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Schleswig-Holsteinisches OLG, Beschluss vom 09.05.2012 – 2 W 37/12

GmbHG §§ 8, 19

1. Hat der Anmeldende in der Anmeldung zur Eintragung der Gesellschaft nach § 8 GmbHG gemäß § 19 Abs. 5 GmbHG angegeben, dass vor der Einlage ein Darlehen mit einem jederzeit fälligen Rückgewähranspruch vereinbart worden ist, kann das Registergericht die Vorlage des Darlehensvertrags und Nachweise für die Liquidität und Vollwertigkeit Rückzahlungsanspruchs verlangen. Denn eine derartige Vorgehensweise befreit den Gesellschafter von seiner Einlageverpflichtung nur dann, wenn die Leistung durch einen vollwertigen Rückgewähranspruch gedeckt ist, der jederzeit fällig ist oder durch fristlose Kündigung durch die Gesellschaft fällig werden kann (§ 19 Abs. 5 S. 1 GmbHG). Mit der Offenlegung dieses Sachverhalts in der Anmeldung der Gesellschaft soll die Prüfung durch das Registergericht ermöglicht werden, ob die Voraussetzungen einer Erfüllungswirkung trotzdem gegeben sind (vgl. BT-Drucksache 16/9737 zu Nr. 17 c a. E.; OLG MünchenBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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ZIP 2011, 567 m.w.N.; Scholz/Veil, GmbHG, 10. Aufl., Nachtrag MoMiG § 19 Rn. 63 und § 8 Rn. 15).

2. Zwar wird die Vorlage von Nachweisen oder Unterlagen hierzu im Gesetz nicht ausdrücklich angeordnet. Die nach dem Willen des Gesetzgebers vorzunehmende Prüfung ist jedoch nur möglich, wenn das Registergericht in die Lage versetzt wird, die vom Geschäftsführer vorzunehmende Bewertung nachzuvollziehen, ob der Rückgewähranspruch vollwertig und liquide ist. Dazu ist es erforderlich, dass die für die Liquidität und Vollwertigkeit des Rückgewähranspruchs maßgeblichen Tatsachen nicht nur mitgeteilt, sondern auch belegt werden (OLG MünchenBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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, a.a.O. m. w. N.; Krafka/Willer/Kühn, Registergericht, 8. Aufl., Rn. 967 und 978a). Entsprechend dem Sinn und Zweck des § 19 Abs. 5 Satz 2 GmbHG sind deshalb regelmäßig mit der Anmeldung oder auf Anfordern die schuldrechtlichen Vereinbarungen, z.B. der Darlehensvertrag vorzulegen, auf denen der Rückgewähranspruch beruht, ferner ein Beleg für die Vollwertigkeit des Rückgewähranspruchs (OLG MünchenBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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, a.a.O. m.w.N.; Roth/Altmeppen, GmbHG, 7. Aufl. 2012, Rn. 109).

3. § 19 Abs. 5 GmbHG findet auch dann Anwendung, wenn die Leistung an ein mit dem Gesellschafter verbundenes Unternehmen erfolgt und der Inferent durch die Weiterleitung des Einlagebetrags bei wirtschaftlicher Betrachtung in gleicher Weise begünstigt wird wie durch eine unmittelbare Leistung an sich selbst, was insbesondere bei der Leistung an ein von dem Inferenten beherrschtes Unternehmen der Fall ist (BGHZ 153, 107, 111; 174, 370 ff Tz. 7; Scholz/Veil, a.a.O., Nachtrag MoMiG § 19 Rn. 65). Dies ist bei einer GmbH & Co. KGBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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von Bedeutung, wenn die an die Komplementär-GmbH gezahlten Einlagemittel umgehend als „Darlehen“ an die vom Gesellschafter beherrschte KG weiterfließen (Scholz/Veil, a.a.O., Nachtrag MoMiG § 19 Rn. 65). Die Einlageforderung der Komplementär-GmbH ist daher nicht erfüllt, wenn die an sie gezahlten Einlagemittel umgehend als Darlehen an die von dem oder den Inferenten beherrschte KG weiterfließen (BGHZ 153, 107; BGHZ 174, 370; Scholz/Veil, a.a.O., Nachtrag MoMiG § 19 Rn. 5); allerdings kann in einem solchen Fall nunmehr unter den weiteren Voraussetzungen des § 19 Abs. 5 GmbHG eine Befreiungswirkung eintreten.

