Dies bedeutet, dass auch im streitgegenständlichen Fall allein auf das Vorliegen eines Verfügungsanspruchs, das heißt das Bestehen eines subjektiven Rechts, dessen Verwirklichung durch die einstweilige Verfügung gesichert werden soll (zur Definition vgl. Vollkommer in Zöller, 35. Auflage, Köln 2024, Rdnr. 6 zu § 935 ZPO), und eines Verfügungsgrundes ankommt. Letzterer ist anzunehmen, wenn die objektive begründete Besorgnis vorliegt, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung des Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (vgl. Vollkommer, aaO, Rdnr. 10 zu § 935 ZPO). Demnach setzt ein Verfügungsgrund vorliegend voraus, dass bereits durch das Zuwarten des Antragstellers mit der Beantragung einer einstweiligen Verfügung bis zu der von ihm befürchteten Beschlussfassung in der auf den 29.01.2025 anberaumten Gesellschafterversammlung eine Rechtsvereitelung bzw. Beeinträchtigung eintreten würde.
Eintrag lesenGerichtsurteile und Gerichtsbeschlüsse für Einstweiliger Rechtsschutz und Gesellschafterliste
OLG Hamm, Beschluss vom 20. Juni 2024 – 8 W 10/24
1. Der einstweilige Rechtsschutz kann sich ausnahmsweise auf die Verpflichtung zur Einreichung der ursprünglichen Gesellschafterliste zum Handelsregister erstrecken, wenn das Vorgehen einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung erkennbar darauf ausgerichtet ist, den präventiven Rechtsschutz eines Gesellschafters zu vereiteln.
2. Die Rechtsordnung hat einem Gesellschafter maximalen effektiven Rechtsschutz zu gewähren, wenn die anderen Gesellschafter die Geschäftsanteile des betroffenen Gesellschafters auf einer nicht ordnungsgemäß einberufenen Gesellschafterversammlung entgegen einer früheren richterlichen Anordnung eingezogen haben und die Gesellschaft dem betroffenen Gesellschafter kein Protokoll über die Gesellschafterversammlung übersandt und die geänderte Gesellschafterliste ohne Anhörung des betroffenen Gesellschafters heimlich zum Handelsregister eingereicht hat und im Nachgang jeden Kontaktversuch des betroffenen Gesellschafters ablehnt. In einem solchen Ausnahmefall ist der einstweilige Rechtsschutz nicht auf die Erhaltung des status quo beschränkt (Zuordnung eines Widerspruchs gegen die geänderte Gesellschafterliste und Verpflichtung zur Behandlung als Gesellschafter mit allen Rechten und Pflichten), sondern umfasst auch die Wiederherstellung des ursprünglichen Handelsregisters (Verpflichtung zur Einreichung der ursprünglichen Gesellschafterliste), um die Regelungssystematik des § 16 GmbHG wiederherzustellen.
Eintrag lesenOLG Brandenburg, Beschluss vom 22.11.2023-7 W 117/23
Einstweiliger Rechtsschutz für den unrichtig nicht in die Gesellschafterliste eingetragenen Erwerber eines Geschäftsanteils
1. Einstweiliger Rechtsschutz zu Gunsten des unrichtig nicht eingetragenen Erwerbers eines Geschäftsanteils unterliegt der allgemeinen Beschränkung, eine Vorwegnahme der Hauptsache möglichst auszuschließen.
2. Die Entscheidungsbefugnis des Gerichts über den Inhalt der einstweiligen Verfügung ist durch den Verfügungsgrund und den Antrag begrenzt.
Eintrag lesenOLG Jena, Urteil vom 22.03.2023 – 2 U 492/17
Gesellschafterstreit I Einziehung von Geschäftsanteilen I wichtiger Grund I Beschlussmängelstreitigkeiten I Anfechtungsklage I Nichtigkeitsklage I Anfechtungsfrist I Teilnahmerecht I Versammlungsleiter
Eintrag lesenOLG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 20.03.2023 – 2 Wx 56/22
Unverzügliche Aufnahme in Handelsregister gemäß § 16 Abs. 1 S. 2 GmbHG
1. Im Rahmen von § 16 Abs. 1 S. 2 GmbHG kommt für die Unverzüglichkeit auf die Einreichung der Gesellschafterliste beim Handelsregister an.
2. Dabei ist auch die verspätete Einreichung durch die Notarin als schuldhaftes Zögern im Sinne des § 16 Abs. 1 S. 2 GmbHG anzusehen.
3. Unverzüglich im Sinne des § 16 Abs. 1 S. 1 GmbHG ist eine Einreichung zum Handelsregister allenfalls dann, wenn sie innerhalb einer Frist von höchstens 2 Wochen nach Vornahme der Rechtshandlung erfolgt. Eine Zeitspanne von über 2 Wochen lässt sich schon begrifflich nicht mehr als unverzüglich ansehen und ist weder mit dem Normzweck des § 16 Abs. 1 S. 1 GmbHG noch mit dem Ausnahmecharakter von § 16 Abs. 1 S. 2 GmbHG vereinbar.
