Außer Frage steht, dass auch ein statuarisch bestimmter Versammlungsleiter abberufen werden kann.
Grundsätzlich kann dies nur bei Zustimmung des Betroffenen (Sonderrecht) oder durch vorher anzukündigende und eintragungsbedürftige Satzungsänderung bzw. durch einstimmigen satzungsdurchbrechenden Beschluss erfolgen (vgl. nur Bayer in: Lutter/Hommelhoff, GmbH-Gesetz Kommentar, 20. Aufl. 2020, § 48 GmbHG Rn. 15 mit weiteren Nachweisen, zitiert nach Juris).
Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Es ist weder eine Satzungsänderung beschlossen worden noch ein einstimmiger satzungsdurchbrechender Beschluss erfolgt. Der statuarisch bestimmte Versammlungsleiter hat auch seiner Abberufung nicht zugestimmt.
Anders verhält es sich aber bei der Abberufung eines Versammlungsleiters aus wichtigem Grund.
Es entspricht dem Interesse der Gesellschaft, die Satzung, die eine Abberufung des Versammlungsleiters aus wichtigem Grund nicht vorsieht, dahin auszulegen, dass die Abberufung des satzungsmäßigen Versammlungsleiters aus wichtigem Grund durch einen Hauptversammlungsbeschluss möglich ist (vgl. BGH Urteil vom 21. Juni 2010 -II ZR 230/08-; LG Köln Urteil vom 6. Juli 2005 -82 0 150/04-; Bayer in: Lutter/Hommelhoff, am angegebenen Ort; Noack, GmbHR 2017,792-800, jeweils zitiert nach Juris).
Voraussetzung hierfür ist das objektive Vorliegen eines wichtigen Grundes, der jedenfalls im Zusammenhang mit der konkreten Versammlungsleitung stehen muss (Noack, a.a.O.).
Der Versammlungsleiter kann Einfluss auf den Gang der Versammlung nehmen, insbesondere kann er auch die Reihenfolge der Tagesordnungspunkte bestimmen. Er kann aber nicht Beschlussgegenstände von der Tagesordnung absetzen (BGH Urteil vom 21.Juni 2010- II ZR 230/08 – zitiert nach Juris; Bayer in: Lutter/Hommelhoff, GmbH-Gesetz, 19. Aufl.,§ 48 Rn. 16).
Dies aber hat der Geschäftsführer der Nebenintervenientin unstreitig getan. Er hat den Tagesordnungspunkt 1 über die Bestimmung eines Versammlungsleiters mit Beschlussfeststellungskompetenz übergangen und so das Mitsprache- und Mitwirkungsrecht der weiteren Gesellschafter, nämlich des Verfügungsbeklagten und dessen Bruders, grob verletzt. Das Übergehen des Tagesordnungspunktes begründet einen wichtigen Grund für die Abberufung des Versammlungsleiters (BGH Urteil vom 21. Juni 2010 -II ZR 230/08 -zitiert nach Juris).
cc)
Der Geschäftsführer der Nebenintervenientin ist auch wirksam als Verhandlungsleiter abberufen worden.
Parallel zu der Durchführung der Versammlung durch den Geschäftsführer der Nebenintervenientin zu dem von ihm sogleich aufgerufenen Tagesordnungspunkt 12 hat sich der Verfügungsbeklagte als Versammlungsleiter vorgeschlagen. Auf diesen Vorschlag ist kein weiterer Vorschlag erfolgt. Für die Wahl stimmten die Brüder B, während der Geschäftsführer der Nebenintervenientin für diese keine Stimme abgab. Anschließend stellte der Verfügungsbeklagte fest, dass er als Versammlungsleiter gewählt worden sei.
In der Durchführung der Wahl eines Versammlungsleiters mit Beschlussfest-stellungskompetenz liegt zugleich die Abberufung des statuarisch bestimmten Versammlungsleiters.
Hierzu genügt bei der personalistisch geprägten GmbH die einfache Mehrheit (Noack, a.a.O.; Bayer in: Lutter/Hommelhoff, a.a.O.,). Andernfalls liefe das Abberufungsrecht der Gesellschafterversammlung aus wichtigem Grund leer.
Aufgrund der hiernach wirksamen Abwahl des Geschäftsführers der Nebenintervenientin als Versammlungsleiter aus wichtigem Grund ist zugleich dessen Feststellungbefugnis als qualifizierter Versammlungsleiter entfallen (vgl. Noack, a.a.O.). Dessen Legitimation ist insoweit aufgrund des pflichtwidrigen Verhaltens entfallen.
Der nicht nachgelassene Schriftsatz des Verfügungsbeklagten vom 28.10.2021 bot keine Veranlassung, erneut in die mündliche Verhandlung einzutreten (§ 156 ZPO).
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