auf Metall IV).47

(b) Die vorstehend dargelegten Grundsätze zur Abgrenzung der freien Benutzung von der (unfreien) Bearbeitung gelten aber auch unter Berücksichtigung dieser Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union und mit Blick auf die wegen dieser Entscheidung durch das Gesetz zur Anpassung des Urheberrechts an die Erfordernisse des digitalen Binnenmarktes vom 31. Mai 2021 (BGBl. I S. 1204) vorgenommenen Änderungen für Werke im Sinne von § 2 UrhG in der Sache mit der Maßgabe weiter, dass das Kriterium des Verblassens unionsrechtskonform im Sinne des Kriteriums einer fehlenden Wiedererkennbarkeit der schutzbegründenden eigenschöpferischen Elemente zu verstehen ist.48

Die vom Berufungsgericht herangezogene Vorschrift des § 24 UrhG aF ist mit Wirkung vom 7. Juni 2021 aufgehoben worden. Die bislang in § 24 Abs. 1 UrhG aF geregelte Begrenzung des Schutzbereichs des Urheberrechts ist dadurch jedoch nicht weggefallen. Vielmehr ist nunmehr in § 23 Abs. 1 Satz 2 UrhG nF bestimmt, dass dann keine Bearbeitung oder Umgestaltung im Sinne des § 23 Abs. 1 Satz 1 UrhG nF vorliegt, wenn das neu geschaffene Werk einen hinreichenden Abstand zum benutzten Werk wahrt. Diese Bestimmung soll nach der Gesetzesbegründung künftig die Funktion des § 24 UrhG aF als Schutzbereichsbegrenzung übernehmen (BT-Drucks. 19/27426, S. 3 und 78). Für die Beurteilung des hinreichenden Abstands soll maßgeblich sein, inwieweit auch nach der Bearbeitung oder Umgestaltung noch ein Ausdruck der eigenen geistigen Schöpfung des Urhebers des vorbestehenden Werks erkennbar ist. Wie nach der bislang geltenden Rechtslage unter § 24 UrhG aF soll dann von einem hinreichenden Abstand ausgegangen werden können, wenn die aus dem vorbestehenden Werk entlehnten eigenpersönlichen Züge entsprechend der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs dem Gesamteindruck nach gegenüber der Eigenart des neuen Werks so stark verblassen, dass das vorbestehende Werk nicht mehr oder nur noch rudimentär zu erkennen ist (BT-Drucks. 19/27426, S. 78). Nach der Gesetzesbegründung (BT-Drucks. 19/27426, S. 78) ergibt sich aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union, wonach es an einem Eingriff in den urheberrechtlichen Schutzbereich fehlt, wenn lediglich solche Teile eines vorbestehenden Werkes verwendet werden, die für sich genommen nicht die schöpferische Leistung des Urhebers erkennen lassen (vgl. EuGH, Urteil vom 16. Juli 2009 – C-5/08, GRUR 2009, 1041 Rn. 48 und 51 – Infopaq International), dass auch das Unionsrecht von einer immanenten Begrenzung des Schutzbereichs des Urheberrechts ausgeht.49

Der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union ist eindeutig zu entnehmen, dass sich der Schutzbereich der Verwertungsrechte zwar einerseits auf eine Nutzung der urheberrechtlich geschützten Werke und Leistungen in veränderter Form erstreckt, andererseits aber auf eine Nutzung dieser Werke und Leistungen in wiedererkennbarer Form beschränkt ist. So hat der Gerichtshof der Europäischen Union etwa entschieden, dass Art. 2 Buchst. c der Richtlinie 2001/29/EG es dem Tonträgerhersteller nicht gestattet, sich dagegen zu wehren, dass ein Dritter ein Audiofragment seines Tonträgers in einen anderen Tonträger in geänderter und beim Hören nicht wiedererkennbarer Form einfügt (vgl. EuGH, GRUR 2019, 929 Rn. 29 bis 31 – Pelham u.a; BGHZ 225, 222 Rn. 24 und 37 – Metall auf Metall IV). Für die Verwertungsrechte des Urhebers kann nichts anderes gelten. Maßgeblich für die Abgrenzung einer rechtsverletzenden Vervielfältigung von einer freien Bearbeitung ist, ob die schutzbegründenden schöpferischen Elemente wiedererkennbar bleiben oder verblassen (vgl. BGH, Urteil vom 16. April 2015 – I ZR 225/12, GRUR 2015, 1189 Rn. 109 = WRP 2015, 1507 – Goldrapper). Da sich die Beschränkung der Verwertungsrechte auf eine Nutzung der Werke und Leistungen in wiedererkennbarer Form aus einer Auslegung der Verwertungsrechte und nicht aus einer Schrankenregelung ergibt, kann in dem Kriterium der fehlenden Wiedererkennbarkeit eine immanente Beschränkung des Schutzbereichs der Verwertungsrechte gesehen werden (vgl. Grünberger, ZUM 2020, 175, 184; Grisse/Kaiser, ZUM 2021, 401, 411 und 413; Ohly, ZUM 2021, 745, 746). Das in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs maßgebliche Kriterium des Verblassens ist unionsrechtskonform im Sinne des Kriteriums der fehlenden Wiedererkennbarkeit der schutzbegründenden eigenschöpferischen Elemente zu verstehen (vgl. Ohly, ZUM 2021, 745, 746). Mit dieser Maßgabe kann im Rahmen der Prüfung einer Schutzbereichsbegrenzung auf die gemäß § 24 Abs. 1 UrhG geltenden Grundsätze auch unter Geltung des § 23 Abs. 1 Satz 2 UrhG nF zurückgegriffen werden (vgl. BeckOK.IT-Recht/Paul, 5. Edition, Stand 1. Januar 2022, § 23 UrhG Rn. 2 und 6; BeckOK.UrhR/Ahlberg/Lauber-Rönsberg, 33. Edition, Stand 15. Januar 2022, § 23 UrhG Rn. 2 und 35; Ohly, ZUM 2021, 745, 746; vgl. auch BT-Drucks. 19/27426, S. 78; v. Ungern-Sternberg in Schricker/Loewenheim aaO § 15 UrhG Rn. 34; Stieper, ZUM 2020, 753, 758).50

Allerdings ist bei der Bestimmung des Schutzbereichs der spezifische Schutzgegenstand des in Rede stehenden Schutzrechts in den Blick zu nehmen. Das Kriterium der Wiedererkennbarkeit kann sich auf die Wiedererkennbarkeit als urheberrechtlich geschütztes Werk oder als urheberrechtlich geschützter anderer Schutzgegenstand beziehen (Grisse/Kaiser, ZUM 2021, 401, 404 f. und 413). Für die Beurteilung des Eingriffs in den Schutzbereich der Verwertungsrechte bei einem Werk kommt es darauf an, ob in der angegriffenen Gestaltung bei einem Vergleich des Gesamteindrucks die den Urheberrechtsschutz der benutzten Gestaltung begründenden Merkmale wiedererkennbar sind (vgl. EuGH, GRUR 2009, 1041 Rn. 39 – Infopaq International; Grisse/Kaiser, ZUM 2021, 401, 405, 413; Ohly, ZUM 2021, 745, 746). Für den Eingriff in den Schutzbereich der Verwertungsrechte bei einem anderen Schutzgegenstand wie etwa einem Tonträger kommt es darauf an, ob in der angegriffenen Gestaltung die den Leistungsrechtsschutz der benutzten Gestaltung begründenden Merkmale wiedererkennbar sind. So setzt der Schutz eines Tonträgers nicht voraus, dass es sich dabei um eine persönliche geistige Schöpfung handelt. Vielmehr wird dem Tonträgerhersteller Schutz für eine organisatorische, technische und wirtschaftliche Leistung gewährt, die sich selbst im kleinsten Teil des Tonträgers niederschlägt (EuGH, GRUR 2019, 929 Rn. 29 f. – Pelham u.a.; BGH, GRUR 2009, 403 Rn. 14 f. – Metall auf Metall I; GRUR 2017, 895 Rn. 18 – Metall auf Metall III). Deshalb kommt es nur darauf an, dass ein solcher Teil des Tonträgers wiedererkennbar ist (EuGH, GRUR 2019, 929 Rn. 36 bis 39 – Pelham u.a.).51

