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BGH, Urteil vom 3. August 2021 – II ZR 123/20

HGB § 171 Abs. 1, 2, § 172 Abs. 4

Die Gesellschafter einer Kommanditgesellschaft, die als Obergesellschaft an einer anderen Kommanditgesellschaft als Untergesellschaft beteiligt ist, haften auch gegenüber den Gläubigern der Untergesellschaft. Diese Haftung wird in der Insolvenz der Untergesellschaft von deren Insolvenzverwalter geltend gemacht, solange nicht über das Vermögen der Obergesellschaft ihrerseits das Insolvenzverfahren eröffnet wurde.

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Oldenburg vom 3. Juli 2020 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Der Streitwert des Revisionsverfahrens wird auf 33.042 € festgesetzt.

Von Rechts wegen

Tatbestand

Der Kläger ist Insolvenzverwalter von drei Schiffsfonds in der Rechtsform von Kommanditgesellschaften (im Folgenden: Schuldnerinnen), über deren Vermögen jeweils mit Beschluss vom 9. Februar 2016 das Insolvenzverfahren eröffnet wurde.2

Der Beklagte ist mit einer Einlage von 100.000 € als Kommanditist an der H.         Schiffsfonds II UG (haftungsbeschränkt) & Co. KG i.L. (im Folgenden: Dachfonds) beteiligt. Der Dachfonds ist als Obergesellschaft seinerseits mit einer Einlage in Höhe von jeweils 4,3 Mio. € als Kommanditist an den Schuldnerinnen als Untergesellschaften beteiligt. Er erhielt von den Schuldnerinnen nicht durch Gewinne gedeckte Ausschüttungen in Höhe von jeweils 1.419.000 €, insgesamt 4.257.000 €. Nach haftungsbefreienden Wiedereinlagen besteht eine offene haftung des Dachfonds in Höhe von jeweils 942.802,60 €. Der Beklagte erhielt in den Jahren 2004 bis 2007 vom Dachfonds nicht durch Gewinne gedeckte Ausschüttungen in Höhe von insgesamt 33.042 €.3

Der Kläger verlangt vom Beklagten unter dem Gesichtspunkt der teilweisen Rückgewähr der geleisteten Kommanditeinlange für jede der Schuldnerinnen anteilig Zahlung in Höhe von 11.014 €.4

Das Landgericht hat den Beklagten antragsgemäß verurteilt. Die hiergegen gerichtete Berufung des Beklagten führte zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Abweisung der Klage. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seine Ansprüche weiter.

Entscheidungsgründe

Die Revision des Klägers hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.6

I. Das Berufungsgericht (OLG OldenburgBitte wählen Sie ein Schlagwort:
OLG
OLG Oldenburg
, ZInsO 2020, 2004) hat zur Begründung seiner Entscheidung, soweit für das Revisionsverfahren von Bedeutung, ausgeführt:7

Aus dem Klagevorbringen sei schon nicht eindeutig ersichtlich, ob der Kläger Ansprüche der Schuldnerinnen oder von deren Gläubigern geltend mache. Insoweit sei der Klägervortrag widersprüchlich. Wessen Ansprüche der Kläger geltend mache, könne aber dahinstehen. Ansprüche der Gläubiger der Schuldnerinnen könne der Kläger nicht geltend machen. Der Beklagte sei nur Kommanditist des Dachfonds. Über diesen sei das Insolvenzverfahren nicht eröffnet worden. Die Prozessstandschaft nach § 171 Abs. 2 HGB sei deshalb im Verhältnis zum Beklagten nie entstanden. Der Kläger berufe sich nicht auf eine haftung des Dachfonds, sondern eine solche des Beklagten als Kommanditisten des Dachfonds als Kommanditist der Schuldnerinnen. Auch Ansprüche der Schuldnerinnen gegen den Dachfonds bestünden mangels Vereinbarung im Gesellschaftsvertrag nicht.8

II. Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.9

Die Gesellschafter einer Kommanditgesellschaft, die als Obergesellschaft an einer anderen Kommanditgesellschaft als Untergesellschaft beteiligt ist, haften auch gegenüber den Gläubigern der Untergesellschaft. Diese Haftung wird in der Insolvenz der Untergesellschaft von deren Insolvenzverwalter geltend gemacht, solange nicht über das Vermögen der Obergesellschaft ihrerseits das Insolvenzverfahren eröffnet wurde (§ 171 Abs. 2 HGB).10

