InsO § 39 Abs. 1 Nr. 5, § 135 Abs. 1 Satz 2
Beschließt der Alleingesellschafter einer GmbH, einen festgestellten Gewinn auf neue
Rechnung vorzutragen, kann der aus einem später gefassten, auf Ausschüttung des
Gewinnvortrags gerichteten Gewinnverwendungsbeschluss folgende Zahlungsan-
spruch eine wirtschaftlich einem Darlehen entsprechende Forderung darstellen.
InsO § 39 Abs. 1 Nr. 5, § 135 Abs. 1 Satz 2; GmbHG § 30 Abs. 1 Satz 1
Eine Behandlung als wirtschaftlich einem Darlehen entsprechende Forderung scheidet
aus, wenn bereits zum Zeitpunkt des ersten, auf einen Vortrag des Gewinns auf neue
Rechnung gerichteten Gesellschafterbeschlusses eine Gewinnausschüttung nicht vor-
genommen werden durfte, weil und soweit die Auszahlung zu diesem Zeitpunkt eine
Unterbilanz herbeigeführt oder vertieft hätte.
Gerichtsurteile und Gerichtsbeschlüsse für Feststellung des Jahresabschlusses
BGH, Beschluss vom 11. Mai 2021 – II ZR 56/20
Bilanznichtigkeitsklage des Insolvenzverwalters einer Aktiengesellschaft I Bewertung von Vermögensgegenständen im Jahresabschluss
1. Die anhand § 255 Abs. 1 Satz 1 und 2 HGB zu ermittelnden Anschaffungskosten markieren nach dem in § 253 Abs. 1 HGB kodifizierten Anschaffungswertprinzip (Aktivierung von Vermögensgegenständen mit ihren Anschaffungskosten) die Wertobergrenze der Bewertung. Als Zugangswerte, mit denen angeschaffte Vermögensgegenstände erstmals bilanziert werden, bilden sie den Ausgangspunkt für die Bewertung von Vermögensgegenständen in der Bilanz.
2. Die Aktivierbarkeit der Anschaffungs- und Anschaffungsnebenkosten im Rahmen der Zugangsbewertung schließt aber eine Wertberichtigung noch in der laufenden Abrechnungsperiode im Rahmen des folgenden Jahresabschlusses nicht aus. Liegen die Anschaffungskosten über dem Zeitwert des Vermögensgegenstandes und kommt es dadurch zu Überwertungen bei der Zugangsbewertung, ist im Rahmen des folgenden Jahresabschlusses zu prüfen, ob eine Abwertung nach § 253 Abs. 3 bis 5 HGB zu erfolgen hat.
3. Nach § 253 Abs. 4 HGB gilt für Umlaufvermögen das strenge Niederstwertprinzip. Es ist jeweils auf den Börsen-/Marktpreis oder sonstigen Zeitwert abzustellen, wenn dieser niedriger ist als die Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten.
4. Bei allen Vermögensgegenständen des Anlagevermögens für den Jahresabschluss 2011 einer zwischenzeitlich insolventen) Aktiengesellschaft waren gemäß § 253 Abs. 3 Satz 3 HGB in der Fassung vom 25. Mai 2005 (jetzt § 253 Abs. 3 Satz 5 HGB) oder gemäß § 253 Abs. 4 HGB außerplanmäßige Abschreibungen der vorperiodisch angefallenen Gebühren und Provisionen vorzunehmen, wenn der beizulegende Wert am Abschlussstichtag voraussichtlich dauernd niedriger war als der Buchwert. Jedenfalls durften in diesem Jahresabschluss ein Golddepot („Goldsparplan“) nicht mehr mit den vorperiodischen Anschaffungskosten aktiviert werden.
5. Was als voraussichtlich dauernde Wertminderung anzusehen ist, ist gesetzlich nicht geregelt. Wegen der Geltung des Vorsichtsprinzips werden Wertminderungen von Vermögensgegenständen des Anlagevermögens im Zweifel als voraussichtlich dauernd und nur ausnahmsweise als voraussichtlich vorübergehend angesehen.
6. Hinweis der Dokumentationsstelle des Bundesgerichtshofs: Die Revision vor dem BGH ist nach dem Hinweisbeschluss zurückgenommen worden.
Eintrag lesenBFH, Urteil vom 28. April 2020 – VI R 44/17
Beherrschender Gesellschafter-Geschäftsführer I Zufluss von Tantiemen bei verspäteter Feststellung des Jahresabschlusses
Eine verspätete Feststellung des Jahresabschlusses nach § 42a Abs. 2 GmbHG führt auch im Falle eines beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführers nicht per se zu einer Vorverlegung des Zuflusses einer Tantieme auf den Zeitpunkt, zu dem die Fälligkeit bei fristgerechter Aufstellung des Jahresabschlusses eingetreten wäre.