(3) Die Revision rügt aber mit Erfolg, das Berufungsgericht habe die von ihm als maßgeblich erachteten Voraussetzungen einer freien Benutzung im Sinne von § 24 Abs. 1 UrhG aF nicht vollständig geprüft. Es habe keine Feststellungen dazu getroffen, dass es sich bei dem Porsche 911 der Baureihe 991 um ein urheberrechtlich geschütztes Werk gehandelt habe.52

Eine freie Benutzung im Sinne der schutzbereichsbegrenzenden Funktion des § 24 Abs. 1 UrhG aF setzt voraus, dass ein selbständiges Werk geschaffen wurde und das ältere Werk als Grundlage für die Schöpfung des neuen Werks diente (vgl. BGH, GRUR 2014, 65 Rn. 37 f. – Beuys-Aktion; GRUR 2015, 1189 Rn. 41 – Goldrapper; BGHZ 211, 309 Rn. 21 – auf fett getrimmt; zur abweichenden Rechtsprechung betreffend die unionsrechtskonforme Anwendung von § 24 Abs. 1 UrhG als Schrankenbestimmung vgl. BGHZ 211, 309 Rn. 28 – auf fett getrimmt). § 23 Abs. 1 Satz 2 UrhG spricht gleichfalls von einem neu geschaffenen Werk und erfordert damit ebenfalls, dass die neue Gestaltung die Anforderungen an ein urheberrechtlich geschütztes Werk erfüllt (vgl. BeckOK.UrhR/Ahlberg/Lauber-Rönsberg aaO § 23 UrhG Rn. 36).53

Das Berufungsgericht hat zwar angenommen, die Baureihe 991 des Porsche 911 sei als freie Benutzung der Gestaltung des Porsche 356 im Sinne von § 24 Abs. 1 UrhG aF anzusehen. Es hat aber keine Feststellungen dazu getroffen, ob es sich bei dem Porsche 911 der Baureihe 991 um ein urheberrechtlich geschütztes Werk der angewandten Kunst im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 2 UrhG handelt.54

bb) Die Beurteilung des Berufungsgerichts erweist sich aber aus anderen Gründen im Ergebnis als richtig (§ 561 ZPO). Ein Eingriff in ein Verwertungsrecht des Urhebers liegt bereits dann nicht vor, wenn der Gesamteindruck der neuen Gestaltung nicht mit dem Gesamteindruck des benutzten Werks übereinstimmt; es kommt dann nicht darauf an, ob es sich bei der neuen Gestaltung um ein urheberrechtlich geschütztes Werk handelt. Die vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen tragen die Annahme, dass der Gesamteindruck der Gestaltung des Porsche 911 der Baureihe 991 nicht mit dem Gesamteindruck der Gestaltung des Porsche 356 übereinstimmt und daher weder ein Eingriff in das Vervielfältigungsrecht gemäß § 16 Abs. 1 UrhG noch ein Eingriff in das Verbreitungsrecht gemäß § 17 Abs. 1 UrhG vorliegt.55

(1) Eine Verletzung des Urheberrechts gemäß § 97 UrhG liegt nicht nur bei einer identischen widerrechtlichen Nachbildung eines Werks vor. Aus der Bestimmung des § 23 Abs. 1 UrhG, nach der Bearbeitungen oder andere Umgestaltungen eines Werks nur mit Zustimmung des Urhebers veröffentlicht oder verwertet werden dürfen, ergibt sich, dass der Schutzbereich des Veröffentlichungsrechts im Sinne von § 12 UrhG und der Verwertungsrechte gemäß § 15 UrhG sich – bis zu einer gewissen Grenze – auch auf vom Original abweichende Gestaltungen erstreckt (vgl. Loewenheim in Schricker/Loewenheim aaO § 23 UrhG Rn. 1; Bullinger in Wandtke/Bullinger aaO § 23 UrhG Rn. 1; Koch in Festschrift Bornkamm, 2014, S. 835, 838). Auch nach dem Unionsrecht betrifft die Frage, inwieweit der Urheber eine Nutzung des Werks in veränderter Gestalt erlauben oder verbieten kann, den Schutzumfang des in Rede stehenden Verwertungsrechts (vgl. BGH, BGHZ 225, 222 Rn. 37 – Metall auf Metall IV; BT-Drucks. 19/27426, S. 78; v. Ungern-Sternberg in Schricker/Loewenheim aaO § 15 UrhG Rn. 32 mwN; Grisse/Kaiser, ZUM 2021, 401, 411 f. mwN).56

Bei der Prüfung, ob eine Veränderung eines Werks in den Schutzbereich des Urheberrechts fällt, ist zu berücksichtigen, dass jede Bearbeitung oder andere Umgestaltung im Sinne des § 23 Satz 1 UrhG aF/§ 23 Abs. 1 Satz 1 UrhG nF, soweit sie körperlich festgelegt ist, zugleich eine Vervielfältigung im Sinne des § 16 UrhG darstellt. Zu den Vervielfältigungen zählen nicht nur Nachbildungen, die mit dem Original identisch sind; vom Vervielfältigungsrecht des Urhebers werden vielmehr auch solche – sogar in einem weiteren Abstand vom Original liegende – Werkumgestaltungen erfasst, die über keine eigene schöpferische Ausdruckskraft verfügen und sich daher trotz einer vorgenommenen Umgestaltung noch im Schutzbereich des Originals befinden, weil dessen Eigenart in der Nachbildung erhalten bleibt und ein übereinstimmender Gesamteindruck besteht (zu § 23 Satz 1 UrhG aF vgl. BGH, GRUR 2014, 65 Rn. 36 – Beuys-Aktion, mwN). Allerdings führt nicht jede Veränderung eines Werks zu einer Bearbeitung oder anderen Umgestaltung im Sinne des § 23 Satz 1 UrhG aF/§ 23 Abs. 1 Satz 1 UrhG nF. In einer nur unwesentlichen Veränderung einer benutzten Vorlage ist nicht mehr als eine Vervielfältigung im Sinne des § 16 UrhG zu sehen. Eine Bearbeitung oder andere Umgestaltung im Sinne des § 23 Satz 1 UrhG aF/§ 23 Abs. 1 Satz 1 UrhG nF setzt daher eine wesentliche Veränderung der benutzten Vorlage voraus. Ist die Veränderung der benutzten Vorlage indessen so weitreichend, dass die Nachbildung über eine eigene schöpferische Ausdruckskraft verfügt und die entlehnten eigenpersönlichen Züge des Originals angesichts der Eigenart der Nachbildung verblassen, liegt keine Bearbeitung oder andere Umgestaltung im Sinne des § 23 Satz 1 UrhGaF/§ 23 Abs. 1 Satz 1 UrhG nF und erst recht keine Vervielfältigung im Sinne des § 16 UrhG, sondern ein selbständiges Werk vor, das in freier Benutzung des Werks eines anderen geschaffen worden ist und das nach § 24 Abs. 1 UrhG aF/§ 23 Abs. 1 Satz 2 UrhG nF ohne Zustimmung des Urhebers des benutzten Werks veröffentlicht und verwertet werden darf (zu § 23 Satz 1, § 24 Abs. 1 UrhG aF vgl. BGH, GRUR 2014, 65 Rn. 36 f. – Beuys-Aktion, mwN).57