1. Der Kläger nimmt den Beklagten unter dem Gesichtspunkt der teilweisen Rückgewähr der geleisteten Kommanditeinlage als Kommanditisten des Dachfonds, der seinerseits Kommanditist der Schuldnerinnen ist, für Ansprüche von Gläubigern der Schuldnerinnen in Anspruch. Das vom Berufungsgericht dazu festgestellte Vorbringen des Klägers ist nicht widersprüchlich.11

a) Inhalt und Reichweite des Klagebegehrens werden nicht allein durch den Wortlaut des Antrags bestimmt. Dieser ist unter Berücksichtigung der Klagebegründung auszulegen (BGH, Urteil vom 21. Juni 2016 – II ZR 305/14, WM 2016, 1599 Rn. 12; Urteil vom 11. Februar 2021 – I ZR 126/19, WRP 2021, 604 Rn. 12). Denn der prozessuale Anspruch im Sinne des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO wird durch den Klageantrag, in dem sich die vom Kläger in Anspruch genommene Rechtsfolge konkretisiert, und den Lebenssachverhalt (Anspruchsgrund), aus dem der Kläger die begehrte Rechtsfolge herleitet, festgelegt(st. Rspr.; BGH, Urteil vom 15. Dezember 2020 – II ZR 108/19, BGHZ 228, 28 Rn. 13 mwN). Bei der Auslegung des Klageantrags ist im Zweifel wegen des verfassungsrechtlichen Anspruchs auf effektiven Rechtsschutz und rechtliches Gehör das als gewollt anzusehen, was nach den Maßstäben der Rechtsordnung vernünftig ist und der recht verstandenen Interessenlage der erklärenden Partei entspricht (st. Rspr.; BGH, Beschluss vom 27. Januar 2015 – II ZR 191/13, juris Rn. 10; Urteil vom 9. Mai 2019 – VII ZR 154/18, WM 2020, 189 Rn. 22; jeweils mwN).12

Dabei unterliegt die inhaltliche Bewertung des Klageantrags durch das Berufungsgericht der uneingeschränkten Überprüfung in der Revisionsinstanz. Denn es steht die Auslegung einer Prozesserklärung in Frage, die das Revisionsgericht ohne Einschränkung nachprüfen darf (st. Rspr.; BGH, Urteil vom 21. Juni 2016 – II ZR 305/14, WM 2016, 1599 Rn. 13; Urteil vom 13. Oktober 2015 – II ZR 281/14, NJW 2016, 1083 Rn. 15; Urteil vom 10. Oktober 2017 – II ZR 277/15, juris Rn. 13; Urteil vom 11. Februar 2021 – I ZR 126/19, WRP 2021, 604 Rn. 12; jeweils mwN).13

b) Nach diesen Grundsätzen ist der geltend gemachte Anspruch eindeutig bezeichnet.14

Der Kläger stützt seinen Anspruch nach den Feststellungen des Berufungsgerichts auf die wiederaufgelebte Außenhaftung des Beklagten gemäß § 171 Abs. 1, § 172 Abs. 4 HGB gegenüber den Gläubigern des Dachfonds und macht geltend, gemäß § 171 Abs. 2 HGB zur Einziehung der offenen Hafteinlage befugt zu sein. Er führt dazu aus, der Dachfonds hafte als Kommanditist der Schuldnerinnen den Gläubigern der Schuldnerinnen unmittelbar. Die Kommanditisten des Dachfonds – und damit auch der Beklagte – hafteten ihrerseits gegenüber den Gläubigern des Dachfonds, zu denen auch die Schuldnerinnen gehörten, und somit gegenüber dem Kläger. Der Kläger sei berechtigt, das den Gesellschaftsgläubigern der Schuldnerinnen nach § 171 Abs. 1 HGB zustehende Recht gemäß § 171 Abs. 2 HGB geltend zu machen.15

Diese Bezeichnung des Anspruchs ist eindeutig, mag der Kläger auch ausgeführt haben, die Schuldnerinnen selbst gehörten zu den Gläubigern des Dachfonds. Ersichtlich macht der Kläger keine gesellschaftsvertraglichen Wiedereinlageansprüche geltend, sondern die haftung des Beklagten in der Kette gegenüber den Gläubigern der Schuldnerinnen. Sein Begehren wird auch nicht durch die etwas pauschalen Ausführungen an anderer Stelle widersprüchlich, zumal der Kläger an keiner Stelle behauptet hat, die Schuldnerinnen hätten gesellschaftsvertragliche Ansprüche gegen den Dachfonds. Dies entspricht auch dem wohlverstandenen Interesse des Klägers, der regelmäßig keine Ansprüche geltend machen will, deren Bestehen er selbst nicht behauptet, wenn nach seinem Vorbringen Ansprüche in Betracht kommen, deren Bestehen behauptet ist, mögen auch die rechtlichen Voraussetzungen aus Sicht des Berufungsgerichts zweifelhaft sein.16

2. Der Kläger ist als Insolvenzverwalter der Schuldnerinnen gemäß § 171 Abs. 2 HGB zur Einziehung der wiederaufgelebten Außenhaftung des Beklagten gemäß § 171 Abs. 1, § 172 Abs. 4 HGB für die Gläubiger der Schuldnerinnen befugt. Es ist unerheblich, dass der Beklagte an den Schuldnerinnen nicht selbst, sondern lediglich mittelbar über den Dachfonds als Kommanditist der Kommanditistin beteiligt ist.17

a) Ob die Einziehungsbefugnis des Insolvenzverwalters gemäß § 171 Abs. 2 HGB in der Insolvenz nur der Untergesellschaft auch die Inanspruchnahme eines Gesellschafters der an der Untergesellschaft beteiligten Obergesellschaft umfasst, wird in der instanzgerichtlichen Rechtsprechung nicht einheitlich beantwortet.18

