1. Steht zum Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung über eine aktienrechtliche Nichtigkeits- und hilfsweise Anfechtungsklage lediglich fest, dass eine weitere Hauptversammlung einberufen wurde, die zu einem Zeitpunkt nach Schluss der mündlichen Verhandlung Bestätigungsbeschlüsse gem. § 244 AktG zu den streitgegenständlichen Beschlüssen fassen soll, so bietet dieser Sachverhalt keinen Anlass und keine tragfähige Grundlage für eine Entscheidung, das entscheidungsreife Verfahren auf Antrag der Gesellschaft gem. § 148 Abs. 1 ZPO wegen „Vorgreiflichkeit“ auszusetzen. In einer solchen Konstellation liegen die Voraussetzungen für eine Aussetzung nach dieser Norm nicht vor, und auch unter Berücksichtigung aktienrechtlicher Besonderheiten, insbesondere des § 244 AktG, ist die Verfahrensaussetzung nicht obligatorisch.
2. Die Entscheidung über eine Verfahrensaussetzung nach § 148 Abs. 1 ZPO liegt im Ermessen des Gerichts. Ein prozessuales Gebot, das Verfahren über die gegen den Erstbeschluss gerichtete Anfechtungsklage auszusetzen, sobald die Hauptversammlung einen Bestätigungsbeschluss fasst, selbst wenn dieser noch nicht bestandskräftig ist, lässt sich weder dem Normwortlaut noch dem Sinn und Zweck des § 244 Satz 1 AktG entnehmen. Erst Recht ergibt sich aus § 244 Satz 1 AktG kein prozessuales Gebot, das Verfahren über die gegen den Erstbeschluss gerichtete Anfechtungsklage bereits im Vorgriff auf einen noch nicht einmal gefassten Hauptversammlungsbeschluss auszusetzen. Der bloßen Absicht zur Fassung eines Bestätigungsbeschlusses kommt nach § 244 AktG materiell-rechtlich keine Wirkung zu, erst Recht keine Heilungswirkung. Sie ist schlicht unerheblich. Eine Verletzung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) durch Zurückweisung eines gleichwohl gestellten unbegründeten Aussetzungsantrags scheidet in dieser Konstellation aus. Gegenteiliges folgt auch nicht aus BGH, Beschluss vom 11. August 2010 – II ZR 24/10, Rn. 1, juris; BGH, Beschluss vom 1. Februar 2010 – II ZR 262/08, Rn. 1, juris oder BGH, Urteil vom 12. Dezember 2005 – II ZR 253/03, Rn. 4, juris).
3. Für eine Verfahrensaussetzung ist bei aktienrechtlichen Beschlussmängelklagen im Übrigen kein Raum, wenn es bereits zu einer „Kaskade“ von Bestätigungsbeschlüssen gekommen ist, und wenn der Aussetzungsantrag rechtsmissbräuchlich in Verschleppungsabsicht gestellt wird.
4. Auch natürliche Personen können bei direktem oder indirektem Beteiligungserwerb gemäß § 20 Abs. 1, 4 AktG, ggf. in Verbindung mit § 16 Abs. 4 AktG, gegenüber der Gesellschaft zur Mitteilung verpflichtet sein, denn auch sie können die für eine solche Mitteilungspflicht erforderliche Unternehmenseigenschaft besitzen.
5. Die Darlegungs- und Beweislast für die tatsächlichen Voraussetzungen eines Stimmrechtsverlusts nach § 20 Abs. 7 AktG liegt beim klagenden Aktionär. Legt der Aktionär jedoch im Rahmen einer auf die Missachtung eines Stimmrechtsverbots gestützten Anfechtungsklage die Unternehmenseigenschaft einer nach seiner Auffassung meldepflichtigen natürlichen oder juristischen Person substantiiert dar, die unstreitig vor der Beschlussfassung keine Meldung abgegeben hat, so liegt es an der beklagten Aktiengesellschaft, dem Vortrag substantiiert entgegenzutreten, wenn sie behauptet, der Dritte sei nicht meldepflichtig gewesen. Das gilt insbesondere dann, wenn der aus Sicht des Klägers schon vor der Beschlussfassung meldepflichtige Dritte die Stimmrechtsmitteilung an die Gesellschaft später tatsächlich nachgeholt hat und es keine Anhaltspunkte dafür gibt, dass der Dritte erst nach Beschlussfassung (zum Zeitpunkt der Nachmeldung) zum Unternehmen i.S.d. §§ 20 Abs. 1, 16 Abs. 4 AktG geworden sein könnte.
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