b)
Die Verantwortlichkeit der Beklagten ergibt sich nicht aus einem eigenen Verstoß dieser gegen eine wettbewerbsrechtliche Verkehrspflicht i.S.d. § 3 UWG.
aa) Wer gegen eine wettbewerbsrechtliche Verkehrspflicht verstößt, ist Täter einer unlauteren geschäftlichen Handlung. Der Haftung wegen Verletzung einer wettbewerbsrechtlichen Verkehrspflicht liegt der Gedanke zugrunde, dass derjenige, der in seinem Verantwortungsbereich eine Gefahrenquelle schafft oder andauern lässt, die ihm zumutbaren Maßnahmen und Vorkehrungen treffen muss, die zur Abwendung der Dritten daraus drohenden Gefahren notwendig sind (vgl. BGH, GRUR 2013, 301, Rn 51 – Solarinitiative). Im Zusammenhang mit der Haftung von Betreibern von Internethandelsplattformen für rechtsverletzende fremde Inhalte konkretisiert sich die wettbewerbsrechtliche Verkehrspflicht als Prüfpflicht (vgl. BGHZ 173, 188, Rn 22, 36 – Jugendgefährdende Medien bei eBay; BGHZ 185, 330, Rn 13 – Sommer unseres Lebens). Die Haftung wegen Verletzung wettbewerbsrechtlicher Verkehrspflichten ist aber nicht auf die Verletzung von Prüfpflichten beschränkt. Wettbewerbsrechtliche Verkehrspflichten können sich ebenso als Überwachungs- und Eingreifpflichten konkretisieren (vgl. BGH, GRUR 2014, 883, Rn 21 – Geschäftsführerhaftung; Köhler/Bornkamm/Feddersen-Köhler/Feddersen UWG, 39. Aufl. 2021, § 8 Rn 2.10).
Um einer unangemessenen Ausdehnung der Haftung für Rechtsverstöße Dritter entgegenzuwirken, ist eine täterschaftliche Verletzung einer wettbewerbsrechtlichen Verkehrspflicht nur unter engen Voraussetzungen anzunehmen (BGH, GRUR 2018, 203, Rn 37 – Betriebspsychologe). Es muss eine Erstbegehungs- oder Wiederholungsgefahr für Rechtsverstöße Dritter bestehen. Die Zumutbarkeit von Gefahrenabwehrmaßnahmen hängt von einer Interessenabwägung ab. Dabei ist zu berücksichtigen, wie gewichtig das verletzte Interesse ist und welches wirtschaftliche Eigeninteresse der Verpflichtete verfolgt. Geht es – wie hier – um Mittelspersonen, ist insbesondere zu berücksichtigen, welche Risiken ihr Geschäftsmodell für Wettbewerbsverstöße Dritter typischerweise begründet (Köhler/Bornkamm/Feddersen-Köhler/Feddersen, a.a.O., § 8 Rn. 2.12). Der Mittelsperson dürfen keine Anforderungen auferlegt werden, die ihr von der Rechtsordnung gebilligtes Geschäftsmodell gefährden oder ihre Tätigkeit unverhältnismäßig erschweren (BGH, GRUR 2011, 152 Rn 38 – Kinderhochstühle im Internet I; zum Vorstehenden im Ganzen vgl. OLG Frankfurt a.M., GRUR-RS 2020, 16298, Rn. 23 f. – MyTaxi-App).
bb) Entscheidend gegen eine täterschaftliche Verletzung einer wettbewerbsrechtlichen Verkehrspflicht spricht vorliegend der Umstand, dass die Beklagte nicht selbst Normadressatin der §§ 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 Nr. 4 PBefG, 30 Abs. 1, 43 BOKraft ist. Derjenige, der nicht Adressat einer Verbotsnorm ist, kann nach den im allgemeinen Deliktsrecht und im Lauterkeitsrecht entsprechend geltenden strafrechtlichen Bestimmungen allenfalls als Teilnehmer (Anstifter oder Gehilfe) haften (BGH, GRUR 2015, 1025, Rn. 16 – TV-Wartezimmer; BGHZ 177, 150, Rn 14 – Kommunalversicherer). Adressaten des Personenbeförderungsgesetzes sind die Unternehmer, die Personen befördern, also die Beförderungsleistung selbst erbringen (§ 1 PBefG). Wer Beförderungsverträge dagegen nicht selbst ausführt, sondern lediglich vermittelt, ist nicht Unternehmer im personenbeförderungsrechtlichen Sinne. Die Tätigkeit der Beklagten ist als Vermittlung einzustufen. Die von der Beklagten vermittelten Fahrten werden von unabhängigen Taxi- und Mietwagenunternehmen in eigener Verantwortung durchgeführt (BGH, GRUR 2018, 946, Rn 18 – Bonusaktion für Taxi App; OLG Frankfurt a.M., GRUR-RS 2020, 16298, Rn. 26 m.w.N. – MyTaxi-App). Insoweit spricht vorliegend auch die nach Bezahlung mit der App ausgehändigte Quittung (vgl. Anlage K2, Bl. 11 ff. d.A.) nicht dafür, dass die Beklagte als das befördernde Unternehmen anzusehen ist. Die Quittung weist als „Rechnungssteller“ das Mietwagenunternehmen und die Beklagte nur als Aussteller der Rechnung im Rechnungskopf und in der Fußzeile aus. Es ist damit klar, dass die Leistung im Namen des vermittelten Mietwagenunternehmens abgerechnet wird.
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