Gesellschafterbeschluss über die Abberufung des Geschäftsführers Nichtigkeit bei Verstoß gegen vertragliches Stimmbindungsgebot
Eintrag lesenGerichtsurteile und Gerichtsbeschlüsse für Stimmbindungsvertrag
Brandenburgisches Oberlandesgericht, Urteil vom 18.08.2021 – 6 U 159/18
Wirksamkeit von Geschäftsführerabberufungen und Zwangseinziehungen des Geschäftsanteils I schuldrechtliche Nebenabrede
1. Hinsichtlich Geschäftsführerabberufungen steht den Gesellschaftern einer GmbH ein Selbsthilferecht zum Verlangen einer Versammlungseinberufung zu, wenn sie mindestens 10 % des Stammkapitals halten. Einer gerichtlichen Ermächtigung bedarf es dazu nicht.
2. Eine schriftliche Genehmigungserklärung ist trotz des Ablaufs einer gewissen Zeitspanne (hier: ungefähr zwei Monate) wirksam. Der reine Zeitablauf ist unerheblich, weil es hier nicht um die Annahme eines regelmäßig befristeten Angebots geht, sondern um die Beendigung eines Schwebezustandes wegen eines Vertragsschlusses ohne Vertretungsmacht, für den, wenn der zugrunde liegende Vertrag nicht selbst fristgebunden ist, gerade keine „Annahmefrist“ im Sinne des § 146 BGB besteht. Eine Verwirkung wäre möglich, jedoch nicht, wenn es an einem Umstandsmoment fehlt, weil im Raum steht, dass ursprünglich keine Kenntnis vom Vertretungsmangel bestand.
3. Im Rahmen von Verfügungsgeschäften ist die Frage, ob der Gegenstand einer Verfügung bei Abgabe der Genehmigung noch existiert, für deren Wirksamkeit unerheblich ist; es muss nur der Erklärende noch die erforderliche Verfügungsmacht haben.
4. Ein Aufforderungsschreiben der Minderheitsgesellschafter ist an die Gesellschaft zu richten. Es ist an keine bestimmte Form gebunden.
5. Eine Zwangseinziehung des Geschäftsanteils ohne Zustimmung des betreffenden Gesellschafters kann nur stattfinden, wenn dies nach dem Gesellschaftsvertrag zugelassen ist. Grundsätzlich wirksam ist eine Satzungsbestimmung, die bei Pfändung eines Geschäftsanteils dessen Einziehung gegen Abfindung zulässt, wenn dieselbe Entschädigungsregelung auch für den vergleichbaren Fall der Ausschließung eines Gesellschafters aus wichtigem Grund gilt (BGH, Urteil vom 19. Juni 2000 – II ZR 73/99).
Eintrag lesenOLG Hamburg, Urteil vom 16.09.2019 – 11 U 233/18
Zulässigkeit von Verpflichtung dauerhafter Nichtausübung sämtlicher Gesellschafterrechte
Fraglich ist, ob eine Verpflichtung zur dauerhaften Nichtausübung sämtlicher Gesellschafterrechte – wie der Informations-, Stimm- oder Gewinnbezugsrechte – überhaupt wirksam erklärt werden kann. Zumindest wäre eine entsprechende privatschriftliche Vereinbarung eine unzulässige Umgehung der Formanforderungen des § 15 Abs. 3 und Abs. 4 Satz 1 GmbHG.
Eintrag lesenBGH, Urteil vom 3. Juli 2018 – II ZR 452/17
GmbH I Annexkompetenz der Gesellschafterversammlung für Änderungen des Dienstvertrags eines Geschäftsführers
Zum Abschluss, zur Änderung und Beendigung des Dienstvertrags eines Geschäftsführers einer GmbH ist bei Fehlen abweichender Satzungsbestimmungen die Gesellschafterversammlung zuständig. Eine Änderung des Dienstvertrags eines abberufenen Geschäftsführers fällt erst dann unter die Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis des (neuen) Geschäftsführers, wenn sich das ursprüngliche Geschäftsführerdienstverhältnis nach der Abberufung in ein gewöhnliches Anstellungsverhältnis umgewandelt hat.