Teilweise wird, wie auch vom Berufungsgericht, bei mehrstöckigen Kommanditbeteiligungen wie der vorliegenden die Ermächtigung des Insolvenzverwalters zur Geltendmachung der Haftung der Kommanditisten der Obergesellschaft – dem Dachfonds – gegenüber den Gläubigern der Untergesellschaft – den Schuldnerinnen – abgelehnt, sofern ein Insolvenzverfahren über die Obergesellschaft nicht eröffnet wurde (OLG MünchenBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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OLG München
, Beschluss vom 6. August 2019 – 23 U 4226/18, n.v., Umdruck S. 2 Abs. 5; LG Augsburg, Urteil vom 7. Januar 2020 – 081 O 1525/18, n.v., Umdruck S. 6 Abs. 2; vgl. auch LG Frankfurt am Main, ZInsO 2020, 153, 154; LG München I, ZInsO 2019, 2439, 2440). Nur das nach § 171 Abs. 1 HGB den Gläubigern zustehende Recht werde gemäß § 171 Abs. 2 HGB vom Insolvenzverwalter ausgeübt. Dieses beinhalte lediglich die Geltendmachung der Haftung der Gesellschafter derjenigen Gesellschaft, über deren Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet worden sei (LG Augsburg, Urteil vom 7. Januar 2020 – 081 O 1525/18, n.v., Umdruck S. 6 Abs. 4). Eine analoge Anwendung von § 171 Abs. 2 HGB sei ausgeschlossen, da sich der Sinn der Norm, die Gläubigergleichbehandlung, nicht erreichen lasse, weil neben den Gläubigern der Untergesellschaft weitere Gläubiger der nicht insolventen Obergesellschaft vorhanden sein könnten (LG Frankfurt am Main, ZInsO 2020, 153, 154). Zum Teil wird bei einem doppelstöckigen Fonds ein Durchgriff auf Kommanditisten der Kommanditisten für nicht möglich gehalten. Der Kommanditist hafte gegenüber den Gläubigern der Gesellschaft, an der er selbst beteiligt sei. Eine Haftung in Form einer Kette bestehe nicht (LG München I, ZInsO 2019, 2439, 2440; OLG MünchenBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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OLG München
, protokollierter Hinweis vom 24. Juli 2019 – 20 U 4429/18, n.v.).19

Hingegen bejahen andere Instanzgerichte und Stimmen im Schrifttum in dieser Situation sowohl die Einziehungsbefugnis des Insolvenzverwalters der Untergesellschaft als auch die haftung des Kommanditisten der Obergesellschaft gegenüber den Gläubigern der Untergesellschaft (AG Syke, Urteil vom 24. März 2020 – 9 C 31/19, n.v., Umdruck S. 5 Abs. 4; AG Leer, Urteil vom 30. Juli 2019 – 700 C 284/19, n.v., Umdruck S. 4 Abs. 1; LG Hamburg, Urteil vom 25. Oktober 2019 – 402 HKO 61/18, n.v., Umdruck S. 7 Abs. 6 ff.; vgl. auch AG Bonn, Urteil vom 4. September 2018 – 104 C 32/18, juris Rn. 2, 32; zu § 93 InsO: Lüke, ZIP 2016, Beilage zu Heft 22, 52; K. Schmidt, InsO, 19. Aufl., § 93 Rn. 17).20

b) Der Senat schließt sich der zuletzt genannten Auffassung an. Die Kommanditisten der Obergesellschaft haften gegenüber den Gläubigern der Untergesellschaft. Diese Haftung wird in der Insolvenz der Untergesellschaft von deren Insolvenzverwalter geltend gemacht, solange nicht über das Vermögen der Obergesellschaft ihrerseits das Insolvenzverfahren eröffnet wurde (§ 171 Abs. 2 HGB).21

