Klagen im Zusammenhang mit der Abberufung von Geschäftsführern und der Beendigung des Anstellungsvertrages … Verhältnis von Organstellung und AnstellungsvertragBitte wählen Sie ein Schlagwort:AnstellungsvertragVerhältnis von Organstellung und Anstellungsvertrag … Trennungstheorie … Trennungsgrundsatz … 1. Möglichkeiten der […]
Eintrag lesenGerichtsurteile und Gerichtsbeschlüsse für Risikomanagement- und Überwachungssystem
KG Berlin, Urteil vom 28.04.2022 – 2 U 39/18
Ersatz pflichtwidriger Zahlungen I Exkulpation des Geschäftsführers einer Konzern-GmbH durch für den Gesamtkonzern eingeholtes Insolvenzgutachten
1. Ein vom Insolvenzverwalter als Indiz der Überschuldung vorgelegter Jahresabschluss ist nicht schon deswegen ohne Aussagekraft, weil er vor Insolvenzeröffnung nicht mehr förmlich beschlossen und vom Geschäftsführer unterzeichnet werden konnte. Vielmehr sind dem Geschäftsführer konkrete Einwendungen in der Sache zumutbar.
2. Zur Frage, ob sich der Geschäftsführer einer konzernangehörigen GmbH zur Exkulpation auf ein Anwaltsgutachten stützen kann, welches das Vorliegen von Insolvenztatbeständen im Wege einer reinen Konzernbetrachtung verneint.
3. Hat der auf die Erstattung von Zahlungen in der Insolvenz in Anspruch genommene Geschäftsführer die sorgfältige Plausibilitätskontrolle einer Insolvenzbegutachtung unterlassen, kann er nicht geltend machen, bei deren Vornahme hätte ihm der Fehler des Begutachtenden nicht auffallen müssen.
Eintrag lesenOLG Hamm, Urteil vom 29.05.2019 – 8 U 146/18
Kündigung des Anstellungsvertrags eines GmbH-Geschäftsführers I Freigabe einer Zahlung auf eine fingierte Forderung zur Honorierung einer Provisionsabrede I Billigung des Mitgeschäftsführers I Erforderlichkeit einer Abmahnung bei gravierenden Compliance-Verstößen I Verzögerung der Einberufung der für die Beschlussfassung über die Kündigung zuständigen Gesellschafterversammlung
1. Gibt ein GmbH-Geschäftsführer eine Zahlung auf eine – wie er weiß – fingierte Forderung frei, um damit eine Provisionsabrede zu honorieren, die gegen die unternehmensinternen Compliance-Vorschriften über zustimmungsbedürftige Geschäfte verstieß, kann darin eine Pflichtverletzung liegen, die einen wichtigen Grund zur Kündigung des Anstellungsvertrages darstellt.
Den Geschäftsführer entlastet dann nicht die Annahme, sein Mitgeschäftsführer habe das Vorgehen gebilligt.
2. Die Kündigung aus wichtigem Grund wegen gravierender Compliance-Verstöße eines Geschäftsführers setzt keine Abmahnung voraus.
3. Die Einberufung der für die Beschlussfassung über die Kündigung zuständigen Gesellschafterversammlung wird nicht unangemessen verzögert, wenn zur Aufklärung des Sachverhalts die konzerneigene Compliance-Abteilung eingeschaltet und dadurch eine Einarbeitungszeit erforderlich wird. Es ist ein Gebot umsichtiger Ermittlungen, diese sorgfältig vorzubereiten und zu organisieren.
4. Eine Frist von 10 Wochen bis zur Abhaltung der Gesellschafterversammlung kann noch akzeptabel sein, wenn sich etwa wegen Urlaubs und dienstlicher Abwesenheit die beabsichtigte zeitgleiche Befragung mehrerer Personen verzögert und sich aus den Befragungen weiterer Ermittlungsbedarf ergibt.
Eintrag lesenBGH, Urteil vom 6. November 2018 – II ZR 11/17
Haftung des GmbH-Geschäftsführers für Zahlungen nach Insolvenzreife I Voraussetzungen einer Geschäftsverteilung oder Ressortaufteilung auf der Ebene der Geschäftsführung
Eine Geschäftsverteilung oder Ressortaufteilung auf der Ebene der Geschäftsführung setzt eine klare und eindeutige Abgrenzung der Geschäftsführungsaufgaben auf Grund einer von allen Mitgliedern des Organs mitgetragenen Aufgabenzuweisung voraus, die die vollständige Wahrnehmung der Geschäftsführungsaufgaben durch hierfür fachlich und persönlich geeignete Personen sicherstellt und ungeachtet der Ressortzuständigkeit eines einzelnen Geschäftsführers die Zuständigkeit des Gesamtorgans insbesondere für nicht delegierbare Angelegenheiten der Geschäftsführung wahrt. Eine diesen Anforderungen genügende Aufgabenzuweisung bedarf nicht zwingend einer schriftlichen Dokumentation (Abgrenzung zu BFH, Urteil vom 26. April 1984, V R 128/79, BFHE 141, 443).
