Die Schiedsklausel lässt sich darüber hinaus in eindeutig abgrenzbarer Weise in den nichtigen Teil und den von der Nichtigkeit nicht berührten Rest aufteilen. Der Begriff der Beschlussmängelstreitigkeiten ist in der Rechtsprechung hinreichend konturiert und hat auch Eingang in die Vertragspraxis gefunden (vgl. OLG München, Beschluss vom 18. Dezember 2013 – 34 Sch 14/12, juris Rn. 7; BGH, Beschluss vom 16. April 2015 – I ZB 3/14, NJW 2015, 3234 Rn. 8 und 15).
Eintrag lesenGerichtsurteile und Gerichtsbeschlüsse für Beschlussmängelstreitigkeiten
BGH, Beschluss vom 23. September 2021 – I ZB 13/21
Schiedsfähigkeit IV
1. Die zur Gesellschaft mit beschränkter Haftung entwickelten Mindestanforderungen für die Wirksamkeit von Schiedsvereinbarungen, die Beschlussmängelstreitigkeiten erfassen (vgl. BGH, Urteil vom 6. April 2009 – II ZR 255/08, BGHZ 180, 221 Rn. 20 – Schiedsfähigkeit II), gelten auch für Personengesellschaften, bei denen der Gesellschaftsvertrag vorsieht, dass Beschlussmängelstreitigkeiten nicht unter den Gesellschaftern, sondern mit der Gesellschaft auszutragen sind (Abgrenzung zu BGH, Beschluss vom 6. April 2017 – I ZB 23/16, SchiedsVZ 2017, 194, Rn. 24 bis 26 – Schiedsfähigkeit III).
2. Im Zweifel lässt eine Schiedsvereinbarung, die alle Streitigkeiten aus dem Gesellschaftsverhältnis umfasst, auf den Willen der Vertragsparteien schließen, im Falle ihrer Teilnichtigkeit nicht vollständig von ihr Abstand zu nehmen, sondern sie im zulässigen Umfang aufrechtzuerhalten.
Eintrag lesenOLG Köln, Urteil vom 24. August 2021 – 4 U 29/20
Ausschließung aus GbR aus wichtigem Grund
BGB-Gesellschaft I Ausschluss Gesellschafter aus wichtigem Grund I Alleinige Fortführung des Unternehmens der GbR I Rückzahlung unberechtigter Entnahmen I vorläufiger Rechtsschutz
Eintrag lesenBrandenburgisches Oberlandesgericht, Urteil vom 18.08.2021 – 6 U 159/18
Wirksamkeit von Geschäftsführerabberufungen und Zwangseinziehungen des Geschäftsanteils I schuldrechtliche Nebenabrede
1. Hinsichtlich Geschäftsführerabberufungen steht den Gesellschaftern einer GmbH ein Selbsthilferecht zum Verlangen einer Versammlungseinberufung zu, wenn sie mindestens 10 % des Stammkapitals halten. Einer gerichtlichen Ermächtigung bedarf es dazu nicht.
2. Eine schriftliche Genehmigungserklärung ist trotz des Ablaufs einer gewissen Zeitspanne (hier: ungefähr zwei Monate) wirksam. Der reine Zeitablauf ist unerheblich, weil es hier nicht um die Annahme eines regelmäßig befristeten Angebots geht, sondern um die Beendigung eines Schwebezustandes wegen eines Vertragsschlusses ohne Vertretungsmacht, für den, wenn der zugrunde liegende Vertrag nicht selbst fristgebunden ist, gerade keine „Annahmefrist“ im Sinne des § 146 BGB besteht. Eine Verwirkung wäre möglich, jedoch nicht, wenn es an einem Umstandsmoment fehlt, weil im Raum steht, dass ursprünglich keine Kenntnis vom Vertretungsmangel bestand.
3. Im Rahmen von Verfügungsgeschäften ist die Frage, ob der Gegenstand einer Verfügung bei Abgabe der Genehmigung noch existiert, für deren Wirksamkeit unerheblich ist; es muss nur der Erklärende noch die erforderliche Verfügungsmacht haben.
4. Ein Aufforderungsschreiben der Minderheitsgesellschafter ist an die Gesellschaft zu richten. Es ist an keine bestimmte Form gebunden.
