Für den Abschluss der vom Kläger behaupteten Vergütungsvereinbarung wäre auf Seiten der Beklagten gemäß § 112 AktG der Aufsichtsrat der Beklagten zuständig, der gemäß § 108 Abs. 1 AktG durch Beschluss entscheidet. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und auch nach der allgemeinen Meinung in der Literatur können Beschlüsse des Aufsichtsrats nur ausdrücklich, nicht jedoch stillschweigend oder konkludent gefasst werden. Denn es muss aus Gründen der Rechtssicherheit gewährleistet sein, dass das Zustandekommen eines Beschlusses festgestellt werden kann. Dies ist bei stillschweigend oder konkludent gefassten Beschlüssen nicht möglich, weil bei diesen nicht die für eine Abstimmung unerlässlichen Feststellungen darüber getroffen werden können, inwieweit Beschlussfähigkeit, Zustimmung, Ablehnung und Stimmenthaltungen gegeben sind (vgl. BGH, Urteil vom 21.06.2010 – II ZR 24/09, Rdnr. 14 mit weiteren Nachweisen aus der Rechtsprechung und Literatur).
Eintrag lesenGerichtsurteile und Gerichtsbeschlüsse für AktG § 113
BGH, Urteil vom 29. Juni 2021 – II ZR 75/20
Ein Beratungsvertrag zwischen einer Aktiengesellschaft und einer Gesellschaft, deren gesetzlicher Vertreter ihr Aufsichtsratsmitglied ist, fällt in den Anwendungsbereich der §§ 113, 114 AktG.
Eintrag lesenBGH, Urteil vom 22. Juni 2021 – II ZR 225/20
Die §§ 113, 114 AktG betreffen auch den Fall, dass ein Unternehmen, dessen alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer ein Mitglied des Aufsichtsrats einer Aktiengesellschaft ist, einen Vertrag zur Beratung in Angelegenheiten der Aktiengesellschaft nicht unmittelbar mit dieser, sondern mit einem Drittunternehmen schließt, welches seinerseits die Aktiengesellschaft berät.
Eintrag lesenOLG Köln, Beschluss vom 11. Juli 2019 – I-18 U 37/18
Aufsichtsrat der AG I Wirksamkeit eines mit der Aktiengesellschaft geschlossenen Dienstvertrages; Bereicherungsanspruch bei Nichtigkeit
1. Die Heranziehung der §§ 113, 114 AktG ist schon dann geboten, wenn die Aktiengesellschaft mit einem Unternehmen, an welchem das Mitglied des Aufsichtsrats – nicht notwendig beherrschend – beteiligt ist, einen (Beratungs-) Vertrag schließt und wenn dem Aufsichtsratsmitglied auf diesem Wege mittelbar Leistungen der Aktiengesellschaft zufließen, die geeignet sind, in Widerspruch zu den mit den §§ 113, 114 AktG verfolgten Zielen die unabhängige Wahrnehmung der Überwachungstätigkeit eines Aufsichtsratsmitglieds zu gefährden.
2. Zur Meidung von Umgehungen des § 114 AktG muss der Beratungsvertrag eindeutige Feststellungen darüber ermöglichen, ob die zu erbringende Leistung außer- oder innerhalb des organschaftlichen Pflichtenkreises des Aufsichtsratsmitglieds liegt und ob der Vertrag darüber hinaus keine verdeckten Sonderzuwendungen – etwa in Form einer überhöhten Vergütung – enthält.
3. Dem Aufsichtsratsmitglied, das aufgrund eines nach den §§ 113, 114 AktG iVm § 134 BGB unwirksamen Dienstvertrags Leistungen an die Gesellschaft erbringt, kann ein Bereicherungsanspruch oder ein Anspruch auf Aufwendungsersatz aus Geschäftsführung ohne Auftrag erwachsen.
Eintrag lesenLG Köln, Urteil vom 05. Juli 2019 – 82 O 89/18
Nichtigkeit des Beratungsvertrages zwischen der Gesellschaft und einem Aufsichtsratsmitglied
1. Der Beratungsvertrag einschließlich der gezahlten Vergütung ist wegen Verstoßes gegen die §§ 113, 114 AktG unwirksam, wenn es sich bei der beauftragten Tätigkeit um eine Beratungstätigkeit handelt, die das Aufsichtsratsmitglied bereits aufgrund seiner Organstellung erbringen muss. Insofern macht es keinen Unterschied, ob das Aufsichtsratsmitglied den Vertrag im eigenen Namen oder im Namen einer GmbH abschließt, über die er mittelbar die ausbedungene Vergütung erhält.
2. Zur Vermeidung von Umgehungen der §§ 113, 114 AktG muss ein Beratungsvertrag eindeutige Feststellungen darüber ermöglichen, ob die zu erbringende Leistung außer- oder innerhalb des organschaftlichen Pflichtenkreises des Aufsichtsratsmitglied liegt und ob der Vertrag darüber hinaus keine verdeckten Sonderzuwendungen enthält. Verträge, die diese Anforderung nicht erfüllen, sind nicht genehmigungsfähig.
3. Der Rückgewähranspruch gemäß § 114 Abs. 2 S. 1 AktG ist unabhängig von einem Verschulden des begünstigten Aufsichtsratsmitglieds bzw. anderer haftbarer Personen. Auf ein Mitverschulden der Gesellschaft bzw. ihres Vorstands kommt es ebenfalls nicht an.
