Zur Wirksamkeit eines mit einem GmbH-Geschäftsführer vereinbarten nachvertraglichen Wettbewerbsverbots, das bei Zuwiderhandlung den rückwirkenden Verfall einer Karenzentschädigung vorsieht.
Eintrag lesenGerichtsurteile und Gerichtsbeschlüsse für Nachvertragliches Wettbewerbsverbot
OLG Brandenburg, Urteil vom 14.02.2023 – 6 U 14/20
Prozessvollmacht bei fehlender Eintragung des Vorstands ins Handelsregister
1. Ein alleiniges Vorstandsmitglied hat auch dann Prozessvollmacht, wenn seine Neubestellung bisher nicht im Handelsregister eingetragen ist, denn die Eintragung der nach § 81 Abs. 1 AktG anmeldungspflichtigen Tatsachen hat nur deklaratorische Bedeutung.
2. Eine Hemmung der Verjährung durch einen anderen Rechtsstreit wird grundsätzlich nur erreicht, wenn derselbe Streitgegenstand betroffen ist. Es genügt nicht, dass durch beide Rechtsstreitigkeiten ein Vorgang aus einem im weitesten Sinne im Zusammenhang stehenden historischen Lebenssachverhalt betroffen ist (Anschluss BGH, Urteil vom 17. Oktober 1995 – VI ZR 246/94), sondern entscheidend ist das im Rechtsstreit jeweils verfolgte Klageziel (hier: Verleitung zum nachvertraglichen Wettbewerbsverbot bzw. Patentrechtsstreit über Untersagung technischen Verfahrens).
Eintrag lesenOLG Naumburg, Urteil vom 24.03.2022 – 2 U 143/21
Agile Softwareentwicklung
Verstoß gegen die nachwirkende mitgliedschaftliche Treuepflicht durch den ausgeschiedenen Mitgesellschafter einer Zwei-Personen-GmbH
Ein aus einer Zwei-Personen-GmbH ausgeschiedener Mitgesellschafter verstößt gegen seine nachwirkende mitgliedschaftliche Treuepflicht, wenn er die Projektleitung für eine Softwareentwicklung in agiler Arbeitsweise, welche er für eine Kundin der GmbH innehatte, in seinem neuen beruflichen Wirkungskreis ohne Zustimmung der Gesellschaft fortsetzt.
Eintrag lesenOLG München, Urteil vom 19.01.2022 – 7 U 2659/20 – Wettbewerbsverbot
Eine Personengesellschaft, bei der kein Gesellschafter in der Haftung beschränkt ist, ist (ohne Eintragung ins Handelsregister) offene Handelsgesellschaft, wenn sie ein Handelsgewerbe betreibt (§ 105 HGB). Anderenfalls handelt es sich um eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts.
Handelsgewerbe ist jedes Gewerbe, es sei denn, es erfordert keine kaufmännische Einrichtung (§ 1 Abs. 2 HGB). Die vorliegende Vermietung einer Lokalität zum Zwecke der Gewinnerzielung ist zweifellos ein Gewerbe. Damit wird vermutet, dass es sich um ein Handelsgewerbe handelt, so dass das Gegenteil zur Darlegungs- und Beweislast des Beklagten stand.
Nach der gesetzlichen Definition ist Handelsgewerbe ein Gewerbe, welches nach Art und Umfang eine kaufmännische Einrichtung erfordert. Dies ist auf der Basis einer Gesamtschau der den Betrieb kennzeichnenden Umstände zu beurteilen (BGH, Urteil vom 28.4.1960 – II ZR 239/58 Ls. 2; Urteil vom 16.11.1965 – V ZR 89/63, Rz. 13). Als zu berücksichtigende Kriterien nennt die erstere Entscheidung Beschäftigtenzahl, Tätigkeitsart, Umsatz, Anlagekapital, Betriebskapital, Leistungsvielfalt, Zahl der Geschäftsbeziehungen, Kreditaufnahme; in der zweitgenannten Entscheidung sind beispielhaft aufgeführt Umsatz, Verbindlichkeiten, Außenstände, Aktivvermögen. In der Kommentarliteratur (z.B. Kindler, in: Ebenroth / Boujong, HGB, 4. Aufl., § 1 Rz. 56 ff.) finden sich ähnliche Aufzählungen (Handelsbücher, Inventar- und Bilanzerrichtung, Aufbewahrung der Korrespondenz, Firmenführung, kaufmännisch vorgebildetes Personal, Lohnbuchhaltung, Vielfalt der Erzeugnisse und Leistungen, Teilnahme am Frachtverkehr, grenzüberschreitende Tätigkeit, Sach- und Personalkredite).
Eintrag lesenOLG München, Urteil vom 15.12.2021 – 7 U 2770/21
Es gilt auch im Falle eines Vorstandsdienstverhältnisses, das wie ein Arbeitsverhältnis ein Dienstvertragsverhältnis i.S.d §§ 611 ff. BGB ist und das eine Arbeitnehmereigenschaft des Vorstands iSd. § 38 EStG begründet, dass, wenn eine vom Dienstgeber bezogene Leistung der Steuer unterliegt, der Dienstnehmer nach § 38 Abs. 2 EStG Schuldner der Lohnsteuer ist und es sich nur dann anders verhält, wenn aufgrund einer Nettovergütungsvereinbarung die Steuern nicht zu Lasten des Dienstnehmers, sondern insgesamt zu Lasten des Dienstgebers gehen sollen.