Eintrag lesenLG Stuttgart, Urteil vom 19.12.2017 – 31 O 33/16 KfH
Aktiengesellschaft I Anfechtung eines Entlastungsbeschlusses der Hauptversammlung wegen Informationspflichtverletzung I Einordnung einer dem verbundenen Unternehmen zuzuordnenden Angelegenheit als mittelbare (Eigen-)Angelegenheit der Gesellschaft I Auskunftsverweigerungsrecht I Anforderungen an ein Überwachungssystem
1. Zur Einordnung einer dem verbundenen Unternehmen zuzuordnenden Angelegenheit als mittelbare (Eigen-)Angelegenheit der Gesellschaft im Sinne von § 131 Abs. 1 Satz 1 AktG lassen sich abstrakt drei Fallgruppen klassifizieren, zwischen denen es Überschneidungen geben kann:(Rn.118)
– Das Erreichen der „Erheblichkeitsschwelle“ eines Vorgangs, der unmittelbar ein Tochterunternehmen betrifft, sich aber auf die Muttergesellschaft auswirkt, wird indiziert, wenn sich Vorstand oder Aufsichtsrat dieser Gesellschaft in der Vergangenheit tatsächlich mit der Angelegenheit des Tochterunternehmens befasst haben.(Rn.119)
– In Fällen, in denen die Marktmissbrauchsverordnung bereits anwendbar ist, genügen bei Konzernsachverhalten jedenfalls ein indirekter Emittentenbezug im Sinne des Art. 7 Abs. 1 lit. a der Verordnung (EU) Nr. 596/2014 und die Kursrelevanz auf der Ebene der Obergesellschaft, um die jeweilige Insiderinformation als Angelegenheit der Gesellschaft subsumieren zu können.(Rn.120)
– Grundsätzlich kann von einem unmittelbaren Gesellschaftsbezug der Angelegenheit des verbundenen Unternehmens ausgegangen werden, wenn ein Vorstand, der den objektiven Sorgfaltsanforderungen des § 93 Abs. 1 AktG nachkommen will, und ein Aufsichtsrat, der seine Pflicht zur Überwachung des Vorstandes nach § 111 Abs. 1 AktG ernstnimmt, objektiv Anlass haben, sich im Interesse der (eigenen) Gesellschaft mit den Vorgängen im verbundenen Unternehmen auseinanderzusetzen.
2. Vorstand und Aufsichtsrat haben den Aktionären in den Grenzen des § 131 Abs. 1 AktG auch zu Tatsachenfragen, aus deren Beantwortung sich Pflichtverletzungen einzelner Organmitglieder ergeben können, grundsätzlich Rede und Antwort zu stehen. Das Auskunftsverweigerungsrecht nach § 131 Abs. 3 Nr. 1 AktG dient – wo geboten – dem Schutz der Gesellschaft und ihrer verbundenen Unternehmen, nicht aber dem Schutz pflichtwidrig agierender Vorstands- oder Aufsichtsratsmitglieder vor Entdeckung der Pflichtverletzung.
3. Bei der Anfechtung wegen Informationspflichtverletzung und der Berufung der Gesellschaftsorgane auf ein Auskunftsverweigerungsrecht gilt nicht die Einschränkung, dass eine Anfechtung des Entlastungsbeschlusses bei erkennbaren und schwerwiegenden Pflichtverletzungen der Organmitglieder nur auf diejenigen tatsächlichen Erkenntnisse gestützt werden kann, die bereits zum Zeitpunkt der Hauptversammlung bekannt waren.
4. Der Vorstand der Obergesellschaft muss in jedem Fall eine „konzerndimensionale Risikoerfassung und -auswertung“ einrichten und Entwicklungen auf der Ebene der Tochtergesellschaft in das eigene Überwachungssystem einbeziehen, wenn sie zu bestandsgefährdenden Entwicklungen auch bei der Muttergesellschaft führen können. Ein Überwachungssystem nach § 91 Abs. 2 AktG darf sich nicht damit begnügen, bei der Risikoquantifizierung lediglich Minimalstrafen oder für am wahrscheinlichsten gehaltene Strafen anzusetzen.
5. Hinweis der Dokumentationsstelle des Bundesgerichtshofs: Das Urteil vom 19. Dezember 2017 ist durch Beschluss vom 19. April 2018 berichtigt worden. Der Berichtigungsbeschluss ist am Ende der Entscheidung angefügt.
