In § 14 bis § 18 GmbHG sind der Geschäftsanteil einer GmbH sowie die damit angesprochenen Fragen der Mitgliedschaft in der GmbH geregelt. Im Einzelnen: Geschäftsanteil Entstehen und Erlöschen des Geschäftsanteils Maßstab für Inhalt und […]
Eintrag lesenGerichtsurteile und Gerichtsbeschlüsse für Einziehung
Brandenburgisches Oberlandesgericht, Urteil vom 18.08.2021 – 6 U 159/18
Wirksamkeit von Geschäftsführerabberufungen und Zwangseinziehungen des Geschäftsanteils I schuldrechtliche Nebenabrede
1. Hinsichtlich Geschäftsführerabberufungen steht den Gesellschaftern einer GmbH ein Selbsthilferecht zum Verlangen einer Versammlungseinberufung zu, wenn sie mindestens 10 % des Stammkapitals halten. Einer gerichtlichen Ermächtigung bedarf es dazu nicht.
2. Eine schriftliche Genehmigungserklärung ist trotz des Ablaufs einer gewissen Zeitspanne (hier: ungefähr zwei Monate) wirksam. Der reine Zeitablauf ist unerheblich, weil es hier nicht um die Annahme eines regelmäßig befristeten Angebots geht, sondern um die Beendigung eines Schwebezustandes wegen eines Vertragsschlusses ohne Vertretungsmacht, für den, wenn der zugrunde liegende Vertrag nicht selbst fristgebunden ist, gerade keine „Annahmefrist“ im Sinne des § 146 BGB besteht. Eine Verwirkung wäre möglich, jedoch nicht, wenn es an einem Umstandsmoment fehlt, weil im Raum steht, dass ursprünglich keine Kenntnis vom Vertretungsmangel bestand.
3. Im Rahmen von Verfügungsgeschäften ist die Frage, ob der Gegenstand einer Verfügung bei Abgabe der Genehmigung noch existiert, für deren Wirksamkeit unerheblich ist; es muss nur der Erklärende noch die erforderliche Verfügungsmacht haben.
4. Ein Aufforderungsschreiben der Minderheitsgesellschafter ist an die Gesellschaft zu richten. Es ist an keine bestimmte Form gebunden.
5. Eine Zwangseinziehung des Geschäftsanteils ohne Zustimmung des betreffenden Gesellschafters kann nur stattfinden, wenn dies nach dem Gesellschaftsvertrag zugelassen ist. Grundsätzlich wirksam ist eine Satzungsbestimmung, die bei Pfändung eines Geschäftsanteils dessen Einziehung gegen Abfindung zulässt, wenn dieselbe Entschädigungsregelung auch für den vergleichbaren Fall der Ausschließung eines Gesellschafters aus wichtigem Grund gilt (BGH, Urteil vom 19. Juni 2000 – II ZR 73/99).
Eintrag lesenOLG München, Urteil vom 16. Juni 2021 – 7 U 7279/20
Ausschluss eines GmbH-Gesellschafters I Rechtsschutzbedürfnis für eine Klage auf Feststellung eines Klageerhebungsbeschlusses bei einer zweigliedrigen Gesellschaft I Wirksamkeit eines Einziehungsbeschlusses
1. Daraus, dass bei einer zweigliedrigen GmbH der eine Gesellschafter eine Klage auf Ausschließung des anderen Gesellschafters erheben kann und es damit der Erhebung der Ausschließungsklage durch die Gesellschaft nicht notwendigerweise bedarf, damit ein Ausschließungsurteil gegen den jeweils anderen Gesellschafter erwirkt werden kann, kann nicht gefolgert werden, dass, wenn in der Gesellschafterversammlung über einen Klageerhebungsantrag abgestimmt wurde, einer Klage auf Feststellung, dass der Klageerhebungsbeschluss von der Gesellschafterversammlung gefasst wurde, bereits das Rechtsschutzbedürfnis fehlt.
2. Bei der Abstimmung über die Erhebung einer Ausschließungsklage hat der Gesellschafter, der ausgeschlossen werden soll, kein Stimmrecht (vgl. BGH, 17. Februar 1955, II ZR 316/53).