Aus diesen Grundsätzen ergibt sich eine abgestufte Prüfungsfolge: Zunächst ist im Einzelnen festzustellen, welche objektiven Merkmale die schöpferische Eigentümlichkeit des benutzten Werks bestimmen. Sodann ist durch Vergleich der einander gegenüberstehenden Gestaltungen zu ermitteln, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang in der neuen Gestaltung eigenschöpferische Züge des älteren Werks übernommen worden sind. Maßgebend für die Entscheidung ist letztlich ein Vergleich des jeweiligen Gesamteindrucks der Gestaltungen, in dessen Rahmen sämtliche übernommenen schöpferischen Züge in einer Gesamtschau zu berücksichtigen sind. Stimmt danach der jeweilige Gesamteindruck überein, handelt es sich bei der neuen Gestaltung um eine Vervielfältigung des älteren Werks. Es ist dann – soweit erforderlich – weiter zu prüfen, ob die neue Gestaltung gleichwohl so wesentliche Veränderungen aufweist, dass sie nicht als reine Vervielfältigung, sondern als (unfreie) Bearbeitung oder andere Umgestaltung des benutzten Werks anzusehen ist. Weicht der jeweilige Gesamteindruck voneinander ab, liegt jedenfalls weder eine Vervielfältigung noch eine Bearbeitung, sondern möglicherweise eine freie Benutzung vor. Um eine freie Benutzung im Sinne von § 24 Abs. 1 UrhG aF handelt es sich, wenn ein selbständiges Werk geschaffen wurde und das ältere Werk als Grundlage für die Schöpfung des neuen Werks diente (vgl. BGH, GRUR 2014, 65 Rn. 38 – Beuys-Aktion; GRUR 2015, 1189 Rn. 41 – Goldrapper; BGHZ 211, 309 Rn. 21 – auf fett getrimmt).58

Eine neue Gestaltung greift danach schon dann nicht in den Schutzbereich eines älteren Werks ein, wenn ihr Gesamteindruck vom Gesamteindruck des älteren Werks in der Weise abweicht, dass die den Urheberrechtsschutz des älteren Werks begründenden Elemente im Rahmen der Gesamtschau in der neuen Gestaltung verblassen, also nicht mehr wiederzuerkennen sind. Es kommt in diesem Zusammenhang nicht mehr darauf an, ob die neue Gestaltung die Anforderungen an ein urheberrechtlich geschütztes Werk erfüllt. Selbst wenn mit der neuen Gestaltung unter Benutzung des älteren Werks ein neues Werk geschaffen worden sein sollte, könnte dieser Umstand für sich genommen einen Eingriff in die Urheberrechte am älteren Werk nicht rechtfertigen. Auch nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union kann eine Einschränkung des Schutzbereichs außerhalb der Schranken nicht allein damit gerechtfertigt werden, dass kulturelles Schaffen nicht ohne ein Aufbauen auf früheren Leistungen anderer Urheber denkbar ist (EuGH, GRUR 2019, 929 Rn. 56 bis 65 – Pelham u.a).59

(2) Nach den vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen liegt danach kein Eingriff in Verwertungsrechte von E.K. als Urheber der Gestaltung des Porsche 356 vor.60

(a) Das Berufungsgericht hat angenommen, bei der Gestaltung der Karosserie des Porsche 356 handele es sich um ein Werk der angewandten Kunst im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 2 UrhG. Dies gelte wegen der im Automobildesign technisch bedingten und allgemein anerkannten Vorgaben nur für den aufgrund der einzelnen eigentümlichen Eigenschaften der Gestaltung entstehenden Gesamteindruck des Fahrzeugäußeren. Dieser Gesamteindruck werde durch die vom Landgericht festgestellten, nicht technisch bedingten Gestaltungselemente geprägt. Sie bildeten in ihrer Gesamtheit eine Schöpfung individueller Prägung, die sich hinreichend von den zum Zeitpunkt der Schöpfung bekannten Automobilgestaltungen abhebe. Maßgeblich für die Eigentümlichkeit der äußeren Gestaltung der Karosserie des Porsche 356 sei die besonders harmonische Linienführung mit einer Kombination aus flachen und geschwungenen Elementen ohne harte Kanten in Verbindung mit der einprägsamen Frontansicht des Fahrzeugs, die sich aus folgenden Gestaltungselementen ergebe: dem fehlenden Kühlergrill, die in der Mitte geteilte Frontscheibe, den runden, leicht schräggestellten Scheinwerfer, die in die hochgezogenen Kotflügel integriert seien und so die Fahrzeughaube flankierend begrenzten und die Linie jeweils nach unten einschnitten, und der dazwischenliegenden rundlichen Haube. Allerdings weise die äußere Formgestaltung des Porsche 356 aufgrund des vorbekannten Formenschatzes von Kraftfahrzeugen nach den Verhältnissen im Zeitpunkt der Schöpfung nur eine geringe Gestaltungshöhe und damit einen stark eingeschränkten Schutzbereich (kleine Münze) auf. Nur die in vielen Details ausgestaltete Karosserie des Porsche 356 habe in ihrem Gesamteindruck eine hinreichende Schöpfungshöhe, um als Werk der angewandten Kunst nach § 2 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 2 UrhG schutzfähig zu sein. Da die Eigentümlichkeit der Karosseriegestaltung allein in der Kombination dieser Gestaltungsmöglichkeiten liege, erstrecke sich der Schutzbereich nur auf diese oder marginal abweichende Gestaltungen. Gegen diese im Wesentlichen auf tatgerichtlichem Gebiet liegende und ihr günstige Beurteilung hat die Revision keine Rügen erhoben.61

(b) Das Berufungsgericht hat weiter angenommen, der Porsche 911 der Baureihe 991 stelle „jedenfalls“ eine freie Benutzung der von E.K. geschaffenen äußeren Gestaltung der Karosserie des Porsche 356 dar. Der für die Werkeigenschaft des Porsche 356 maßgebliche Gesamteindruck verblasse bei der Gestaltung des Porsche 911 der Baureihe 991 so stark, dass dieser allenfalls als Anregung für die neue Gestaltung gedient habe. Es sei davon auszugehen, dass die äußere Gestaltung des Porsche 356 unter Zugrundelegung der Verhältnisse zum Zeitpunkt der Schöpfung des Werks nur einen stark eingeschränkten Schutzbereich aufweise. Aufgrund der erheblichen und zahlreichen Abweichungen der äußeren Gestaltung der Karosserie des Porsche 911 der Baureihe 991, die den Gesamteindruck dieses Fahrzeugs maßgeblich prägten, träten die eigenpersönlichen Züge der Gestaltung des Porsche 356 in der Gestaltung des Porsche 911 der Baureihe 991 so stark zurück, dass die Benutzung der wenigen Details aus der ursprünglichen Gestaltung des Porsche 356 nur noch als Anregung zur Gestaltung des Porsche 911 der Baureihe 991 erscheine. Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung stand.62

