Für den Abschluss der vom Kläger behaupteten Vergütungsvereinbarung wäre auf Seiten der Beklagten gemäß § 112 AktG der Aufsichtsrat der Beklagten zuständig, der gemäß § 108 Abs. 1 AktG durch Beschluss entscheidet. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und auch nach der allgemeinen Meinung in der Literatur können Beschlüsse des Aufsichtsrats nur ausdrücklich, nicht jedoch stillschweigend oder konkludent gefasst werden. Denn es muss aus Gründen der Rechtssicherheit gewährleistet sein, dass das Zustandekommen eines Beschlusses festgestellt werden kann. Dies ist bei stillschweigend oder konkludent gefassten Beschlüssen nicht möglich, weil bei diesen nicht die für eine Abstimmung unerlässlichen Feststellungen darüber getroffen werden können, inwieweit Beschlussfähigkeit, Zustimmung, Ablehnung und Stimmenthaltungen gegeben sind (vgl. BGH, Urteil vom 21.06.2010 – II ZR 24/09, Rdnr. 14 mit weiteren Nachweisen aus der Rechtsprechung und Literatur).
Eintrag lesenGerichtsurteile und Gerichtsbeschlüsse für AktG §114
OLG Nürnberg, Urteil vom 08.03.2017 – 12 U 927/15
Insolvenzanfechtung I Zustimmung des Aufsichtsrats zu Verträgen mit Aufsichtsratmitgliedern im Rahmen der Rückzahlung von Beratungshonoraren
1. Ein Vertrag zwischen einer Aktiengesellschaft und einem Aufsichtratsmitglied, der eine Vergütung für Dienste höherer Art (hier: Maklertätigkeit und Bauprojektbetreuung) im Sinne von § 114 Abs. 1 AktG vorsieht, bedarf der Zustimmung des Aufsichtsrats in Form eines förmlichen Aufsichtsratsbeschlusses nach § 108 Abs. 1 AktG.
2. Eine konkludente Willensbildung im Aufsichtsrat ist ausgeschlossen. Beschlüsse des Aufsichtsrats können nicht stillschweigend gefasst werden.
3. Über die Erteilung der Zustimmung kann der Aufsichtsrat nur beschließen, wenn ihm alle wesentlichen Informationen über den Vertragsinhalt vorliegen. Insbesondere erfordert die Beschlussfassung des Aufsichtsrats die Kenntnis der vertraglich vereinbarten Vergütungshöhe.
Eintrag lesenBGH, Urteil vom 2. April 2007 – II ZR 325/05
Aktiengesellschaft I Genehmigung eines Beratungsvertrages zwischen der AG und einer Anwalts-GbR, deren Gesellschafter ein Aufsichtsratsmitglied ist I Beschlussfähigkeit bei Ausschluss des Stimmrechts eines von 3 Aufsichtsratsmitgliedern; Ablehnung eines Beweisantrags mangels Angabe relevanter Begleitumstände
1. Der Ausschluss des Stimmrechts eines von drei Aufsichtsratsmitgliedern im Einzelfall entsprechend § 34 BGB führt nicht zur Beschlussunfähigkeit des Organs gem. § 108 Abs. 2 Satz 3 AktG, sondern nur dazu, dass das betreffende Aufsichtsratsmitglied sich bei der Abstimmung der Stimme zu enthalten hat.
2. Ein Beratungsvertrag zwischen einer Aktiengesellschaft und einer Anwalts-GbR, der ein Aufsichtsratsmitglied angehört, fällt in den Anwendungsbereich der §§ 113, 114 AktG, wenn dem Aufsichtsratsmitglied nicht nur ganz geringfügige Zuwendungen für die Beratungstätigkeit zufließen.
3. Eine entsprechende Rahmenvereinbarung, welche „die anwaltliche Beratung in sämtlichen Angelegenheiten der Gesellschaft“ gegen ein Stundenhonorar umfasst, ist mangels Abgrenzung gegenüber der – auch den Einsatz individueller Fachkenntnisse einschließenden – Organtätigkeit des Aufsichtsratsmitglieds einer Zustimmung durch den Aufsichtsrat gemäß § 114 Abs. 1 AktG nicht zugänglich (vgl. BGH, 20. November 2006, II ZR 279/05, ZIP 2007, 22).