Eintrag lesenBGH, Versäumnisurteil vom 19. Juni 2012 – II ZR 243/11
GmbHG § 64 Der Geschäftsführer einer Gesellschaft mit beschränkter HaftungBitte wählen Sie ein Schlagwort:GesellschaftGesellschaft mit beschränkter HaftungHaftung muss für eine Organisation sorgen, die ihm die zur Wahrnehmung seiner Pflichten erforderliche Übersicht über die wirtschaftliche und finanzielle […]
Eintrag lesenOLG Köln, Urteil vom 01.06.2010 – 18 U 72/09, I-18 U 72/09
GmbH I Abberufung des Geschäftsführers aus wichtigem Grund bei einem Zerwürfnis mit der Gesellschaftermehrheit wegen Kompetenzüberschreitung
1. Ein tiefgreifendes Zerwürfnis zwischen dem Geschäftsführer einer GmbH und der Gesellschaftermehrheit ist für die Abberufung des Geschäftsführers aus wichtigem Grund ausreichend. Missachtet der Geschäftsführer in einer für die Gesellschaft existenziellen Frage die Zuständigkeit der Gesellschafterversammlung, indem er eigenmächtig und mit existenzgefährdenden Folgen einen Darlehensvertrag kündigt, weil er zu Recht davon ausgeht, dass er hierfür nicht die erforderliche Zustimmung der Mehrheit erhalten werde, so ist er für die Gesellschaft nicht länger als Geschäftsführer zumutbar.
2. Gesellschafter sind auf Grund der gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht verpflichtet, einem Antrag auf Abberufung des Geschäftsführers aus wichtigem Grund zuzustimmen, soweit ein wichtiger Grund tatsächlich vorliegt.
Eintrag lesenThüringer OLG, Urteil vom 12.08.2009 – 7 U 244/07
fristlose Kündigung des GmbH-Geschäftsführers I Unterlassene Errichtung eines Kontrollsystems im Konzern und unterlassene Überwachung des Mitgeschäftsführers als Kündigungsgrund I Beginn der Kündigungsfrist bei Beauftragung eines Wirtschaftsprüfers mit einer Sonderprüfung
1. Der Geschäftsführer der GmbH verletzt seine Pflichten in einer Weise, die eine außerordentliche Kündigung nach § 626 Abs. 1 BGB rechtfertigt, wenn er kein Kontrollsystem zur Unterbindung von Scheinrechnungen eingerichtet hat.
2. Im Konzern obliegt dem Geschäftführer der Muttergesellschaft die Überwachung der Tochtergesellschaften.
3. Bei mehreren Geschäftsführern besteht eine wechselseitige Überwachungspflicht jedenfalls bei grundlegenden Pflichten wie der Buchführungspflicht.
4. Wird vom Aufsichtsrat ein Wirtschaftsprüfer mit einer Sonderprüfung hinsichtlich der gegenüber dem Geschäftsführer erhobenen Vorwürfe beauftragt, beginnt die Kündigungsfrist des § 626 Abs. 2 BGB erst mit der Unterrichtung des gesamten Aufsichtsrats, nicht eines einzelnen Mitglieds, über das Ergebnis der Sonderprüfung durch den Wirtschaftsprüfer.
Eintrag lesenOLG Naumburg, Urteil vom 16.11.2004 – 9 U 206/01
Außerordentliche Kündigung des Geschäftsführers einer kommunalen GmbH I Sorgfaltspflicht vor Abschluss eines Risikogeschäftes
1. Untersagt die Kommunalaufsichtsbehörde Kommunen den Abschluss bestimmter Geschäfte (hier: sog. Swapgeschäft) durch Runderlass, so bindet dies den Geschäftsführer einer kommunalen GmbH direkt nicht.
2. Zur Sorgfaltspflicht des Geschäftsführers einer kommunalen GmbH vor Abschluss eines Risikogeschäftes (hier: sog. Swapgeschäft).
Eintrag lesenBGH, Urteil vom 20. Februar 1995 – II ZR 9/94
GmbH I Überwachungspflicht des Geschäftsführers hinsichtlich der wirtschaftlichen und finanziellen Situation I Verletzung der Überwachungspflicht als Kündigungsgrund
1. Der GmbH-Geschäftsführer kann dem Gebot des GmbHG § 49 Abs 3 auf Einberufung einer Gesellschafterversammlung bei Verlust der Hälfte des Stammkapitals nur nachkommen, wenn er die wirtschaftliche Lage des Unternehmens laufend beobachtet und sich bei Anzeichen einer krisenhaften Entwicklung einen Überblick über den Vermögensstand verschafft.
2. Deshalb muß der Geschäftsführer für eine Organisation sorgen, die ihm die dafür erforderliche Übersicht über die wirtschaftliche und finanzielle Situation der Gesellschaft jederzeit ermöglicht.
3. Aus der Überwachungspflicht ist der Geschäftsführer nicht entlassen, wenn ein wesentlicher Teil der Buchhaltungsarbeiten am Sitz der die GmbH beherrschenden Gesellschafterin erledigt wird.
4. Es kann aber an einem wichtigen Grund für die auf die Verletzung der Überwachungspflicht gestützte Kündigung des Anstellungsverhältnisses fehlen, wenn der die GmbH beherrschende Gesellschafter den Geschäftsführer im Innenverhältnis von seiner Überwachungsaufgabe freigestellt hatte.
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