§ 98 AktG, § 1 DrittelbG, § 10a Abs 2 S 4 KredWG Die für die Annahme eines sog.mitbestimmungsrechtlichen „Konzerns im Konzern“ erforderliche Leitungsmacht ist jedenfalls dann gegeben, wenn die BaFin gem § 10a Abs. 2 Satz 4 KWG regulatorisch vorgibt, […]
Eintrag lesenGerichtsurteile und Gerichtsbeschlüsse für Compliance im Konzern
OLG Hamm, Urteil vom 29.05.2019 – 8 U 146/18
Kündigung des Anstellungsvertrags eines GmbH-Geschäftsführers I Freigabe einer Zahlung auf eine fingierte Forderung zur Honorierung einer Provisionsabrede I Billigung des Mitgeschäftsführers I Erforderlichkeit einer Abmahnung bei gravierenden Compliance-Verstößen I Verzögerung der Einberufung der für die Beschlussfassung über die Kündigung zuständigen Gesellschafterversammlung
1. Gibt ein GmbH-Geschäftsführer eine Zahlung auf eine – wie er weiß – fingierte Forderung frei, um damit eine Provisionsabrede zu honorieren, die gegen die unternehmensinternen Compliance-Vorschriften über zustimmungsbedürftige Geschäfte verstieß, kann darin eine Pflichtverletzung liegen, die einen wichtigen Grund zur Kündigung des Anstellungsvertrages darstellt.
Den Geschäftsführer entlastet dann nicht die Annahme, sein Mitgeschäftsführer habe das Vorgehen gebilligt.
2. Die Kündigung aus wichtigem Grund wegen gravierender Compliance-Verstöße eines Geschäftsführers setzt keine Abmahnung voraus.
3. Die Einberufung der für die Beschlussfassung über die Kündigung zuständigen Gesellschafterversammlung wird nicht unangemessen verzögert, wenn zur Aufklärung des Sachverhalts die konzerneigene Compliance-Abteilung eingeschaltet und dadurch eine Einarbeitungszeit erforderlich wird. Es ist ein Gebot umsichtiger Ermittlungen, diese sorgfältig vorzubereiten und zu organisieren.
4. Eine Frist von 10 Wochen bis zur Abhaltung der Gesellschafterversammlung kann noch akzeptabel sein, wenn sich etwa wegen Urlaubs und dienstlicher Abwesenheit die beabsichtigte zeitgleiche Befragung mehrerer Personen verzögert und sich aus den Befragungen weiterer Ermittlungsbedarf ergibt.
Eintrag lesenLG Stuttgart, Urteil vom 19.12.2017 – 31 O 33/16 KfH
Aktiengesellschaft I Anfechtung eines Entlastungsbeschlusses der Hauptversammlung wegen Informationspflichtverletzung I Einordnung einer dem verbundenen Unternehmen zuzuordnenden Angelegenheit als mittelbare (Eigen-)Angelegenheit der Gesellschaft I Auskunftsverweigerungsrecht I Anforderungen an ein Überwachungssystem
1. Zur Einordnung einer dem verbundenen Unternehmen zuzuordnenden Angelegenheit als mittelbare (Eigen-)Angelegenheit der Gesellschaft im Sinne von § 131 Abs. 1 Satz 1 AktG lassen sich abstrakt drei Fallgruppen klassifizieren, zwischen denen es Überschneidungen geben kann:(Rn.118)
– Das Erreichen der „Erheblichkeitsschwelle“ eines Vorgangs, der unmittelbar ein Tochterunternehmen betrifft, sich aber auf die Muttergesellschaft auswirkt, wird indiziert, wenn sich Vorstand oder Aufsichtsrat dieser Gesellschaft in der Vergangenheit tatsächlich mit der Angelegenheit des Tochterunternehmens befasst haben.(Rn.119)
– In Fällen, in denen die Marktmissbrauchsverordnung bereits anwendbar ist, genügen bei Konzernsachverhalten jedenfalls ein indirekter Emittentenbezug im Sinne des Art. 7 Abs. 1 lit. a der Verordnung (EU) Nr. 596/2014 und die Kursrelevanz auf der Ebene der Obergesellschaft, um die jeweilige Insiderinformation als Angelegenheit der Gesellschaft subsumieren zu können.(Rn.120)
– Grundsätzlich kann von einem unmittelbaren Gesellschaftsbezug der Angelegenheit des verbundenen Unternehmens ausgegangen werden, wenn ein Vorstand, der den objektiven Sorgfaltsanforderungen des § 93 Abs. 1 AktG nachkommen will, und ein Aufsichtsrat, der seine Pflicht zur Überwachung des Vorstandes nach § 111 Abs. 1 AktG ernstnimmt, objektiv Anlass haben, sich im Interesse der (eigenen) Gesellschaft mit den Vorgängen im verbundenen Unternehmen auseinanderzusetzen.