Eintrag lesenBGH, Urteil vom 8. November 2022 – II ZR 91/21
Anspruch eines GmbH-Gesellschafters auf Unterlassung der Einrichtung einer materiell unrichtigen Gesellschafterliste zum Handelsregister
a) Dem Gesellschafter einer GmbH steht kein Anspruch gegen den Geschäftsführer auf Unterlassung
der Einreichung einer zu seinen Lasten materiell unrichtigen Gesellschafterliste zum Handelsregister
wegen drohender Verletzung organschaftlicher Pflichten zu.
b) Ein Gesellschafter einer GmbH, der seine Stellung als Geschäftsführer dadurch missbraucht, dass
er eine materiell unrichtige Gesellschafterliste zum Handelsregister einreicht, um damit eigennützige
Interessen durchzusetzen, verletzt seine gesellschafterliche Treuepflicht gegenüber dem von der
Unrichtigkeit nachteilig betroffenen Gesellschafter.
c) Gegen den Gesellschaftergeschäftsführer einer GmbH, der unter Verletzung seiner gesellschafterli-
chen Treuepflicht eine materiell unrichtige Gesellschafterliste einreichen will, steht dem von der Un-
richtigkeit nachteilig betroffenen Gesellschafter ein Unterlassungsanspruch zu, den er mit der vor-
beugenden Unterlassungsklage geltend machen kann
OLG Celle, Beschluss vom 12.09.2022 – 9 W 76/22
Beschwerdemöglichkeit gegen die registergerichtliche Ankündigung der Aufnahme einer Gesellschafterliste in den Registerordner einer GmbH
1. Die Ankündigung der Aufnahme einer Gesellschafterliste in den Registerordner einer GmbH ist nicht mit der Beschwerde anfechtbar.
2. Mit einer im Registerverfahren erhobenen Beschwerde kann nicht die Ablehnung der Aufnahme einer Gesellschafterliste in den Registerordner einer GmbH erreicht werden.
Eintrag lesenOLG Brandenburg, Beschluss vom 29.08.2022 – 7 W 87/22
Entfernen einer unrichtigen Gesellschafterliste
1. Eine in das Handelsregister aufgenommene Gesellschafterliste darf nicht entfernt oder herausgenommen werden, wenn sie sich teilweise oder in allen ihren Verlautbarungen als von Anfang an oder nachträglich unrichtig erweist.
2. Wer die Unrichtigkeit einer zum Register aufgenommenen Gesellschafterliste geltend machen will, muss die Zuordnung eines Widerspruchs erwirken.
3. Wer die zutreffende Beteiligung an der Gesellschaft verlautbart wissen will, muss auf das Einreichen einer zutreffenden Liste hinwirken.
Eintrag lesenLG Essen, Urteil vom 11.08.2022 – 6 O 83/22
Nichterfüllte Einlage des GmbH-Gesellschafters I Haftung der Rechtsvorgänger
Für die nicht erfüllte Einlageverpflichtung eines ausgeschlossenen Gesellschafters haftet gegenüber der Gesellschaft auch der letzte sowie jeder frühere Rechtsvorgänger des ausgeschlossenen Gesellschafters, der im Verhältnis zur Gesellschaft als Inhaber des Geschäftsanteils gilt.
Eintrag lesenOLG Frankfurt, Beschluss vom 30.06.2022 – 5 W 18/22
Selbstwiderlegung der Dringlichkeit eines Verfügungsantrags durch Verhalten des Antragstellers in gesellschaftsrechtlichem Eilverfahren
1. Ein grundsätzlich gegebener Verfügungsgrund kann nachträglich wieder entfallen, wenn der Antragsteller nach Eintritt der betreffenden Gefährdung mit einem einstweiligen Verfügungsantrag zuwartet und damit die Annahme der Dringlichkeit durch sein eigenes Verhalten selbst widerlegt.
2. Hat der Antragsteller eines Verfügungsantrags konkrete Kenntnis von Umständen erlangt, die die Möglichkeit einer Verletzung seiner Rechtsstellung nahelegen, und ist es ihm ohne erheblichen Aufwand möglich, noch vorhandene Unsicherheiten zu beseitigen, so muss von ihm erwartet werden, dass er sich zur Unterbindung von Verletzungshandlung die erforderliche Kenntnis verschafft und nicht tatenlos zuwartet, bis sich die ihm aufdrängende Vermutung mehr oder weniger zufällig zu einem erheblich späteren Zeitpunkt bestätigt (Anschluss OLG München, Urteil vom 20. Dezember 2001 – U (K) 4429/01).
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