Eintrag lesenOLG Nürnberg, Urteil vom 08.03.2017 – 12 U 927/15
Insolvenzanfechtung I Zustimmung des Aufsichtsrats zu Verträgen mit Aufsichtsratmitgliedern im Rahmen der Rückzahlung von Beratungshonoraren
1. Ein Vertrag zwischen einer Aktiengesellschaft und einem Aufsichtratsmitglied, der eine Vergütung für Dienste höherer Art (hier: Maklertätigkeit und Bauprojektbetreuung) im Sinne von § 114 Abs. 1 AktG vorsieht, bedarf der Zustimmung des Aufsichtsrats in Form eines förmlichen Aufsichtsratsbeschlusses nach § 108 Abs. 1 AktG.
2. Eine konkludente Willensbildung im Aufsichtsrat ist ausgeschlossen. Beschlüsse des Aufsichtsrats können nicht stillschweigend gefasst werden.
3. Über die Erteilung der Zustimmung kann der Aufsichtsrat nur beschließen, wenn ihm alle wesentlichen Informationen über den Vertragsinhalt vorliegen. Insbesondere erfordert die Beschlussfassung des Aufsichtsrats die Kenntnis der vertraglich vereinbarten Vergütungshöhe.
Eintrag lesenBGH, Urteil vom 2. April 2007 – II ZR 325/05
Aktiengesellschaft I Genehmigung eines Beratungsvertrages zwischen der AG und einer Anwalts-GbR, deren Gesellschafter ein Aufsichtsratsmitglied ist I Beschlussfähigkeit bei Ausschluss des Stimmrechts eines von 3 Aufsichtsratsmitgliedern; Ablehnung eines Beweisantrags mangels Angabe relevanter Begleitumstände
1. Der Ausschluss des Stimmrechts eines von drei Aufsichtsratsmitgliedern im Einzelfall entsprechend § 34 BGB führt nicht zur Beschlussunfähigkeit des Organs gem. § 108 Abs. 2 Satz 3 AktG, sondern nur dazu, dass das betreffende Aufsichtsratsmitglied sich bei der Abstimmung der Stimme zu enthalten hat.
2. Ein Beratungsvertrag zwischen einer Aktiengesellschaft und einer Anwalts-GbR, der ein Aufsichtsratsmitglied angehört, fällt in den Anwendungsbereich der §§ 113, 114 AktG, wenn dem Aufsichtsratsmitglied nicht nur ganz geringfügige Zuwendungen für die Beratungstätigkeit zufließen.
3. Eine entsprechende Rahmenvereinbarung, welche „die anwaltliche Beratung in sämtlichen Angelegenheiten der Gesellschaft“ gegen ein Stundenhonorar umfasst, ist mangels Abgrenzung gegenüber der – auch den Einsatz individueller Fachkenntnisse einschließenden – Organtätigkeit des Aufsichtsratsmitglieds einer Zustimmung durch den Aufsichtsrat gemäß § 114 Abs. 1 AktG nicht zugänglich (vgl. BGH, 20. November 2006, II ZR 279/05, ZIP 2007, 22).
4. Ein Beweisantritt für eine bestimmte rechtserhebliche Tatsache bedarf nicht der Angabe zusätzlicher, erst für die Beweiswürdigung relevanter Begleitumstände (z.B. „wo, wann, gegenüber wem“.
Eintrag lesenBGH, Urteil vom 3. Juli 2006 – II ZR 151/04
Aktiengesellschaft I Gesetzwidrigkeit eines Beratungsvertrages zwischen der Gesellschaft und einer Steuerberatungs-GmbH bei Stellung eines Aufsichtsratsmitglieds als deren Alleingesellschafter-Geschäftsführer I aktienrechtlicher Anspruch auf Rückgewähr der Beratungsvergütung gegen das Aufsichtsratsmitglied
1. Ein Beratungsvertrag zwischen einer Aktiengesellschaft und einem Unternehmen, dessen alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer ein Mitglied ihres Aufsichtsrats ist, fällt in den Anwendungsbereich der §§ 113, 114 AktG.
2. Ein Vertrag, nach dem das Aufsichtsratsmitglied einer Aktiengesellschaft oder ein von ihm beherrschtes Unternehmen die Gesellschaft „in betriebswirtschaftlichen und steuerrechtlichen Fragen beraten“ soll, verstößt mangels Abgrenzung gegenüber der Organtätigkeit des Aufsichtsrats gegen § 113 AktG und ist daher einer Zustimmung durch den Aufsichtsrat als Gesamtorgan gemäß §§ 114 Abs. 1 AktG nicht zugänglich (Fortführung von BGH, 25. März 1991, II ZR 188/89, BGHZ 114, 127; BGH, 4. Juli 1994, II ZR 197/93, BGHZ 126, 340, 344 ff.).
3. Der aktienrechtliche Anspruch der Gesellschaft auf Rückgewähr der Beratungsvergütung gemäß § 114 Abs. 2 Satz 1 AktG greift auch im Fall eines gegen § 113 AktG verstoßenden Beratungsvertrages ein und besteht gegenüber dem betreffenden Aufsichtsratsmitglied auch dann, wenn der Vertrag mit einem von ihm beherrschten Unternehmen abgeschlossen worden ist.
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