Die Revision macht geltend, das Berufungsgericht habe bei seiner Beurteilung nicht auf die Gemeinsamkeiten der beiden Werke, sondern hauptsächlich auf deren Unterschiede abgestellt. Dem kann nicht zugestimmt werden. Das Berufungsgericht hat vielmehr sowohl die Übereinstimmungen als auch die Abweichungen in den Blick genommen. Es hat festgestellt, dass die äußere Gestaltung der Karosserie des Porsche 911 der Baureihe 991 die aus der Gestaltung des Porsche 356 bekannten Elemente der runden, leicht schräggestellten, in die Kotflügel integrierten Scheinwerfer, der höhergestellten, die Fahrzeughaube flankierend begrenzenden Kotflügel, der harmonischen Linienführung mit einer Kombination aus flachen und geschwungenen Elementen einschließlich der Schulterung im Bereich der hinteren Kotflügel sowie des nach hinten abfallenden Hecks aufweise. Wesentlich dominanter seien jedoch die zahlreichen, im Berufungsurteil im Einzelnen ausgeführten Abweichungen. Es hat auf dieser Grundlage angenommen, dass nicht die übernommenen, sondern die abweichenden Merkmale den maßgeblichen Gesamteindruck prägen. Diese im Wesentlichen tatgerichtliche Würdigung ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.63

Aus dieser Beurteilung ergibt sich, dass das Berufungsgericht ausgehend von einem Vergleich des jeweiligen Gesamteindrucks, in dessen Rahmen es rechtsfehlerfrei sämtliche übernommenen schöpferischen Elemente in einer Gesamtschau berücksichtigt hat, nicht von einem übereinstimmenden Gesamteindruck ausgegangen ist. Entgegen der Ansicht der Revision kann auf der Grundlage der vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen nicht angenommen werden, dass die Beklagte die für den Werkcharakter maßgeblichen eigenpersönlichen Merkmale der Gestaltung des Porsche 356 in der Karosserieform des Porsche 911 der Baureihe 991 in einer für den durchschnittlichen Autokäufer wiedererkennbaren Form übernommen hat. Nach den vorstehend dargelegten Grundsätzen fehlt es damit bereits an den auf der ersten Prüfungsstufe zu berücksichtigenden Voraussetzungen einer Vervielfältigung im Sinne von § 16 UrhG. Dies gilt ebenso für das im Streitfall ebenfalls in Rede stehende, auf Vervielfältigungsstücke bezogene Verbreitungsrecht gemäß § 17 Abs. 1 UrhG. Auf die weitere Frage, ob eine freie Benutzung im Sinne von § 24 Abs. 1 UrhG aF und eine dafür erforderliche neue Werkschöpfung vorliegt, kommt es nach alledem nicht entscheidungserheblich an.64

III. Das Berufungsgericht hat angenommen, die Klägerin habe nicht nachgewiesen, dass E.K. – allein oder als Miturheber – auch die äußere Gestaltung der Karosserie des Porsche 911 geschaffen habe. Deshalb stünden der Klägerin auch keine Ansprüche auf weitere angemessene Beteiligung zu, soweit eine Nutzung eventueller Urheberrechte des E.K. an der Gestaltung des Porsche 911 durch den Vertrieb der Baureihe 991 in Rede stehe. Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung nicht in vollem Umfang stand.65

1. Das Berufungsgericht hat ausgeführt, die Klägerin habe die Urheberschaft des E.K. weder für die beiden der ersten Baureihe des späteren Porsche 911 vorausgegangenen internen Gestaltungen (Modell „T7“ und Modell „T8“) noch eine Miturheberschaft an der äußeren Gestaltung des ersten Porsche 911 nachgewiesen.66

Das Modell „T7“ habe zwar wesentliche Gestaltungsmerkmale des Porsche 911 vorweggenommen. Die Klägerin habe jedoch keine objektiven Indizien für ihre Behauptung nachweisen können, E.K. habe das Modell „T7“ gestaltet. Die von der Klägerin auf den 8. November 1963 datierte Zeichnung des „T7“ enthalte keinen Urhebervermerk oder sonstige Angaben zum Verfasser. Die Aussagen der vernommenen Zeugen seien vage geblieben und hätten zur Frage der konkreten Gestaltung der Modelle „T7“, „T8“ und „911“ keine belastbaren Ergebnisse geliefert. Gegen die Urheberschaft des E.K. am Modell „T7“ spreche, dass dieses Modell nach Aktenlage in der allgemein zugänglichen Literatur stets F.A. Porsche zugeordnet werde. Überdies habe die Beklagte eine historische Dokumentation aus ihrem Hause vorgelegt, auf dem zur Abbildung des „T7“ der Hinweis „Entwurf: Porsche jun.“ vermerkt sei. Publikationen, die den „T7“ dem E.K. zuschrieben, seien nicht vorgelegt worden und auch nicht ersichtlich.67

Die Klägerin habe auch nicht nachweisen können, dass E.K. die Karosserie des Modells „T8“, aus dem schließlich die endgültige Erscheinungsform des Porsche 901/911 hervorgegangen sei, gestaltet habe. Die Zeugenaussagen seien auch zu diesem Modell unergiebig geblieben. Gegen die Urheberschaft des E.K. spreche schon die unstreitige Tatsache, dass zuvor neben der von ihm geleiteten Karosserieabteilung eine neue Designabteilung unter F.A. Porsche etabliert worden sei und das Modell „T8“ aus dieser neuen Abteilung stamme. Dies habe besonderes Gewicht, weil F.  P.   beide Abteilungen dazu aufgerufen habe, aus dem Modell „T7“ ein Nachfolgemodell für den Porsche 356 zu entwerfen, und das von E.K. und seiner Abteilung gestaltete Modell „T9“ unstreitig von F.  P.   verworfen worden sei. Überdies fänden sich für die von der Klägerin vertretene These, dass F.A. Porsche – zumindest zum damaligen Zeitpunkt – unfähig zur Gestaltung einer Karosserie gewesen sei, keine objektiven Anhaltspunkte.68

Im Hinblick auf die äußere Karosseriegestaltung des Porsche 911 habe die Klägerin eine von ihr hilfsweise geltend gemachte Miturheberschaft des E.K. im Sinne von § 8 UrhG schon nicht schlüssig vorgetragen. Die Klägerin habe lediglich vorgebracht, E.K. sei Designer des Modells „T7“ gewesen, das bereits alle Merkmale des späteren Porsche 911 aufgewiesen habe. Das Modell „T8“ habe auf den Merkmalen des „T7“ aufgebaut. Damit habe die Klägerin eine für das Vorliegen einer Miturheberschaft erforderliche Verständigung von E.K. und F.A. Porsche auf eine Gesamtidee des Werks nicht schlüssig vorgetragen. Unstreitig habe F.  P.   eine Art Wettbewerb zwischen der von E.K. geleiteten Konstruktions- und der von F.A. Porsche geleiteten Gestaltungsabteilung ausgeschrieben. Die jeweiligen Leiter – E.K. und F.A. Porsche – seien gerade nicht gemeinsam schöpferisch gestaltend tätig geworden. Überdies habe die Klägerin schon die Schöpfung des „T7“ durch E.K. nicht nachweisen können.69

Diese Beurteilung hält den Angriffen der Revision nicht in allen Punkten stand.70

