Einstweiliger Rechtsschutz gegen die Kaduzierung eines GmbH-Geschäftsanteils: Nichtigerklärung des Einziehungsbeschlusses wegen Vorliegens einer Unterbilanz im Falle einer Abfindungszahlung
Eintrag lesenGerichtsurteile und Gerichtsbeschlüsse für Kapitalerhaltung und Einziehung nach § 34 GmbHG
Thüringer Oberlandesgericht, Urteil vom 29.08.2018 – 2 U 94/18
Die Mitgliedschaft eines Gesellschafters besteht in Rechten und Pflichten. Diese Rechte sind Vermögensrechte (Gewinn- und Liquidationsanteil, Bezugsrecht), Mitverwaltungsrechte (Stimmrecht, Anfechtungsrecht) und sonstige Rechte, insbesondere Kontrollrechte (Einsichts- und Auskunftsrecht, Minderheitsrecht) (Lutter/Hommelhoff – Bayer, GmbHG, 19. A. , § 14 GmbHG, Rn. 16). Das Mitgliedschaftsverhältnis begründet mitgliedschaftliche Treuebindungen, aus denen auch ein Anspruch des Gesellschafters gegenüber der Gesellschaft folgen kann (BGH, Urteil vom 30. September 1991 – II ZR 208/90 –, Rn. 8, juris). Die GmbH ist auf der Grundlage der sie bindenden Treuepflicht gehalten, die im mitgliedschaftlichen Bereich liegenden berechtigten Anliegen eines Gesellschafters, deren Erfüllung sachlich möglich und geboten ist, weil eine sachlich gerechtfertigte Ablehnung nicht in Betracht kommt, zu erfüllen. Die Gesellschaft hat somit auf die berechtigten Belange der Gesellschafter Rücksicht zu nehmen (Lutter/Hommelhoff – Bayer, aaO, § 14 GmbHG, Rn. 31).
Eintrag lesenThüringer Oberlandesgericht, Urteil vom 30. Mai 2018 – 2 U 800/15
1. Der durch einen Einziehungsbeschluss betroffene Gesellschafter ist für die Führung einer Anfechtungsklage gegen den Beschluss auch dann als klagebefugt anzusehen, wenn er zum Zeitpunkt der Klageerhebung in der zwischenzeitlich zum Handelsregister eingereichten Gesellschafterliste nicht mehr als Gesellschafter eingetragen ist.
2. Im Rahmen der materiellen Inhaltskontrolle von Gesellschafterbeschlüssen befindet sich die Gesellschaft in der Darlegungs- und Beweislast hinsichtlich positiver Zulässigkeitsvoraussetzungen bzw. sachlicher Wirksamkeitsvoraussetzungen des angefochtenen Beschlusses, und hat also, bedarf der angefochtene Gesellschafterbeschluss einer besonderen Rechtfertigung, die Rechtfertigungsgründe darzulegen und die entsprechenden Tatsachen zu beweisen (OLG Stuttgart, 19. Dezember 2012, 14 U 10/12).
3. Soweit darauf abzustellen ist, ob tatsächlich ein wichtiger Grund im Zeitpunkt der Beschlussfassung vorlag oder nicht, hat das Vorliegen des wichtigen Grundes im Rechtsstreit derjenige darzulegen und zu beweisen, der sich darauf beruft (BGH, 4. April 2017, II ZR 77/16).
Eintrag lesenBGH, Urteil vom 10. Mai 2016 – II ZR 342/14
GmbH I Entstehungszeitpunkt der persönlichen Haftung der Gesellschafter für die Zahlung der Abfindung bei Einziehung eines Geschäftsanteils I treuwidriges Verhalten der Gesellschafter I Eröffnung des Insolvenzverfahrens
1. Die persönliche Haftung der Gesellschafter nach den Grundsätzen des Senatsurteils vom 24. Januar 2012 (II ZR 109/11, BGHZ 192, 236) entsteht weder bereits mit der Fassung des Einziehungsbeschlusses noch allein aufgrund des Umstands, dass die Gesellschaft später zum Zeitpunkt der Fälligkeit gemäß § 34 Abs. 3, § 30 Abs. 1 GmbHG an der Zahlung der Abfindung gehindert ist oder sie unter Berufung auf dieses Hindernis verweigert. Die persönliche Haftung der Gesellschafter entsteht erst in dem Zeitpunkt, ab dem die Fortsetzung der Gesellschaft unter Verzicht auf Maßnahmen zur Befriedigung des Abfindungsanspruchs des ausgeschiedenen Gesellschafters als treuwidrig anzusehen ist.
2. Liegen die Voraussetzungen für die Annahme eines treuwidrigen Verhaltens vor, so haften die Gesellschafter auch dann, wenn die Einziehung nicht gegen den Willen des betroffenen Gesellschafters, sondern mit seiner Zustimmung erfolgt.
3. Eine Haftung der verbliebenen Gesellschafter entsteht grundsätzlich dann nicht zwingend, wenn im Zeitpunkt der Fälligkeit der Abfindung oder danach über das Vermögen der Gesellschaft das Insolvenzverfahren eröffnet wird oder die Gesellschaft jedenfalls insolvenzreif ist und die Antragstellung nicht treuwidrig verzögert wird.
