Ausgewählte Entscheidungen

Entscheidungen zum Steuerrecht

FG Münster, Urteil vom 30. Juni 2021 – 13 K 272/19 G,F

Bei einer inkongruenten Gewinnausschüttung handelt es sich grundsätzlich um keinen Gestaltungsmissbrauch im Sinne von § 42 AO – Keine „Überdehnung“ bei den Rechtsfolgen des § 42 AO

1. Es existiert kein Rechtssatz, wonach inkongruente Gewinnausschüttungen grundsätzlich einen Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten im Sinne von § 42 Abs. 1 S . 1 AO darstellen.

2. Die durch die Rechtsfolgen eines Gestaltungsmissbrauchs gem. § 42 AO gewählten „angemessen rechtlichen Gestaltungen“ dürfen zu keiner Überkompensation führen (hier: anstatt der beschlossenen inkongruenten Gewinnausschüttung samt dezidierter Regelung von Ausgleichsansprüchen der restlichen Gesellschafter sollte unter Bestehenlassen der Ausgleichsansprüche eine fiktive kongruente Ausschüttung hergestellt werden).

3. Wegen einer entsprechend vorhanden Klausel im maßgeblichen Gesellschaftsvertrag der ausschüttenden Gesellschaft zur Möglichkeit einer disquotalen Gewinnverteilung konnte dahinstehen, ob dasselbe auch im Fall des Fehlens einer entsprechenden Klausel gelten würde.

Sächsisches Finanzgericht, Urteil vom 30. Juni 2021 – 2 K 121/21

Die Steuerbefreiung des § 6a GrEStG ist auf Fälle der Ausgliederung bzw. Aufnahme eines Einzelunternehmens auf eine neu zu gründende Kapitalgesellschaft anwendbar

Der Begriff des „herrschenden Unternehmens“ im Sinne von § 6a Satz 3 GrEStG erfasst alle Rechtsträger im Sinne des Grunderwerbsteuerrechts und gilt selbst für natürliche Personen, die die Beteiligung an der abhängigen Gesellschaft im Privatvermögen halten und über die Beteiligung am Markt wirtschaftlich tätig sind.

FG Münster, Urteil vom 24. Juni 2021 – 10 K 2506/18 F

1. Ein Mandantenstamm kann als bilanzierungsfähiges Wirtschaftsgut Gegenstand einer verdeckten Einlage sein (vgl. Literatur).

2. Es liegt aber keine zur Gewinnrealisation führende verdeckte Einlage vor, wenn ein freiberuflich tätiger Steuerpflichtiger den Mandantenstamm nur zeitlich befristet an eine Kapitalgesellschaft überlässt, die Vereinbarung über die Überlassung des Mandantenstamms zivilrechtlich als Pachtverhältnis einzuordnen ist und es an einer – durch Ansatz eines Aktivpostens in der Bilanz herbeigeführten – Vermögensmehrung bei der Kapitalgesellschaft fehlt, weil ihr weder das zivilrechtliche noch wenigstens das wirtschaftliche Eigentum an dem Mandantenstamm übertragen wurde.

3. Die Verpachtung einer Steuerberatungspraxis kann – jedenfalls bei vorübergehender Überlassung – ertragsteuerlich anzuerkennen sein und führt nicht zur Gewinnrealisierung durch Praxisaufgabe (Anschluss an BFH-Rechtsprechung).

4. Die mit dem entschädigungslosen Ausscheiden des vorletzten Gesellschafters einer Partnerschaftsgesellschaft verbundene Anwachsung des Vermögens der Partnerschaftsgesellschaft auf den Steuerpflichtigen als letztverbleibenden Gesellschafter führt nicht zur Aufdeckung und Versteuerung der in dem Betriebsvermögen der ehemaligen Partnerschaftsgesellschaft enthaltenen stillen Reserven.

Thüringer Finanzgericht, Urteil vom 16. Juni 2021 – 1 K 89/16

§ 3 KapErhStG ist zur Ermittlung der Anschaffungskosten von neuen Genossenschaftsanteilen nicht anwendbar

1. Erwirbt ein Genossenschaftsmitglied im Rahmen einer Kapitalerhöhung der eingetragenen Genossenschaft neue Anteile, sind deren Anschaffungskosten nicht nach § 3 KapErhStG zu bestimmen.