2. Ohne Erfolg rügt die Revision, das Berufungsgericht habe einen Antrag der Klägerin auf Anordnung der Vorlage von im Besitz der Beklagten befindlichen Urkunden gemäß § 421 ZPO übergangen.71

a) Die Revision macht geltend, die Klägerin habe beantragt, der Beklagten aufzuerlegen, die die Modelle „T7“, „T8“ und „T9“ betreffenden Entwürfe, Konstruktionszeichnungen und Aktennotizen vorzulegen. Durch Vorlage dieser im Besitz der Beklagten befindlichen Urkunden lasse sich belegen, dass (auch) die Karosseriegestaltung des Ur-911 auf die schöpferische Leistung des E.K. zurückgehe. Diesem Antrag sei zwingend nachzugehen gewesen. Die verlangte Vorlage der Urkunden hätte die vom Berufungsgericht vermissten objektiven Anhaltspunkte, Indizien und belastbaren Ergebnisse ohne Weiteres zutage fördern können.72

b) Die Rüge der Revision ist unbegründet. Zwar hat es das Berufungsgericht versäumt, den Vorlageantrag gemäß § 421 ZPO in seinem Urteil zu bescheiden (zum Erfordernis einer Verbescheidung vgl. Zöller/Feskorn, ZPO, 34. Aufl., § 424 Rn. 1). Dieser Umstand ist jedoch nicht entscheidungserheblich und rechtfertigt deshalb keine Aufhebung des Berufungsurteils. Im Streitfall lagen die Voraussetzungen für eine gerichtliche Anordnung der Vorlegung von Urkunden durch die Beklagte als Prozessgegnerin der Klägerin nicht vor.73

aa) Gemäß § 420 ZPO wird der Urkundsbeweis durch die Vorlegung der Urkunde angetreten. Befindet sich die Urkunde nach der Behauptung des Beweisführers in den Händen des Gegners, wird der Beweis durch den Antrag angetreten, dem Gegner die Vorlegung der Urkunde aufzugeben (§ 421 ZPO). Der Gegner ist gemäß § 422 ZPO zur Vorlegung der Urkunde verpflichtet, wenn der Beweisführer nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts die Herausgabe oder die Vorlegung der Urkunde verlangen kann. Trotz des in § 424 ZPO verwendeten Begriffs „soll“ muss der Antrag des Beweisführers außerdem die in dieser Vorschrift geregelten Anforderungen erfüllen (vgl. Zöller/Feskorn aaO § 424 Rn. 1; Huber in Musielak/Voit, ZPO, 18. Aufl., § 424 Rn. 1; MünchKomm.ZPO/Schreiber, 6. Aufl., § 424 Rn. 1; BeckOK.ZPO/Krafka, 43. Edition [Stand 1. Dezember 2021], § 424 Rn. 2). Danach muss der Antrag gemäß § 424 Satz 1 ZPO die Bezeichnung der Urkunde (Nr. 1), die Bezeichnung der Tatsachen, die durch die Urkunde bewiesen werden sollen (Nr. 2), die möglichst vollständige Bezeichnung des Inhalts der Urkunde (Nr. 3), die Angabe der Umstände, auf welche die Behauptung sich stützt, dass die Urkunde sich im Besitz des Gegners befindet (Nr. 4), und die Bezeichnung des Grundes, der die Verpflichtung zur Vorlegung der Urkunde ergibt (Nr. 5), enthalten. Dieser Grund ist zudem glaubhaft zu machen (§ 424 Satz 2 ZPO).74

Die in § 424 ZPO geregelten formellen Anforderungen haben zum einen den Zweck, dem Gericht die Prüfung der Entscheidungserheblichkeit und der Beweisbedürftigkeit der streitigen Tatsache, der Beweiseignung der Urkunde sowie der Verpflichtung zur Vorlage zu ermöglichen (BGH, Urteil vom 10. November 1988 – VII ZR 272/87, NJW 1989, 717, 719 [juris Rn. 24]). Zum anderen tragen sie dem Umstand Rechnung, dass die Vorlegung einer Urkunde durch einen anderen als den Beweisführer in das Eigentumsrecht des Prozessgegners eingreift, mit der Urkunde nach Belieben zu verfahren (§ 903 BGB), wozu auch das Recht gehört, sie anderen vorzuenthalten (Gehle in Anders/Gehle, ZPO, 80. Aufl., § 424 Rn. 2). Mit der in § 424 Satz 1 Nr. 1 ZPO geregelten Antragsvoraussetzung, die vorzulegende Urkunde genau zu bezeichnen, soll verhindert werden, dass die Vorlage auf eine unzulässige Ausforschung neuer Tatsachen gerichtet ist (BGH, Urteil vom 27. Mai 2014 – XI ZR 264/13, NJW 2014, 3312 Rn. 26; Zöller/Feskorn aaO § 424 Rn. 3). Gleiches gilt für die in § 424 Satz 1 Nr. 5 ZPO getroffene Anforderung, den Grund für den materiell-rechtlichen Vorlageanspruch gemäß § 422 ZPO anzugeben und glaubhaft zu machen. Wird – wie im Streitfall – ein Vorlageanspruch gemäß § 810 BGB geltend gemacht, müssen zur Begründung des rechtlichen Interesses des Anspruchstellers hinreichend bestimmte Anhaltspunkte vorgebracht werden, die auf einen Zusammenhang zwischen dem Inhalt der zur Einsichtnahme begehrten Urkunde und dem Rechtsverhältnis hinweisen, zu dessen Klarstellung die Einsicht verlangt wird. Ungeschriebene Anspruchsvoraussetzung des Einsichtsrechts ist dabei die Schutzwürdigkeit dieses Interesses des Anspruchstellers. Hieran fehlt es, wenn ein Anspruchsteller lediglich auf Grund vager Vermutungen Urkundeneinsicht verlangt, um erst dadurch Anhaltspunkte für eine spätere Rechtsverfolgung gegen den Besitzer der Urkunde oder gegen Dritte zu gewinnen. In einem solchen Fall zielt das Einsichtsverlangen auf eine unzulässige Ausforschung (BGH, NJW 2014, 3312 Rn. 24 mwN). Die vorzulegende Urkunde muss stets genau bezeichnet werden. Deshalb genügt es nicht, wenn der Anspruchsteller beantragt, ihm Einsicht in komplette Akten, andere Urkundensammlungen oder in sämtliche, einen bestimmten Vertrag betreffende Schriftstücke zu gewähren (BGH, Beschluss vom 20. Juli 2017 – V ZR 201/15, juris Rn. 2; BGH, NJW 2014, 3312 Rn. 24 mwN).75

bb) Diesen Anforderungen genügt der von der Revision in Bezug genommene Vorlageantrag der Klägerin nicht. Die Klägerin hat nicht die Vorlage bestimmter Urkunden verlangt, sondern die Vorlage aller die Modelle „T7“, „T8“ und „T9“ betreffenden Entwürfe, Konstruktionszeichnungen und Aktennotizen. Außerdem zeigt die Revision keinen Vortrag zu den Tatbestandsvoraussetzungen der von ihr geltend gemachten Anspruchsgrundlagen gemäß §§ 809, 810 BGB, § 101a UrhG (analog) auf, die zudem nach § 424 Satz 1 Nr. 5 ZPO in Verbindung mit § 422 ZPO glaubhaft zu machen gewesen wären.76

3. Entgegen der Ansicht der Revision ist die Beurteilung des Berufungsgerichts außerdem nicht verfahrensfehlerhaft, weil der Beklagten eine Beweisvereitelung vorzuwerfen wäre.77

a) Die Revision macht geltend, die Klägerin habe vorgetragen, der Zeugin Dr. S.   , der Tochter der Klägerin, seien bei einem ersten Besuch im Archiv der Beklagten vom dort tätigen ehemaligen Archivar noch bereitwillig die periodisch zusammengefassten Bände gezeigt worden, in denen die Beklagte Skizzen, Entwürfe und Konstruktionen bestimmter Zeiträume archiviert habe. Unter diesen Unterlagen hätten sich – ausgewiesen durch das vom Archivar identifizierte Namenskürzel – auch zahlreiche Skizzen und Zeichnungen des E.K. befunden. Eine selbständige und zeitlich unbefristete Recherche sei der Zeugin aber nicht möglich gewesen. Bei deren zweitem Besuch im Archiv der Beklagten sei der Zeugin der Zugang zu den Archivräumen verweigert und ihr gegenüber vom Vorgesetzten des Archivars ein Hausverbot erteilt worden. Dies sei damit begründet worden, dass die Beklagte nur noch demjenigen den Zutritt erlaube, der in Übereinstimmung mit ihr publiziere. Dies treffe auf die Zeugin Dr. S.    nicht zu. Die Beklagte habe zudem in einem Schreiben vom 13. Dezember 2017 die Bitte der Zeugin Dr. S.    um Einsichtnahme in das historische Archiv mit dem Hinweis auf das Zutrittsverbot abgelehnt. Damit seien der Klägerin weitere Recherchen zur Urheberschaft des E.K. im Archiv der Beklagten bis in die Gegenwart unmöglich gemacht worden.78

