Die Gesellschafter einer GmbH bestimmen über die Angelegenheiten der Gesellschaft. Sie fassen Beschlüsse mit der Mehrheit der abgegebenen Stimmen. Zuvor müssen alle Gesellschafter die Gelegenheit erhalten, an der gesellschaftsinternen Willensbildung mitzuwirken. Die Gesellschafterversammlung verlangt ein […]
Eintrag lesenGerichtsurteile und Gerichtsbeschlüsse für Beschlussmängel
KG Berlin, Beschluss vom 17.05.2023 – 2 U 159/21
COVID-Erleichterungen für das im Umlaufverfahren gelten auch für GmbH mit Satzungsbestimmungen zum Umlaufverfahren
Die in § 2 COVMG in Abweichung von § 48 Abs. 2 GmbHG vorgesehenen Erleichterungen für die Beschlussfassung im Umlaufverfahren (hier: Beschlussfassung durch schriftliche Abgabe der Stimmen auch ohne Einverständnis aller Gesellschafter) sind nicht auf solche GmbH beschränkt, in deren Satzung noch gar keine Regelung für Umlaufbeschlüsse vorgesehen ist (entgegen LG Stuttgart, Urteil vom 25.1.2021 – 44 O 52/20 KfH -, Rn. 36 nach juris). Es wäre mit der Zielsetzung der COVID-Sondergesetzgebung nicht zu vereinbaren, würde gerade bei Gesellschaften, die sich für Umlaufbeschlüsse bereits grundsätzlich geöffnet und damit in gewissem Sinne Vorsorge getroffen haben, eine COVID-bedingte Handlungsunfähigkeit hingenommen, während sie bei Gesellschaften ohne solche Vorkehrungen vom Gesetzgeber behoben worden ist.
Die in § 2 COVMG in Abweichung von § 48 Abs. 2 GmbHG vorgesehenen Erleichterungen für die Beschlussfassung im Umlaufverfahren (hier: Beschlussfassung durch schriftliche Abgabe der Stimmen auch ohne Einverständnis aller Gesellschafter) sind nicht auf solche GmbH beschränkt, in deren Satzung noch gar keine Regelung für Umlaufbeschlüsse vorgesehen ist (entgegen LG Stuttgart, Urteil vom 25.1.2021 – 44 O 52/20 KfH -, Rn. 36 nach juris). Es wäre mit der Zielsetzung der COVID-Sondergesetzgebung nicht zu vereinbaren, würde gerade bei Gesellschaften, die sich für Umlaufbeschlüsse bereits grundsätzlich geöffnet und damit in gewissem Sinne Vorsorge getroffen haben, eine COVID-bedingte Handlungsunfähigkeit hingenommen, während sie bei Gesellschaften ohne solche Vorkehrungen vom Gesetzgeber behoben worden ist.
Eintrag lesenKG Berlin, Urteil vom 17. Mai 2023 – 23 U 14/23 – Gesellschafterstreit
Gesellschafterversammlung I Einstweilige Verfügung I Beschlussfassung I Einziehung Geschäftsanteile I Aufstockung I Schadensersatzklage I Nebenintervenienten
Eintrag lesenOLG München, Urteil vom 05.04.2023 – 7 U 6538/20
Gesellschafterstreit I Gesellschafterversammlung I Anfechtung Gesellschafterbeschluss I Stimmrecht I Änderung der Stimmabgabe I Treugeber I Zuständigkeit
Eintrag lesenOLG Brandenburg, Urteil vom 30.11.2022 – 7 U 193/21
Anfechtungsklage gegen Beschlüsse der Generalversammlung einer Genossenschaft
1. Die rechtzeitige Erhebung der Anfechtungsklage gemäß § 51 Abs. 1 GenG setzt nicht nur voraus, dass überhaupt eine Klage eingereicht worden ist, es müssen zudem innerhalb der Monatsfrist im wesentlichen Kern die klagebegründenden Tatsachen mitgeteilt werden (Anschluss BGH, Urteil vom 23. Mai 1960 – II ZR 89/58). Diesen Anforderungen genügt eine Klageschrift nicht, die nur stichwortartige Angaben enthält und der Kern der klagebegründenden Tatsachen, d.h. welche tatsächlichen Umstände die Anfechtbarkeit der Einladung und der Beschlussfassung begründen sollen, nicht angegeben wird.
2. Die Zeichnung weiterer Geschäftsanteile durch ein Mitglied ist mit dem Wesen der Liquidation nicht zu vereinbaren. Mit der Auflösung der Genossenschaft ändert sich deren Zweck dahin, dass nunmehr die Geschäfte abzuwickeln sind und das Vermögen aufzuteilen ist. Der Erwerb ist rechtlich nicht mehr möglich, wenn die Auflösung beschlossen oder kraft Gesetzes eingetreten ist.
3. Nur bei einer Übertragung von Geschäftsguthaben ohne Übernahme weiterer Geschäftsanteile ist die Übernahme des Geschäftsguthabens in der Liquidation möglich.
