Ausgewählte Entscheidungen

Entscheidungen des OLG Frankfurt am Main

OLG Frankfurt, Beschluss vom 30.06.2022 – 5 W 18/22

Selbstwiderlegung der Dringlichkeit eines Verfügungsantrags durch Verhalten des Antragstellers in gesellschaftsrechtlichem Eilverfahren

1. Ein grundsätzlich gegebener Verfügungsgrund kann nachträglich wieder entfallen, wenn der Antragsteller nach Eintritt der betreffenden Gefährdung mit einem einstweiligen Verfügungsantrag zuwartet und damit die Annahme der Dringlichkeit durch sein eigenes Verhalten selbst widerlegt.

2. Hat der Antragsteller eines Verfügungsantrags konkrete Kenntnis von Umständen erlangt, die die Möglichkeit einer Verletzung seiner Rechtsstellung nahelegen, und ist es ihm ohne erheblichen Aufwand möglich, noch vorhandene Unsicherheiten zu beseitigen, so muss von ihm erwartet werden, dass er sich zur Unterbindung von Verletzungshandlung die erforderliche Kenntnis verschafft und nicht tatenlos zuwartet, bis sich die ihm aufdrängende Vermutung mehr oder weniger zufällig zu einem erheblich späteren Zeitpunkt bestätigt (Anschluss OLG München, Urteil vom 20. Dezember 2001 – U (K) 4429/01).

Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 29.04.2022 – 7 U 150/21

Die D&O-Versicherung des ehemaligen Vorstandsvorsitzenden der Wirecard AG umfasst bei kritischer Medienberichterstattung und auf Grund dessen drohendem karrierebeeinträchtigendem Reputationsschaden auch vorläufigen Deckungsschutz für Public-Relations-Kosten. Dies gilt insbesondere auch für eine kritische Berichterstattung über das strafrechtliche Ermittlungsverfahren. Der Höhe nach ist der Anspruch aber auf 100.000,- Euro begrenzt.

OLG Frankfurt, Urteil vom 10.03.2022 – 6 U 196/20

Gezielte Behinderung durch Aufstellung minderwertiger Altkleider-Container entgegen Ankündigung

1. Erweckt eine Firma durch Vorlage einer CE-Zertifizierung und des Datenblattes eines Produkts eines anderen Unternehmens den Eindruck, sie verwende deren Produkte (hier: Altkleider-Container), kann hieraus eine Erfolgsabwendungspflicht entstehen, die zu einer Verpflichtung führt, darüber aufzuklären, wenn die Verwendung dieser Produkte nicht (mehr) möglich ist.

2. Das Unterlassen dieser Aufklärung kann eine gezielte Behinderung nach § 4 Nr. 4 UWG gegenüber der Herstellerin der Produkte darstellen, da deren Ruf beeinträchtigt werden kann, wenn die tatsächlich verwendeten Produkte mangelhaft sind.

OLG Frankfurt, Urteil vom 02. März 2022 – 17 U 108/20

Cum/ex-Aktiengeschäfte: Haftung der Depotbank des Verkäufers für Steuernachforderungen und der strafrechtlichen Einziehung unterliegender Beträge

Zur Frage der Haftung der Depotbank des Verkäufers gegenüber dem Aktienerwerber für Steuernachforderungen und eingezogene Beträge, insbesondere im Rahmen eines Gesamtschuldnerausgleichs und wegen Beihilfe zu einer vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung

Landgericht Frankfurt, Urteil vom 14.02.2022 – 03-06 O 6/22

Preiswucher von Strom-Grundversorger und Ausnutzung der Zwangslage der Stromkunden

Mainova fordert 245% Aufschlag für Neukunden

Untersagung durch Gericht, von Neukunden, die ihren eigentlich Stromanbieter verloren haben, in der Grundversorgung höhere Preise zu verlangen als von Bestandskunden.

OLG Frankfurt, Beschluss vom 13.01.2022 – 20 W 5/22

In drin­gen­den Fäl­len ist ein Auf­sichts­rat nach § 104 Abs. 2 Satz 2 AktG auch vor Ab­lauf der Drei­mo­nats­frist auf die sat­zungs­mä­ßig vor­ge­se­he­ne Zahl durch ge­richt­li­che Be­stel­lung zu er­gän­zen. Das Ober­lan­des­ge­richt Frank­furt am Main hat des­halb im Hin­blick auf ein lau­fen­des Über­nah­me­an­ge­bot der be­trof­fe­nen Bank drei Auf­sichts­rats­mit­glie­der, be­fris­tet bis zur nächs­ten or­dent­li­chen Haupt­ver­samm­lung, be­stellt.

OLG Frankfurt, Beschluss vom 04. Januar 2022 – 20 W 225/20

1. Zur Frage der Bestellung des Vorstands einer Aktiengesellschaft zum Geschäftsführer einer Tochter-GmbH durch einen von dem Vorstand für die Aktiengesellschaft Bevollmächtigten.

2. Zur Frage der Anwendbarkeit von §§ 112 AktG, 181 BGB und 47 Abs. 4 S. 2 GmbHG in diesem Fall.

OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 5.11.2021 – 7 U 96/21

Die D&O-Versicherung des ehemaligen Vorstandsvorsitzenden der Wirecard AG umfasst bei kritischer Medienberichterstattung und auf Grund dessen drohendem karrierebeeinträchtigenden Reputationsschaden auch vorläufigen Deckungsschutz für Public-Relations-Kosten. Dies beinhaltet die Kosten der Beauftragung einer PR-Agentur sowie presserechtlich spezialisierter Rechtsanwälte. Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG) hat mit heute veröffentlichtem Urteil im Eilverfahren die Beklagte insoweit zu vorläufigem Deckungsschutz verurteilt.

OLG Frankfurt, Urteil vom 19.10.2021 – 26 U 49/19

Wird eine Sache zu einem ermäßigten Sonderpreis verkauft, führt dies nicht ohne Weiteres dazu, dass der Käufer mit einer minderwertigen Qualität und einem Ausschluss der Gewährleistungshaftung des Verkäufers rechnen muss.

§ 193 BGB ist auf die Mängelrüge nach § 377 Abs. 3 HGB entsprechend anzuwenden.

OLG Frankfurt, Urteil vom 17.09.2021 – 6 W 79/21

Wird dem Antragsteller einer einstweiligen Verfügung gemäß § 926 ZPO eine Frist zur Erhebung der Hauptsacheklage gesetzt und zahlt er den daraufhin angeforderten Kostenvorschuss zunächst nicht fristgerecht ein, liegt auch dann keine „Demnächst-Zustellung“ vor, wenn das Gericht der Hautpsache – wider seiner Vorschussanforderung nach § 12 GKG – ohne Eingang des Vorschusses Verhandlungstermin bestimmt.