3. Ob tatsächlich ein wichtiger Grund für den Ausschluss des Gesellschafters vorliegt, ist für den Beschluss über die Erhebung der Ausschließungsklage unerheblich. Diese Frage ist ausschließlich im Rechtsstreit über die Ausschließungsklage zu entscheiden (vgl. BGH, 13. Januar 2003, II ZR 227/00).
4. Ein Einziehungsbeschluss verletzt den in §§ 30 Abs. 1, 34 Abs. 3 GmbHG statuierten Kapitalerhaltungsgrundsatz, wenn bereits bei Beschlussfassung feststeht, dass das Einziehungsentgelt nicht aus freiem, die Stammkapitalziffer nicht beeinträchtigenden Vermögen der Gesellschaft bezahlt werden kann. Ein solcher Einziehungsbeschluss ist nichtig (vgl. u.a. BGH, 26. Juni 2018, II ZR 65/16).
5. Die Zuständigkeit der Gesellschafterversammlung zur Beschlussfassung über ihre Vertretung im Ausschließungsprozess folgt aus ihrer Zuständigkeit, über die Erhebung einer Ausschlussklage zu beschließen.
Eintrag lesenOLG München, Beschluss vom 18.05.2021 – 7 W 718/21
1. Kann ein Start-up-Unternehmen für sich in Anspruch nehmen, dass ohne den Erlass einer einstweiligen Verfügung die Beschlussfassung über richtungsweisende Maßnahmen drohen, so kann dies den Erlass einer einstweiligen Anordnung rechtfertigen (Einstweiliger Rechtsschutz).
2. Bei einem Start-up sind nämlich solche Entscheidungen in Anpassung an die Entwicklung regelmäßig häufiger als in einem etablierten Unternehmen zu treffen.
Eintrag lesenOLG München, Urteil vom 02. Dezember 2020 – 7 U 4305/20
1. Bei Fehlen einer Satzungsregelung über den Ausschluss eines Gesellschafters aus der Gesellschaft führt ein Ausschließungsbeschluss der Gesellschafterversammlung noch nicht zum Ausschluss des betroffenen Gesellschafters. Vielmehr bedarf es für einen wirksamen Ausschluss eines Gestaltungsurteils nach erfolgreich erhobener Ausschlussklage (vgl. BGH, 1. April 1953, II ZR 235/52, BGH, 9. März 1987, II ZR 215/86). Bis zur Erwirkung eines rechtskräftigen Gestaltungsurteils über seinen Ausschluss behält der auszuschließende Gesellschafter seine vollen Gesellschafterrechte.
2. Zwar kann auch bei einer fehlenden vorläufigen Verbindlichkeit des Ausschlusses die Gefahr einer Einreichung einer geänderten, den auszuschließenden Gesellschafter nicht mehr ausweisenden Gesellschafterliste zum Handelsregister bestehen, die ein Vorgehen des auszuschließenden Gesellschafters im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes rechtfertigen könnten. Die in einer solchen Konstellation an die Glaubhaftmachung eines Verfügungsgrundes zu stellenden Anforderungen sind jedoch hoch. Neben dem Beschluss müssen weitere, die aktuelle Gefahr der Einreichung einer unrichtigen Gesellschafterliste begründende Umstände hinzutreten.
Eintrag lesenBGH, Urteil vom 10. November 2020 – II ZR 211/19
GmbHG § 16 Abs. 1 Satz 1
Eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung ist durch die negative Legitimationswirkung des § 16 Abs. 1 Satz 1 GmbHG nicht gehindert, einen nach einem möglicherweise fehlgeschlagenen Einziehungsversuch aus der Gesellschafterliste entfernten, aber materiell bestehenden Geschäftsanteil aus einem in der Person des materiell berechtigten Gesellschafters liegenden wichtigen Grund einzuziehen.
Eintrag lesenKG Berlin, Beschluss vom 17. September 2020 – 22 W 66/19
Löschung einer Eintragung bei späterer Nichtigkeitsfeststellung
Ist die Eintragung der Abberufung eines Geschäftsführers in das Handelsregister auf der Grundlage einer Prüfung nach § 16 Abs. 1 Satz 1 GmbHG getroffen worden, kommt die Löschung dieser Eintragung nach § 395 FamFG nicht allein deshalb in Betracht, weil später die Nichtigkeit des zugrundeliegenden Beschlusses wegen einer fehlerhaften Einziehung festgestellt wird.