4. Ein Beschluss ist nichtig, wenn in entsprechender Anwendung von § 241 Nr. 1 AktG Mängel der Einberufung vorliegen oder eine Feststellung des Beschlusses analog § 241 Nr. 2 AktG nicht vorliegt. Zudem sind Beschlüsse analog § 241 Nr. 3, 4 AktG nichtig, wenn sie gegen zwingende gesetzliche oder satzungsrechtliche Vorgaben verstoßen, die im öffentlichen Interesse ergangen sind oder auf die die Mitglieder nicht wirksam verzichten können oder wenn sie mit dem Wesen der Genossenschaft nicht vereinbar sind (Anschluss BGH, Urteil vom 22. März 1982 – II ZR 219/81).
5. Eine Frist zur Vorlage der Vollmachten begründet keine rechtswidrige Beschränkung der Teilnahme und des Stimmrechts der Mitglieder. Eine Übersendung der Vollmachten vor Beginn der Versammlung ist wegen der persönlichen Voraussetzungen, die bei dem Bevollmächtigten vorliegen mussten, sachlich gerechtfertigt. Dabei ist unerheblich, ob grundsätzlich der Nachweis einer Bevollmächtigung auch noch im Anschluss an eine Versammlung zulässig geführt werden darf. Maßgeblich ist, dass die in der Versammlung gefassten Beschlüsse erst nach abschließender Beurteilung aller erteilten Vollmachten zuverlässig festgestellt werden können. Damit liegt ein berechtigtes Interesse an einer Prüfung der Vollmachtserteilung vor Beginn der Versammlung vor.
Eintrag lesenLG Stuttgart, Urteil vom 02.08.2022 – 31 O 135/21 KfH
1. Steht zum Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung über eine aktienrechtliche Nichtigkeits- und hilfsweise Anfechtungsklage lediglich fest, dass eine weitere Hauptversammlung einberufen wurde, die zu einem Zeitpunkt nach Schluss der mündlichen Verhandlung Bestätigungsbeschlüsse gem. § 244 AktG zu den streitgegenständlichen Beschlüssen fassen soll, so bietet dieser Sachverhalt keinen Anlass und keine tragfähige Grundlage für eine Entscheidung, das entscheidungsreife Verfahren auf Antrag der Gesellschaft gem. § 148 Abs. 1 ZPO wegen „Vorgreiflichkeit“ auszusetzen. In einer solchen Konstellation liegen die Voraussetzungen für eine Aussetzung nach dieser Norm nicht vor, und auch unter Berücksichtigung aktienrechtlicher Besonderheiten, insbesondere des § 244 AktG, ist die Verfahrensaussetzung nicht obligatorisch.
2. Die Entscheidung über eine Verfahrensaussetzung nach § 148 Abs. 1 ZPO liegt im Ermessen des Gerichts. Ein prozessuales Gebot, das Verfahren über die gegen den Erstbeschluss gerichtete Anfechtungsklage auszusetzen, sobald die Hauptversammlung einen Bestätigungsbeschluss fasst, selbst wenn dieser noch nicht bestandskräftig ist, lässt sich weder dem Normwortlaut noch dem Sinn und Zweck des § 244 Satz 1 AktG entnehmen. Erst Recht ergibt sich aus § 244 Satz 1 AktG kein prozessuales Gebot, das Verfahren über die gegen den Erstbeschluss gerichtete Anfechtungsklage bereits im Vorgriff auf einen noch nicht einmal gefassten Hauptversammlungsbeschluss auszusetzen. Der bloßen Absicht zur Fassung eines Bestätigungsbeschlusses kommt nach § 244 AktG materiell-rechtlich keine Wirkung zu, erst Recht keine Heilungswirkung. Sie ist schlicht unerheblich. Eine Verletzung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) durch Zurückweisung eines gleichwohl gestellten unbegründeten Aussetzungsantrags scheidet in dieser Konstellation aus. Gegenteiliges folgt auch nicht aus BGH, Beschluss vom 11. August 2010 – II ZR 24/10, Rn. 1, juris; BGH, Beschluss vom 1. Februar 2010 – II ZR 262/08, Rn. 1, juris oder BGH, Urteil vom 12. Dezember 2005 – II ZR 253/03, Rn. 4, juris).
3. Für eine Verfahrensaussetzung ist bei aktienrechtlichen Beschlussmängelklagen im Übrigen kein Raum, wenn es bereits zu einer „Kaskade“ von Bestätigungsbeschlüssen gekommen ist, und wenn der Aussetzungsantrag rechtsmissbräuchlich in Verschleppungsabsicht gestellt wird.
4. Auch natürliche Personen können bei direktem oder indirektem Beteiligungserwerb gemäß § 20 Abs. 1, 4 AktG, ggf. in Verbindung mit § 16 Abs. 4 AktG, gegenüber der Gesellschaft zur Mitteilung verpflichtet sein, denn auch sie können die für eine solche Mitteilungspflicht erforderliche Unternehmenseigenschaft besitzen.
