Für den Abschluss der vom Kläger behaupteten Vergütungsvereinbarung wäre auf Seiten der Beklagten gemäß § 112 AktG der Aufsichtsrat der Beklagten zuständig, der gemäß § 108 Abs. 1 AktG durch Beschluss entscheidet. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und auch nach der allgemeinen Meinung in der Literatur können Beschlüsse des Aufsichtsrats nur ausdrücklich, nicht jedoch stillschweigend oder konkludent gefasst werden. Denn es muss aus Gründen der Rechtssicherheit gewährleistet sein, dass das Zustandekommen eines Beschlusses festgestellt werden kann. Dies ist bei stillschweigend oder konkludent gefassten Beschlüssen nicht möglich, weil bei diesen nicht die für eine Abstimmung unerlässlichen Feststellungen darüber getroffen werden können, inwieweit Beschlussfähigkeit, Zustimmung, Ablehnung und Stimmenthaltungen gegeben sind (vgl. BGH, Urteil vom 21.06.2010 – II ZR 24/09, Rdnr. 14 mit weiteren Nachweisen aus der Rechtsprechung und Literatur).
Eintrag lesenGerichtsurteile und Gerichtsbeschlüsse für Aufsichtsratsbeschluss
BGH, Beschluss vom 9. Januar 2024 – II ZB 20/22
Amtsverhinderung Aufsichtsrat
Ein Aufsichtsrat, der wegen eines dauerhaft boykottierenden Aufsichtsratsmitglieds beschlussunfähig ist, kann nicht entsprechend § 104 Abs. 1 Satz 1 AktG ergänzt werden.
Eintrag lesenOLG Köln, Beschluss vom 11. Juli 2019 – I-18 U 37/18
Aufsichtsrat der AG I Wirksamkeit eines mit der Aktiengesellschaft geschlossenen Dienstvertrages; Bereicherungsanspruch bei Nichtigkeit
1. Die Heranziehung der §§ 113, 114 AktG ist schon dann geboten, wenn die Aktiengesellschaft mit einem Unternehmen, an welchem das Mitglied des Aufsichtsrats – nicht notwendig beherrschend – beteiligt ist, einen (Beratungs-) Vertrag schließt und wenn dem Aufsichtsratsmitglied auf diesem Wege mittelbar Leistungen der Aktiengesellschaft zufließen, die geeignet sind, in Widerspruch zu den mit den §§ 113, 114 AktG verfolgten Zielen die unabhängige Wahrnehmung der Überwachungstätigkeit eines Aufsichtsratsmitglieds zu gefährden.
2. Zur Meidung von Umgehungen des § 114 AktG muss der Beratungsvertrag eindeutige Feststellungen darüber ermöglichen, ob die zu erbringende Leistung außer- oder innerhalb des organschaftlichen Pflichtenkreises des Aufsichtsratsmitglieds liegt und ob der Vertrag darüber hinaus keine verdeckten Sonderzuwendungen – etwa in Form einer überhöhten Vergütung – enthält.
3. Dem Aufsichtsratsmitglied, das aufgrund eines nach den §§ 113, 114 AktG iVm § 134 BGB unwirksamen Dienstvertrags Leistungen an die Gesellschaft erbringt, kann ein Bereicherungsanspruch oder ein Anspruch auf Aufwendungsersatz aus Geschäftsführung ohne Auftrag erwachsen.
Eintrag lesenBGH, Urteil vom 2. Juli 2019 – II ZR 406/17
a) Wird einer GmbH nach Einziehung eines Geschäftsanteils durch eine einstweilige Verfügung untersagt, eine neue Gesellschafterliste, die den von der Einziehung Betroffenen nicht mehr als Gesellschafter ausweist, beim Amtsgericht zur Veröffentlichung im Handelsregister einzureichen, ist die Gesellschaft nach Treu und Glauben gehindert, sich auf die formelle Legitimationswirkung des § 16 Abs. 1 Satz 1 GmbHG zu berufen, wenn entgegen der gerichtlichen Anordnung eine veränderte Gesellschafterliste zum Handelsregister eingereicht und im Registerordner aufgenommen worden ist.
b) Die Einrichtung eines Aufsichtsrats bei einer GmbH auf der Grundlage einer Öffnungsklausel im Gesellschaftsvertrag ist keine Satzungsänderung und ohne Beachtung der für eine Satzungsänderung geltenden Vorschriften zulässig, wenn die Ermächtigung ausreichend bestimmt ist und der Einrichtungsbeschluss nicht gegen das Gesetz oder die Satzung verstößt.
Eintrag lesenOberlandesgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 02.05.2019 – 22 U 61/17
Aktiengesellschaft I Anfechtbarkeit eines nach Verletzung von Mitteilungspflichten gefassten Beschlusses über die Bestellung von Aufsichtsratsmitgliedern
Werden in einer Hauptversammlung, bei der wegen der Verletzung von Mitteilungspflichten keine Aktionärsrechte bestehen (unterlassene Mitteilung über den Anteilsbesitz von mehr als 25% durch ein Unternehmen § 20 Abs. 7 AktG), Aufsichtsratsmitglieder bestellt, ist der einstimmig gefasste Bestellungsbeschluss zwar anfechtbar, nicht aber nichtig.