Eintrag lesenLG Köln, Urteil vom 26. Mai 2020 – 90 O 73/19
Einer Gesellschaft muss im Einzelfall nach Treu und Glauben versagt werden, sich auf die Unwirksamkeit eines Geschäftsführer-Anstellungsvertrags zu berufen, wenn sie die Auflösung eines bis dato gültigen Vertrags zur Bedingung für den Abschluss des neuen Dienstvertrags macht und damit veranlasst, dass der Geschäftsführer einer Aufhebung eines langjährigen und in seiner Wirksamkeit nicht in Frage gestellten Dienstverhältnisses einschließlich der daraus auch für die Zukunft resultierenden Rechte zustimmt.
Eintrag lesenLG Frankfurt, Urteil vom 17.02.2021 – 3-08 O 67/20
Unterlassung von Wettbewerbshandlungen I Auskunft über den Umfang von Wettbewerbshandlungen I Schadensersatz
Eintrag lesenOLG Brandenburg, Urteil vom 15.12.2020 – 6 U 172/18
1. Die Vereinbarung eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbots ist wegen Sittenwidrigkeit unwirksam, wenn es die Berufsfreiheit unzulässig einschränkt. Beispielsweise ist eine Vereinbarung eines über zwei Jahre andauernden Wettbewerbsverbots nur in besonderen Einzelfällen zulässig.
2. Der räumliche Umfang des Wettbewerbsverbots ist zu groß, wenn der räumliche Wirkungsbereich des Tätigkeitsverbots nicht eingeschränkt wird.
3. Es ist zudem nicht zulässig, jede Tätigkeit für einen gleichartigen Betrieb zu untersagen. Damit wäre nicht nur eine Tätigkeit als leitender Angestellter untersagt, sondern auch eine in untergeordneter Stellung wie beispielsweise als Hausmeister.
4. Wegen des Abschlusses des Vertrags mit dem unwirksamen Wettbewerbsverbot besteht ein Schadensersatzanspruch. Der Vertragspartner ist so zu stellen, wie er ohne das schädigende Ereignis gestanden hätte. Der Arbeitnehmer kann deswegen Ersatz der ihm infolge der Unwirksamkeit des Wettbewerbsverbotes entgangenen Karenzentschädigung verlangen. Dabei ist ausnahmsweise hinzunehmen, dass es sich um das Erfüllungsinteresse handelt, denn nach den Umständen des Einzelfalles steht fest, dass ohne das schuldhafte Verhalten ein anderer, für den Geschädigten günstigerer Vertrag zustande gekommen wäre.
5. Der Schadensersatzanspruch verringert sich auch nicht durch eine bei einer anderen Firma bezogene Vergütung. Denn der Arbeitnehmer ist so zu stellen, wie er ohne das schädigende Verhalten der Beklagten gestanden hätte. Eine von einer anderen Firma bezogene Vergütung hätte jedoch auf die Bemessung einer vertraglichen Karenzentschädigung keinen Einfluss gehabt.
6. Hinweis der Dokumentationsstelle des Bundesgerichtshofs: Die Nichtzulassungsbeschwerde vor dem BGH (II ZR 22/21) ist zurückgenommen worden.
Eintrag lesenOLG Nürnberg, Urteil vom 14.10.2020 – 12 U 1440/20
1. Die in einer Unternehmenssatzung getroffene Regelung, dass kein Gesellschafter der Gesellschaft während seiner Vertragszeit unmittelbar oder mittelbar, unter eigenem oder fremdem Namen, für eigene oder fremde Rechnung im Geschäftsbereich der Gesellschaft Konkurrenz machen oder sich als Mitunternehmer an einem Konkurrenzunternehmen beteiligen darf, ist dahin auszulegen, dass dieses Wettbewerbsverbot nicht für den Zeitraum gilt, in dem das Stimmrecht eines Gesellschafters der Satzung ruht, weil dieser seinen Austritt aus der Gesellschaft erklärt hat.
2. Ein an einen Gesellschafter gerichtetes umfassendes Wettbewerbsverbot in dem Gesellschaftsvertrag einer GmbH ist einschränkend in dem Sinne auszulegen, dass es nur bis zum wirksamen Austritt aus der Gesellschaft gilt. Die Weitergeltung des Wettbewerbsverbots über diesen Zeitpunkt hinaus käme einem gegen § 138 BGB i.V.m. Art. 12 Grundgesetz verstoßenden Berufsverbot gleich.
3. In Ausnahmefällen, in denen ein Gegenverfügungsantrag sachdienlich und mit den besonderen Anforderungen eines einstweiligen Rechtsschutzverfahrens vereinbar ist, kann dieser ausnahmsweise als zulässig angesehen werden. Ein solcher Ausnahmefall liegt vor, wenn der Inhalt der vom Verfügungskläger beantragten einstweiligen Verfügung im Wesentlichen das spiegelbildliche Gegenteil der vom Verfügungsbeklagten beantragten Gegenverfügung darstellt, beide Parteien somit aus dem identischen Sachverhalt unterschiedliche Rechtsfolgen herleiten und hierüber gemeinsam entschieden werden kann, ohne dass es zu einer Verfahrensverzögerung kommt.
Eintrag lesenArbG Brandenburg, Urteil vom 15. Juli 2020 – 2 Ga 6/20
Ausscheiden aus einer Sozietät
Verlässt ein als Außensozius auftretender Rechtsanwalt die Kanzlei und wird diese fortgeführt, handelt es sich immer um den Fall des Ausscheidens aus einer Sozietät § 32 II BORA (juris: RABerufsO), wenn dieser angestellter Anwalt war.
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