4. Die allgemeinen Kapitalaufbringungsregeln gemäß § 19 GmbHG gelten bei der Komplementär-GmbH einer GmbH & Co. KGBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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auch dann, wenn Gegenstand des Unternehmens der GmbH ausschließlich die Übernahme der persönlichen Haftung der KG ist, ohne dass unter dem Gesichtspunkt einer „wirtschaftlichen Einheit“ der beiden Gesellschaften ein Sonderrecht für die Kapitalaufbringung der Komplementär-GmbH anzuerkennen wäre (BGHZ 174, 370 ff., Tz. 8 f.).

5. Für die Anwendbarkeit des § 19 Abs. 5 GmbH ist es nicht erforderlich, dass das vor der Erbringung der Einlage des Alleingesellschafters der Komplementär-GmbH zwischen der Komplementärin und der GmbH & Co. KGBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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vereinbarte Darlehen bereits ausgezahlt worden ist. Das Registergericht hat schon vor der Darlehensausreichung zu prüfen, ob im Zeitpunkt der Darlehenszahlung voraussichtlich ein vollwertiger Rückzahlungsanspruch gegenübersteht.

6. Nach der Legaldefinition des § 19 Abs. 4 S. 1 GmbHG ist eine verdeckte SacheinlageBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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verdeckte Sacheinlage
eine Geldeinlage eines Gesellschafters, die bei wirtschaftlicher Betrachtung und aufgrund einer im Zusammenhang mit der Übernahme der Geldeinlage getroffenen Abrede vollständig oder teilweise als Sacheinlage zu bewerten ist. Das ist bei den Sachverhalten des Her- und Hinzahlens – bei denen die Gesellschaft dem Gesellschafter (oder einem von ihm beherrschten Unternehmen) zunächst die Mittel als Darlehen zur Verfügung stellt und dieser daraufhin seine Einlage erbringt – nicht der Fall, weil dieser „Vermögensgegenstand“ nicht einlagefähig ist (Scholz/Veil, a.a.O., Nachtrag MoMiG § 19 Rn. 65 und § 8 Rn. 15). Diese Fallgruppe ist vom Gesetzgeber mit dem MoMiG gerade in § 19 Abs. 5 GmbHG verschoben worden.

7. Gemäß § 19 Abs. 5 GmbHG befreit die Bareinlageneinzahlung den Inferenten nur dann von seiner Einlagenverpflichtung, wenn der Rückzahlungsanspruch der Gesellschaft aus dem Darlehen vollwertig und liquide ist. Diese Regelung ist Ausdruck der vom MoMiG verfolgten bilanziellen Betrachtungsweise im System der Kapitalaufbringung und –erhaltung (Scholz/Veil, a.a.O., Nachtrag MoMiG § 19 Rn. 62). Die Vollwertigkeit ist zu bejahen, wenn die Forderung bilanziell zu 100 % angesetzt werden darf. Ob dies der Fall ist, bestimmt sich (negativ) danach, ob die Forderung mit einem Risiko belastet ist; denn dann muss sie auf den niedrigeren beizulegenden Wert abgeschrieben werden (Scholz/Veil, a.a.O., Nachtrag MoMiG § 19 Rn. 68). Aus dem Wortlaut sowie Sinn und Zweck des Gesetzes folgt, dass der Rückgewähranspruch in dem Zeitpunkt vollwertig sein muss, in dem die Gesellschaft die Leistung an den Gesellschafter (bzw. das von ihm beherrschte Unternehmen) erbringt. Ist er später nicht mehr vollwertig, so hat dies auf die Anwendung des § 19 Abs. 5 GmbHG keinen Einfluss (Scholz/Veil, a.a.O., Nachtrag MoMiG § 19 Rn. 68; Baumbach/Hueck/Fastrich, GmbHG, 19. Aufl., § 19 Rn. 79; Roth/Altmeppen, a.a.O., § 19 Rn. 106). Der Zeitpunkt der Leistung ist bei einem Darlehensvertrag der Zeitpunkt der Darlehensausreichung (so BGH für ein nachteiliges Rechtsgeschäft im Sinne des §§ 311 Abs. 1, 317 AktG, wenn die Rückzahlungsforderung im Zeitpunkt der Darlehensausreichung vollwertig ist, vgl. BGH NJW 2009, 850).

Schlagworte: Anmeldung, Einlage, Handelsregister, Hin- und Herzahlen, Kapitalaufbringung, Prüfungspflicht, verdeckte Sacheinlage