Besetzung eines Aufsichtsrates durch Vertraute des Mehrheitsaktionärs I Widerruf der Bestellung zum Vorstandsmitglied durch Aufsichtsrat einer AG
1. Es verstößt weder gegen die guten Sitten noch sonst gegen AktG § 195, wenn der Mehrheitsaktionär den Aufsichtsrat ausschließlich mit Personen seiner Wahl besetzt und hiermit den Zweck verfolgt, das Anstellungsverhältnis eines Vorstandsmitglieds, das selbst eine größere Zahl Aktien besitzt, fristgemäß auslaufen zu lassen und die Wiederbestellung dieses Vorstandsmitglieds zu verhindern, um im Vorstand aufgetretene Spannungen zu beseitigen. Im allgemeinen ist es allerdings üblich, sachgerecht und wünschenswert, bei der Besetzung des Aufsichtsrats auf die Interessen der Minderheit Rücksicht zu nehmen und der Minderheit eine angemessene Vertretung im Aufsichtsrat zu überlassen. Das Aktiengesetz verwehrt es der Mehrheit aber nicht, ihre Stimmenmacht zu gebrauchen und die Wahl des Aufsichtsrats so vorzunehmen, daß sie eine von ihr gewünschte Änderung in der Besetzung des Vorstandes erreicht.
2. An den wichtigen Grund zur Abberufung eines Vorstandsmitglieds sind auch dann keine geringeren Anforderungen zu stellen, wenn sich die Amtszeit des Vorstandsmitgliedes, das abberufen wird, ohnedies ihrem Ende nähert. Denn die Auswirkungen des Widerrufs einer Bestellung zum Vorstandsmitglied gehen über den Betrieb und das Anstellungsverhältnis weit hinaus. Der Betroffene wird im allgemeinen in seinem Fortkommen gehindert, für ihn ist es schwer, anderweit unterzukommen, er gerät in den Verdacht der Unfähigkeit, der Unverträglichkeit oder Ungeeignetheit und muß diesen Verdacht bei anderen Bewerbungen entkräften.
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