Eintrag lesenBGH, Urteil vom 10. Juli 2018 – II ZR 24/17
Überschuldete Publikumspersonengesellschaft in Form eines Immobilienfonds I Pflicht des nicht zahlungsbereiten Gesellschafters zur Zustimmung zu einem mehrheitlichen Gesellschafterbeschluss über die Kapitalerhöhung zum Zwecke der Sanierung unter Ausschluss nicht sanierungswilliger Gesellschafter
1. Ist von einer überschuldeten Publikumsgesellschaft in Form eine Immobilienfonds mit darlehensgebenden Banken ein Sanierungskonzept entwickelt worden , ist ein Gesellschafterbeschluss, der vorsieht, dass Gesellschafter, die nicht bis zum Einzahlungsstichtag ihren Anteil an einer (vereinbarten) Kapitalerhöhung übernommen und bewirkt haben, mit Ablauf des Sanierungsstichtages mit dinglicher Wirkung, bzw. mit Ablauf des dem Sanierungsstichtag vorausgehenden Tages mit schuldrechtlicher Wirkung aus der Gesellschaft ausscheiden, zulässig.
2. Ungeachtet der im Gesellschaftsvertrag enthaltenen Befugnis zur Änderung des Vertrages mit Mehrheitsentscheidung bedarf es aber im Einzelfall für die materielle Wirksamkeit des Beschlusses der Prüfung, ob der Beschluss in unverzichtbare oder nur mit Zustimmung eines betroffenen Gesellschafters gestaltbare Mitgliedschaftsrechte eingreift. Soweit Mehrheitsentscheidungen unverzichtbare Mitgliedschaftsrechte beschränken, werden sie nur wirksam, wenn die Zustimmung des betroffenen Gesellschafters erteilt worden ist, da anderenfalls regelmäßig eine treupflichtwidrige Ausübung der Mehrheitsmacht vorliegt. Der Beschluss über den Ausschluss eines Gesellschafters, der sich an einer Sanierung nicht beteiligt, bedarf grundsätzlich der Zustimmung des betroffenen Gesellschafters, da der Entzug der Mitgliedschaft den Kern der Gesellschafterrechte betrifft.
3. Ein Gesellschafter ist zwar im Allgemeinen nicht verpflichtet, einer solchen, seine Gesellschafterstellung aufhebenden Änderung des Gesellschaftsvertrages zuzustimmen. Eine Zustimmungspflicht kommt aber in Betracht, wenn sie mit Rücksicht auf das bestehende Gesellschaftsverhältnis oder auf die bestehenden Rechtsbeziehungen der Gesellschafter untereinander dringend erforderlich ist und die Änderung dem Gesellschafter unter Berücksichtigung seiner eigenen Belange zumutbar ist.
4. Haben die Gesellschafter mehrheitlich eine Änderung des Gesellschaftsvertrages dahin beschlossen, dass das ursprüngliche Eigenkapital herabgesetzt und sodann nominal erhöht wird, um eine Sanierung der Gesellschaft zu ermöglichen und verbleibt ein Gesellschafter in der Gesellschaft, ohne sich an der Sanierung zu beteiligen, ist dies den übrigen Gesellschaftern, die risikobereit waren und den finanziellen Aufwand der Nachschusspflicht infolge der „Kapitalerhöhung“ aufgebracht haben, nicht zuzumuten.
5. Die aus der gesellschafterlichen Treuepflicht resultierende Pflicht des nicht sanierungswilligen Gesellschafters, einer Änderung des Gesellschaftervertrages zuzustimmen, die seinen Ausschluss aus der Gesellschaft bewirkt, besteht aber dann nicht, wenn der Gesellschafter sich auf schützenswerte Belange stützen kann, die der vorgeschlagenen Änderung des Gesellschaftsvertrages entgegenstehen. Der Ausschluss ist vor diesem Hintergrund unwirksam, wenn der Gesellschafter im Fall seines Ausschlusses schlechter dasteht, als er bei einer Entscheidung der Gesellschaft gegen die Sanierung und für die sofortige Liquidation gestanden hätte. Der von den ausscheidenden Gesellschaftern aufzubringende Anteil am Verlust darf nicht höher sein, als die von ihm im Fall einer sofortigen Zerschlagung und Liquidation auszugleichenden Verluste, da dies die Alternative für die sanierungswilligen Gesellschafter gewesen wäre, um das Sanierungskonzept – mit einem höheren finanziellen Aufwand und Risiko – durchzusetzen.
Eintrag lesenOLG Nürnberg, Urteil vom 08.03.2017 – 12 U 927/15
Insolvenzanfechtung I Zustimmung des Aufsichtsrats zu Verträgen mit Aufsichtsratmitgliedern im Rahmen der Rückzahlung von Beratungshonoraren
1. Ein Vertrag zwischen einer Aktiengesellschaft und einem Aufsichtratsmitglied, der eine Vergütung für Dienste höherer Art (hier: Maklertätigkeit und Bauprojektbetreuung) im Sinne von § 114 Abs. 1 AktG vorsieht, bedarf der Zustimmung des Aufsichtsrats in Form eines förmlichen Aufsichtsratsbeschlusses nach § 108 Abs. 1 AktG.