BFH, Urteil vom 19. April 2021 – VI R 45/18

1. Die Übertragung einer vom Arbeitgeber erteilten Pensionszusage auf einen Pensionsfonds führt beim Arbeitnehmer in Höhe der zur Übernahme der bestehenden Versorgungsverpflichtung erforderlichen und getätigten Leistungen zum Zufluss von Arbeitslohn.

2. Wird der für die Steuerfreiheit gemäß § 3 Nr. 66 EStG erforderliche Antrag nach § 4e Abs. 3 EStG nicht gestellt, ist die vom Arbeitgeber erbrachte Ablöseleistung in vollem Umfang (lohn-)steuerpflichtig.

BFH, Urteil vom 01. Dezember 2020 – VIII R 21/17

Der aus der Veräußerung einer Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft erzielte Erlös führt nicht zu Einkünften aus selbständiger Arbeit gemäß § 18 EStG, wenn die Beteiligung nicht zum Betriebsvermögen der freiberuflichen Tätigkeit gehört.

BFH, Urteil vom 01. Dezember 2020 – VIII R 40/18

Der aus einer Managementbeteiligung an einer Kapitalgesellschaft erzielte Veräußerungserlös stellt keine Vergütung für die gegenüber einer Tochtergesellschaft erbrachte nichtselbständige Tätigkeit dar, wenn die Beteiligung als eine eigenständige Erwerbsgrundlage zur Erzielung von Einkünften anzusehen ist.

BFH, Urteil vom 18. November 2020 – I R 24/18

1. NV: Nach § 22 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 22 Abs. 1 Satz 2 UmwStG 2006 gilt zwar die Veräußerung der im Rahmen eines qualifizierten Anteilstauschs erhaltenen Anteile als rückwirkendes Ereignis i.S. des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO (Rückwirkungsfiktion). Die Korrektur eines bereits bestandskräftig gewordenen Steuerbescheids zur Erfassung eines durch die Veräußerung ausgelösten Einbringungsgewinns II gemäß § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO setzt aber des Weiteren voraus, dass der Veräußerungstatbestand nach Erlass des zu ändernden Bescheids verwirklicht worden ist.

2. NV: Wird die übernehmende Kapitalgesellschaft innerhalb der siebenjährigen Sperrfrist formwechselnd in eine Personengesellschaft umgewandelt, führt dies zu einer Veräußerung des eingebrachten Anteils i.S. des § 22 Abs. 2 Satz 1 UmwStG 2006.

3. NV: Zur Anwendung der Fusionsrichtlinie bei der Besteuerung des Einbringungsgewinns II.

BFH, Urteil vom 18. November 2020 – I R 25/18

1. Nach § 22 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 22 Abs. 1 Satz 2 UmwStG 2006 gilt zwar die Veräußerung der im Rahmen eines qualifizierten Anteilstauschs erhaltenen Anteile als rückwirkendes Ereignis i.S. des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO (Rückwirkungsfiktion). Die Korrektur eines bereits bestandskräftig gewordenen Steuerbescheids zur Erfassung eines durch die Veräußerung ausgelösten Einbringungsgewinns II gemäß § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO setzt aber des Weiteren voraus, dass der Veräußerungstatbestand nach Erlass des zu ändernden Bescheids verwirklicht worden ist.

2. Wird die übernehmende Kapitalgesellschaft innerhalb der siebenjährigen Sperrfrist formwechselnd in eine Personengesellschaft umgewandelt, führt dies zu einer Veräußerung des eingebrachten Anteils i.S. des § 22 Abs. 2 Satz 1 UmwStG 2006.

BFH, Beschluss vom 17.11.2020 – VIII R 11/18

Es wird eine Entscheidung des BVerfG darüber eingeholt, ob § 20 Abs. 6 Satz 5 EStG i.d.F. des UntStRefG 2008 vom 14.08.2007 (BGBl I 2007, 1912) insoweit mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar ist, als Verluste aus der Veräußerung von Aktien nur mit Gewinnen aus der Veräußerung von Aktien verrechnet werden dürfen.