Eintrag lesenBGH, Urteil vom 10. Mai 2016 – II ZR 342/14
GmbH I Entstehungszeitpunkt der persönlichen Haftung der Gesellschafter für die Zahlung der Abfindung bei Einziehung eines Geschäftsanteils I treuwidriges Verhalten der Gesellschafter I Eröffnung des Insolvenzverfahrens
1. Die persönliche Haftung der Gesellschafter nach den Grundsätzen des Senatsurteils vom 24. Januar 2012 (II ZR 109/11, BGHZ 192, 236) entsteht weder bereits mit der Fassung des Einziehungsbeschlusses noch allein aufgrund des Umstands, dass die Gesellschaft später zum Zeitpunkt der Fälligkeit gemäß § 34 Abs. 3, § 30 Abs. 1 GmbHG an der Zahlung der Abfindung gehindert ist oder sie unter Berufung auf dieses Hindernis verweigert. Die persönliche Haftung der Gesellschafter entsteht erst in dem Zeitpunkt, ab dem die Fortsetzung der Gesellschaft unter Verzicht auf Maßnahmen zur Befriedigung des Abfindungsanspruchs des ausgeschiedenen Gesellschafters als treuwidrig anzusehen ist.
2. Liegen die Voraussetzungen für die Annahme eines treuwidrigen Verhaltens vor, so haften die Gesellschafter auch dann, wenn die Einziehung nicht gegen den Willen des betroffenen Gesellschafters, sondern mit seiner Zustimmung erfolgt.
3. Eine Haftung der verbliebenen Gesellschafter entsteht grundsätzlich dann nicht zwingend, wenn im Zeitpunkt der Fälligkeit der Abfindung oder danach über das Vermögen der Gesellschaft das Insolvenzverfahren eröffnet wird oder die Gesellschaft jedenfalls insolvenzreif ist und die Antragstellung nicht treuwidrig verzögert wird.
Eintrag lesenBGH, Urteil vom 22. Januar 2013 – II ZR 80/10
Aktiengesellschaft I Wirksamkeit einer schuldrechtlichen Abrede über die unentgeltliche Rückübertragung von Aktien auf die Gesellschaft bei Beendigung der Vertragsbeziehung
Ein schuldrechtlicher Vertrag zwischen einer Aktiengesellschaft und einem Aktionär, wonach der Aktionär seine Aktien auf die Gesellschaft unentgeltlich zu übertragen hat, wenn der Vertrag beendet wird, ist jedenfalls dann nichtig, wenn der Aktionär die Aktien zuvor entgeltlich erworben hat.
Eintrag lesenBGH, Beschluss vom 15. März 2010 – II ZR 4/09
GmbH I Schuldrechtliche Nebenabrede über eine geringere, als die satzungsgemäß bestimmte Abfindung im Falle des Ausscheidens aus der Gesellschaft
1. Die Gesellschafter einer GmbH können im Wege einer schuldrechtlichen Nebenabrede im Interesse der Gesellschaft abweichend von einer Satzungsbestimmung eine geringere Abfindungshöhe für den Fall des Ausscheidens aus der Gesellschaft vereinbaren.
2. In diesem Fall kann die Gesellschaft diese Abrede gemäß § 328 BGB einem Gesellschafter entgegenhalten, der trotz seiner schuldrechtlichen Bindung aus der von ihm mit getroffenen Nebenabrede auf die in der Satzung festgelegte höhere Abfindung klagt.
Eintrag lesenBGH, Urteil vom 14. März 2005 – II ZR 153/03
a) Das grundsätzlich nicht anzuerkennende Recht, einen Mitgesellschafter ohne Vorhandensein eines sachlichen Grundes aus einer GmbH auszuschließen, kann dann nicht als sittenwidrig angesehen werden, wenn als Grund für die Ausschließung in der Satzung die ordentliche Beendigung eines Kooperationsvertrages bestimmt ist, dem gegenüber die gesellschaftsrechtliche Bindung von gänzlich untergeordneter Bedeutung ist, weil mit ihr keine Chancen verbunden sind, die nicht bereits aufgrund des Kooperationsvertrages bestehen.