2. Eine konkludente Willensbildung im Aufsichtsrat ist ausgeschlossen. Beschlüsse des Aufsichtsrats können nicht stillschweigend gefasst werden.
3. Über die Erteilung der Zustimmung kann der Aufsichtsrat nur beschließen, wenn ihm alle wesentlichen Informationen über den Vertragsinhalt vorliegen. Insbesondere erfordert die Beschlussfassung des Aufsichtsrats die Kenntnis der vertraglich vereinbarten Vergütungshöhe.
Eintrag lesenOLG München, Urteil vom 12. Januar 2017 – 23 U 3582/16
AktG §§ 93 Abs. 1 S. 2 AktG, 116 S. 1 1. Aus § 93 Abs. 1 Satz 2, § 116 Satz 1 AktG lässt sich nicht der Umkehrschluss ziehen, ein vom Aufsichtsrat auf unzureichender Informationsgrundlage […]
Eintrag lesenOLG Köln, Urteil vom 13. August 2015 – 18 U 153/14
Corporation nach US-amerikanischem Recht I Recht des Geschäftsführers zur Zurückweisung von Kündigung und Abberufung
1. Die Vertretungsverhältnisse einer corporation nach US-amerikanischem Recht können keinem öffentlichen Register entnommen werden, so dass dann, wenn die corporation durch einen ihrer officer handelt, bei deren Teilnahme am Rechtsverkehr eine Situation vorliegt, die derjenigen eines rechtsgeschäftlich bestellten Vertreters entspricht, was die Anwendung von § 174 BGB rechtfertigt. Ein Zurückweisungsrecht besteht nicht nur, wenn eine rechtsgeschäftlich erteilte Vollmacht nicht vorgelegt wird, sondern auch dann, wenn die Rechtsmacht des Vertreters auf einer Ermächtigung beruht, die von einer eingetragenen organschaftlichen Vertretungsmacht abweicht (vgl. BAG, Urteil vom 18. Dezember 1980, 2 AZR 980/78).
2. Die Bekanntgabe der Abberufung kann zumindest dann in entsprechender Anwendung des § 174 BGB zurückgewiesen werden, wenn sie nicht durch die Gesellschafterversammlung als dem zuständigen Gremium selbst, sondern in deren Auftrag von einer davon verschiedenen dritten Person vorgenommen wird (vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 17. November 2003, 15 U 225/02). Entsprechendes gilt, wenn – wie hier – die organschaftlichen Rechte in einer GmbH, deren Alleingesellschafterin eine corporation nach US-amerikanischem Recht ist, nicht von dem board of directors als einheitlichem Kollegialorgan nach dem Prinzip der Gesamtvertretung als Geschäftsführungsmaßnahme, sondern von einem ihrer officer wahrgenommen werden.
Eintrag lesenBGH, Urteil vom 2. April 2007 – II ZR 325/05
Aktiengesellschaft I Genehmigung eines Beratungsvertrages zwischen der AG und einer Anwalts-GbR, deren Gesellschafter ein Aufsichtsratsmitglied ist I Beschlussfähigkeit bei Ausschluss des Stimmrechts eines von 3 Aufsichtsratsmitgliedern; Ablehnung eines Beweisantrags mangels Angabe relevanter Begleitumstände
1. Der Ausschluss des Stimmrechts eines von drei Aufsichtsratsmitgliedern im Einzelfall entsprechend § 34 BGB führt nicht zur Beschlussunfähigkeit des Organs gem. § 108 Abs. 2 Satz 3 AktG, sondern nur dazu, dass das betreffende Aufsichtsratsmitglied sich bei der Abstimmung der Stimme zu enthalten hat.
2. Ein Beratungsvertrag zwischen einer Aktiengesellschaft und einer Anwalts-GbR, der ein Aufsichtsratsmitglied angehört, fällt in den Anwendungsbereich der §§ 113, 114 AktG, wenn dem Aufsichtsratsmitglied nicht nur ganz geringfügige Zuwendungen für die Beratungstätigkeit zufließen.
3. Eine entsprechende Rahmenvereinbarung, welche „die anwaltliche Beratung in sämtlichen Angelegenheiten der Gesellschaft“ gegen ein Stundenhonorar umfasst, ist mangels Abgrenzung gegenüber der – auch den Einsatz individueller Fachkenntnisse einschließenden – Organtätigkeit des Aufsichtsratsmitglieds einer Zustimmung durch den Aufsichtsrat gemäß § 114 Abs. 1 AktG nicht zugänglich (vgl. BGH, 20. November 2006, II ZR 279/05, ZIP 2007, 22).
4. Ein Beweisantritt für eine bestimmte rechtserhebliche Tatsache bedarf nicht der Angabe zusätzlicher, erst für die Beweiswürdigung relevanter Begleitumstände (z.B. „wo, wann, gegenüber wem“.
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