Ein Gesellschafter einer GmbH kann Ansprüche der Gesellschaft aus § 43 Abs. 2 GmbHG gegen ihren Fremdgeschäftsführer grundsätzlich nicht im eigenen Namen geltend machen.
Eintrag lesenGerichtsurteile und Gerichtsbeschlüsse für Gesellschafterklage
OLG Brandenburg, Urteil vom 10.11.2021 – 4 U 97/21
Vorläufiges Tätigkeitsverbot gegenüber einem GmbH-Geschäftsführer I Voraussetzungen einer actio pro socio im einstweiligen Verfügungsverfahren
Es kann offenbleiben, ob ein Gesellschafter befugt ist, im Wege der actio pro socio Ansprüche der Gesellschaft gegen einen (Fremd)Geschäftsführer geltend zu machen.
Unterlässt es der im Wege der actio pro socio tätig gewordene Gesellschafter nach Erwirken einer einstweiligen Verfügung bezüglich eines Tätigkeitsverbots des GmbH-Geschäftsführers, einen Gesellschafterbeschluss für dessen Abberufung herbeizuführen, entfällt die für die Prozessführungsbefugnis erforderliche besondere Dringlichkeit.
Eintrag lesenLG München I, Urteil vom 21. Oktober 2021 – 5 HK O 1687/19
Schadensersatzanspruch einzelner Aktionäre wegen einer Wertminderung ihrer Aktien
1. Der Grundsatz der Kapitalerhaltung, wie er zentral in § 57 AktG normiert ist, die Zweckbindung des Gesellschaftsvermögens sowie das Gebot der Gleichbehandlung aller Aktionäre aus § 53a AktG schließen einen Anspruch eines Gesellschafters auf Leistung von Schadensersatz an sich persönlich wegen einer Minderung des Werts seiner Beteiligung, die aus einer vom einem Aktionär vorgetragenen Schädigung der Gesellschaft resultiert, im Regelfall aus (BGH, Urteil vom 11. Juli 1988 – II ZR 243/87; BGH, Urteil vom 14. Mai 2013 – II ZR 176/10).
2. Ein Ausgleich des mittelbaren Schadens kann vielmehr nur dadurch erfolgen, dass der Gesellschafter Leistung an die Gesellschaft verlangt.
3. Ein Aktionär kann die Äußerung hinzunehmen haben, er schulde der beklagten Partei Geld.
Eintrag lesenBGH, Versäumnisurteil vom 22. Januar 2019 – II ZR 143/17
Das Recht des einzelnen Gesellschafters, im Wege der actio pro socio gegen einen Mitgesellschafter vorzugehen, ist beschränkt durch die Grundsätze der gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht und kann sich unter diesem Blickwinkel nach den konkreten Gesellschaftsverhältnissen, zu denen auch das Verhalten des sich auf die Befugnis berufenden Gesellschafters gehört, als rechtsmissbräuchlich darstellen
Eintrag lesenBGH, Urteil vom 19. Dezember 2017 – II ZR 255/16
Ein Kommanditist einer GmbH & Co. KG kann nicht Ansprüche der Kommanditgesellschaft gegen den Fremdgeschäftsführer der Komplementär-GmbH geltend machen.
Eintrag lesenOLG Stuttgart, Urteil vom 15. März 2017 – 14 U 3/14
GmbH-Gesellschafter-Geschäftsführer I Umfang und Auslegung eines gesellschaftsvertraglichen Wettbewerbsverbots I Abfindungsregelung für ausscheidenden Gesellschafter nach dem „Stuttgarter Verfahren“ I Bewertung des Gesellschaftsanteils nach dem Ertragswertverfahren
1. Rein kapitalistische Minderheitsbeteiligungen eines Gesellschafter-Geschäftsführers an einer Konkurrenzgesellschaft ohne Einfluss auf deren Geschäftsführung, ohne Tätigkeit im Unternehmen und ohne Möglichkeit, dieses zu beherrschen oder Einfluss auf unternehmerische Entscheidungen zu nehmen, sind im Regelfall unbedenklich und von der sachlichen Reichweite eines Wettbewerbsverbots des Gesellschafter-Geschäftsführers nicht umfasst.
2. Eine gesellschaftsvertragliche Regelung oder eine Regelung im Anstellungsvertrag, die ein Wettbewerbsverbot des Gesellschafter-Geschäftsführers vorsieht, muss im Lichte von Art. 12 Abs. 1 GG ausgelegt werden; sie erfasst ihrem rechtlich unbedenklichen Sinn und Zweck nach, die Gesellschaft vor der Aushöhlung von innen her zu schützen, im Regelfall nicht den rein kapitalistischen Erwerb einer Minderheitsbeteiligung an einem Konkurrenzunternehmen und ist ggf. entsprechend einschränkend auszulegen.
