Ausgewählte Entscheidungen

Entscheidungen sonstiger Gerichte zum Gesellschaftsrecht

LG Berlin, 28.10.2021 – 16 O 43/21

Verwahrentgelte für Giro- und Tagesgeldkonten verstoßen gegen wesentliche Grundgedanken gesetzlicher Regelungen.
So sei die Verwahrung von Einlagen auf dem Girokonto keine „Sonderleistung“, für die eine Bank ein gesondertes Entgelt verlangen dürfe. Schließlich könne ein Girokonto ohne das „Verwahren“ von Geld schlicht nicht betrieben werden. Auch spiele es keine Rolle, ob daneben ein Kontoführungsentgelt erhoben wird oder nicht.

Zudem sei für die Einlagenverwahrung laut Darlehensrecht die Bank als Darlehensnehmer zur Zinszahlung verpflichtet. Der Einlagen-Zinssatz könne zwar auf Null sinken, aber niemals ins Minus rutschen. Dem Kunden müsse mindestens der Betrag bleiben, den er eingezahlt habe, so das Gericht. Daran könnten auch veränderte wirtschaftliche Rahmenbedingungen nichts ändern.

LG München I, Urteil vom 21. Oktober 2021 – 5 HK O 1687/19

Schadensersatzanspruch einzelner Aktionäre wegen einer Wertminderung ihrer Aktien

1. Der Grundsatz der Kapitalerhaltung, wie er zentral in § 57 AktG normiert ist, die Zweckbindung des Gesellschaftsvermögens sowie das Gebot der Gleichbehandlung aller Aktionäre aus § 53a AktG schließen einen Anspruch eines Gesellschafters auf Leistung von Schadensersatz an sich persönlich wegen einer Minderung des Werts seiner Beteiligung, die aus einer vom einem Aktionär vorgetragenen Schädigung der Gesellschaft resultiert, im Regelfall aus (BGH, Urteil vom 11. Juli 1988 – II ZR 243/87; BGH, Urteil vom 14. Mai 2013 – II ZR 176/10).

2. Ein Ausgleich des mittelbaren Schadens kann vielmehr nur dadurch erfolgen, dass der Gesellschafter Leistung an die Gesellschaft verlangt.

3. Ein Aktionär kann die Äußerung hinzunehmen haben, er schulde der beklagten Partei Geld.

LG München I, Beschluss vom 29. Juli 2021 – 5 HK O 7359/21

Auskunftserzwingungsverfahren bei virtueller Hauptversammlung

1. § 132 AktG wird nicht durch § 1 Abs. 2 COVMG gesperrt.

2. Ein Auskunftsanspruch nach § 132 AktG scheitert aber dann, wenn der Vorstand der AG nicht i.S.d. § 131 AktG auf die gestellte Frage antworten musste.

LG Leipzig, Urteil vom 08.07.2021 – 05 O 640/20

1. Die Vereinbarung eines Verwahrentgelts („Negativzins“) für Guthaben ab 5000,01 Euro in Neuverträgen stellt eine kontrollfreie wirksame Preishauptabrede dar und ist zulässig, wenn diese Entgeltklausel durch eine individuelle Vereinbarung in die Verträge mit Neukunden und bei einem Kontomodellwechsel einbezogen wird.

2. Wirbt eine Bank für „kostenfreie Kontoführung für Schüler, Azubis und Studenten“, so handelt es sich um eine irreführende geschäftliche Handlung, wenn auch in diesem Fall ein Verwahrentgelt verlangt wird.

LG Köln, Urteil vom 26. Mai 2020 – 90 O 73/19

Einer Gesellschaft muss im Einzelfall nach Treu und Glauben versagt werden, sich auf die Unwirksamkeit eines Geschäftsführer-Anstellungsvertrags zu berufen, wenn sie die Auflösung eines bis dato gültigen Vertrags zur Bedingung für den Abschluss des neuen Dienstvertrags macht und damit veranlasst, dass der Geschäftsführer einer Aufhebung eines langjährigen und in seiner Wirksamkeit nicht in Frage gestellten Dienstverhältnisses einschließlich der daraus auch für die Zukunft resultierenden Rechte zustimmt.

OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 23.04.2021 – OVG 12 S 6/21

Die Haftung des Vertreters nach § 69 i.V.m. § 34 AO (juris: AO 1977) setzt eine zum Zeitpunkt des Erlasses des Haftungsbescheids materiell-rechtlich entstandene oder im Sinne des § 166 AO (juris: AO 1977) bestandskräftig festgesetzte Steuerschuld des Vertretenen voraus.

