Wettbewerbsverstoß I Mitbewerberbehinderung durch planmäßiges Abwerben von Mitarbeitern
1. Das Abwerben von Mitarbeitern eines Mitbewerbers ist lauterkeitsrechtlich grundsätzlich erlaubt. Dies gilt auch dann, wenn die Abwerbung bewusst und planmäßig erfolgt und von einem Mitbewerber oder einem von ihm beauftragten berufsmäßigen Abwerber ausgeht. Grundsätzlich spielt es auch keine Rolle, welche (hier: Schlüsselkräfte) oder wie viele Mitarbeiter abgeworben werden.(Rn.94)
2. Das Abwerben von Mitarbeitern eines Mitbewerbers ist allenfalls dann unlauter, wenn diese zum Vertragsbruch verleitet werden, also gezielt und bewusst auf deren Vertragsbruch hingewirkt wird. Ein bloßes Ausnutzen eines fremden Vertragsbruchs – beispielsweise durch Ansprache seitens eines Vorgesetzten –, ohne den vertraglich Gebundenen zu dem Vertragsbruch zu verleiten, ist jedoch grundsätzlich nicht unlauter, sofern keine besonderen, die Unlauterkeit begründende Umstände hinzutreten.(Rn.97)
3. Selbst das planmäßige Abwerben von Spitzen- oder Schlüsselkräften eines Mitbewerbers ist nur dann als gezielte Behinderung i.S.v. § 4 Nr. 10 UWG i.d.F. vom 3. Juli 2004 unlauter, wenn damit zugleich eine ernsthafte Beeinträchtigung des Mitbewerbers bezweckt wird. Das Vorgehen muss sich somit als eine wettbewerbliche Kampfmaßnahme darstellen, die erkennen lässt, dass der Abwerber den Mitbewerber durch planmäßiges Ausspannen eingearbeiteter Arbeitskräfte schädigen will.(Rn.120)
4. Das planmäßige Abwerben fremder Mitarbeiter, um sich deren besondere Kenntnisse der Verhältnisse beim Mitbewerber zu verschaffen, verstößt nur unter besonderen Umständen gegen § 4 Nr. 10 UWG i.d.F. vom 3. Juli 2004. Selbst wenn ehemalige Mitarbeiter im Rahmen des Wechsels eine Vielzahl von Unterlagen und Dateien – darunter auch Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse – mitgenommen haben sollten, wäre dies höchstens dann als „besonderer Umstand“ anzusehen, falls dies von dem Abwerber veranlasst worden wäre.(Rn.132)
5. Hinweis der Dokumentationsstelle des Bundesgerichtshofs: Das Urteil vom 22. Dezember 2015 ist durch Beschluss vom 23. März 2016 berichtigt worden. Der Berichtigungsbeschluss ist am Ende der Entscheidung angefügt.
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