Die Behauptung der Beklagten, im Archiv befänden sich keine für die Urheberschaft des E.K. relevanten Unterlagen, sei schlicht unplausibel, denn in diesem Fall könnte die Beklagte die Zeugin Dr. S.    unbeschränkt, wenngleich auch (angeblich) erfolglos, im Archiv suchen lassen. Die Beklagte habe ihr Archiv grundsätzlich auch Interessenten von außerhalb geöffnet. Damit bedürfe es zumindest eines sachlich nachvollziehbaren Grundes für eine Zutrittsverweigerung. Diese könne nicht just in dem Augenblick ausgesprochen werden, in dem der Hausrechtsinhaber nachteilige Rechercheergebnisse zu befürchten beginne. Werde ein Hausverbot ausgerechnet im Zusammenhang mit Recherchen ausgesprochen, die für die Beweisführung der betroffenen Partei elementar seien, und werde zugleich behauptet, selbst bei ungehindertem Zugang fänden sich im Unternehmensarchiv keine der gesuchten Beweismittel, sei das Hausverbot willkürlich. Der Hausrechtsinhaber könne sich dann nicht mehr auf die grundsätzliche prozessuale Beweislastverteilung berufen, sondern werde seinerseits beweisfällig. Jedenfalls hätte das Berufungsgericht diese Umstände in seine Beweiswürdigung einbeziehen müssen. Da es in seinen Entscheidungsgründen darauf nicht eingegangen sei, habe es gegen § 286 ZPO verstoßen und zudem den Anspruch der Klägerin auf rechtliches Gehör gemäß Art. 103 Abs. 1 GG verletzt.79

b) Mit diesen Rügen hat die Revision keinen Erfolg. Mit dem von ihr als übergangen gerügten Vorbringen der Klägerin sind die Voraussetzungen einer Beweisvereitelung nicht hinreichend dargelegt. Der Umstand, dass das Berufungsgericht sich mit dem Vortrag der Klägerin nicht auseinandergesetzt hat, stellt deshalb jedenfalls keinen entscheidungserheblichen Verfahrensfehler dar.80

aa) In Anwendung des Rechtsgedankens, der den Regelungen in §§ 427, 441 Abs. 3 Satz 3, §§ 444, 446, 453 Abs. 2, § 454 Abs. 1 ZPO sowie § 242 BGB zugrunde liegt, setzt eine Beweisvereitelung in objektiver Hinsicht voraus, dass eine Prozesspartei dem beweisbelasteten Gegner die Beweisführung erschwert oder unmöglich macht, wobei ein Verhalten vor oder während des Prozesses in Betracht kommt, mit dem vorhandene Beweismittel vernichtet oder Vorenthalten werden oder ihre Benutzung erschwert wird (vgl. BGH, Urteil vom 11. Juni 2015 – I ZR 226/13, GRUR 2016, 88 Rn. 44 = WRP 2016, 35 – Deltamethrin I; Urteil vom 19. September 2019 – I ZR 64/18, BGHZ 223, 139 Rn. 27). Der subjektive Tatbestand der Beweisvereitelung verlangt einen doppelten Schuldvorwurf: Das Verschulden muss sich sowohl auf die Zerstörung oder Entziehung des Beweisobjekts als auch auf die Beseitigung der Beweisfunktion beziehen, also darauf, die Beweislage des Gegners in einem gegenwärtigen oder künftigen prozess nachteilig zu beeinflussen (BGH, Urteil vom 23. September 2003 – XI ZR 380/00, NJW 2004, 222 [juris Rn. 14]; BGH, GRUR 2016, 88 Rn. 29 – Deltamethrin I). Das objektiv beweisvereitelnde und schuldhafte Verhalten muss außerdem unberechtigt und missbilligenswert sein (vgl. BGH, Urteil vom 18. Dezember 2008 – I ZR 118/07, GRUR 2009, 519 Rn. 14 = WRP 2009, 634 – Hohlfasermembranspinnanlage I, mwN; BGH, GRUR 2016, 88 Rn. 29 – Deltamethrin I). Daran fehlt es, wenn das Verhalten des Prozessgegners der beweisbelasteten Partei auf triftigen Gründen beruht, die über rein prozesstaktische Erwägungen hinausgehen (BGH, Beschluss vom 26. September 1996 – III ZR 56/96, NJW-RR 1996, 1534 [juris Rn. 9]; Zöller/Greger aaO § 286 Rn. 14a). Steht beispielsweise die Erschwerung der Beweisführung durch das Vorenthalten von Urkunden in Rede, setzt die Annahme einer unberechtigten Beweisvereitelung voraus, dass den Prozessgegner eine Pflicht zur Vorlage getroffen hat. Anderenfalls gibt es keinen Grund für eine Sanktionierung dieses Verhaltens, da der Beweisführer keine Möglichkeit gehabt hätte, auf die Urkunde zuzugreifen (vgl. Ahrens, Der Beweis im Zivilprozess, 2015, Kap. 8 Rn. 134). Geht es um die Erschwerung eines Zeugenbeweises, reicht es für das Vorliegen eines gegen die Annahme einer unberechtigten und missbilligenswerten Beweisvereitelung sprechenden triftigen Grundes aus, wenn besondere Umstände zutage getreten sind, die geeignet erscheinen, bei der Partei den Eindruck zu erwecken, der betreffende Zeuge sei nicht (mehr) neutral, sondern er stehe – freiwillig oder unter Druck – „im Lager“ der Gegenpartei (BGH, NJW-RR 1996, 1534 [juris Rn. 9]).81

Die Rechtsfolge einer nach den vorstehenden Grundsätzen objektiven, schuldhaften und unberechtigten Beweisvereitelung besteht darin, dass dieses Verhalten im Rahmen der Beweiswürdigung (§ 286 ZPO) zu Lasten des Vereitelnden gewürdigt werden kann (BGH, GRUR 2009, 519 Rn. 14 – Hohlfasermembranspinnanlage I, mwN; GRUR 2016, 88 Rn. 29 – Deltamethrin I). Dies erfordert allerdings mit Blick auf die Situation der beweisbelasteten Partei, dass diese durch das beweisvereitelnde und vorwerfbare Verhalten des Prozessgegners in eine Beweisnot, das heißt in eine ausweglose Lage geraten ist (BSG, NJW 1994, 1303 [juris Rn. 15]). Daran fehlt es, wenn es der beweisbelasteten Partei möglich und zumutbar gewesen wäre, den Beweis nach den ihr zur Verfügung stehenden prozessualen Möglichkeiten – etwa im Wege eines selbständigen Beweisverfahrens – zu sichern (vgl. BGH, GRUR 2016, 88 Rn. 44 f. – Deltamethrin I). Das Tatgericht hat bei seiner in der Revisionsinstanz nur eingeschränkt nachprüfbaren Beurteilung gemäß § 286 ZPO alle Umstände des Falls zu berücksichtigen (BGH, Urteil vom 17. Januar 2008 – III ZR 239/06, NJW 2008, 982 Rn. 23).82

