Sieht die Satzung einer GmbH die Möglichkeit der Zwangseinziehung oder Zwangsabtretung eines Gesellschaftsanteils für den Fall seiner Pfändung vor, kann ein entsprechender Einziehungs- oder Abtretungsbeschluss gegen die gesellschaftsrechtliche Treuepflicht verstoßen und anfechtbar sein, wenn die Gesellschaft die betreffenden Geschäftsanteile selbst im Wege der Sicherungsvollstreckung nach § 720a ZPO aufgrund eines nicht rechtskräftigen Titels wegen einer zwischen den Parteien umstrittenen Forderung gepfändet hat.
Eintrag lesenGerichtsurteile und Gerichtsbeschlüsse für Zerwürfnis Gesellschafter
LG Köln, Beschluss vom 16. März 2020 – 82 O 94/19
1. Ungeachtet der Wirksamkeit eines Einziehungsbeschlusses entfaltet § 16 Abs. 1 S. 1 GmbHG eine negative Legitimationswirkung zu Lasten eines nach dem Einzug seines Geschäftsanteils nicht mehr in die Gesellschafterliste eingetragenen Gesellschafters.
2. Ein Gesellschafter kann begleitend zur Anfechtungs- oder Nichtigkeitsklage gegen einen Einziehungsbeschluss bei Vorliegen der Voraussetzungen im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes gegen die insoweit passivlegitimierte Gesellschaft das Verbot erwirken, eine neue Gesellschafterliste, in der er nicht mehr aufgeführt ist, bei dem Registergericht einzureichen (vgl. BGH, Urteil vom 2. Juli 2019, II ZR 406/17).
3. Es ist verfassungsrechtlich nicht geboten, dass ein nicht mehr in der Gesellschafterliste aufgeführter früherer Gesellschafter die Möglichkeit haben muss, auch während der gerichtlichen Auseinandersetzung über die Berechtigung der Zwangseinziehung sämtliche Gesellschafterrechte wie z.B. das Auskunftsrecht nach § 51a GmbHG ausüben zu können.
Eintrag lesenBrandenburgisches Oberlandesgericht, Urteil vom 21. August 2019 – 7 U 169/18
1. Für die Frage, welche Personen im Zeitpunkt einer Beschlussfassung an der Gesellschafterversammlung teilnehmen dürfen, ist maßgeblich, welche Personen in die Gesellschafterliste eingetragen sind. § 16 Abs. 1 GmbHG begründet eine unwiderlegbare Vermutung für die Gesellschafterstellung der Eingetragenen in dem in der Gesellschafterliste verzeichneten Umfang.
2. Die Regelung des § 121 Abs. 2 Satz 2 AktG , wonach Personen, die im Handelsregister eingetragen sind, als befugt zur Einberufung der Versammlung gelten, findet auf die GmbH nicht entsprechende Anwendung.
3. Ein Geschäftsanteil einer Person, die ausweislich der Liste nicht mehr Gesellschafter ist, kann nicht eingezogen werden.
Eintrag lesenOLG Stuttgart, Urteil vom 27. Juni 2018 – 14 U 33/17
Beschlüsse der Gesellschafterversammlung einer GmbH I Nichtigkeit wegen verspäteten Zugangs der eingeschrieben Ladung I Anfechtbarkeit fehlerhafter Ladung eines Mitgesellschafters sowie wegen Teilnahme einer nicht teilnahmeberechtigten Person I Voraussetzungen der Zwangseinziehung eines Geschäftsanteils
1. Wird ein Gesellschafter durch eine Ladung per E-Mail rechtzeitig über Ort und Zeit der Gesellschafterversammlung sowie über die Tagesordnung in Kenntnis gesetzt, ist er in die Lage versetzt worden, an der Versammlung teilzunehmen und seine Teilhaberechte auszuüben und führt ein nicht mehr fristgerechter Zugang einer schriftlichen Ladung mittels Einschreiben nicht zu einer Nichtigkeit der auf dieser Versammlung gefassten Beschlüsse.
2. Die Anfechtbarkeit scheidet aus, soweit der anfechtende Gesellschafter ausschließlich die Verletzung fremder Partizipationsinteressen – nämlich die fehlerhafte Ladung eines Mitgesellschafters – rügt. Sinn der Anfechtbarkeit ist es insoweit, gerade und ausschließlich dem betroffenen Gesellschafter die Wahrung seiner Teilnahmerechte in die Hand zu geben, so dass nur er im Wege einer Anfechtungsklage den Beschluss wegen der Verletzung seiner Partizipationsrechte zu Fall bringen kann.