Eintrag lesenOLG Dresden, Urteil vom 28. Oktober 2015 – 13 U 788/15, 13 U 0788/15
§ 34 GmbHG 1. Der Wirksamkeit des Einziehungsbeschlusses steht nicht die fehlende Zustimmung des betroffenen GesellschaftersBitte wählen Sie ein Schlagwort:ZustimmungZustimmung des betroffenen Gesellschafters R. entgegen. Der Gesellschafter hat der Einziehung zugestimmt. Dies stand nicht, wie […]
Eintrag lesenBGH, Urteil vom 24. September 2013 – II ZR 216/11
GmbH I Einziehung eines Geschäftsanteils wegen eines tiefgreifenden Zerwürfnisses der Gesellschafter
Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats setzt ein wichtiger Grund zum Ausschluss eines Gesellschafters im Falle eines – vom Berufungsgericht hier festgestellten – tiefgreifenden Zerwürfnisses der Gesellschafter voraus, dass das Zerwürfnis von dem betroffenen Gesellschafter zumindest überwiegend verursacht worden ist und in der Person des oder der die Ausschließung betreibenden Gesellschafter keine Umstände vorliegen, die deren Ausschließung oder die Auflösung der Gesellschaft rechtfertigen (vgl. BGH, Urteil vom 25. Januar 1960 – II ZR 22/59, BGHZ 32, 17, 31; Urteil vom 10. Juni 1991 – II ZR 234/89, GmbHR 1991, 362, 363; Urteil vom 24. Februar 2003 – II ZR 243/02, ZIP 2003, 759, 761).
Eintrag lesenOLG Stuttgart, Urteil vom 19.12.2012 – 14 U 10/12
1. Zu den Voraussetzungen einer Einziehung von GmbH-Geschäftsanteilen bzw. einer Ausschließung eines GmbH-Gesellschafters aus wichtigem Grund.
2. Ein wichtiger Grund zur Abberufung eines der beiden Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH liegt bereits in dem Umstand, dass diese untereinander so zerstritten sind, dass eine Zusammenarbeit zwischen ihnen nicht mehr möglich ist, jedenfalls soweit der jeweils Abzuberufende durch sein – nicht notwendigerweise schuldhaftes – Verhalten zu dem Zerwürfnis beigetragen hat, wobei es auf das Verhältnis der jeweiligen Verursachens- und Verschuldensbeiträge zueinander nicht entscheidend ankommt. Diese Maßstäbe gelten auch in der zweigliedrigen GmbH mit zwei Gesellschafter-Geschäftsführern.
3. Zu den verfahrensrechtlichen Voraussetzungen einschlägiger Beschlussanfechtungsklagen.
Eintrag lesenBGH, Urteil vom 24. Januar 2012 – II ZR 109/11
Wirksamwerden eines nicht für nichtig erklärten Einziehungsbeschlusses mit dessen Mitteilung an den Gesellschafter I persönliche Haftung der ausschließenden Gesellschafter bei Unmöglichkeit der Abfindungszahlung wegen der Kapitalbindung
1. Wenn ein Einziehungsbeschluss weder nichtig ist noch für nichtig erklärt wird, wird die Einziehung mit der Mitteilung des Beschlusses an den betroffenen Gesellschafter und nicht erst mit der Leistung der Abfindung wirksam.
2. Die Gesellschafter, die den Einziehungsbeschluss gefasst haben, haften dem ausgeschiedenen Gesellschafter anteilig, wenn sie nicht dafür sorgen, dass die Abfindung aus dem ungebundenen Vermögen der Gesellschaft geleistet werden kann, oder sie die Gesellschaft nicht auflösen.
Eintrag lesenBGH, Beschluss vom 8. Dezember 2008 – II ZR 263/07
GmbH I Satzungsregelung über den sofortigen Verlust der Gesellschafterstellung im Falle des Ausschlusses I Nichtigkeit eines Beschlusses über die Einziehung eines Gesellschaftsanteils
1. Die Satzung einer GmbH kann für den Fall des Ausschlusses eines Gesellschafters durch Gesellschafterbeschluss anordnen, dass der betroffene Gesellschafter seine Gesellschafterstellung mit sofortiger Wirkung – also auch schon vor Zahlung seiner Abfindung – verliert (BGH, 25. Januar 1960, II ZR 22/59, BGHZ 32, 17, 23; Sen.Urt. v. 30. Juni 2003, II ZR 326/01, ZIP 2003, 1544).
2. Der Beschluss über die Einziehung eines Geschäftsanteils ist wegen Verstoßes gegen § 34 Abs. 3 GmbHG jedenfalls dann nichtig, wenn infolge einer Unterbilanz bzw. einer darüber hinausgehenden bilanziellen Überschuldung bereits im Zeitpunkt der Beschlussfassung feststeht, dass die Gesellschaft eine geschuldete – sofort fällige – Abfindung nicht aus freiem Vermögen aufbringen kann (BGH, 19. Juni 2000, II ZR 73/99, BGHZ 144, 365, 369 f.).
Eintrag lesenOLG Frankfurt, Urteil vom 7. Oktober 2008 – 14 U 169/07
GmbH I Gesellschaftsvertragsregelung über die Einziehung des Geschäftsanteils eines Gesellschafters bei Veruntreuung von Geldern der Gesellschaft I Anfechtung des Einziehungsbeschlusses
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