Ausgewählte Entscheidungen

Entscheidungen des OLG Thüringen

Thüringer Oberlandesgericht, Beschluss vom 15. Juni 2018 – 2 U 16/18

GmbHG § 51 Abs. 4 GmbHG Für den Beginn der dreitägigen Ankündigungsfrist in § 51 Abs. 4 GmbHG ist bei Zustellungen im Inland eine Postlaufzeit von zwei Werktagen zugrunde zu legen. Nur dann kann mit hinreichender Sicherheit […]

Thüringer Oberlandesgericht, Urteil vom 30. Mai 2018 – 2 U 800/15

1. Der durch einen Einziehungsbeschluss betroffene Gesellschafter ist für die Führung einer Anfechtungsklage gegen den Beschluss auch dann als klagebefugt anzusehen, wenn er zum Zeitpunkt der Klageerhebung in der zwischenzeitlich zum Handelsregister eingereichten Gesellschafterliste nicht mehr als Gesellschafter eingetragen ist.

2. Im Rahmen der materiellen Inhaltskontrolle von Gesellschafterbeschlüssen befindet sich die Gesellschaft in der Darlegungs- und Beweislast hinsichtlich positiver Zulässigkeitsvoraussetzungen bzw. sachlicher Wirksamkeitsvoraussetzungen des angefochtenen Beschlusses, und hat also, bedarf der angefochtene Gesellschafterbeschluss einer besonderen Rechtfertigung, die Rechtfertigungsgründe darzulegen und die entsprechenden Tatsachen zu beweisen (OLG Stuttgart, 19. Dezember 2012, 14 U 10/12).

3. Soweit darauf abzustellen ist, ob tatsächlich ein wichtiger Grund im Zeitpunkt der Beschlussfassung vorlag oder nicht, hat das Vorliegen des wichtigen Grundes im Rechtsstreit derjenige darzulegen und zu beweisen, der sich darauf beruft (BGH, 4. April 2017, II ZR 77/16).

Thüringer Oberlandesgericht, Urteil vom 10.01.2018 – 2 U 266/17

AktG §§ 251, Abs. 1, 250 Abs. 1, 246 Abs. 1 und Abs. 2, 244, 243 Abs. 1, 241 Nr. 1, Nr. 2 und Nr. 5, 137, 130 Abs. 1, Abs. 2 und Abs. 5, […]

Thüringer Oberlandesgericht, Urteil vom 06.12.2017 – 2 U 89/17

AktG §§ 292, 294; UmwG §§ 191, 226 Ein Vertrag, in dem sich eine Aktiengesellschaft zur laufenden jährlichen Abführung ihres Teilgewinns an eine KG verpflichtet, ist kein Teilgewinnabführungsvertrag, sondern ein Vertrag sui generis, wenn diesem Vertrag […]

Thüringer OLG, Urteil vom 8.11.2017 – 2 U 507/16

Insolvenzanfechtung I Anfechtbarkeit von Gewinnausschüttungen und Steuerentnahmen durch Gesellschafter einer Personenhandelsgesellschaft

1. Ein Gesellschafter hat im Rahmen der Insolvenzanfechtung die Voraussetzungen des § 134 InsO zu beweisen; dazu gehört auch, dass Leistungen unentgeltlich erfolgten. Das gilt insbesondere für die Tatsachen, aus denen sich die Unentgeltlichkeit der Zuwendung und deren Vornahme innerhalb der kritischen Zeit ergibt.

2. Die Feststellung des Jahresabschlusses entfaltet unter den Gesellschaftern Bindungswirkung.

3. Bei der Feststellung des Jahresabschlusses handelt es sich auch bei Personengesellschaften um einen konstitutiv wirkenden Akt der Billigung des aufgestellten Jahresabschlusses durch die Gesellschafter, mit der diese dessen Richtigkeit anerkennen.