3. Eine Anfechtung wegen Teilnahme einer nicht teilnahmeberechtigten Person an der Gesellschafterversammlung ist nur dann gerechtfertigt, wenn die Anwesenheit des nicht teilnahmeberechtigten Dritten ausnahmsweise die Partizipationsinteressen von Gesellschaftern beeinträchtigt, etwa weil sie durch den anwesenden Dritten in ihrem Abstimmungsverhalten unter Druck gesetzt werden.
4. Fallen dem Gesellschafter mehrere schwerwiegende Pflichtverletzungen, insbesondere in Form der wiederholten Missachtung der gesellschaftlichen Zuständigkeitsordnung, zur Last und verstößt er gegen seine Treuepflicht als Gesellschafter, liegt ein die Ausschließung rechtfertigender wichtiger Grund vor und ist eine Abmahnung vor der Zwangseinziehung des Geschäftsanteils nicht erforderlich.
Eintrag lesenThüringer Oberlandesgericht, Urteil vom 30. Mai 2018 – 2 U 800/15
1. Der durch einen Einziehungsbeschluss betroffene Gesellschafter ist für die Führung einer Anfechtungsklage gegen den Beschluss auch dann als klagebefugt anzusehen, wenn er zum Zeitpunkt der Klageerhebung in der zwischenzeitlich zum Handelsregister eingereichten Gesellschafterliste nicht mehr als Gesellschafter eingetragen ist.
2. Im Rahmen der materiellen Inhaltskontrolle von Gesellschafterbeschlüssen befindet sich die Gesellschaft in der Darlegungs- und Beweislast hinsichtlich positiver Zulässigkeitsvoraussetzungen bzw. sachlicher Wirksamkeitsvoraussetzungen des angefochtenen Beschlusses, und hat also, bedarf der angefochtene Gesellschafterbeschluss einer besonderen Rechtfertigung, die Rechtfertigungsgründe darzulegen und die entsprechenden Tatsachen zu beweisen (OLG Stuttgart, 19. Dezember 2012, 14 U 10/12).
3. Soweit darauf abzustellen ist, ob tatsächlich ein wichtiger Grund im Zeitpunkt der Beschlussfassung vorlag oder nicht, hat das Vorliegen des wichtigen Grundes im Rechtsstreit derjenige darzulegen und zu beweisen, der sich darauf beruft (BGH, 4. April 2017, II ZR 77/16).
Eintrag lesenOLG Köln, Urteil vom 15.12.2016 – 15 U 141/15
BGB § 705 ff Urteilstenor Auf die Berufung des Klägers wird das am 29.07.2015 verkündete Urteil des Landgerichts Bonn (9 O 407/14) unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst: […]
Eintrag lesenOLG Koblenz, Urteil vom 15.07.2014 – 3 U 1462/12
Ausschluss eines Gesellschafters aus einer zweigliedrigen GbR I Übernahmerecht des verbleibenden Gesellschafters I Voraussetzungen eines Ausschlusses aus wichtigem Grund I Streitwert einer Feststellungsklage über die Wirksamkeit des Ausschlusses
1. Bei einer zweigliedrigen Gesellschaft ist eine Ausschließung eines Gesellschafters unter Fortbestand der Gesellschaft grundsätzlich nicht möglich, da § 737 BGB, der den Ausschluss eines Gesellschafters behandelt, nicht unmittelbar anwendbar ist. Bei einer zweigliedrigen Gesellschaft bürgerlichen Rechts steht den Mitgesellschaftern jedoch analog § 737 S. 1 BGB, § 140 Abs. 1 S. 2 HGB ein durch einseitige Erklärung auszuübendes Übernahmerecht zu, wenn der Gesellschaftsvertrag für den Fall der Kündigung eine Übernahme- oder Fortsetzungsklausel enthält (in Anknüpfung an OLG München, Urteil vom 24. Juni 1998, 15 U 1625/98, NZG 1998, 937 f.; OLG Frankfurt a.M., Urteil vom 20. Oktober 2005, 16 U 3/05, NJW-RR 2006, 405 ff.).