Nach diesen Grundsätzen liegen im Streitfall die Voraussetzungen einer Beweisvereitelung durch die Beklagte nicht vor.83

bb) Die Beklagte hat nicht den Beweis der Urheberschaft des E.K. mittels eines Zeugenbeweises durch ihre Weigerung vereitelt, der Zeugin Dr. S.    ein zweites Mal den Zutritt zu ihrem Archiv zu gewähren und ihr die Möglichkeit zu geben, selbständig nach Unterlagen zu recherchieren, die die Urheberschaft des E.K. an den hier in Rede stehenden Modellen stützen könnten.84

(1) Soweit die Revision sich auf die Verweigerung des Zutritts zu den Archivräumen bei einem zweiten Besuch des Archivs der Beklagten stützt, ist die Rüge nicht hinreichend ausgeführt. Es fehlt an einer Darlegung der subjektiven Voraussetzungen einer Beweisvereitelung. Dieser Besuch fand, worauf die Revisionserwiderung mit Recht hingewiesen hat, unstreitig bereits im Jahr 2001 und damit weit mehr als fünfzehn Jahre vor Erhebung der hiesigen Klage im Jahr 2017 statt. Die Revision hat keine Umstände dargelegt, die dafür sprechen, dass es der Beklagten mit ihrer Verweigerung eines erneuten Zutritts im Jahr 2001 abweichend von der damals gegebenen Begründung, der begehrte Zugang entspreche nicht den Benutzungsrichtlinien ihres Archivs, tatsächlich darum gegangen wäre, die Beweislage der Klägerin oder ihrer Familie in einem gegenwärtigen oder künftigen prozess nachteilig zu beeinflussen. Solche Umstände sind auch sonst nicht ersichtlich.85

(2) Die Revision hat auch mit ihrem Vorbringen, die Beklagte habe in einem Schreiben vom 13. Dezember 2017 erneut eine Bitte der Zeugin Dr. S.   um Einsichtnahme in das Archiv mit dem Hinweis auf das Zutrittsverbot abgelehnt, keine Beweisvereitelung dargelegt.86

Das Berufungsgericht hat festgestellt, dass die Klägerin mit Schreiben vom 24. September 2014 von der Beklagten die Anerkennung der Leistungen ihres Vaters begehrt und von ihr einen angemessenen Ausgleich unter Berücksichtigung bislang verweigerter Urheberrechtsvergütungen gefordert habe. Das Berufungsgericht hat weiter festgestellt, dass die Zeugin nur einige Wochen später am 21. Oktober 2014 zu diesem Thema in Stuttgart eine Pressekonferenz unter dem Titel „Der Porsche-Schwindel“ abgehalten hat. Auf der Grundlage dieser von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen konnte die Beklagte berechtigterweise den Eindruck gewinnen, die Zeugin stehe dem Beweisthema als Tochter der Klägerin nicht neutral gegenüber, sondern sei „dem Lager“ der Klägerin zuzuordnen. Die im Jahr 2017 gegenüber der Zeugin ausgesprochene Zutrittsverweigerung der Beklagten beruhte damit auf triftigen Gründen und nicht auf einem der Beklagten vorwerfbaren prozessual missbilligenswerten Verhalten.87

Danach kann offenbleiben, ob die Weigerung der Beklagten, ihr Archiv für Recherchen der Tochter der Klägerin zu öffnen, außerdem deshalb kein den Vorwurf der Beweisvereitelung tragendes Verhalten darstellt, weil es in der Sache um die Kenntnisnahme von Urkundeninhalten durch die Zeugin und damit eine auch unmittelbar durch Urkunden zu beweisende Urheberschaft gegangen ist, und es mit Blick auf das für den unmittelbaren Urkundsbeweis geschaffene gerichtliche Vorlageverfahren auf Antrag des Beweisbelasteten gemäß § 421 ZPO (dazu unter B III 2) oder nach gerichtlichem Ermessen gemäß § 142 Abs. 1 ZPO (vgl. dazu BGH, Urteil vom 16. März 2017 – I ZR 205/15, NJW 2017, 3304 Rn. 27) auch an einer die Anwendung des Instituts der Beweisvereitelung rechtfertigenden Beweisnot der Klägerin gefehlt hat.88

4. Ebenfalls ohne Erfolg macht die Revision geltend, das Berufungsgericht hätte zumindest die Miturheberschaft des E.K. am Ur-911 im Sinne von § 8 UrhG annehmen müssen.89

a) Die Rüge der Revision, das Berufungsgericht sei von unzutreffenden Voraussetzungen der Miturheberschaft ausgegangen, ist unbegründet.90

Gemäß § 8 Abs. 1 UrhG setzt die Annahme einer Miturheberschaft voraus, dass mehrere ein Werk gemeinsam geschaffen haben, ohne dass sich ihre Anteile gesondert verwerten lassen. Voraussetzung für eine Miturheberschaft ist eine einheitliche Schöpfung, die einen entsprechenden natürlichen Handlungswillen der beteiligten Urheber voraussetzt. Bei zeitlich gestaffelten Beiträgen, wie sie von der Klägerin hilfsweise behauptet worden sind (Schaffung des „T7“ durch E.K., spätere Weiterentwicklung zum „T8“ durch F.A. Porsche), ist eine Miturheberschaft zwar nicht ausgeschlossen; sie setzt jedoch voraus, dass jeder Beteiligte seinen (schöpferischen) Beitrag in Unterordnung unter die gemeinsame Gesamtidee erbracht hat (BGH, Urteil vom 3. März 2005 – I ZR 111/02, GRUR 2005, 860 Rn. 23 = WRP 2005, 1263 – Fash 2000; Urteil vom 26. Februar 2009 – I ZR 142/06, GRUR 2009, 1046 Rn. 38 = WRP 2009, 1404 – Kranhäuser). Fehlt es hieran, ist eine Miturheberschaft aller beteiligten Urheber zu verneinen (BGH, GRUR 2005, 860 Rn. 23 – Fash 2000). Von diesen Grundsätzen ist das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei ausgegangen.91

b) Entgegen der Ansicht der Revision hat das Berufungsgericht bei seiner Beurteilung auch keine maßgeblichen Gesichtspunkte unberücksichtigt gelassen und damit nicht gegen § 286 ZPO verstoßen.92

aa) Die Revision rügt, das Berufungsgericht habe bei seiner Prüfung der Urheberschaft am Modell „T7“ den Vortrag der Klägerin zur Entstehungsgeschichte unberücksichtigt gelassen. Insbesondere habe es nicht berücksichtigt, dass die von F.A. Porsche geleitete Designabteilung erst am 10. November 1961 und damit zwei Tage nach der Übergabe der von der Konstruktionsabteilung unter der Leitung von E.K. fertiggestellten Zeichnungen zum „T7“ an die Karosseriebaufirma gegründet worden sei.93

bb) Damit hat die Revision keinen Verfahrensfehler des Berufungsgerichts aufgezeigt. In den von ihr zur Begründung der Rüge angegebenen Aktenstellen findet sich kein Vortrag der Klägerin, nach dem die Gestaltungsabteilung erst zwei Tage nach der Übergabe der fertiggestellten Zeichnungen des „T7“ gegründet worden sei. Die Revision stützt sich mithin auf erstmals in der Revisionsinstanz gehaltenes und damit grundsätzlich unbeachtliches Vorbringen (§ 559 Abs. 1 ZPO). Hinzu kommt, dass das Berufungsgericht ohnehin nicht maßgeblich darauf abgestellt hat, in welcher Abteilung der „T7“ entwickelt worden ist, sondern es mit Recht für entscheidend erachtet hat, ob die Klägerin einen schöpferischen Beitrag des E.K. zur Gestaltung dieses Modells nachgewiesen hat. Da die Karosserieabteilung unstreitig mehrere Mitarbeiter hatte, ist die Stellung des E.K. als Leiter der Karosserieabteilung hierfür ebenso wenig ausreichend wie ein eventueller Nachweis, dass F.A. Porsche den „T7“ nicht gestaltet hat.94