Die Feststellung des Jahresabschlusses hat auch bei einer GmbH die Bedeutung einer Verbindlicherklärung der Bilanz. Im gesellschaftsinternen Verhältnis zwischen Gesellschaft und Gesellschaftern ist die Feststellung des Jahresabschlusses ein konstitutiv wirkender Akt der Billigung des aufgestellten Jahresabschlusses durch die Gesellschafter, mit dem diese dessen Richtigkeit anerkennen. Dementsprechend ist die Bilanzfeststellung ein Vorgang, aus dem sich im Innenverhältnis auch rechtliche Konsequenzen für die Ansprüche zwischen Gesellschaft und Gesellschaftern im Sinne eines –zivilrechtlich verbindlichen– Schuldanerkenntnisses ergeben können. Die Gesellschafter der GmbH bezwecken mit der ihnen –in der Form der korporativen Beschlussfassung– obliegenden Feststellung des Jahresabschlusses (§§ 42a Abs. 2, 46 Nr. 1 GmbHG) regelmäßig, zumindest die Rechtsgrundlage für das Folgejahr zu fixieren und ihre Ansprüche und Verbindlichkeiten gegenüber der Gesellschaft zum Bilanzstichtag festzulegen.
Eintrag lesenBGH, Urteil vom 21. April 2020 – II ZR 56/18
Kommanditgesellschaft auf Aktien I Rechtsschutzinteresse des Insolvenzverwalters auf Feststellung der Nichtigkeit des Jahreabschlusses bei Vorliegen eines neuen I alleinige Vertretung durch Aufsichtsrat bei Ausscheiden des Komplementärs
1. Der Insolvenzverwalter hat für eine Klage auf Feststellung der Nichtigkeit des Jahresabschlusses gegen eine Kommanditgesellschaft auf Aktien grundsätzlich auch dann ein Rechtsschutzinteresse, wenn er den beanstandeten Jahresabschluss durch einen neuen Abschluss ersetzt hat.
2. Ist eine Kommanditgesellschaft auf Aktien nach Ausscheiden des Komplementärs führungslos, wird sie auch bei notwendiger Doppelvertretung durch den Aufsichtsrat allein vertreten.
Eintrag lesenOLG München, Urteil vom 19.07.2018 – 23 U 2737/17
Feststellung der Nichtigkeit von Beschlüssen zur Festestellung von Jahresabschlüssen
1. Jedenfalls bei einer GmbH & Co. KG ist § 256 AktG auf Beschlüsse zur Feststellung von Jahresabschlüssen entsprechend anwendbar.
2. Enthält der Gesellschaftsvertrag einer GmbH & Co. KG eine an den § 246 AktG angelehnte Regelung, ist innerhalb der im Gesellschaftsvertrag vereinbarten Frist der Nichtigkeitsgrund wenigstens in seinem Tatsachenkern vorzutragen, auch wenn im Personengesellschaftsrecht nicht zwischen der Nichtigkeit und Anfechtbarkeit von Beschlüssen unterschieden wird.
Eintrag lesenThüringer OLG, Urteil vom 8.11.2017 – 2 U 507/16
Insolvenzanfechtung I Anfechtbarkeit von Gewinnausschüttungen und Steuerentnahmen durch Gesellschafter einer Personenhandelsgesellschaft
1. Ein Gesellschafter hat im Rahmen der Insolvenzanfechtung die Voraussetzungen des § 134 InsO zu beweisen; dazu gehört auch, dass Leistungen unentgeltlich erfolgten. Das gilt insbesondere für die Tatsachen, aus denen sich die Unentgeltlichkeit der Zuwendung und deren Vornahme innerhalb der kritischen Zeit ergibt.
2. Die Feststellung des Jahresabschlusses entfaltet unter den Gesellschaftern Bindungswirkung.
3. Bei der Feststellung des Jahresabschlusses handelt es sich auch bei Personengesellschaften um einen konstitutiv wirkenden Akt der Billigung des aufgestellten Jahresabschlusses durch die Gesellschafter, mit der diese dessen Richtigkeit anerkennen.
4. Die Bilanzfeststellung ist ein Vorgang, aus dem sich im Innenverhältnis auch rechtliche Konsequenzen für die Ansprüche zwischen Gesellschaft und Gesellschaftern im Sinne eines – zivilrechtlich verbindlichen – Schuldanerkenntnisses ergeben können.