2. Die Ausschließung eines Gesellschafters muss unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls das äußerste Mittel darstellen, um Schaden von der Gesellschaft abzuwenden und von dem ausscheidenden Gesellschafter drohende Gefahren zu begegnen (in Anknüpfung an BGH, Urteil vom 17. Februar 1955, II ZR 316/53, BGHZ 16, 317 ff. = WM 1955, 437 ff.).
3. Der wichtige Grund muss auf solchen Umständen in der Person des Gesellschafters gründen, die die Fortsetzung der Gesellschaft mit ihm für den Mitgesellschafter unzumutbar machen. Maßgebend ist namentlich im Fall der Zerstörung des Vertrauensverhältnisses unter den Gesellschaftern eine Würdigung der Gesamtumstände des Einzelfalls, bei der auch das Verhalten der Mitgesellschafter zu berücksichtigen ist. Kommen auch Pflichtwidrigkeiten der den Ausschluss erklärenden Mitgesellschafter in Betracht, setzt der Ausschluss eine „überwiegende Verursachung des Zerwürfnisses“ durch den auszuschließenden Gesellschafter voraus (in Anknüpfung an BGH, 31. März 2003, II ZR 8/01, NZG 2003, 625).
4. Der Streitwert einer Feststellungsklage, die die Wirksamkeit des Ausschlusses eines Gesellschafters aus einer GbR zum Gegenstand hat, bemisst sich nach dem Wert von dessen Gesellschaftsanteil (in Anknüpfung an KG Berlin, Beschluss vom 18. Februar 2008, 2 W 1203/07, zitiert nach juris).
Eintrag lesenBGH, Urteil vom 24. September 2013 – II ZR 216/11
GmbH I Einziehung eines Geschäftsanteils wegen eines tiefgreifenden Zerwürfnisses der Gesellschafter
Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats setzt ein wichtiger Grund zum Ausschluss eines Gesellschafters im Falle eines – vom Berufungsgericht hier festgestellten – tiefgreifenden Zerwürfnisses der Gesellschafter voraus, dass das Zerwürfnis von dem betroffenen Gesellschafter zumindest überwiegend verursacht worden ist und in der Person des oder der die Ausschließung betreibenden Gesellschafter keine Umstände vorliegen, die deren Ausschließung oder die Auflösung der Gesellschaft rechtfertigen (vgl. BGH, Urteil vom 25. Januar 1960 – II ZR 22/59, BGHZ 32, 17, 31; Urteil vom 10. Juni 1991 – II ZR 234/89, GmbHR 1991, 362, 363; Urteil vom 24. Februar 2003 – II ZR 243/02, ZIP 2003, 759, 761).
Eintrag lesenLG Hamburg, Urteil vom 17.05.2013 – 412 HKO 132/12
1. Bei einer Zwei-Personen-GmbH reicht es zur Abberufung eines Geschäftsführers aus wichtigem Grund aus, dass die Geschäftsführer untereinander so zerstritten sind, dass eine Zusammenarbeit zwischen ihnen nicht mehr möglich ist. In einem solchen Fall kann […]
Eintrag lesenOLG Stuttgart, Beschluss vom 13.05.2013 – 14 U 12/13
GmbH I Abberufung des alleinigen Gesellschafter-Geschäftsführers einer zweigliedrigen GmbH I Ausschließung eines Gesellschafters aus wichtigem Grund
1. Zu den Anforderungen an die Abberufung des alleinigen Gesellschafter-Geschäftsführers einer zweigliedrigen GmbH aus wichtigem Grund.
2. Die Zustimmung des Minderheitsgesellschafters zu dem Beschlussantrag, den Mehrheitsgesellschafter-Geschäftsführer der zweigliedrigen GmbH aus wichtigem Grund abzuberufen sowie aus wichtigem Grund aus der Gesellschaft auszuschließen, kann treuwidrig und damit nichtig sein, wenn der jeweils erforderliche wichtige Grund fehlt.
3. Sind alle zu einem Beschlussantrag in der Gesellschafterversammlung der GmbH abgegebenen Stimmen nichtig, ist eine Beschlussfeststellung dahin, dass der Antrag abgelehnt worden ist, nicht mit der Anfechtungsklage zu beseitigen.
4. Zu den Voraussetzungen der Ausschließung eines Gesellschafters aus einer personalistisch strukturierten, zweigliedrigen GmbH aus wichtigem Grund.
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