5. Die Darlegungs- und Beweislast für die tatsächlichen Voraussetzungen eines Stimmrechtsverlusts nach § 20 Abs. 7 AktG liegt beim klagenden Aktionär. Legt der Aktionär jedoch im Rahmen einer auf die Missachtung eines Stimmrechtsverbots gestützten Anfechtungsklage die Unternehmenseigenschaft einer nach seiner Auffassung meldepflichtigen natürlichen oder juristischen Person substantiiert dar, die unstreitig vor der Beschlussfassung keine Meldung abgegeben hat, so liegt es an der beklagten Aktiengesellschaft, dem Vortrag substantiiert entgegenzutreten, wenn sie behauptet, der Dritte sei nicht meldepflichtig gewesen. Das gilt insbesondere dann, wenn der aus Sicht des Klägers schon vor der Beschlussfassung meldepflichtige Dritte die Stimmrechtsmitteilung an die Gesellschaft später tatsächlich nachgeholt hat und es keine Anhaltspunkte dafür gibt, dass der Dritte erst nach Beschlussfassung (zum Zeitpunkt der Nachmeldung) zum Unternehmen i.S.d. §§ 20 Abs. 1, 16 Abs. 4 AktG geworden sein könnte.
Eintrag lesenOLG Hamm, Beschluss vom 11.05.2022 – 8 W 7/22
Zur Bemessung des Streitwerts einer Beschlussmängelklage, mit der die Nichtigkeit/Anfechtbarkeit gleich lautender Beschlüsse der Gesellschafterversammlungen einer GmbH & Co. KG und ihrer Komplementär-GmbH verfolgt wird.
Eintrag lesenOLG Naumburg, Urteil vom 07.04.2022 – 4 U 203/21
GmbH I Vorläufiger Rechtsschutz I Abberufung Geschäftsführer I Versammlungsleiter
Eintrag lesenOLG München, Urteil vom 06.04.2022 – 7 U 9421/21
Kollusives Zusammenwirken bei der Veräußerung von GmbH-Anteilen I Nichtigkeit sowohl des Verkaufs als auch der Abtretung I Erreichen eines Abstimmungsverbots mit Mitteln der einstweiligen Verfügung
1. Besteht bei der Veräußerung von GmbH-Geschäftsanteilen ein kollusives Zusammenwirken der Geschäftsführer von Erwerberin und Veräußerin , so ist sowohl das Verpflichtungsgeschäft als auch das Verfügungsgeschäft in Form der Abtretung der Geschäftsanteile sittenwidrig und damit gemäß § 138 BGB nichtig. Für einen Antrag auf Rückübertragung der Geschäftsanteile fehlt es in diesem Fall am Rechtsschutzbedürfnis. Zulässig und begründet ist jedoch ein Antrag auf Zustimmung zur Zuordnung eines Widerspruchs zur Gesellschafterliste.
2. Das Erreichen eines Abstimmungsverbots mit den Mitteln einer einstweiligen Verfügung ist ausnahmsweise statthaft, wenn infolge einer kollusiven Veräußerung von Geschäftsanteilen der Erwerber sich als Alleingesellschafter der GmbH geriert und der wahre Gesellschafter als nunmehr Außenstehender nicht die Möglichkeit hat, von etwaigen Beschlussfassungen Kenntnis zu erlangen, so dass nicht gewährleistet ist, dass der wahre Gesellschafter mit den Mitteln nachgehenden Rechtsschutzes die von dem Erwerber als Nichtberechtigter gefassten Beschlüsse wieder beseitigen kann.
Eintrag lesenBGH, Urteil vom 11. März 2022 – V ZR 77/21
1. Für ein Beschlussmängelverfahren, in dem die Wirksamkeit der einseitigen Bestellung des Verwalters durch den teilenden Eigentümer im Streit steht, ist der Verwalter als berechtigt anzusehen, die beklagten übrigen Wohnungseigentümer zu vertreten und für diese Zustellungen entgegenzunehmen.
2. Eine in der Gemeinschaftsordnung enthaltene Regelung, mit der sich der zunächst zum Verwalter bestellte teilende Eigentümer die einseitige Bestimmung eines anderen Verwalters in der Aufteilungsphase vorbehält, ist unter Geltung des Wohnungseigentumsgesetzes in der bis zum 30. November 2020 geltenden Fassung jedenfalls insoweit unwirksam, als der Vorbehalt nach Entstehung der (werdenden) Wohnungseigentümergemeinschaft fortgelten soll.
3. Der Mangel der Einberufung der Eigentümerversammlung durch einen Nichtberechtigten wird geheilt, wenn sämtliche Wohnungseigentümer an der Versammlung und der Abstimmung teilnehmen; dabei kommt es nicht darauf an, ob den Wohnungseigentümern die fehlende Einberufungsberechtigung bekannt war.
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