b) Nach der bisherigen Rechtsprechung des Senats (BGHZ 125, 74, 79 m. w. N.; Urteil vom 8. März 2004 – II ZR 165/02, ZIP 2004, 903; vgl. ferner zum Meinungsstand im Schrifttum Münch.Komm.z.BGB/Ulmer, 4. Aufl. § 737 Rdn. 17) kann eine gesellschaftsvertragliche Regelung nicht anerkannt werden, die einem einzelnen Gesellschafter das Recht einräumt, Mitgesellschafter ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes aus einer Personengesellschaft oder einer GmbH (BGHZ 112, 103 ff.) auszuschließen. Tragende Erwägung hierfür ist, den von der Ausschließung oder Kündigung bedrohten Gesellschafter zu schützen. Denn das freie Kündigungsrecht des anderen Teils kann von ihm als Disziplinierungsmittel empfunden werden, so daß er aus Sorge, der Willkür des ausschließungsberechtigten Gesellschafters ausgeliefert zu sein, nicht frei von seinen Mitgliedschaftsrechten Gebrauch macht oder seinen Gesellschafterpflichten nicht nachkommt, sondern sich den Vorstellungen der anderen Seite beugt („Damoklesschwert“ vgl. BGHZ 81, 263, 268; BGHZ 105, 213, 217).
c) Der Grundsatz, dass ein einzelner Gesellschafter einen Mitgesellschafter nicht ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes ausschließen darf, besteht nicht ausnahmslos. Durchbrechungen hat der Senat, auch wenn er zunächst keinen Anlass hatte, deren Voraussetzungen im einzelnen festzulegen (vgl. BGHZ 68, 212, 215; BGHZ 81, 263, 269) als möglich erörtert, sie später für den Fall des Ausschlusses des Erben eines Mitgesellschafters (BGHZ 105, 213 ff.) sowie für den Fall ausdrücklich anerkannt, daß der ausschließungsberechtigte GmbH-Gesellschafter mit Rücksicht auf die enge persönliche Beziehung zu seiner Mitgesellschafterin die volle Finanzierung der Gesellschaft übernommen und der Partnerin die Mehrheitsbeteiligung und die Geschäftsführung eingeräumt hatte (BGHZ 112, 103 ff.). Auch für eine Praxisgemeinschaft von Ärzten hat der Senat ein – zeitlich begrenztes – Hinauskündigungsrecht anerkannt, wenn es allein dazu dient, die Prüfung zu ermöglichen, ob zu dem neuen Partner das notwendige Vertrauen hergestellt werden kann und ob die Gesellschafter auf Dauer in ihrer für die gemeinsame Berufsausübung erforderlichen Weise harmonieren können (BGH, Urteil vom 8. März 2004 aaO).
d) Anfechtungsgründe gegenüber einem Gesellschafterbeschluss müssen, soll die Anfechtungsfrist des § 246 Abs. 1 AktG nicht funktionslos werden, innerhalb dieser Frist geltend gemacht werden, eine zeitlich unbegrenzte Einführung solcher Gründe kommt nicht in Betracht (Klarstellung von BGH, 22. Juli 2002 – II ZR 286/01, BGHZ 152, 1, 6). Es entspricht der gefestigten, vom Schrifttum ganz überwiegend zustimmend aufgenommenen (vgl. Hüffer, AktG 6. Aufl. § 246 Rdn. 26 m.eingehenden Nachw.) Rechtsprechung des Senats (BGHZ 120, 141, 156 f.; 134, 364, 366; 137, 378, 386 m.w.Nachw.), daß die Anfechtungsgründe binnen der einen Monat betragenden Anfechtungsfrist geltend gemacht werden müssen. Aus der Entscheidung des Senats vom 22. Juli 2002 (BGHZ 152, 1), in der es allein um den Umfang der Darlegung der Berufungsgründe ging, ergibt sich nicht, dass der Anfechtungskläger jederzeit neue Anfechtungsgründe in den Rechtsstreit einführen und damit die vom Gesetzgeber aus wohl erwogenen Gründen geschaffene Vorschrift des § 246 Abs. 1 AktG funktionslos machen dürfe; vielmehr muss bei der Anfechtungsklage binnen der Anfechtungsfrist der nach der genannten Entscheidung den einen Teil des Klagegrundes dieser Klage bildende maßgebliche Lebenssachverhalt, aus dem der Kläger die Anfechtbarkeit des Beschlusses herleiten will, vorgetragen werden (vgl. Hüffer aaO § 246 Rdn. 26; Bork, NZG 2002, 1094 f.; v. Falkenhausen/Kocher, ZIP 2003, 426 ff.; Scholz/K. Schmidt, GmbHG 9. Aufl. § 45 Rdn. 146; a.A. Zöllner in Baumbach/Hueck, GmbHG 17. Aufl. Anh. § 47 Rdn. 80).
