Ausgewählte Entscheidungen
Entscheidungen des Bundesgerichtshofs (BGH) zum Gesellschaftsrecht
BGH, Urteil vom 21. Januar 2025 – II ZR 52/24
1. Die erheblichen Gründe für eine Terminsverlegung müssen mit dem Verlegungsantrag vorgetragen werden, damit sie in die Ermessensentscheidung des Gerichts einfließen können.
2. Ein Terminsverlegungsantrag ist rechtsmissbräuchlich und unbegründet, wenn er allein der Verschleppung des Verfahrens dient.
BGH, Urteil vom 10. Dezember 2024 – II ZR 37/23
1. Bei einer Klage auf Feststellung der Unwirksamkeit eines Beschlusses der Gesellschafterversammlung nach dem bis zum 31. Dezember 2023 für Personengesellschaften geltenden Beschlussmängelrecht besteht weder auf Aktiv- noch auf Passivseite eine notwendige Streitgenossenschaft der Gesellschafter (Bestätigung von BGH, Urteil vom 3. Oktober 1957 – II ZR 150/56, WM 1957, 1406; Urteil vom 15. Juni 1959 – II ZR 44/58, BGHZ 30, 195; Urteil vom 7. April 2008 – II ZR 181/04, ZIP 2008, 1276; Urteil vom 25. Oktober 2010 – II ZR 115/09, ZIP 2010, 2444).
2. Das berechtigte Interesse eines Gesellschafters einer Personengesellschaft an der Feststellung der Unwirksamkeit eines Gesellschafterbeschlusses nach § 256 Abs. 1 ZPO besteht grundsätzlich gegenüber jedem einzelnen Mitgesellschafter, der hinsichtlich der Beschlusslage eine andere Auffassung vertritt als der klagende Gesellschafter (Fortführung von BGH, Urteil vom 5. März 2007 – II ZR 282/05, NJW-RR 2007, 757). Dieses Feststellungsinteresse ist grundsätzlich auch dann gegeben, wenn der Gesellschafter mit der Feststellungsklage nur einen Teil der ihm widersprechenden Mitgesellschafter in Anspruch nimmt.
BGH, Urteil vom 18. November 2024 – VI ZR 10/24
Immaterieller Schaden im Sinne des Art. 82 Abs. 1 DSGVO kann auch der bloße und kurzzeitige Verlust der Kontrolle über eigene personenbezogene Daten infolge eines Verstoßes gegen die Datenschutz- Grundverordnung
sein. Weder muss eine konkrete missbräuchliche Verwendung dieser Daten
zum Nachteil des Betroffenen erfolgt sein noch bedarf es sonstiger zusätzlicher spürbarer negativer Folge.
BGH, Urteil vom 7. November 2024 – III ZR 79/23
1. Zur Feststellung der subjektiven Tatseite der Beihilfe bei berufstypischen Tätigkeiten (hier: Steuerberatung und Buchhaltung).
2. Rechtsfehlerhaft ist eine Beweiswürdigung, die sich darauf beschränkt, die einzelnen Belastungsindizien isoliert zu erörtern und auf ihren jeweiligen Beweiswert zu prüfen, ohne eine Gesamtabwägung aller für und gegen die Täterschaft sprechenden Umstände vorzunehmen.
BGH, Urteil vom 5. November 2024 – II ZR 85/23
1. In der zweigliedrigen Gesellschaft mit beschränkter Haftung erübrigt sich eine Beschlussfassung nach § 46 Nr. 8 Fall 1 und 2 GmbHG, wenn nur die Stimmen des den Ersatzanspruch verfolgenden Gesellschafters wegen eines Stimmverbots des anderen Gesellschafters zählen. In diesem Fall ist die Klage des Gesellschafters grundsätzlich unzulässig, weil die Gesellschaft den Ersatzanspruch ohne Weiteres selbst im Klagewege verfolgen kann.
2. Ist Gegenstand der Beschlussfassung in einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung die Einleitung eines Rechtsstreits gegenüber einem ihrer Geschäftsführer und die Bestellung eines Prozessvertreters zur Verfolgung dieser Ansprüche, kann der betroffene Geschäftsführer das Stimmrecht nicht für einen Gesellschafter ausüben.
BGH, Urteil vom 5. November 2024 – II ZR 35/23
1. Bei einer außerordentlichen Kündigung des Anstellungsvertrags des Geschäftsführers einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung aufgrund vertraglich vereinbarter wichtiger Gründe gilt die Erklärungsfrist des § 626 Abs. 2 BGB.
2. Auf den Geschäftsführer einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung, der kein Mehrheitsgesellschafter ist, sind die zum Nachteil des Geschäftsführers grundsätzlich nicht abdingbaren, in § 622 Abs. 1 und 2 BGB geregelten Kündigungsfristen entsprechend anzuwenden. Dies gilt auch dann, wenn er Geschäftsführer der Komplementärin einer GmbH & Co. KG ist und den Anstellungsvertrag unmittelbar mit der Kommanditgesellschaft abgeschlossen hat (Abgrenzung zu BAG, Urteil vom 11. Juni 2020 – 2 AZR 374/19, BAGE 171, 44).
BGH, Beschluss vom 22. Oktober 2024 – II ZB 11/23
Eine sofortige Beschwerde gegen die Bestellung eines Prozesspflegers nach § 57 ZPO für eine GmbH ist nicht statthaft.
BGH, Urteil vom 22. Oktober 2024 – II ZR 64/23
Die Bindung an eine Stimmabgabe vor Abschluss des Abstimmungsverfahrens in einer Personengesellschaft richtet sich zunächst nach den im Gesellschaftsvertrag oder für den konkreten Abstimmungsvorgang getroffenen Vereinbarungen der Gesellschafter sowie einem eventuell (ausdrücklich oder schlüssig) geäußerten Bindungswillen. Ergibt sich daraus keine Einschränkung der Bindung, kann ein Gesellschafter seine Stimmabgabe nach deren Wirksamwerden durch Zugang bis zum Abschluss des Abstimmungsverfahrens grundsätzlich nicht mehr frei widerrufen.
BGH, Urteil vom 22. Oktober 2024 – II ZR 97/23
1. Bei der rechtlichen Prüfung der Billigkeit sind sämtliche Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen und gegeneinander abzuwägen. Bei dieser Abwägung sind insbesondere der Umfang der Verschlechterung der Lage der Gesellschaft gegenüber dem Zeitpunkt der Vereinbarung der Vergütung sowie weiter zu berücksichtigen, in welchem Grad die Verschlechterung dem Vorstandsmitglied zurechenbar ist und ob er sie gegebenenfalls sogar pflichtwidrig herbeigeführt hat (Bestätigung von BGH, Urteil vom 27. Oktober 2015 – II ZR 296/14, BGHZ 207, 190).
2. Die Zurechenbarkeit der Verschlechterung der Lage der Gesellschaft an den Vorstand ist keine Voraussetzung für die Herabsetzung seiner Bezüge, sondern ein wesentlicher Umstand bei der gebotenen Abwägung (Ergänzung zu BGH, Urteil vom 27. Oktober 2015 – II ZR 296/14, BGHZ 207, 190).
BGH, Beschluss vom 24. September 2024 – II ZB 15/23
Die vom Liquidator einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung nach § 67 Abs. 3 Satz 1, § 66 Abs. 4, § 6 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2, Satz 3, § 8 Abs. 3 Satz 1 GmbHG abzugebende Versicherung muss enthalten, dass er auch in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum keinem Berufs- oder Gewebeverbot unterliegt, das dem in § 6 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 GmbHG genannten Verbot vergleichbar ist.