5. Eine Zwangseinziehung des Geschäftsanteils ohne Zustimmung des betreffenden Gesellschafters kann nur stattfinden, wenn dies nach dem Gesellschaftsvertrag zugelassen ist. Grundsätzlich wirksam ist eine Satzungsbestimmung, die bei Pfändung eines Geschäftsanteils dessen Einziehung gegen Abfindung zulässt, wenn dieselbe Entschädigungsregelung auch für den vergleichbaren Fall der Ausschließung eines Gesellschafters aus wichtigem Grund gilt (BGH, Urteil vom 19. Juni 2000 – II ZR 73/99).
Eintrag lesenOLG Nürnberg, Urteil vom 11.08.2021 – 12 U 1149/18
1. Eine „isolierte“ Anfechtungsklage gegen einen Hauptversammlungsbeschluss einer Aktiengesellschaft, die sich lediglich gegen die Ermächtigung des Vorstandes richtet, im Rahmen der Ausnutzung genehmigten Kapitals (§ 202 Abs. 1 AktG) über den Ausschluss des Bezugsrechts von Aktionären zu entscheiden (§ 203 Abs. 2 Satz 1 AktG) ist zulässig. Die gleichzeitige Anfechtung auch der Ermächtigung des Vorstandes zur Kapitalerhöhung ist nach dem Rechtsgedanken des § 139 BGB nicht geboten.
2. Die Berichtspflicht des Vorstandes anlässlich des von der Hauptversammlung zu treffenden Ermächtigungsbeschlusses gemäß § 203 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 186 Abs. 4 Satz 2 AktG erfordert nicht, dass sämtliche denkbaren Gründe für einen Ausschluss des Bezugsrechts abschließend benannt werden.
3. Ein Hauptversammlungsbeschluss betreffend die Ermächtigung des Vorstandes, im Rahmen der Ausnutzung genehmigten Kapitals über den Ausschluss des Bezugsrechts von Aktionären zu entscheiden, bedarf lediglich insoweit der sachlichen Rechtfertigung, als diese Ermächtigung im wohlverstandenen Interesse der Gesellschaft liegen und der Hauptversammlung allgemein und in abstrakter Form bekannt gegeben werden muss (im Anschluss an BGH, Urteil vom 23. Juni 1997 – II ZR 132/93, BGHZ 136, 133 – Siemens/Nold). Eine konkrete Rechtfertigung des Bezugsrechtsausschlusses ist vom Vorstand erst im Zeitpunkt seiner Entscheidung über einen solchen Ausschluss aufgrund der ihm erteilten Ermächtigung zu prüfen.
4. Die Regelung des erleichterten Bezugsrechtsausschlusses gemäß § 186 Abs. 3 Satz 4 AktG steht einem Hauptversammlungsbeschluss über die Ermächtigung, im Rahmen der Ausnutzung genehmigten Kapitals (§ 202 Abs. 1 AktG) über den Ausschluss des Bezugsrechts von Aktionären zu entscheiden (§ 203 Abs. 2 Satz 1 AktG), selbst dann nicht entgegen, wenn dieser Beschluss einen Bezugsrechtsausschluss in weitergehendem Umfang, als in § 186 Abs. 3 Satz 4 AktG geregelt, ermöglicht.
Eintrag lesenOLG München, Beschluss vom 28.07.2021 – 7 AktG 4/21
1. In die Interessenabwägung nach § 319 Abs. 6 Satz 3 Nr. 2 AktG sind alle nicht vernachlässigbaren rechtlichen und wirtschaftlichen Nachteile eines Erfolges der Nichtigkeits- und Anfechtungsklage einzubeziehen (vgl. OLG Köln, 5. Mai 2014, 18 U 28/14).
2. Das COVID-19-Pandemie-Gesetz (juris: GesRuaCOVBekG) ist nicht schon formell verfassungswidrig und die in § 1 Abs. 2 Satz 1 COVMG vorgesehene Abhaltung einer Hauptversammlung ohne physische Präsenz der Aktionäre, obwohl dies in der Satzung nicht gemäß § 118 Abs. 1 Satz 2 AktG vorgesehen ist, unter den in § 1 Abs. 2 Satz 1 COVMG aufgeführten Voraussetzungen auch nicht materiell verfassungswidrig. § 1 Abs. 2 Satz 1 COVMG ist auch nicht europarechtswidrig.