4. Die Bilanzfeststellung ist ein Vorgang, aus dem sich im Innenverhältnis auch rechtliche Konsequenzen für die Ansprüche zwischen Gesellschaft und Gesellschaftern im Sinne eines – zivilrechtlich verbindlichen – Schuldanerkenntnisses ergeben können.

5. Ob insoweit in der Feststellung des Jahresabschlusses ein abstraktes Schuldanerkenntnis oder ein Feststellungsvertrag im Sinne eines deklaratorischen Anerkenntnisses zu sehen ist, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Die Gesellschafter bezwecken mit der Feststellung des Jahresabschlusses regelmäßig, zumindest die Rechtsgrundlage für das Folgejahr zu fixieren und ihre Ansprüche und Verbindlichkeiten gegenüber der Gesellschaft zum Bilanzstichtag festzulegen; typischer Inhalt einer solchen korporativen Abrede ist auch der Ausschluss der bekannten oder mindestens für möglich gehaltenen Einwendungen im Sinne eines deklaratorischen Anerkenntnisses (Anschluss BGH, 2. März 2009, II ZR 264/07, ZInsO 2009, 1018).

6. Durch die Annahme eines abstrakten Schuldanerkenntnisses wird der Rückgriff auf einzelne Posten, die auf den Gesellschafterkonten verbucht sind, praktisch in derselben Weise verhindert wie in einem Kontokorrentverhältnis durch die Feststellung des Saldos. Durch das deklaratorische Schuldanerkenntnis werden regelmäßig alle Einwendungen ausgeschlossen, die der Anerkennende bei Abgabe seiner Erklärung kannte oder mit denen er zumindest rechnete.

7. Das Behalten eines zur Tilgung der Einkommensteuervorauszahlungsschuld erhaltenen Betrages ist dann von der Vereinbarung nicht umfasst, wenn die Vereinbarung nach ihrem Sinn und Zweck unter Berücksichtigung des zu beachtenden Interesses der Gesellschafter darauf abstellt , dass eine entsprechende Steuerschuld tatsächlich entsteht.

OLG Jena, Urteil vom 19.04.2017 – 2 U 18/15

GmbHG §§ 3, 14, 16, 19; ZPO § 286 1. Steht die Einzahlung fest, dann ist es aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden, wenn der Tatrichter verlangt, dass der Insolvenzverwalter ür einen ausnahmsweise nicht zur Tilgung der Einlageschuld […]

Thüringer Oberlandesgericht, Urteil vom 24.08.2016 – 2 U 168/16

§ 16 Abs. 1 GmbHG 1. Eine einstweilige Verfügung, durch die einer Gesellschaft auferlegt wird, bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Wirksamkeit eines Ausschluss- und Einziehungsbeschlusses den ausgeschlossenen Gesellschafter wie einen Gesellschafter zu behandeln, nimmt […]

Thüringer Oberlandesgericht, Urteil vom 11.08.2016 – 2 U 500/14

Wirksamkeit von Beschlüssen einer KG-Gesellschafterversammlung: Einberufung einer Gesellschafterversammlung bei Verhinderung eines Gesellschafters

1. Im Personengesellschaftsrecht gibt es keine gesetzlichen Regeln über die Einberufung einer Gesellschafterversammlung; zu beachten sind grundsätzlich nur die gesellschaftsvertraglich vereinbarten Formerfordernisse (BGH, 14. November 1994, II ZR 160/93.).(Rn.123) Darüber hinaus unterliegen aber auch die Modalitäten der Einladung den Treuebindungen, die in der Gesellschaft zwischen den Gesellschaftern und der Gesellschaft bestehen. Ort, Zeit und Art der Vorbereitung der Versammlung (Ladung und Ankündigung der Gegenstände) müssen tunlich allen die Teilnahme ermöglichen und Überrumpelungen ausschließen.

