Rückwirkende steuerliche Anerkennung von Gewinnabführungsverträgen (EAV) mit unzureichender Verlustübernahmeregelung

Urteil des BFH vom 24.07.2013, I R 40/12

I.  Der BFH ent­schied mit Urteil vom 24.07.2013:

Die Bestimmung des § 34 X b 2 KStG 2002 i. d. F. des UntSt/RKVereinfG ermöglicht unter bestimmten Voraussetzungen die rückwirkende steuerliche Anerkennung von (Alt-)Gewinnabführungsverträgen, die keinen den Anforderungen des § 17 S. Nr. 2 KStG 2002 in der bis dahin geltenden Fassung entsprechenden Verweis auf § 302 AktG (Verlustübernahme) enthalten hatten. Sie ist anwendbar, wenn der Ergebnisabführungsvertrag (EAV) unvollständig auf § 302 AktG verweist, einen unzureichenden eigenständigen Text oder überhaupt keine Regelung zur Verlustübernahme enthält.

II. Dem Urteil lag fol­gen­der Sach­ver­halt zu Grunde:

Die Klägerin, ein Herstellungsbetrieb in der Rechtsform einer GmbH, schloss mit ihrer Alleingesellschafterin (KG), einer bis dahin ausschließlich vermögensverwaltend tätigen KG, im Dezember 2005 einen Beherrschungs- und Ergebnisabführungsvertrag ab, wonach die GmbH die Leitung ihrer Gesellschaft der KG unterstellt und ihren ganzen Gewinn an diese KG abführt. Zum 1.3.2006 verkaufte die GmbH ihren gesamten Geschäftsbetrieb an die KG und mietete diesen sogleich wieder von ihr zurück. Die GmbH vertrat die Auffassung, dass ihre Einkünfte im Streitjahr 2006 als Organgesellschaft in voller Höhe der KG als Organträger zuzurechnen seien. Der Beklagte, das Finanzamt, erkannte die Organschaft nicht an und setzte gegen die GmbH Körperschaftssteuer und den Gewerbesteuermessbetrag fest.

Das Finanzamt war der Auffassung, dass im Streitjahr kein wirksames Organschaftsverhältnis bestand,

– weil die KG zu Beginn des Wirtschaftsjahres (1.1.2006) noch nicht gewerblich, sondern ausschließlich vermögensverwaltend tätig gewesen sei.

– Der Beherrschungs- und GewinnabführungsvertragBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag
Gewinnabführungsvertrag
enthielt zudem keinen den Anforderungen des § 17 S. 2 Nr. 2 KStG 2002 entsprechenden Verweis auf § 302 AktG. Die Verlustübernahmeregelung habe im Streitfall aus einer Mischform von Verweis und Textwiedergabe des § 302 AktG bestanden.

Einspruch und Klage der GmbH blieben erfolglos.

III. An­mer­kun­gen

Der BFH bestätigt in seiner Entscheidung, dass mit der vom Gesetzgeber geschaffenen Übergangsregelung ein in einem unzureichenden Verweis auf § 302 AktG liegender Mangel des Ergebnisabführungsvertrags geheilt werden kann.

Der BFH stellte fest:

  • dass die Anerkennung der Organschaft im Streitfall nicht daran scheitere, dass der Beherrschungs- und Ergebnisabführungsvertrag keine dem § 302 AktG entsprechende Vereinbarung über die Verlustübernahme durch den Organträger enthalte.
  • dass es zum Eintritt der Heilungswirkungen gem. § 34 Abs. 10 b S. 2 KStG 2002 n.F. einer Neufassung der vertraglichen Verlustübernahmeklausel nach Maßgabe des § 17 S. 2 Nr. 2 KStG 2002 n.F. bedarf.

Die we­sent­li­chen Ur­teils­grün­de – auch zur Aussage, dass Organträger einer ertragsteuerlichen Organschaft nicht bereits zu Beginn des Wirtschaftsjahres der Organgesellschaft gewerblich tätig sein müssen – können nach­ge­le­sen werden unter:

http://www.gesellschaftsrechtskanzlei.com/bfh-urteil-vom-24-07-2013-i-r-4012/

Das Urteil des BFH ver­an­lasst alle Vorstände von Aktiengesellschaften einschließlich Societas Europaea (SE), Genossenschaften oder Geschäftsführer von GmbH, KG bzw. sonstigen Personengesellschaften und Einzelunternehmen dazu, ihre bestehenden Ergebnisabführungsverträge sorgfältig dahingehend zu prüfen, ob diese die nach aktuellem Recht erforderlichen formellen Voraussetzungen für die Formulierung der Verlustübernahmeverpflichtung erfüllen. Die Gewinnabführungsverträge sind aus­nahms­los darauf hin ab­zu­klop­fen, ob sie noch eine wörtliche Wiedergabe oder einen Verweis auf die derzeitige Fassung des § 302 AktG enthalten. In diesen Fällen ist die steuerliche Anerkennung der Gewinnabführungsverträge gefährdet.

VI. Fazit

Die Neufassung der vertraglichen Verlustübernahmeklausel nach Maßgabe des § 17 S. 2 Nr. 2 KStG 2002 n.F. wird für alle Verträge gefordert, die nach dem Tag des Inkrafttretens dieses Gesetzes abgeschlossen oder geändert werden. Sofern bestehende Verträge eine entsprechende Vereinbarung über die Verlustübernahme durch den Organträger nicht enthalten, ist dies für die Anerkennung der steuerlichen Organschaft unschädlich, wenn der Vertrag tatsächlich durchgeführt worden ist und auch alle übrigen Voraussetzungen der steuerlichen Organschaft erfüllt sind und der Vertrag bis zum 31.12.2014 angepasst wird (§ 34 Abs. 10 b KStG).

VII. Hinweis

Die Vorbereitungszeit für die erforderliche, korrigierende Satzungsänderung umfasst in der Regel 2 bis 3 Monate. Die Anpassung sollte aus Vereinfachungsgründen mit der ordentlichen Haupt- bzw. Gesellschafterversammlung kombiniert werden. Deshalb ist es ratsam, schon jetzt mit der Vertragsanpassung zu beginnen.

 

Erfurt/Thü­rin­gen im Februar 2014