3. Ein verschmelzungsrechtlicher Squeeze-out nach § 62 UmwG, der im Zusammenhang mit einer ausdrücklich beabsichtigten Umstrukturierung steht und dem Interesse der Muttergesellschaft als Hauptaktionärin dient, die Konzernstruktur zu ordnen und zu vereinfachen sowie die Unternehmensleitung zu vereinheitlichen, ist grundsätzlich nicht rechtsmissbräuchlich.
4. Das Gebot der Gleichbehandlung der Aktionäre gilt nach § 53a AktG nur im Verhältnis von Gesellschaft zu Aktionär, nicht jedoch im Verhältnis zwischen Aktionären.
Eintrag lesenBGH, Urteil vom 22. Juli 2021 – IX ZR 195/20
InsO § 39 Abs. 1 Nr. 5, § 135 Abs. 1 Satz 2
Beschließt der Alleingesellschafter einer GmbH, einen festgestellten Gewinn auf neue
Rechnung vorzutragen, kann der aus einem später gefassten, auf Ausschüttung des
Gewinnvortrags gerichteten Gewinnverwendungsbeschluss folgende Zahlungsan-
spruch eine wirtschaftlich einem Darlehen entsprechende Forderung darstellen.
InsO § 39 Abs. 1 Nr. 5, § 135 Abs. 1 Satz 2; GmbHG § 30 Abs. 1 Satz 1
Eine Behandlung als wirtschaftlich einem Darlehen entsprechende Forderung scheidet
aus, wenn bereits zum Zeitpunkt des ersten, auf einen Vortrag des Gewinns auf neue
Rechnung gerichteten Gesellschafterbeschlusses eine Gewinnausschüttung nicht vor-
genommen werden durfte, weil und soweit die Auszahlung zu diesem Zeitpunkt eine
Unterbilanz herbeigeführt oder vertieft hätte.
OLG München, Beschluss vom 21. Juni 2021 – 23 W 784/21
Korrektur der Gesellschafterliste einer GmbH im Wege einer einstweiligen Verfügung I Abtretung der Gesellschaftsanteile eines Gesellschafters I Wichtiger Grund für den Ausschluss eines Gesellschafters
1. Ein vergebliches Einberufungsverlangen im Sinne des § 50 Abs. 1, 2 GmbHG liegt regelmäßig nicht vor, wenn die Geschäftsführung eine auf das Verlangen hin anberaumte Gesellschafterversammlung absagt und die Absage durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt ist (hier: Übertragung von Gesellschafteranteilen des die Versammlung verlangenden Gesellschafters auf seine Ehefrau wenige Tage vor der Versammlung, in der es u.a. auch um die Einziehung bzw. Zwangsabtretung des Gesellschaftsanteils des die Versammlung verlangenden Gesellschafters gehen sollte).
2. Eine Satzungsbestimmung, der zufolge die übrigen Gesellschafter durch Beschluss verlangen können, dass statt einer Einziehung der Geschäftsanteil eines Gesellschafters auf die Gesellschaft, einen oder mehrere Gesellschafter oder einen oder mehrere Dritte übertragen wird, ist mangels anderer Anhaltspunkte in der Satzung lediglich als Ermächtigung, eine schuldrechtliche Abtretungsverpflichtung zu beschließen, auszulegen. Eine dingliche Übertragung des Gesellschaftsanteils ist damit noch nicht verbunden.
3. Ein Gesellschafter, der durch Gesellschafterbeschluss wirksam zur Abtretung seines Gesellschaftsanteils an einen Dritten verpflichtet wird, kann gemäß § 242 BGB (dolo-agit-Einwand) auch schon vor dem dinglichen Vollzug der Abtretungsverpflichtung nicht mehr die Korrektur einer Gesellschafterliste verlangen, die an seiner Stelle bereits den Dritten, auf den er seinen Gesellschaftsanteil übertragen muss, als Gesellschafter ausweist.