Eintrag lesenOLG Köln, Urteil vom 16. März 1988 – 6 U 38/87
Zur Wirksamkeit einer Stimmbindungsvereinbarung – wichtiger Grund für die Abberufung eines GmbH Geschäftsführers
1. Gegen eine Stimmbindungsvereinbarung, nach der sich der einzige Komplementär einer Kommanditgesellschaft gegenüber den Kommanditisten verpflichtet, das Stimmrecht in der Gesellschafterversammlung einer gmbH, deren einziger Gesellschafter die Kommanditgesellschaft ist, in einem bestimmten Sinne auszuüben, bestehen rechtlich grundsätzlich keine Bedenken. Die Stimmrechtsbindung kann mit der Leistungsklage durchgesetzt werden, weil die erforderliche Abstimmungserklärung gemäß ZPO § 894 mit Rechtskraft des Urteils fingiert wird.
2. Das einmalige Versagen bei der Erarbeitung eines von mehreren Sanierungskonzepten ist für die Abberufung als Geschäftsführer kein ausreichend wichtiger Grund.
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Mit der Klage begehrte der Kläger unter anderem Zahlung dieser 171.443.837 €. Das Landgericht Frankfurt am Main wies die Klage ab. Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main als Berufungsgericht wies die Berufung des Klägers zurück. Die dagegen gerichtete Revision des Klägers hatte Erfolg. Der BGH hob das Urteil des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main auf und verwies die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurück.
III.
Der BGH gelangt zu seinem Ergebnis auf folgendem Weg:
1.
Keine Befreiung der Aktionäre von ihren Leistungspflichten (§ 66 Abs. 1 AktG)
§ 66 Abs. 1 AktG besagt:
„Die Aktionäre und ihre Vormänner können von ihren Leistungspflichten nach den §§ 54 und 65 nicht befreit werden. Gegen eine Forderung der Gesellschaft nach den §§ 54 und 65 ist die Aufrechnung nicht zulässig.“
§ 54 Abs. 1 AktG besagt:
„Die Verpflichtung der Aktionäre zur Leistung der Einlagen wird durch den Ausgabebetrag der Aktien begrenzt.“
2.
Der aktienrechtliche Differenzhaftungsanspruch fällt ebenfalls unter § 66 Abs. 1 AktG.
2.1
Geringster Ausgabebetrag (§ 9 Abs. 1 AktG)
Nach dem BGH ist es allgemein anerkannt, dass der Aktionär bei einer Überbewertung von Sacheinlagen den Differenzbetrag zwischen dem Wert der Sacheinlage und dem geringsten Ausgabebetrag in Geld zu leisten hat. Dieser sog. „Differenzhaftungsanspruch“ wird aus § 36a Abs. 2 AktG in Verbindung mit §§ 183, 188 Abs. 2 Satz 1 AktG, aus der mit der Übernahme bzw. mit der Zeichnung zwangsläufig verbundenen Kapitaldeckungszusage, aus dem Verbot in § 9 Abs. 1 AktG, Aktien für einen geringeren Betrag als den Nennbetrag (oder den auf die einzelne Stückaktie entfallenden anteiligen Betrag des Grundkapitals) auszugeben sowie aus einer Analogie zu § 9 Abs. 1 GmbHG abgeleitet.
2.2
Aufgeld (§ 9 Abs. 2 AktG)
Ein gesetzlicher Differenzhaftungsanspruch besteht nach dem BGH aber auch insoweit, als der Wert der Sacheinlage zwar den geringsten Ausgabebetrag nach § 9 Abs. 1 AktG, nicht aber auch das Aufgeld nach § 9 Abs. 2 AktG deckt. Das Aufgeld ist bei der Aktiengesellschaft (anders als bei der GmbH) Teil des Ausgabebetrags und der mitgliedschaftlichen Leistungspflicht der Aktionäre nach § 54 Abs. 1 AktG, von der sie nach § 66 Abs. 1 AktG grundsätzlich nicht befreit werden können. Nach dem BGH wäre eine andere Sicht insbesondere auch damit nicht vereinbar, dass eine Wertdeckung im Umfang des Aufgelds auch erforderlich ist, um eine Verwässerung der Anteile der - regelmäßig - von der Sachkapitalerhöhung ausgeschlossenen Aktionäre (§ 255 Abs. 2 AktG) zu verhindern.