5. Ob insoweit in der Feststellung des Jahresabschlusses ein abstraktes Schuldanerkenntnis oder ein Feststellungsvertrag im Sinne eines deklaratorischen Anerkenntnisses zu sehen ist, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Die Gesellschafter bezwecken mit der Feststellung des Jahresabschlusses regelmäßig, zumindest die Rechtsgrundlage für das Folgejahr zu fixieren und ihre Ansprüche und Verbindlichkeiten gegenüber der Gesellschaft zum Bilanzstichtag festzulegen; typischer Inhalt einer solchen korporativen Abrede ist auch der Ausschluss der bekannten oder mindestens für möglich gehaltenen Einwendungen im Sinne eines deklaratorischen Anerkenntnisses (Anschluss BGH, 2. März 2009, II ZR 264/07, ZInsO 2009, 1018).
6. Durch die Annahme eines abstrakten Schuldanerkenntnisses wird der Rückgriff auf einzelne Posten, die auf den Gesellschafterkonten verbucht sind, praktisch in derselben Weise verhindert wie in einem Kontokorrentverhältnis durch die Feststellung des Saldos. Durch das deklaratorische Schuldanerkenntnis werden regelmäßig alle Einwendungen ausgeschlossen, die der Anerkennende bei Abgabe seiner Erklärung kannte oder mit denen er zumindest rechnete.
7. Das Behalten eines zur Tilgung der Einkommensteuervorauszahlungsschuld erhaltenen Betrages ist dann von der Vereinbarung nicht umfasst, wenn die Vereinbarung nach ihrem Sinn und Zweck unter Berücksichtigung des zu beachtenden Interesses der Gesellschafter darauf abstellt , dass eine entsprechende Steuerschuld tatsächlich entsteht.
Eintrag lesenBGH, Beschluss vom 7. November 2017 – II ZR 127/16
Gesellschaftsvertrag einer Publikumspersonengesellschaft I Pflichten des beitretenden Gesellschafters
Für den einer Publikumspersonengesellschaft beitretenden Gesellschafter müssen sich die mit dem Beitritt verbundenen, nicht unmittelbar aus dem Gesetz folgenden Pflichten aus dem Gesellschaftsvertrag klar ergeben.
Eintrag lesenOLG Dresden, Urteil vom 09.02.2017 – 8 U 576/16
§ 249 Abs 1 S 1 AktG, § 256 Abs 6 AktG, § 256 Abs 7 S 1 AktG, § 167 ZPO 1. Der Insolvenzverwalter ist zur Erhebung einer Bilanznichtigkeitsklage entsprechend § 256 Abs. 7 […]
Eintrag lesenBGH, Urteil vom 2. März 2009 – II ZR 264/07
Liquidation der GmbH I Aus steuerlichen Gründen gewählte Vertragsgestaltung als Scheingeschäft I Feststellung des Jahresabschlusses als deklaratorisches Schuldanerkenntnis I Rückerstattungsanspruch bei Gesellschaftsvermögensverteilung unter Verstoß gegen das Kapitalerhaltungsgebot I vertraglicher Rückgewähranspruch bei Vorabausschüttungen
1. Wählen die Vertragsparteien eine bestimmte zivilrechtliche Rechtsgestaltung lediglich aus steuerlichen Gründen, fehlt es in der Regel nicht am erforderlichen Rechtsbindungswillen, weil die steuerliche Anerkennung ein gültiges, ernstlich gewolltes Rechtsgeschäft voraussetzt. Erweist sich die gewählte Vertragsgestaltung nachträglich als zivilrechtlich nachteilig, begründet das nicht den Einwand des Scheingeschäfts.
2. Die Feststellung des Jahresabschlusses hat – nicht anders als bei der Personengesellschaft (vgl. dazu: BGH, 29. März 1996, II ZR 263/94, BGHZ 132, 263, 266) – auch bei der GmbH die Bedeutung einer Verbindlicherklärung der Bilanz jedenfalls im Verhältnis der Gesellschafter zur Gesellschaft und auch untereinander. Typischer Inhalt einer solchen korporativen Abrede ist auch der Ausschluss bekannter oder mindestens für möglich gehaltener Einwendungen gegenüber bilanzierten Gesellschafterverbindlichkeiten im Sinne eines deklaratorischen Anerkenntnisses.
3. Eine gegen das in § 73 Abs. 1, 2 GmbHG normierte zwingende Kapitalerhaltungsgebot in der Liquidation verstoßende Verteilung von Gesellschaftsvermögen hat einen Rückerstattungsanspruch der GmbH gegen die Gesellschafter analog § 31 GmbHG zur Folge, der nicht die Entstehung einer Unterbilanz als Folge der Auszahlung voraussetzt.
4. Vorabausschüttungen auf einen erwarteten Liquidationserlös stehen unter dem stillschweigenden Vorbehalt, dass auf die Empfänger nach der abschließenden Liquidationsbilanz ein entsprechender Erlös entfällt. Soweit ein Liquidationserlös nicht vorhanden ist, besteht aufgrund stillschweigender Abrede ein vertraglicher Rückgewähranspruch der GmbH auf Rückzahlung der Vorabausschüttung.
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