2. Vorstand und Aufsichtsrat haben den Aktionären in den Grenzen des § 131 Abs. 1 AktG auch zu Tatsachenfragen, aus deren Beantwortung sich Pflichtverletzungen einzelner Organmitglieder ergeben können, grundsätzlich Rede und Antwort zu stehen. Das Auskunftsverweigerungsrecht nach § 131 Abs. 3 Nr. 1 AktG dient – wo geboten – dem Schutz der Gesellschaft und ihrer verbundenen Unternehmen, nicht aber dem Schutz pflichtwidrig agierender Vorstands- oder Aufsichtsratsmitglieder vor Entdeckung der Pflichtverletzung.
3. Bei der Anfechtung wegen Informationspflichtverletzung und der Berufung der Gesellschaftsorgane auf ein Auskunftsverweigerungsrecht gilt nicht die Einschränkung, dass eine Anfechtung des Entlastungsbeschlusses bei erkennbaren und schwerwiegenden Pflichtverletzungen der Organmitglieder nur auf diejenigen tatsächlichen Erkenntnisse gestützt werden kann, die bereits zum Zeitpunkt der Hauptversammlung bekannt waren.
4. Der Vorstand der Obergesellschaft muss in jedem Fall eine „konzerndimensionale Risikoerfassung und -auswertung“ einrichten und Entwicklungen auf der Ebene der Tochtergesellschaft in das eigene Überwachungssystem einbeziehen, wenn sie zu bestandsgefährdenden Entwicklungen auch bei der Muttergesellschaft führen können. Ein Überwachungssystem nach § 91 Abs. 2 AktG darf sich nicht damit begnügen, bei der Risikoquantifizierung lediglich Minimalstrafen oder für am wahrscheinlichsten gehaltene Strafen anzusetzen.
5. Hinweis der Dokumentationsstelle des Bundesgerichtshofs: Das Urteil vom 19. Dezember 2017 ist durch Beschluss vom 19. April 2018 berichtigt worden. Der Berichtigungsbeschluss ist am Ende der Entscheidung angefügt.
Eintrag lesenLG München I, Urteil vom 10.12.2013 – 5 HKO 1387/10
§ 203 BGB 1. Im Rahmen seiner Legalitätspflicht hat ein Vorstandsmitglied dafür Sorge zu tragen, dass sein Unternehmen so organisiert und beaufsichtigt wird, dass keine Gesetzesverstöße wie Schmiergeldzahlungen an Amtsträger eines ausländischen Staates oder an […]
Eintrag lesenThüringer OLG, Urteil vom 12.08.2009 – 7 U 244/07
fristlose Kündigung des GmbH-Geschäftsführers I Unterlassene Errichtung eines Kontrollsystems im Konzern und unterlassene Überwachung des Mitgeschäftsführers als Kündigungsgrund I Beginn der Kündigungsfrist bei Beauftragung eines Wirtschaftsprüfers mit einer Sonderprüfung
1. Der Geschäftsführer der GmbH verletzt seine Pflichten in einer Weise, die eine außerordentliche Kündigung nach § 626 Abs. 1 BGB rechtfertigt, wenn er kein Kontrollsystem zur Unterbindung von Scheinrechnungen eingerichtet hat.
2. Im Konzern obliegt dem Geschäftführer der Muttergesellschaft die Überwachung der Tochtergesellschaften.
3. Bei mehreren Geschäftsführern besteht eine wechselseitige Überwachungspflicht jedenfalls bei grundlegenden Pflichten wie der Buchführungspflicht.
4. Wird vom Aufsichtsrat ein Wirtschaftsprüfer mit einer Sonderprüfung hinsichtlich der gegenüber dem Geschäftsführer erhobenen Vorwürfe beauftragt, beginnt die Kündigungsfrist des § 626 Abs. 2 BGB erst mit der Unterrichtung des gesamten Aufsichtsrats, nicht eines einzelnen Mitglieds, über das Ergebnis der Sonderprüfung durch den Wirtschaftsprüfer.
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