Eintrag lesenBGH, Urteil vom 4. August 2020 – II ZR 171/19
§ 34 GmbHG
Der Gesellschafter einer GmbH kann, obwohl er seine bereits fällig gestellte Einlage noch nicht vollständig erbracht hat, aus der Gesellschaft ausgeschlossen werden, ohne dass zugleich mit dem Ausschluss ein Beschluss über die Verwertung seines Geschäftsanteils gefasst werden muss.
Eintrag lesenBrandenburgisches Oberlandesgericht, Urteil vom 04. August 2020 – 6 U 100/17
Einziehung des Geschäftsanteils eines Gesellschafters I Zulässigkeit der Feststellungsklage I Abfindungsanspruch des Gesellschafters
1. Zulässiger Gegenstand einer Feststellungsklage kann grundsätzlich nur das Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses sein. Daran fehlt es, wenn Gesellschafter lediglich eine rechtliche Vorfrage für die Ermittlung ihres Abfindungsanspruchs zur gerichtlichen Feststellung stellen.
2. Die Erhebung einer Klage auf Feststellung der Nichtigkeit betreffend den Einziehungsbeschluss einer Gesellschafterversammlung kann nur dann nicht mehr rechtswirksam erhoben werden, wenn nach Eintragung des Beschlusses in das Handelsregister drei Jahre verstrichen sind.
3. Der Beschluss betreffend die Einziehung eines Geschäftsanteils ist dann nichtig, wenn bei dessen Fassung feststeht, dass ein daraufhin fällig werdender Abfindungsanspruch des negativ betroffenen Gesellschafters (Einziehungsentgelt) nicht aus freiem, das Stammkapital nicht beeinträchtigenden Vermögen der Gesellschaft gezahlt werden kann.
4. Ist das Abfindungsentgelt nach dem Gesellschaftsvertrag nicht bereits zum Beschlusszeitpunkt, sondern erst ab dem auf das Ausscheiden folgenden Geschäftsjahren in drei gleichen Jahresraten zu leisten, so ist die bei Beschlussfassung vorzunehmende Prognose, ob zu den jeweils bestimmten Fälligkeitszeitpunkten die Gesellschaft eine Unterbilanz aufweisen oder eine solche durch Berücksichtigung des Abfindungsanspruchs generieren werde, maßgebend.
5. Mit dem Wirksamwerden der Einziehung entsteht für den betroffenen Gesellschafter zwar grundsätzlich sofort ein Anspruch gegen die Gesellschaft auf Zahlung einer angemessenen Abfindung. Der Abfindungsanspruch kann aber im Gesellschaftsvertrag gestundet werden, so dass er erst zu den vereinbarten Zeitpunkten fällig wird.
Eintrag lesenThüringer Oberlandesgericht, Urteil vom 25.03.2020 – 2 U 516/18
GmbH I Voraussetzungen für den Ausschluss eines Gesellschafters
1. Der Ausschluss eines GmbH-Gesellschafters ist gesetzlich nicht geregelt, in Übernahme des in § 314 Abs. 1 BGB normierten Rechtsgedankens gleichwohl aber möglich, wenn ein wichtiger Grund in der Person des Gesellschafters vorliegt, der dazu führt, dass dessen Verbleib für die Gesellschaft unzumutbar ist. Für die Begründetheit einer analog § 140 HGB zu erhebenden Ausschließungsklage kommt es ausschließlich auf das Vorliegen eines „wichtigen Grundes“ an.
2. Ein wichtiger Grund liegt u.a. vor bei nachhaltigen groben Pflichtverletzungen, die so schwer wiegen, dass nach umfassender Interessenabwägung unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles eine andere Lösung den übrigen Gesellschaftern nicht zumutbar ist oder auch bei einer Vielzahl kleinerer Pflichtverletzungen, die in ihrer Gesamtheit eine weitere Zusammenarbeit unzumutbar machen. Ein Verschulden des auszuschließenden Gesellschafters ist nicht erforderlich, dessen Vorliegen oder Fehlen im Rahmen der Abwägung aber zu berücksichtigen.
3. Immer erforderlich ist eine umfassende Prüfung aller Umstände des Einzelfalls und einer Gesamtabwägung der beteiligten Interessen sowie des Verhaltens der übrigen Gesellschafter (Anschluss BGH, Urteil vom 24. September 2013 – II ZR 216/11, WM 2013, 2223).
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