aa) In einer doppelstöckigen Kommanditgesellschaft haftet die Obergesellschaft gemäß §§ 171, 172 HGB bzw. § 128 HGB für die Verbindlichkeiten der Untergesellschaft; für die Haftung der Obergesellschaft haften wiederum deren Gesellschafter (vgl. BGH, Urteil vom 12. Juli 2012 – AnwZ (Brfg) 37/11, BGHZ 194, 79 Rn. 26; BFHE 117, 396, 399; BeckOK HGB/Häublein, Stand: 15. Januar 2020, § 172 Rn. 40; zu § 128 HGB: BayObLG, ZIP 1994, 1694, 1696; RegE HRefG, BT-Drucks. 13/8444, S. 56; Schmidt/Usinger in Beck‘scher Bilanz-Kommentar, 12. Aufl., § 264a HGB Rn. 35 f.; BeckOGK HGB/Fehrenbacher, Stand: 15. Oktober 2020, § 264a Rn. 14; Böcking/Gros/Oser in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, 4. Aufl., § 264a Rn. 12; Roth/Hoffmann in Heidel/Schall, HGB, 3. Aufl., § 264a Rn. 6; MünchKommHGB/Heidinger, 5. Aufl., § 19 Rn. 26; Ahrens, DB 1997, 1065; Staub/Habersack, HGB, 5. Aufl., § 128 Rn. 9; HK/Stuhlfelner, HGB, 7. Aufl., § 128 Rn. 18; C. Schmidt/Bierly, NJW 2004, 1210, 1211 f.; C. Schmidt/Bierly in C. Schmidt/Zagel, OHG, KG und PublikumsG, 2004, Rn. 592).22

Die Außenhaftung der Obergesellschaft als Kommanditistin der Untergesellschaft gegenüber den Gläubigern der Untergesellschaft ist eine Verbindlichkeit der Obergesellschaft im Sinne von § 128 HGB bzw. §§ 171, 172 HGB. Haftungsbegründend sind dabei unabhängig von ihrem Rechtsgrund sämtliche Verbindlichkeiten der Kommanditgesellschaft – der Obergesellschaft – gegenüber Dritten (BeckOGK HGB/Foerster, Stand: 1. Februar 2021, § 171 Rn. 21; MünchKommHGB/K. Schmidt, 4. Aufl., §§ 171, 172 Rn. 14; Gummert in Henssler/Strohn, GesR, 5. Aufl., § 172 HGB Rn. 12; Staub/Thiessen, HGB, 5. Aufl., § 171 Rn. 13; Strohn in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, 4. Aufl., § 171 Rn. 10; MünchKommHGB/K. Schmidt, 4. Aufl., § 128 Rn. 10 f.; Staub/Habersack, HGB, 5. Aufl., § 128 Rn. 10; Sassenrath in Westermann/Wertenbruch, HdB Personengesellschaften, Stand: Januar 2018, § 50 Rn. 2822 f.). Eine solche Verbindlichkeit, für die der Kommanditist der Obergesellschaft haftet, ist auch die Außenhaftung der Obergesellschaft gegenüber den Gläubigern der Untergesellschaft. Dementsprechend können außerhalb der Insolvenz die Gläubiger der Untergesellschaft unmittelbar auf die Kommanditisten der Obergesellschaft zugreifen, soweit die Voraussetzungen ihrer Haftung im Übrigen vorliegen.23

bb) Diese Haftung wird in der Insolvenz der Untergesellschaft von deren Insolvenzverwalter geltend gemacht, solange nicht über die Obergesellschaft ihrerseits das Insolvenzverfahren eröffnet wurde.24

(1) Für dieses Ergebnis spricht bereits der Wortlaut von § 171 Abs. 2 HGB. Ist über das Vermögen der (Unter-)Gesellschaft das Insolvenzverfahren eröffnet, so wird während der Dauer des Verfahrens das den Gesellschaftsgläubigern nach § 171 Abs. 1 HGB zustehende Recht durch den Insolvenzverwalter (…) ausgeübt, § 171 Abs. 2 HGB. Dieses den Gläubigern zustehende Recht ist, vermittelt durch die jeweilige Haftungsnorm, auch das Recht zur Inanspruchnahme der Kommanditisten der Obergesellschaft für die Haftung gegenüber den Gläubigern der Untergesellschaft (vgl. zu § 93 InsO: Lüke, ZIP 2016, Beilage zu Heft 22, 52; K. Schmidt, InsO, 19. Aufl., § 93 Rn. 17).25

Zwar meint § 171 Abs. 1 HGB, auf den § 171 Abs. 2 HGB verweist, den Kommanditisten derjenigen Gesellschaft, an der er beteiligt ist. Entsprechend regelt § 93 InsO die Haftung „eines Gesellschafters für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft“. Damit scheint § 171 Abs. 2 HGB zunächst nur die Haftung der Obergesellschaft zu erfassen. Schon der Wortlaut ist aber nicht in diesem Sinne zu verstehen. Denn den Gläubigern der Untergesellschaft steht, wie ausgeführt, nach § 171 Abs. 1 HGB i.V.m. §§ 171, 172 bzw. § 128 HGB auch das Recht zu, die Kommanditisten der Obergesellschaft in Anspruch zu nehmen.26

(2) Hierfür spricht auch der Sinn und Zweck von § 171 Abs. 2 HGB. Die Vorschrift bezweckt, die berechtigten Gesellschaftsgläubiger in die Lage zu versetzen, an den Vermögenswerten, die in ihren persönlichen Haftungsansprüchen bestehen, gemeinsam (anteilig) zu partizipieren (BGH, Urteil vom 20. März 1958 – II ZR 2/57, BGHZ 27, 51, 56; Urteil vom 28. Januar 2021 – IX ZR 54/20, ZIP 2021, 528 Rn. 31; zu § 93 InsO: RegE InsO, BT-Drucks. 12/2443, S. 140). Dieser Zweck erfasst auch die Haftung der Gesellschafter der Obergesellschaft.27