4. Ein Beweisantritt für eine bestimmte rechtserhebliche Tatsache bedarf nicht der Angabe zusätzlicher, erst für die Beweiswürdigung relevanter Begleitumstände (z.B. „wo, wann, gegenüber wem“.
Eintrag lesenBGH, Urteil vom 20. November 2006 – II ZR 279/05
Aktiengesellschaft I Gesetzwidrigkeit eines Vertrages zwischen der Gesellschaft und einer Rechtsanwalts-GmbH an der ein Aufsichtsratsmitglied beteiligt ist I aktienrechtlicher Anspruch auf Rückgewähr der Vergütung gegen das Aufsichtsratsmitglied
1. §§ 113, 114 AktG betreffen auch den Fall, dass die Aktiengesellschaft mit einem Unternehmen einen (Beratungs-) Vertrag schließt, an dem ein Aufsichtsratsmitglied – nicht notwendig beherrschend – beteiligt ist; § 115 AktG entfaltet gegenüber einer solchen erweiternden Anwendung keine Sperrwirkung (Bestätigung von Sen.Urt. v. 3. Juli 2006 – II ZR 151/04, ZIP 2006, 1529).
2. Der von §§ 113, 114 AktG verfolgte Zweck, die unabhängige Wahrnehmung der organschaftlichen Überwachungstätigkeit eines Aufsichtsratsmitglieds zu gewährleisten, ist auch dann betroffen, wenn dem Aufsichtsratsmitglied mittelbar Zuwendungen über die Vergütung für den (Beratungs-) Vertrag zufließen und diese nicht – abstrakt betrachtet – geringfügig sind oder im Vergleich zu der Aufsichtsratsvergütung einen nur vernachlässigenswerten Umfang haben.
3. Grundlage für die Rückgewähr einer aufgrund eines gegen §§ 113, 114 AktG verstoßenden Beratungsvertrages zwischen der Aktiengesellschaft und einer Gesellschaft, der ein Aufsichtsratsmitglied angehört, gewährten Vergütung ist auch im Verhältnis zu dem Beratungsunternehmen § 114 Abs. 2 AktG.
Eintrag lesenBGH, Urteil vom 3. Juli 2006 – II ZR 151/04
Aktiengesellschaft I Gesetzwidrigkeit eines Beratungsvertrages zwischen der Gesellschaft und einer Steuerberatungs-GmbH bei Stellung eines Aufsichtsratsmitglieds als deren Alleingesellschafter-Geschäftsführer I aktienrechtlicher Anspruch auf Rückgewähr der Beratungsvergütung gegen das Aufsichtsratsmitglied
1. Ein Beratungsvertrag zwischen einer Aktiengesellschaft und einem Unternehmen, dessen alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer ein Mitglied ihres Aufsichtsrats ist, fällt in den Anwendungsbereich der §§ 113, 114 AktG.
2. Ein Vertrag, nach dem das Aufsichtsratsmitglied einer Aktiengesellschaft oder ein von ihm beherrschtes Unternehmen die Gesellschaft „in betriebswirtschaftlichen und steuerrechtlichen Fragen beraten“ soll, verstößt mangels Abgrenzung gegenüber der Organtätigkeit des Aufsichtsrats gegen § 113 AktG und ist daher einer Zustimmung durch den Aufsichtsrat als Gesamtorgan gemäß §§ 114 Abs. 1 AktG nicht zugänglich (Fortführung von BGH, 25. März 1991, II ZR 188/89, BGHZ 114, 127; BGH, 4. Juli 1994, II ZR 197/93, BGHZ 126, 340, 344 ff.).
3. Der aktienrechtliche Anspruch der Gesellschaft auf Rückgewähr der Beratungsvergütung gemäß § 114 Abs. 2 Satz 1 AktG greift auch im Fall eines gegen § 113 AktG verstoßenden Beratungsvertrages ein und besteht gegenüber dem betreffenden Aufsichtsratsmitglied auch dann, wenn der Vertrag mit einem von ihm beherrschten Unternehmen abgeschlossen worden ist.
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