3. Zu den Anforderungen an die Darlegung eines Schadens, der Wahrscheinlichkeit eines Schadens bzw. gezogenen Vorteilen, soweit Ansprüche auf Schadensersatz, Auskunft, Vorteilsherausgabe sowie ein Eintrittsrecht analog § 113 HGB auf den Verstoß gegen ein gesellschaftsrechtliches Wettbewerbsverbot gestützt werden.
4. Einem Minderheitsgesellschafter stehen eigene Ansprüche aus der Verletzung eines gesellschaftsvertraglichen Wettbewerbsverbots durch einen Mitgesellschafter nur dann zu, wenn er einen über den durch die Minderung des Gesellschaftsvermögens im Wert seines Geschäftsanteils eingetretenen Reflexschaden hinausgehenden eigenen Schaden erlitten hat.
5. Eine im Gesellschaftsvertrag enthaltene Klausel, wonach eine anlässlich des Ausscheidens eines Gesellschafters zu leistende Abfindung nach dem im sog. „Stuttgarter Verfahren“ ermittelten Wert seines Anteils berechnet wird, ist grundsätzlich wirksam und für die Parteien verbindlich.
6. Zu der Frage, unter welchen Voraussetzungen ein Schiedsgutachten zur Ermittlung des Anteilswertes nach dem „Stuttgarter Verfahren“ offenbar unrichtig im Sinne von § 319 Abs. 1 Satz 1 BGB ist und welche Umstände bei der Bewertung nach dem Stuttgarter Verfahren im Einzelnen zu berücksichtigen sind.
7. Eine gesellschaftsvertragliche Abfindungsregelung, die an eine Anteilsbewertung nach dem Stuttgarter Verfahren anknüpft, kann unanwendbar und der Abfindungsbetrag anzupassen sein, wenn der sich nach dem Stuttgarter Verfahren ergebende Anteilswert vom tatsächlichen Verkehrswert des Anteils erheblich abweicht. Das gilt auch dann, wenn der tatsächliche Verkehrswert deutlich niedriger liegt als der nach Stuttgarter Verfahren ermittelte Anteilswert.
8. Zur Berechnung des tatsächlichen Wertes eines Gesellschaftsanteils auf der Grundlage des Ertragswertverfahrens.
Eintrag lesenOLG Düsseldorf, Urteil vom 10.03.2016 – I-6 U 89/15
1. Bei der GmbH kommt eine Gesellschafterklage (actio pro socio) nicht nur bei Beschlussanfechtungs- und -nichtigkeitsklagen, sondern auch dann in Betracht, wenn der eine Gesellschafter den anderen Gesellschafter wegen der treuwidrigen Schädigung des Gesellschaftsvermögens auf Leistung an die GmbH (hier: auf Rückzahlung einer ungerechtfertigten bzw. verbotenen Privatentnahme) in Anspruch nimmt und die vorrangige Haftungsklage der Gesellschaft durch den Schädiger vereitelt worden ist.
2. Die Befugnis für eine Gesellschafterklage steht nur demjenigen Gesellschafter der GmbH zu, der als Inhaber eines Geschäftsanteils in der im Handelsregister aufgenommenen Gesellschafterliste eingetragen ist.
3. Der Grundsatz des § 265 Abs. 2 Satz 1 ZPO, dass eine nach Rechtshängigkeit eingetretene Übertragung des Rechts auf den Prozess keinen Einfluss hat, findet auch auf Gesellschafterklagen analoge Anwendung. Es gilt allerdings, dass eine Verfahrensfortsetzung für den ausgeschiedenen Gesellschafter nur zulässig ist, wenn er daran im konkreten Fall noch ein rechtliches Interesse hat. Dieses Interesse kann auch darin begründet sein, dass die Schädigung des Gesellschaftsvermögens mittelbar auch den Gesellschafter schädigt, weil sein Geschäftsanteil entsprechend weniger wert ist und somit Auswirkungen auf die Höhe oder auch die Durchsetzbarkeit seines Abfindungsanspruchs haben kann.
Eintrag lesenThüringer OLG, Urteil vom 09.09.2015 – 2 U 219/15
Einstweilige Verfügung im Wege der Gesellschafterklage I Regelungsverfügung auf Untersagung des Handelns eines Geschäftsführers bis zur gerichtlichen Feststellung der Wirksamkeit des Abberufungsbeschlusses
1. Ein Mitgesellschafter einer GmbH kann mit Erfolg den Erlass einer einstweiligen Verfügung beantragen, mit dem es dem Geschäftsführer/Mitgesellschafter untersagt werden soll, bis zu bestimmten, hilfsweise gestaffelten Zeitpunkten als Geschäftsführer der GmbH aufzutreten und zu handeln, bis die Wirksamkeit eines Abberufungsbeschlusses festgestellt ist.