Dass auf diese Weise eine gleichmäßige Teilhabe der Gläubiger einer überschuldeten Obergesellschaft, über die das Insolvenzverfahren nicht eröffnet wurde, möglicherweise nicht erreicht werden kann, weil nicht alle Gläubiger der Obergesellschaft am Insolvenzverfahren über die Untergesellschaften teilnehmen (vgl. LG Frankfurt am Main, ZInsO 2020, 153, 154), rechtfertigt nicht, den Zweck der Vorschrift auch bezogen auf die Gläubiger der Untergesellschaften aufzugeben. Andernfalls wäre bei einer zahlungsfähigen Obergesellschaft die anteilige Partizipation der Gläubiger der überschuldeten Untergesellschaft gefährdet, die § 171 Abs. 2 HGB gerade bewirken will. Die Ablehnung der Einziehungsbefugnis des Insolvenzverwalters für die Haftung der Kommanditisten der Obergesellschaft hätte aber zur Folge, dass die Gläubiger der Untergesellschaft unter Umgehung des Insolvenzverwalters direkt auf die Kommanditisten der Obergesellschaft zugreifen könnten. Im Erfolgsfalle ginge dessen Einziehungsbefugnis gegenüber der Obergesellschaft unter Umständen ins Leere. Würden nämlich so viele Kommanditisten der Obergesellschaft an die Gläubiger der Untergesellschaft zahlen, dass die wiederaufgelebte Haftung der Obergesellschaft erlischt, könnte die Obergesellschaft gegenüber dem Insolvenzverwalter der Untergesellschaft einwenden, ihre Haftung sei durch die – dann berechtigte – Zahlung ihrer Kommanditisten an die Gläubiger erloschen (vgl. BGH, Urteil vom 17. September 1964 – II ZR 162/62, BGHZ 42, 192, 193; Urteil vom 8. Juli 1985 – II ZR 269/84, BGHZ 95, 188, 195 f.; Urteil vom 25. Juli 2017 – II ZR 122/16, ZIP 2017, 1948 Rn. 21).28

Dass auch über die Obergesellschaft das Insolvenzverfahren eröffnet wurde, ist deshalb nicht Voraussetzung der Inanspruchnahme ihrer Kommanditisten durch den Insolvenzverwalter der Untergesellschaft, sondern würde ihr im Gegenteil entgegenstehen, weil dann § 171 Abs. 2 HGB zugunsten des Insolvenzverwalters der Obergesellschaft eingreifen würde (vgl. zu § 93 InsO: Lüke, ZIP 2016, Beilage zu Heft 22, 52).29

III. Das Berufungsurteil ist auch nicht aus anderen Gründen richtig, § 561 ZPO.30

1. Die Klage ist nicht unzulässig. Zutreffend hat das Berufungsgericht angenommen, dass der Kläger den Klagegrund den Anforderungen des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO entsprechend bezeichnet hat.31

Die Klageansprüche werden durch Bezugnahme auf die vom Kläger vorgelegten Insolvenztabellen hinreichend individualisiert (vgl. BGH, Urteil vom 20. Februar 2018 – II ZR 272/16, BGHZ 217, 327 Rn. 15, 17). Dass die angemeldeten Forderungen dort nur schlagwortartig bezeichnet wurden, steht dem nicht entgegen. Für eine Individualisierung des Klageanspruchs im Sinne von § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO kommt es nicht darauf an, ob der maßgebende Lebenssachverhalt in der Klageschrift vollständig beschrieben oder der Klageanspruch schlüssig und substantiiert dargelegt worden ist. Vielmehr ist es im Allgemeinen ausreichend, wenn der Anspruch als solcher identifizierbar ist, indem er durch seine Kennzeichnung von anderen Ansprüchen so unterschieden und abgegrenzt wird, dass er Grundlage eines der materiellen Rechtskraft fähigen Vollstreckungstitels sein kann. Dabei genügt eine konkrete Bezugnahme auf der Klageschrift beigefügte Anlagen (BGH, Urteil vom 21. Juli 2020 – II ZR 175/19, ZIP 2020, 1869 Rn. 11; Urteil vom 13. Oktober 2020 – II ZR 133/19, WM 2020, 2179 Rn. 12; Urteil vom 17. November 2020 – II ZR 68/20, juris Rn. 12; jeweils mwN).32