Etwas anderes ergibt sich nach dem BGH auch nicht aus den Vorschriften über die Durchführung der Kapitalerhöhung sowie die Prüfung durch Sachverständige und durch das Registergericht. § 188 Abs. 2 Satz 1 AktG verweist zur Durchführung der Anmeldung der Kapitalerhöhung auf § 36a Abs. 2 Satz 3 AktG, wonach der Wert der Sacheinlage auch das Aufgeld abdecken muss. Soweit § 183 Abs. 3 AktG bzw. § 205 Abs. 5 Satz 1 AktG nach seinem Wortlaut die Prüfung durch Sachverständige als Mindestanforderung durch die Verweisung auf § 34 Abs. 1 Nr. 2 AktG nur auf den geringsten Ausgabebetrag erstreckt, widerspricht die Norm nach Ansicht des BGH dem Art. 10 Abs. 2 der sog. „Kapitalrichtlinie“ (Zweite Richtlinie 77/91/EWG des Rates vom 13. Dezember 1976 zur Koordinierung der Schutzbestimmungen). Art. 10 Abs. 2 der Kapitalrichtlinie verlangt nach Ansicht des BGH und der Literatur, dass der Sachverständigenbericht auch angibt, ob der Wert auch dem Mehrbetrag entspricht. Schließlich kann man nach dem BGH aus dem Umstand, dass das Registergericht nach § 184 Abs. 3 Satz 1 AktG bzw. § 205 Abs. 7 Satz 1 AktG die Eintragung ablehnen kann, wenn der Wert der Sacheinlage hinter dem geringsten Ausgabebetrag zurückbleibt, nur etwas für die Prüfungskompetenz des Registergerichts, nichts aber für den Umfang der Verpflichtungen des Sacheinlegers (Inferenten) ableiten.
3.
Trotz des Befreiungs- und Aufrechnungsverbots des § 66 Abs. 1 AktG ist ein Vergleich über den Differenzhaftungsanspruch zulässig.
3.1
Voraussetzungen eines Vergleichs über den Differenzhaftungsanspruch
Dafür spricht bereits, dass der Vergleich in § 66 Abs. 1 AktG - im Gegensatz etwa zu § 50 Abs. 1, § 93 Abs. 4 Satz 3 oder § 117 Abs. 4 AktG - nicht erwähnt ist. Die Tatsache, dass im Rahmen des § 66 Abs. 1 AktG keine Befreiung möglich ist, schließt einen Vergleich bei tatsächlicher oder rechtlicher Ungewissheit nicht aus. Zwar gilt auch für den Differenzhaftungsanspruch das Befreiungs- und Aufrechnungsverbot des § 66 Abs. 1 AktG, mit dem die Kapitalaufbringung und die Kapitalerhaltung gesichert werden soll. Ein Vergleich über Ansprüche, die unter § 66 Abs. 1 AktG fallen, ist nach der Rechtsprechung und der Literatur aber trotzdem zulässig, wenn der Vergleich wegen tatsächlicher oder rechtlicher Ungewissheit über den Bestand oder Umfang des Anspruchs geschlossen wird und sich dahinter nicht nur eine Befreiung in der Form eines Vergleichs versteckt.
Auch wenn durch den Abschluss eines Vergleichs objektiv eine Befreiung des Aktionärs von seinen Leistungspflichten eintreten kann, so steht doch wegen der Unklarheit, ob und in welchem Umfang ein Anspruch besteht, eine solche Befreiung bei einem Vergleichsschluss, der die durch die Unklarheit gezogenen Grenzen nicht überschreitet, gerade nicht fest. Nach der Rechtsprechung des BGH ist ein Vergleich, durch den die Ungewissheit darüber, was der Gesetzeslage entspricht, durch gegenseitiges Nachgeben beseitigt wird, trotz eines Widerspruchs zu zwingendem Recht wirksam, wenn der Vergleichsinhalt den Bereich nicht verlässt, der bei objektiver Beurteilung ernstlich zweifelhaft ist. Die Beurteilung, ob ein Vergleich ernsthaft gewollt ist und sein Inhalt den Bereich nicht verlässt, der ernstlich zweifelhaft ist, obliegt nach Ansicht des BGH in erster Linie dem Tatrichter. Vor Abschluss eines Vergleichs über den Differenzhaftungsanspruch muss regelmäßig weder ein Wertgutachten eingeholt werden noch muss sonst der Wert der Sacheinlage fachlich überprüft werden.