AG Brandenburg, Urteil vom 31. März 2021 – 31 C 189/19

Genossenschaftsausschluss I Beachtung des Gleichbehandlungsgrundsatzes

Auch wenn gemäß der Satzung einer Genossenschaft ein Grund zum Ausschluss eines Genossenschaftsmitglieds gemäß § 68 GenG vorliegt, muss die Genossenschaft bei ihrer Ermessensentscheidung doch den „Gleichbehandlungsgrundsatz“ hinsichtlich ihrer Mitglieder mit beachten.

LG Wuppertal, Urteil vom 18. März 2021 – 13 O 4/19

1. Der Kundenstamm und die Kundenbeziehungen sind dem Unternehmer nicht in der Weise als Vermögensgegenstand zugeordnet, dass Mitbewerber hierauf nicht zugreifen dürften. Das Abwerben von Kunden gehört zum Wesen des Wettbewerbs, auch wenn die Kunden noch an den Mitbewerber gebunden sind. Das Bestimmen zur ordnungsgemäßen Vertragsauflösung unter Beachtung der gesetzlichen oder vertraglichen Kündigungsfristen ist daher wettbewerbsrechtlich grundsätzlich nicht zu beanstanden. Wettbewerbswidrig wird ein Einbrechen in fremde Vertragsbeziehungen erst dann, wenn besondere Unlauterkeitsumstände hinzutreten (vgl. u.a. BGH, 22. April 2004, I ZR 303/01).(Rn.47)

2. Solche Umstände liegen im Einzelfall vor, wenn zur Kontaktaufnahme mit Kunden anvertraute Geschäftsgeheimnisse zweckwidrig zu eigenen Wettbewerbszwecken verwendet werden.

LG Wuppertal, Urteil vom 18.03.2021 – 13 O 4/19s

1. Der Kundenstamm und die Kundenbeziehungen sind dem Unternehmer nicht in der Weise als Vermögensgegenstand zugeordnet, dass Mitbewerber hierauf nicht zugreifen dürften. Das Abwerben von Kunden gehört zum Wesen des Wettbewerbs, auch wenn die Kunden noch an den Mitbewerber gebunden sind. Das Bestimmen zur ordnungsgemäßen Vertragsauflösung unter Beachtung der gesetzlichen oder vertraglichen Kündigungsfristen ist daher wettbewerbsrechtlich grundsätzlich nicht zu beanstanden. Wettbewerbswidrig wird ein Einbrechen in fremde Vertragsbeziehungen erst dann, wenn besondere Unlauterkeitsumstände hinzutreten (vgl. u.a. BGH, 22. April 2004, I ZR 303/01).

2. Solche Umstände liegen im Einzelfall vor, wenn zur Kontaktaufnahme mit Kunden anvertraute Geschäftsgeheimnisse zweckwidrig zu eigenen Wettbewerbszwecken verwendet werden.

LG Köln, Urteil vom 04.03.2021 – 91 O 12/20

1. Die Anfechtung eines Hauptversammlungsbeschlusses ist begründet, wenn die Einberufung der Hauptversammlung unter Verstoß gegen die Satzung der Gesellschaft, wonach sich der Nachweis des Anteilsbesitzes auf den Beginn des 21. Tages vor der Versammlung beziehen muss, erfolgt. Soweit es sich bei einer Aktiengesellschaft nicht um eine börsenorientierte Aktiengesellschaft handelt, ist eine Verschiebung des Nachweisstichtages nach § 1 GesRuaCOVBekG auf den 12. Tag vor der Versammlung nicht möglich.

2. Aus einer fehlerhaften Angabe des Nachweisstichtages ergibt sich eine hinreichende Relevanz, um eine Anfechtung des Hauptversammlungsbeschlusses zu begründen, da es nicht entscheidend ist, inwieweit der Verstoß kausal für die auf der Hauptversammlung gefassten Beschlüsse gewesen ist, sondern maßgeblich ist vielmehr die Relevanz des Verfahrensverstoßes für das Mitgliedschafts- bzw. Mitwirkungsrecht eines Aktionärs im Sinne eines dem Beschluss anhaftenden Legitimationsdefizits. Denn, durch den Nachweisstichtag wird bestimmt, wer an der Hauptversammlung teilnehmen und abstimmen darf.