Diesen Voraussetzungen entspricht die Darlegung des Klägers zu dem der Klage zugrundeliegenden tatsächlichen Geschehen. Der Kläger hat für jede der Schuldnerinnen Forderungsaufstellungen vorgelegt, die durch Kennzeichnung der Forderungen mit laufender Nummer, Gläubiger und Betrag auf die Forderungsanmeldungen nach § 174 Abs. 1 und 2 InsO im Insolvenzverfahren Bezug nehmen. Damit ist eine Zuordnung der einzelnen Forderungsbeträge erfolgt, die den Klagegegenstand auch im Hinblick auf die materielle Rechtskraft (§ 322 Abs. 1 ZPO) eines späteren Urteils in dieser Sache ausreichend individualisiert.33

2. Ein Anspruch des Klägers aus § 171 Abs. 1, § 172 Abs. 4 i.V.m. § 171 Abs. 2 HGB kann nach den bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichts nicht verneint werden.34

a) Die haftung des Beklagten gegenüber den Gläubigern der Schuldnerinnen ist in Höhe von 33.042 € wiederaufgelebt.35

aa) Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts erhielt der Beklagte in den Jahren 2004-2007 nicht durch Gewinne gedeckte Ausschüttungen in Höhe von 33.042 €. Seine Haftung gegenüber den Gläubigern des Dachfonds ist deshalb gemäß § 172 Abs. 4 Satz 2 HGB in dieser Höhe wiederaufgelebt.36

bb) Der Beklagte haftet in dieser Höhe für die Haftungsverbindlichkeiten des Dachfonds als Obergesellschaft gegenüber den Gläubigern der Schuldnerinnen als Untergesellschaften gemäß § 171 Abs. 1, § 172 Abs. 4 HGB. Die haftung des Dachfonds gegenüber den Gläubigern der Schuldnerinnen ist jeweils in Höhe von 942.802,60 € wiederaufgelebt. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts erhielt der Dachfonds von den Schuldnerinnen nicht durch Gewinne gedeckte Ausschüttungen in Höhe von jeweils 1.419.000 €. Unter Berücksichtigung von Wiedereinlagen verbleibt danach eine offene Haftung in Höhe von jeweils 942.802,60 €.37

cc) Einer Darlegung, wie sich Ausschüttungen auf die Schuldnerinnen verteilt haben, bedarf es nicht. Der Beklagte haftet gegenüber jedem Gläubiger bis zur Höhe der nicht erbrachten oder wiederausgeschütteten Haftsumme. Da der Kommanditist seine Haftsumme nur einmal zu erbringen hat, sind alle Gläubiger der Schuldnerinnen Gesamtgläubiger (§ 427 Satz 1 BGB). Die vom Kläger für jede der Schuldnerinnen begehrte Summe in Höhe von 11.014 € stellt sich daher als Teilklage dar.38

b) Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts bestehen Forderungen von Gläubigern der drei Schuldnerinnen jeweils mindestens in Höhe der Klageforderung.39

aa) Eine Partei genügt ihrer Darlegungslast, wenn sie Tatsachen vorträgt, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet sind, das geltend gemachte Recht als in ihrer Person entstanden erscheinen zu lassen (BGH, Urteil vom 25. Juli 2005 – II ZR 199/03, ZIP 2005, 1738, 1740 mwN; Beschluss vom 9. Februar 2009 – II ZR 77/08, WM 2009, 1154 Rn. 4). Zur Darlegung der Gläubigerforderungen, für die der Kommanditist gemäß § 171 Abs. 1, § 172 Abs. 4 HGB haftet, ist es ausreichend, wenn der Insolvenzverwalter, der während des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Gesellschaft das den Gesellschaftsgläubigern nach § 171 Abs. 1 HGB zustehende Recht ausübt, die Insolvenztabelle vorlegt mit festgestellten Forderungen, die nicht aus der Insolvenzmasse befriedigt werden können (BGH, Beschluss vom 18. Oktober 2011 – II ZR 37/10, juris Rn. 9; Urteil vom 20. Februar 2018 – II ZR 272/16, BGHZ 217, 327 Rn. 15; Urteil vom 21. Juli 2020 – II ZR 175/19, ZIP 2020, 1869 Rn. 14; Urteil vom 13. Oktober 2020 – II ZR 133/19, WM 2020, 2179 Rn. 15; Urteil vom 17. November 2020 – II ZR 68/20, juris Rn. 15).40

Dies gilt auch für die Darlegung von Forderungen in mehrstöckigen gesellschaftsrechtlichen Gestaltungen unabhängig davon, welche Einwirkungsmöglichkeiten der Kommanditist auf die Schuldnerinnen hat. Die Einwirkungsmöglichkeiten des Gesellschafters haben für die Darlegung der Gläubigerforderungen durch den Kläger keine Bedeutung (BGH, Urteil vom 10. November 2020 – II ZR 89/19, ZRI 2021, 25 Rn. 13; Urteil vom 17. November 2020 – II ZR 68/20, juris Rn. 16).41