Auch der Grundsatz der effektiven Kapitalaufbringung steht bei Einlageansprüchen oder einlageähnlichen Ansprüchen einem Vergleichsschluss nicht entgegen, wenn gerade die Unsicherheit beseitigt werden soll, ob das Kapital aufgebracht ist. Ein vollständiges Vergleichsverbot würde den Vorstand zwingen, trotz Zweifel am Bestand der Forderung und an den Erfolgsaussichten ein gerichtliches Verfahren einzuleiten und bis zu einem Urteil durchzuführen, oder von vorneherein wegen der die Chancen übersteigenden finanziellen Risiken der Prozessführung auf eine Geltendmachung zu verzichten.
3.2
Keine Zustimmung der Hauptversammlung erforderlich
Ein Vergleich bedarf nach Überzeugung des BGH auch nicht in Analogie zu § 50 Satz 1, § 93 Abs. 4 Satz 3, § 117 Abs. 4 AktG der Zustimmung der Hauptversammlung, da es diesbezüglich an einer planwidrigen Regelungslücke fehlt. Nach ihrem Zweck lassen sich die Zustimmungserfordernisse der §§ 50 Satz 1, 93 Abs. 4 Satz 3, 117 Abs. 4 AktG nicht auf Ansprüche nach § 66 Abs. 1 AktG übertragen. Das Zustimmungserfordernis in § 93 Abs. 4 Satz 3 AktG soll der Gefahr einer kollegialen Verschonung einzelner Vorstandsmitglieder und der wechselseitigen (Selbst-)Befreiung von Haftungsansprüchen vorbeugen. Eine solche Gefahr besteht beim Abschluss eines Vergleichs über einen unter § 66 Abs. 1 AktG fallenden Anspruch nicht, weil sich der Anspruch gegen den Aktionär richtet und der Vorstand bei pflichtwidrigem Vergleichsschluss seinerseits nach § 93 AktG haftet. § 50 Satz 1 AktG soll die Gesellschaft vor einem Verzicht oder einem Vergleich über die Ansprüche der Gesellschaft zu einem Zeitpunkt schützen, der noch in der zeitlichen Nähe der Gründung liegt und in dem sich die Auswirkungen der schädigenden Handlung noch nicht abschließend übersehen lassen.
Ein Vergleich über den Differenzhaftungsanspruch gemäß § 66 Abs. 1 AktG rührt auch nicht an der Kernkompetenz der Hauptversammlung, über die Verfassung der Aktiengesellschaft zu bestimmen. Er bedarf nach Ansicht des BGH mangels wesentlicher Bedeutung für die Gesellschaft auch deshalb nicht der Zustimmung der Hauptversammlung.
3.3
Keine relative Unwirksamkeit gegenüber den Gläubigern der Gesellschaft
Auch die §§ 93 Abs. 5 Satz 3, 117 Abs. 5 Satz 2 AktG (relative Unwirksamkeit des Verzichts/Vergleichs den Gläubigern gegenüber) sind nach Ansicht des BGH nicht entsprechend anzuwenden. Der Schutz der Gläubiger der Gesellschaft vor einem kollusiven Zusammenwirken von Organen und Aktionären zu ihrem Nachteil gebietet eine entsprechende Anwendung nicht, weil ein Vergleich von vorneherein nur bei Ungewissheit über das Bestehen oder den Umfang der Schuld in Betracht kommt.
3.4
Fazit
Der BGH ist vorliegend wie das Berufungsgericht zur der Auffassung gelangt, dass die Beklagte und die Schuldnerin mit der Vereinbarung vom 28.06.2000 wirksam einen wegen tatsächlicher und rechtlicher Unsicherheit über den Bestand oder den Umfang des Differenzhaftungsanspruchs „echten“ Vergleich abgeschlossen haben, mit dem die Beklagte an die Schuldnerin einen Ertragszuschuss in Höhe von 325.000 Euro leisten sollte.
4.
Die Beklagte konnte allerdings nur unter bestimmten Voraussetzungen gegenüber dem nach dem Vergleich geschuldeten Ertragszuschuss mit ihrem Kaufpreisanspruch für die 2. Tranche aufrechnen.
Die Aufrechnungsbeschränkung nach § 