Eintrag lesenOLG München, Urteil vom 16. Juni 2021 – 7 U 7279/20
Ausschluss eines GmbH-Gesellschafters I Rechtsschutzbedürfnis für eine Klage auf Feststellung eines Klageerhebungsbeschlusses bei einer zweigliedrigen Gesellschaft I Wirksamkeit eines Einziehungsbeschlusses
1. Daraus, dass bei einer zweigliedrigen GmbH der eine Gesellschafter eine Klage auf Ausschließung des anderen Gesellschafters erheben kann und es damit der Erhebung der Ausschließungsklage durch die Gesellschaft nicht notwendigerweise bedarf, damit ein Ausschließungsurteil gegen den jeweils anderen Gesellschafter erwirkt werden kann, kann nicht gefolgert werden, dass, wenn in der Gesellschafterversammlung über einen Klageerhebungsantrag abgestimmt wurde, einer Klage auf Feststellung, dass der Klageerhebungsbeschluss von der Gesellschafterversammlung gefasst wurde, bereits das Rechtsschutzbedürfnis fehlt.
2. Bei der Abstimmung über die Erhebung einer Ausschließungsklage hat der Gesellschafter, der ausgeschlossen werden soll, kein Stimmrecht (vgl. BGH, 17. Februar 1955, II ZR 316/53).
3. Ob tatsächlich ein wichtiger Grund für den Ausschluss des Gesellschafters vorliegt, ist für den Beschluss über die Erhebung der Ausschließungsklage unerheblich. Diese Frage ist ausschließlich im Rechtsstreit über die Ausschließungsklage zu entscheiden (vgl. BGH, 13. Januar 2003, II ZR 227/00).
4. Ein Einziehungsbeschluss verletzt den in §§ 30 Abs. 1, 34 Abs. 3 GmbHG statuierten Kapitalerhaltungsgrundsatz, wenn bereits bei Beschlussfassung feststeht, dass das Einziehungsentgelt nicht aus freiem, die Stammkapitalziffer nicht beeinträchtigenden Vermögen der Gesellschaft bezahlt werden kann. Ein solcher Einziehungsbeschluss ist nichtig (vgl. u.a. BGH, 26. Juni 2018, II ZR 65/16).
5. Die Zuständigkeit der Gesellschafterversammlung zur Beschlussfassung über ihre Vertretung im Ausschließungsprozess folgt aus ihrer Zuständigkeit, über die Erhebung einer Ausschlussklage zu beschließen.
Eintrag lesenOLG München, Urteil vom 16.06.2021 – 7 U 1407/19
Kapitalerhaltungsgrundsatz in der GmbH I Gesellschafterausschluss durch Gestaltungsurteil
Zwar enthält die Satzung der Nebenintervenientin im Unterschied zu den Satzungen in den beiden oben in Bezug genommenen BGH-Entscheidungen aus den Jahren 2011 und 2018 weder eine Regelung zur Einziehung noch zum Ausschluss (insoweit kommt eine solche Fallkonstellation nicht nur in der „grauen Theorie“ vor wie Altmeppen in GmbHG, 10. Auflage, München 2021, Rdnr. 34 zu § 34 GmbHG meint) und liegt auch kein Ausschluss- und/oder Einziehungsbeschluss der Gesellschafterversammlung vor, jedoch ist auch im Rahmen des deswegen zur Herbeiführung eines Ausschlusses erforderlichen Gestaltungsurteils der Kapitalerhaltungsgrundsatz des § 30 Abs. 1 GmbHG zu beachten, sodass auch ein derartiges Gestaltungsteil nur gefällt werden kann, wenn zum Schluss der mündlichen Verhandlung, auf deren Grundlage das Gestaltungsurteil ergeht, nicht schon feststeht, dass die Abfindung des ausgeschlossenen Gesellschafters nicht aus freiem, die Stammkapitalziffer nicht beeinträchtigenden Vermögen der Gesellschaft bezahlt werden kann (vgl. Strohn in Münchener Kommentar zum GmbHG, 3. Auflage, München 2018, Rdnr. 175 zu § 34 GmbHG, Görner in Rowedder/Schmidt-Leithoff, GmbHG, 6. Auflage, Köln 2017, Rdnr. 88 zu § 34 GmbHG, Kleindiek in Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 20. Auflage, Köln 2020, Rdnr. 119 zu § 34 GmbHG, Schindler in BeckOK GmbHG, 47. Edition Stand 01.11.2020, Rdnr. 118 zu § 34 GmbHG).
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