bb) Die Beurteilung des Berufungsgerichts, dass der Kläger für jede der Schuldnerinnen zur Tabelle festgestellte Forderungen in Höhe von jeweils mehr als 9 Mio. € dargetan hat und dass diese unstreitig sind, ist nicht zu beanstanden. Die vom Kläger vorgelegten Insolvenztabellen weisen für jede der Schuldnerinnen festgestellte Gläubigerforderungen in Höhe von mehr als 9 Mio. € aus. Der Beklagte ist dem nur mit einem pauschalen Bestreiten entgegengetreten. Ein solches, auf die Einzelheiten des Vortrags nicht eingehendes Vorbringen des Beklagten ist unzureichend, so dass das Berufungsgericht den Vortrag des Klägers zu Recht gemäß § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden angesehen hat.42

cc) Eine nähere Stellungnahme zu den festgestellten Forderungen ist dem Beklagten auch möglich. Die erforderlichen Informationen kann er über den Dachfonds von den Schuldnerinnen einfordern. Der Informationsanspruch gegen den Dachfonds bzw. dessen Liquidator richtet sich nach § 166 Abs. 1 HGB. Der Dachfonds kann seinerseits während der laufenden Insolvenz einen Informationsanspruch nach § 166 Abs. 1 HGB gegen den Insolvenzverwalter der Schuldnerinnen geltend machen. Zusätzlich kann er wie der Beklagte um Akteneinsicht nach § 4 InsO i.V.m. § 299 Abs. 2 ZPO ersuchen (vgl. BGH, Urteil vom 20. Februar 2018 – II ZR 272/16, BGHZ 217, 327 Rn. 20 mwN; Urteil vom 21. Juli 2020 – II ZR 175/19, ZIP 2020, 1869 Rn. 15; Beschluss vom 15. Oktober 2020 – IX AR(VZ) 2/19, ZIP 2020, 2519 Rn. 18 f.; Urteil vom 17. November 2020 – II ZR 68/20, juris Rn. 19 f.). Die durch die mehrstöckige Konstruktion der gesellschaftsrechtlichen Verhältnisse bedingten Erschwernisse des Beklagten bei der Informationsbeschaffung sind Folge dieser selbst gewählten gesellschaftsrechtlichen Konstruktion.43

dd) Das Bestreiten der festgestellten Gläubigerforderungen wäre im Übrigen auch unbeachtlich, da dem Beklagten diese Einwendung aufgrund der Wirkungen der widerspruchslosen Feststellung der Forderungen in den Insolvenztabellen nach § 129 Abs. 1, § 161 Abs. 2 HGB abgeschnitten ist. Die Schuldnerinnen und infolgedessen der Dachfonds könnten sich mit dieser Einwendung gegen ihre Inanspruchnahme nicht erfolgreich zur Wehr setzen.44

(1) Die Feststellung der Forderungen zur Insolvenztabelle hat für den Insolvenzverwalter und die Gläubiger gemäß § 178 Abs. 3 InsO die Wirkung eines rechtskräftigen Urteils (BGH, Urteil vom 10. Oktober 2013 – IX ZR 30/12, ZIP 2014, 134 Rn. 16 mwN). Für den Schuldner ergibt sich die Rechtskraftwirkung nicht aus § 178 Abs. 3 InsO, weil dieser dort nicht genannt ist. Sie folgt aber mittelbar aus § 201 Abs. 2 InsO (BGH, Urteil vom 20. Februar 2018 – II ZR 272/16, BGHZ 217, 327 Rn. 22). Diese Wirkung tritt auch außerhalb des Insolvenzverfahrens ein und besteht schon vor Aufhebung des Verfahrens, sobald die Feststellung zur Tabelle erfolgt ist (BGH, Urteil vom 10. Oktober 2013 – IX ZR 30/12, ZIP 2014, 134 Rn. 19; Urteil vom 20. Februar 2018 – II ZR 272/16, BGHZ 217, 327 Rn. 23).45

Die Rechtskraftwirkung eines Titels gegenüber der Gesellschaft beschränkt die Einwendungsmöglichkeiten für den persönlich haftenden Gesellschafter. Gegen die aus § 128 HGB begründete Haftung kann ein Gesellschafter gemäß § 129 Abs. 1 HGB von persönlichen Einwendungen abgesehen nur die Einwendungen geltend machen, die auch von der Gesellschaft erhoben werden können. Gemäß § 161 Abs. 2 HGB gilt das auch für die haftung des Kommanditisten gemäß § 171 Abs. 1 HGB (BGH, Urteil vom 20. Februar 2018 – II ZR 272/16, BGHZ 217, 327 Rn. 23 f. mwN). Sind dem Dachfonds gemäß §§ 129, 161 Abs. 2 HGB Einwendungen gegen die Forderungen abgeschnitten, so sind gemäß §§ 129, 161 Abs. 2 HGB die Kommanditisten des Dachfonds und damit der Beklagte entsprechend in ihren Einwendungen beschränkt.46

(2) Eine einschränkende Auslegung des § 129 Abs. 1 HGB (vgl. dazu BGH, Urteil vom 20. Februar 2018 – II ZR 272/16, BGHZ 217, 327 Rn. 25 ff. mwN) kommt bei der haftung des Kommanditisten einer Obergesellschaft für die Verbindlichkeiten von Gläubigern der Untergesellschaft nicht in Betracht.47