2. Insbesondere bei geringer Gesellschafterzahl kann es geboten sein, auf das Teilnahmerecht eines Gesellschafters auch dann Rücksicht zu nehmen, wenn sich erst nach der Einladung der Gesellschafter herausstellt, dass einer von ihnen verhindert ist und durch Dritte nicht sachgemäß vertreten werden kann (BGH, 28. Januar 1985, II ZR 79/84). Grundsätzlich hat jeder Gesellschafter ein Teilnahme- und Rederecht in der Gesellschafterversammlung.

3. Bringt ein Gesellschafter – jedenfalls in einer aus wenigen Gesellschaftern bestehenden personengeprägten Gesellschaft – nachvollziehbare Gründe vor, die ihn unverschuldet daran hindern, zu einer, zumal in der typischen Urlaubszeit, anberaumten Gesellschafterversammlung zu erscheinen, hat er gerade bei einer personengeprägten Gesellschaft mit gesteigerten Rücksichtspflichten einen Rechtsanspruch darauf, dass die Mitgesellschafter den Hinderungsgrund bei der Terminsfestlegung berücksichtigen. Insbesondere wenn Beschlüsse gefasst werden sollen, die für die berufliche Zukunft eines Gesellschafters von zentraler Bedeutung sind und die keine Notmaßnahmen darstellen, darf dem hiervon betroffenen Gesellschafter die Teilnahme an der Gesellschafterversammlung nicht unnötig erschwert oder gar unmöglich gemacht werden, jedenfalls dann, wenn durch eine Terminsverlegung keine relevante Verzögerung eintritt (OLG Saarbrücken, 10. Oktober 2006, 4 U 382/05).

4. Ist ein Gesellschafter urlaubsbedingt verhindert, so ist trotz eines anzuerkennenden Interesses an seiner persönlichen Teilnahme die Durchführung einer Gesellschafterversammlung und eine Beschlussfassung nicht treuwidrig, wenn objektiv ein erhebliches Interesse an der rechtzeitigen Durchführung einer Versammlung besteht (hier: fristgebundene Möglichkeit der Erlangung eines nicht rückzahlbaren Zuschusses zu einer vorgesehenen Investition), dem der Gesellschafter auf der Grundlage seiner Treuepflichten durch eigene Maßnahmen Rechnung tragen muss.

Thüringer Oberlandesgericht, Urteil vom 11.08.2016 – 2 U 506/14

Kommanditgesellschaft: Klage des ehemaligen Kommanditisten auf Feststellung der Nichtigkeit eines Versammlungsbeschlusses wegen Beschränkung seiner Gesellschafterrechte durch Ablehnung einer Versammlungsverlegung; Einschränkung der Informationsrechte eines Gesellschafters in einer Wettbewerbssituation

Thüringer Oberlandesgericht, Urteil vom 16.03.2016 – 2 U 537/15 

1. Nach der Beschlussfassung entstandene Umstände können nicht herangezogen werden, um einen Beschluss über die Abberufung aus wichtigem Grund zu rechtfertigen. Das gilt nicht nur für den Fall, dass die Abberufung eines Geschäftsführers beschlossen wurde, sondern auch dann, wenn eine Entscheidung darüber zu treffen ist, ob im Zeitpunkt der Gesellschafterversammlung ein wichtiger Grund i.S. von § 38 Abs. 2 GmbHG vorlag.

2. Der Mehrheitsgesellschafter einer Zwei-Personen-Gesellschaft ist auch dann nicht von der Abstimmung über seine Abberufung als alleiniger Geschäftsführer ausgeschlossen, wenn der Minderheitsgesellschafter auf der Gesellschafterversammlung einen wichtigen Grund substantiiert behauptet, da eine allein mit den Stimmen des Minderheitsgesellschafters herbeigeführte und sofort wirksam werdende Abberufung zur Führungslosigkeit der Gesellschaft führt.

3. Diese bezüglich der Abberufung aus wichtigem Grund gegebene Ausnahme von einem Stimmrechtsausschluss strahlt auch auf die Abstimmung über die außerordentliche Kündigung des Anstellungsverhältnisses aus.