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Saarländisches OLG, Beschluss vom 11.06.2014 – 1 W 18/13

1. In der Stollwerk-Entscheidung hat der Bundesgerichtshof die Auffassung vertreten, dass, wenn ein „längerer Zeitraum“ zwischen der erstmaligen Bekanntgabe der Absicht des „Squeeze-out“ und der Beschlussfassung der Hauptversammlung liege, zum Schutz von Minderheitsaktionäre und um zu verhindern, dass diese von einer positiven Börsenentwicklung ausgeschlossen werden, die Notwendigkeit einer Börsenkursanpassung bestehe. Der Bundesgerichtshof ist in dem entschiedenen Fall zunächst irrtümlich von einem Zeitraum von 9 Monaten ausgegangen, den er mit Berichtigungsbeschluss vom 5. August 2010 auf 7,5 Monate korrigiert hat (BGH NZG 2010, 939).

2. Aus der Entscheidung des Bundesgerichtshofs folgt lediglich, dass die Notwendigkeit einer Börsenkursanpassung bei „längeren Zeiträumen“ besteht und dass ein Zeitraum von 7 ½ Monaten und mehr zwischen erster öffentlicher Bekanntmachung der Absicht des „Squeeze-out“ und der Beschlussfassung der Hauptversammlung als „längerer Zeitraum“ anzusehen ist.

3. Im Streitfall lag zwischen der (erstmaligen) öffentlichen Bekanntmachung des „Squeeze-out“ und der Hauptversammlung allerdings nur ein Zeitraum von 6 ½ Monaten.Der Senat ist mit dem Landgericht der Auffassung, dass wegen des Ausnahmecharakters solcher Börsenkursanpassungen (vgl. hierzu OLG FrankfurtBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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OLG Frankfurt
, Beschluss vom 29. April 2011 – 21 W 13/11 -; AG 2011, 832) kein Anlass besteht, die Entscheidung des Bundesgerichtshofs auf Fallgestaltungen zur Anwendung zu bringen, in denen die Zeitspanne zwischen der öffentlichen Bekanntgabe des „Squeeze-out“ und dem Hauptversammlungsbeschluss weniger als 7 Monate beträgt und dies ebenfalls als „längeren Zeitraum“ zu werten.

4. Würde man den „längeren Zeitraum“ weiter nach unten „ausloten“, bestünde die Gefahr, dass die als Ausnahme konzipierte Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Regel wird. Denn es liegt in der Natur solcher Verfahren, dass zwischen der erstmaligen Bekanntmachung der Absicht des „Squeeze-out“ und der Beschlussfassung der Hauptversammlung über die Übertragung der Aktien der Minderheitsaktionäre auf den Hauptaktionär schon aus organisatorischen Gründen in der Regel ein Zeitraum von mehreren Monaten liegen wird.

Das „Squeeze-out“ bedarf intensiver Vorbereitung. Die Hauptaktionärin muss ein Bewertungsgutachten in Auftrag gegeben. Die Unternehmensbewertung, für die verschiedene Verfahren zur Verfügung stehen, kann sich in Abhängigkeit von der Größe und Struktur des zu bewertenden Unternehmens und der Art der von ihm betriebenen Geschäfte im Einzelfall als schwierig erweisen. Außerdem musste sich ein vom Gericht zu beauftragender Barabfindungsprüfer mit dem Bewertungsgutachten kritisch auseinandersetzen und es musste die Hauptversammlung vorbereitet werden. All das braucht naturgemäß Zeit. Deshalb wird auch in der einschlägigen Fachliteratur die Auffassung vertreten, dass Zeiträume von weniger als 7 ½ Monaten nicht als „längerer Zeitraum“ anzusehen sind (z.B. Wasmann, ZGR 2011, 83 f., 94 f.; Bungert/Wettich, BB 2010, 2227 f.; Decher, ZIP 2010, 1673 f.).

5. Vorliegend gibt es keinerlei Anhalt dafür, dass sich die Beschlussfassung der Hauptversammlung über das „Squeeze-out“ ohne sachlichen Grund verzögert hat und dass die Antragsgegnerin das „Squeeze-out“ Verfahren dilatorisch betrieben hat. Es wurde im Gegenteil dadurch beschleunigt, dass die Wertgutachterin und die Barabfindungsprüferin zeitparallel vorgegangen sind, so dass zwischen der Fertigstellung des Wertgutachtens und der Stellungnahme der Barabfindungsprüferin nur ein Zeitraum von wenigen Tagen lag. Damit hat sich die Gefahr eines Missbrauchs bei der Bestimmung des Börsenkurswertes durch eine der beiden Seiten, der es nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu begegnen gilt (BVerfG, Beschluss vom 27. April 1999; 1 BvR 1613/94; NJW 1999, 3769); etwa die, dass der Hauptaktionär den Börsenkurswert durch die Wahl des Zeitpunkts der Bekanntgabe zu seinen Gunsten zu beeinflussen versucht und oder, dass er das „Squeeze-out“ zwar ankündigt, es aber in der Folge nicht oder nur verzögert durchführt (vgl. hierzu OLG Stuttgart, AG 2011,795), nicht verwirklicht.

Schlagworte: Börsenwert, Hauptversammlungsbeschluss, Squeeze-out, Unternehmensbewertung