Der Kommanditist hat die Möglichkeit, sich im Insolvenzverfahren hinsichtlich der gegen die Untergesellschaft bestehenden Forderungen zu informieren und sich im Hinblick auf die Feststellung zur Insolvenztabelle bzw. wegen der Erhebung eines Widerspruchs an den vertretungsberechtigten Gesellschafter der Obergesellschaft bzw. an deren Liquidator zu wenden, der sich seinerseits an den vertretungsberechtigten Gesellschafter der Untergesellschaft oder an den Insolvenzverwalter wenden kann (vgl. BGH, Urteil vom 20. Februar 2018 – II ZR 272/16, BGHZ 217, 327 Rn. 28). Soweit aus der Konstruktion der doppelstöckigen Gesellschaft Schwierigkeiten für das Innenverhältnis der Gesellschaften folgen, ist es Sache der Gesellschafter, auf eine geeignete Ausgestaltung des Gesellschaftsvertrags hinzuwirken (vgl. Staub/Schäfer, HGB, 5. Aufl., § 105 Rn. 96). Der geringe Einfluss des Beklagten auf die Geschäftsführung der Schuldnerinnen ist Folge der mit dem Beklagten vereinbarten gesellschaftsrechtlichen Gestaltung und Kehrseite der Schwierigkeiten der Gläubiger bei der Ermittlung der für die Verbindlichkeiten haftenden Personen und der Durchsetzung ihrer Haftung.48

IV. Das Berufungsurteil ist danach aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Die Sache ist, da sie noch nicht zur Endentscheidung reif ist, an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO), damit das Berufungsgericht die noch erforderlichen Feststellungen zu den Voraussetzungen einer haftung des Beklagten nach §§ 171, 172 Abs. 4, § 161 Abs. 2, § 128 HGB treffen kann.49

Für das weitere Verfahren weist der Senat darauf hin, dass die Erforderlichkeit der Inanspruchnahme des Beklagten zum einen davon abhängig ist, in welchem Umfang die Forderungen, für die der Beklagte haftet, bereits durch Zahlungen anderer Gesellschafter auf ihre Haftungsschuld gedeckt sind und zum anderen, ob die zur Verfügung stehende Insolvenzmasse voraussichtlich genügt, einen danach verbleibenden Restbetrag zu decken. Das Berufungsgericht wird in diesem Zusammenhang in Abhängigkeit der Höhe der von den Gesellschaftern bereits aufgebrachten Summe feststellen müssen, in welcher Höhe Forderungen, für die die Gesellschafter haften, (noch) bestehen (BGH, Urteil vom 21. Juli 2020 – II ZR 175/19, ZIP 2020, 1869 Rn. 20 ff.; Urteil vom 17. November 2020 – II ZR 68/20, juris Rn. 26). Dabei können ggf. auch nachrangige Gläubigerforderungen berücksichtigt werden (vgl. BGH, Urteil vom 13. Oktober 2020 – II ZR 133/19, WM 2020, 2179 Rn. 33; Urteil vom 23. Februar 2021 – II ZR 89/20, NZG 2021, 566 Rn. 9). Diese Betrachtung hat getrennt nach Haftungssubjekten zu erfolgen. Soweit die Inanspruchnahme des Dachfonds nicht mehr erforderlich ist, besteht keine Verbindlichkeit mehr, für die der Beklagte haftet. Soweit die haftung des Dachfonds durch Zahlungen anderer Gesellschafter des Dachfonds auf deren Haftungsschuld gedeckt ist, ist die Inanspruchnahme des Beklagten nicht mehr erforderlich.50

Soweit sich der Beklagte nicht darauf berufen kann, dass die Forderungen, für die die Gesellschafter haften, durch Zahlungen anderer Kommanditisten bereits gedeckt sind, wird das Berufungsgericht zu prüfen haben, ob die Inanspruchnahme des Beklagten unter Berücksichtigung der sonst zur Verfügung stehenden Insolvenzmasse erforderlich ist. Diese Prüfung ist von einer Prognose abhängig, die naturgemäß mit Unsicherheiten belastet ist. Der Kläger ist angesichts dessen berechtigt, den nach den Verhältnissen der Insolvenzmasse für die Gläubigerbefriedigung erforderlichen Betrag unter Berücksichtigung solcher Unsicherheiten zu schätzen (BGH, Urteil vom 21. Juli 2020 – II ZR 175/19, ZIP 2020, 1869 Rn. 34; Urteil vom 23. Februar 2021 – II ZR 89/20, NZG 2021, 566 Rn. 9).

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Schlagworte: Eingeschränkt bei Ersatzanspruch wegen Einlagenrückgewähr, Einlagenrückgewähr, Insolvenz, Kommanditgesellschaft, Obergesellschaft, Untergesellschaft