5. Mit Erfolg rügt die Revision jedoch, dass das Berufungsgericht das Angebot der Klägerin übergangen habe, ihren Ehemann als Zeugen für ihre Behauptung zu vernehmen, E.K. sei der Schöpfer des Ur-911.95

a) Die Klägerin hat im Schriftsatz vom 28. Februar 2020 ihren Ehemann als Zeugen zum Beweis der Tatsache angeboten, dass dieser seinen Schwiegervater E.K. an dessen Arbeitsplatz besucht habe. Dort habe E.K. ihm den Targabügel für „seinen“ Porsche 911 gezeigt und klargemacht, dass der 911 und dessen Karosserie „sein Auto, sein Entwurf“ gewesen sei.96

b) Zu diesem Beweisangebot hat sich das Berufungsgericht nicht geäußert. Das Berufungsgericht hätte jedoch nicht von der Einvernahme des benannten Zeugen absehen dürfen, ohne im Berufungsurteil nach Erteilung eines entsprechenden Hinweises auszusprechen und zu begründen, dass die Klägerin nach §§ 530, 296 Abs. 1, Abs. 4 ZPO mit ihrem Beweisantritt ausgeschlossen ist (vgl. BGH, NJW 1989, 717, 718 [juris Rn. 20]; BGH, Urteil vom 8. März 1991 – V ZR 339/89, NJW-RR 1991, 767, 768 [juris Rn. 13]; Urteil vom 25. Oktober 2001 – IX ZR 19/99, NJW 2002, 290, 291 [juris Rn. 19]; BeckOK.ZPO/Wulf aaO § 530 Rn. 18 f.; Ball in Musielak/Voit aaO § 530 Rn. 25).97

aa) Das Berufungsgericht hätte berücksichtigen müssen, dass eine Partei bei einem Beweisantritt ihrer Darlegungslast bereits dann genügt, wenn sie Tatsachen vorträgt, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet sind, das geltend gemachte Recht als in ihrer Person entstanden erscheinen zu lassen. Wenn das Parteivorbringen diesen Anforderungen genügt, kann der Vortrag weiterer Einzelheiten nur verlangt werden, sofern diese Einzelheiten für die Rechtsfolgen von Bedeutung sind. Anderenfalls muss der Tatrichter in die Beweisaufnahme eintreten, um dadurch gegebenenfalls weitere Einzelheiten zu ermitteln (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 17. September 2015 – I ZR 212/13, BGHZ 207, 1 Rn. 39; Urteil vom 13. April 2016 – IV ZR 152/14, NJW-RR 2016, 921 Rn. 19; Beschluss vom 9. Mai 2018 – I ZR 68/17, juris Rn. 14; Beschluss vom 25. April 2019 – I ZR 170/18, TranspR 2019, 376 Rn. 8; Urteil vom 25. März 2021 – I ZR 37/20, GRUR 2021, 971 Rn. 32 = WRP 2021, 904 – myboshi).98

bb) Nach diesen Maßstäben hätte das Berufungsgericht die Klägerin nicht hinsichtlich der Urheberschaft des E.K. am „Ur-Porsche 911“ für beweisfällig erklären dürfen. Es ist nicht auszuschließen, dass das Berufungsgericht bei Berücksichtigung des übergangenen Vorbringens der Klägerin anders entschieden hätte. Denn wenn der Zeuge die unter Beweis gestellte Aussage des E.K. bestätigt, wonach dieser die Karosserie des Porsche 911 entworfen habe, müsste dies in der Beweiswürdigung zur Frage der Urheberschaft am Modell „T7“ oder „T8“ berücksichtigt werden. Entgegen der Behauptung der Revisionserwiderung beschränkt sich die unter Beweis gestellte Aussage nicht auf den „Targabügel“; vielmehr bezieht sie sich auf die gesamte Gestaltung der Karosserie des „Ur-Porsche“. Demgegenüber hat das Berufungsgericht ein Fehlen von jeglichen Indizien für eine Urheberschaft des E.K. hinsichtlich des „T7“ und des „T8“ angenommen. Die Zeugenaussage hätte zumindest ein solches Indiz liefern und nicht ausschließbar zu einer anderen Beurteilung des Berufungsgerichts führen können99

cc) Es ist für das Revisionsverfahren unerheblich, dass die Klägerin das Beweisangebot erst mit Schriftsatz vom 28. Februar 2020 und damit nach Ablauf der vom Berufungsgericht bis zum 31. Oktober 2018 verlängerten Berufungsbegründungsfrist (§ 520 ZPO) vorgebracht hat. Ob die Klägerin nach §§ 530, 296 Abs. 1, Abs. 4 ZPO mit ihrem Beweisantritt ausgeschlossen ist, kann im Revisionsrechtszug nicht entschieden werden. Die Beurteilung dieser Frage ist dem Berufungsgericht vorbehalten, das bisher zu einer Präklusion des Beweismittels keine Ausführungen gemacht hat (vgl. BGH, Urteil vom 22. Februar 2006 – IV ZR 56/05, BGHZ 166, 227, 230 Rn. 12; Beschluss vom 22. April 2010 – I ZR 17/09, GRUR-RR 2010, 400 Rn. 5 = WRP 2010, 880; Beschluss vom 15. September 2014 – II ZR 22/13, juris Rn. 9; Urteil vom 12. Januar 2017 – III ZR 4/16, NJW-RR 2017, 622 Rn. 27).100

IV. Eine Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union nach Art. 267 Abs. 3 AEUV ist nicht veranlasst (vgl. EuGH, Urteil vom 6. Oktober 1982 – 283/81, Slg. 1982, 3415 Rn. 21 = NJW 1983, 1257 – Cilfit u.a; Urteil vom 1. Oktober 2015 – C-452/14, GRUR Int. 2015, 1152 Rn. 43 – Doc Generici; Urteil vom 6. Oktober 2021 – C-561/19, NJW 2021, 3303 Rn. 33, 36 und 39 bis 49 – Consorzio Italian Management und Catania Multiservizi, mwN). Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass sich im Streitfall keine entscheidungserhebliche Frage zur Auslegung des Unionsrechts stellt, die nicht bereits durch die Rechtsprechung des Gerichtshofs geklärt oder nicht zweifelsfrei zu beantworten ist. Die Grundsätze, nach denen der Schutzbereich urheberrechtlicher Verwertungsrechte bestimmt wird, hat der Gerichtshof der Europäischen Union in seinen Entscheidungen „Infopaq International“ (GRUR 2009, 1041) und „Pelham u.a.“ (GRUR 2019, 929) geklärt.101

C. Danach ist das angefochtene Urteil aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da die Sache nicht zur Endentscheidung reif ist, ist sie zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Der Senat ist an einer eigenen Sachentscheidung nach § 563 Abs. 3 ZPO gehindert, weil das Berufungsgericht die erforderlichen tatgerichtlichen Feststellungen zur Urheberschaft an den Modellen „T7“ und „T8“ nicht verfahrensfehlerfrei getroffen hat (§ 562 Abs. 2 ZPO) und dies für alle von der Klägerin gestellten Sachanträge entscheidungserheblich ist.

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