2. Die Rechtshängigkeit des Hauptsacheverfahrens (in der Berufungsinstanz) steht den Eilanträgen nicht entgegen. Die Rechtshängigkeit wirkt nicht im Verhältnis zwischen dem Eilverfahren und dem Hauptsacheverfahren, da unterschiedliche Streitgegenstände vorliegen. Während der Streitgegenstand des einstweiligen Rechtsschutzes der Anspruch auf Sicherung eines Individualanspruches ist, liegt dem Hauptsacheverfahren der zu sichernde Anspruch selbst als Streitgegenstand zu Grunde. Deswegen sind im Hinblick auf die unterschiedlichen Rechtsschutzziele und Wirkungen beide Verfahren nebeneinander zulässig.
3. Die Erwirkung einer einstweiligen Verfügung zur einstweiligen Regelung des Rechtsverhältnisses in gesellschaftsrechtlichen Abberufungskonflikten ist anerkannt (Anschluss OLG Stuttgart, 26. Oktober 2005, 14 U 50/05, GmbHR 2006, 1258). Die einstweilige Regelung kann auch die Untersagung der Ausübung von Geschäftsführerbefugnissen umfassen (Anschluss KG Berlin, 11. August 2012, 23 U 114/11, GmbHR 2011, 1272 und BGH, 20. Dezember 1982, II ZR 110/82, BGHZ 86, 177).
4. Der Antragsteller verfolgt als Gesellschafter der GmbH einen aus §§ 823 Abs. 1 BGB i.V.m. 1004 Abs. 1 BGB analog herrührenden Anspruch der Gesellschaft im Wege der actio pro socio. Es handelt sich um einen quasinegatorischen Anspruch der Gesellschaft selbst auf Unterlassung von Eingriffen in ihren eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb.
5. In einer zweigliedrigen Gesellschaft, in der nur der abberufene Geschäftsführer alleinvertretungsberechtigt ist oder wenn eine etwaige Vertretungsmacht eines weiteren Geschäftsführer ebenfalls streitig ist, ist jedenfalls für das einstweilige Verfügungsverfahren die Handlungsunfähigkeit oder Handlungsunwilligkeit der Gesellschaft für eine Übergangszeit als gegeben anzusehen und der antragstellende Gesellschafter nicht auf die Herbeiführung einer Beschlussfassung nach § 46 Nr. 8 GmbHG zu verweisen.
Eintrag lesenThüringer OLG, Urteil vom 08.01.2014 – 2 U 627/13
Gesellschafterbeschluss I Vertretungsberechtigung einer Fremdgeschäftsführerin für die GmbH im Rechtsstreit um die Wirksamkeit der Abberufung
1. Wird zwischen einem Gesellschafter und der GmbH in der Hauptsache ein Prozess um die Anfechtbarkeit und/oder Nichtigkeit eines Abberufungsbeschlusses geführt, wird die beklagte GmbH im Rechtsstreit von derjenigen Person vertreten, die bei Abweisung der Klage materiell-rechtlich als ihr gesetzlicher Vertreter anzusehen wäre; dies gilt auch im Eilverfahren, wenn die Wirksamkeit der Bestellung oder Abberufung eines Geschäftsführers, der als Vertreter der GmbH auftritt, in Streit steht.
2. Der Erlass einer einstweiligen Verfügung, mit der der abberufenen Geschäftsführerin das Auftreten für die GmbH einstweilen bis zur Rechtskraft einer Entscheidung über die Beschlussfassung untersagt wird, kann im Wege der actio pro socio geltend gemacht werden.
3. Zur Ausübung des Selbsteinberufungsrechts eines GmbH-Gesellschafters.
Ein Gesellschafter kann mit der Gesellschafterklage (actio pro socio) einen Unterlassungsanspruch der Gesellschaft aus § 823 Abs. 1 BGB i. V. m. §1004 Abs. 1 BGB analog im Wege der einstweiligen Verfügung geltend machen, wenn er die wirksame Abberufung des Geschäftsführers glaubhaft macht und die Mitgesellschafter auf der Grundlage ihrer gesellschafterlichen Treuepflicht verpflichtet sind, der Geltendmachung des einstweiligen Rechtsschutzes durch den Gesellschafter zuzustimmen (§ 46 Nr. 8 GmbHG).
Eintrag lesenBGH, Urteil vom 14. Mai 2013 – II ZR 176/10
Auflösung einer GmbH durch Eröffnung des Insolvenzverfahrens I Schadensersatzanspruch des Gesellschafters wegen der aus einer Schädigung der Gesellschaft resultierenden Minderung des Werts seiner Beteiligung
Der Grundsatz, dass der Gesellschafter einer GmbH Schadensersatz wegen einer Minderung des Werts seiner Beteiligung, die aus einer Schädigung der Gesellschaft resultiert (mittelbarer oder Reflexschaden), nicht durch Leistung an sich persönlich, sondern nur durch Leistung an die Gesellschaft verlangen kann, gilt auch dann, wenn die Gesellschaft durch Eröffnung des Insolvenzverfahrens aufgelöst wird (Ergänzung zu BGH, Urteil vom 29. November 2004, II ZR 14/03, ZIP 2005, 320).
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